Archiv für den Monat: Februar 2011

Sonntagswitz: Jedes Ding/jede „Einlassung“ hat zwei Seiten

Für den Sonntag habe ich folgenden Witz bei Prof. Dr. Loeffler übernommen:

Gerichtsverhandlung nach einem Unfall zwischen einem Auto und einem Reiter auf seinem Pferd, dem Kläger. Der Anwalt des Autofahrers fragt den Kläger: „Ist es richtig, dass Sie nach dem Unfall zu meinem Mandanten gesagt haben, sie seien nicht verletzt?“
„Natürlich habe ich das gesagt, aber dazu müssen Sie wissen, wie sich die Sache abgespielt hat: Also, ich reite mit meinem Gaul ruhig die Straße entlang. Da kommt das Auto angerast und wirft uns in den Graben. Das war vielleicht ein Durcheinander, das können sie sich nicht vorstellen. Ich lag auf dem Rücken, die Beine in die Luft – und mein braves altes Pferd auch. Da steigt der Fahrer aus, kommt auf uns zu und sieht, dass mein Pferd sich ein Bein gebrochen hat. Darauf zieht er wortlos eine Pistole und erschießt es. Danach sieht er mich an und fragt: „Sind sie auch verletzt?“ – Nun frage ich Sie, Herr Rechtsanwalt, wie  hätten sie geantwortet?“

Der Rechtsmittelverzicht des unterbevollmächtigten Verteidigers

Das OLG Oldenburg sagt zum Rechtsmittelverzicht des unterbevollmächtigten Verteidigers im Bußgeldverfahren:

Ein unterbevollmächtigter Verteidiger kann in einer Bußgeldsache auch dann wirksam auf Rechtsmittel verzichten, wenn sich eine Vertretungsvollmacht im Zeitpunkt des Rechtsmittelverzichtes nicht bei der Akte befindet, eine Ermächtigung zum Verzicht aber erteilt worden war.

vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 31.01.2011 – 2 Ss Bs 175/10.

Wiedereinsetzung: Das fehlende Rechtsmittelmerkblatt – Nachfragen ist ggf. erforderlich

Die unterbliebene Aushändigung eines Merkblatts über Rechtsmittel durch das Gericht rechtfertigt nach Ansicht des OLG Köln, Beschl. v. 06.12.20110 – 2 Ws 790/10 nicht ohne Weiteres die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist.

Das OLG ist davon ausgegangen, dass der Protokollvermerk über die erteilte Rechtsmittelbelehrung nicht nur die Belehrung als solche beweise, sondern auch deren Richtigkeit und Vollständigkeit. Zwar entspreche es ständiger Rechtsprechung, dass ein nicht anwaltlich vertretener, rechtsunkundiger Angeklagter ergänzend durch die Aushändigung eines Merkblatts zu belehren sei, sofern es sich um eine schwierige Belehrung handele. Wenn der Angeklagte die Belehrung missverstehe und deshalb das Rechtsmittel nicht frist- oder formgerecht einlegt, könne das ein Verschulden ausschließen. Ein solcher Fall des Missverständnisses liege allerdings nicht vor, wenn der Angeklagte lediglich vergesse, bei welchem Gericht er das Rechtsmittel einlegen muss. Hierzu hätte er bei Gericht nachfragen können.

Steuerhinterziehung: Das Finanzamt hat doch alles gewusst…

Mit dieser Einlassung entgeht man einer Verurteilung wegen einer Steuerhinterziehung nicht.

Der für die Steuerstrafsachen zuständige 1. Strafsenat des BGH sagt: Eine Strafbarkeit wegen vollendeter Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO aufgrund unrichtiger oder unvollständiger Angaben entfällt nicht deshalb, weil den zuständigen Finanzbehörden alle für die Steuerfestsetzung bedeutsamen Tatsachen bekannt waren und zudem sämtliche Beweismittel (§ 90 AO) bekannt und verfügbar waren (vgl. BGH, Beschl. v. 14.12.2010 – 1 StR 275/10).

Reststrafenaussetzung: Rücknahme der Einwilligung – wer trägt die Verfahrenskosten

Kurz und zackig führt das OLG Bamberg im Beschl. v. 25.10.2010 – 1 Ws 613/10 aus:

„Die Staatskasse bleibt auch dann zur Tragung der Kosten des Beschwerdever­fahrens verpflichtet, wenn sich die (sofortige) Beschwerde des Verurteilten gegen eine zu seinen Gunsten erfolgte Reststrafenaussetzung zur Bewährung nur des­halb als erfolgreich erweist, weil er seine nach § 57 I 1 Nr. 3 StGB er­teilte Einwilli­gung in die Reststrafenaussetzung nachträglich zurückge­nommen hat. Eine analoge Anwendung von § 467 II StPO scheidet aus.“

Die Konstellation der Rücknahme der Einwilligung in die Reststrafenaussetzung nach § 57 StGB ist ja in der Praxis gar nicht so selten.