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Wiedereinsetzung: Das fehlende Rechtsmittelmerkblatt – Nachfragen ist ggf. erforderlich

Die unterbliebene Aushändigung eines Merkblatts über Rechtsmittel durch das Gericht rechtfertigt nach Ansicht des OLG Köln, Beschl. v. 06.12.20110 – 2 Ws 790/10 nicht ohne Weiteres die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist.

Das OLG ist davon ausgegangen, dass der Protokollvermerk über die erteilte Rechtsmittelbelehrung nicht nur die Belehrung als solche beweise, sondern auch deren Richtigkeit und Vollständigkeit. Zwar entspreche es ständiger Rechtsprechung, dass ein nicht anwaltlich vertretener, rechtsunkundiger Angeklagter ergänzend durch die Aushändigung eines Merkblatts zu belehren sei, sofern es sich um eine schwierige Belehrung handele. Wenn der Angeklagte die Belehrung missverstehe und deshalb das Rechtsmittel nicht frist- oder formgerecht einlegt, könne das ein Verschulden ausschließen. Ein solcher Fall des Missverständnisses liege allerdings nicht vor, wenn der Angeklagte lediglich vergesse, bei welchem Gericht er das Rechtsmittel einlegen muss. Hierzu hätte er bei Gericht nachfragen können.

Man lernt nie aus…, oder Bayern ist der Zeit mal wieder voraus

Am vergangenen Wochenende habe ich in München referiert und in dem Zusammenhang auch auf die geplante Änderung zur Anwesenheitspflicht von Zeugen für Vernehmungen bei der Polizei hingewiesen.

Ein Kollege hat dann für mich Fortbildung gemacht 🙂 und mich darüber aufgeklärt, dass es das in Bayern schon länger gibt, und zwar aufgrund der Verordnung über Zuständigkeiten im Ordnungswidrigkeitenrecht (ZuVOWiG) v. 21.10.1997 . Und die wird, wie das Formblatt zeigt, umgesetzt.

Hätten Sie es gewusst? Ich nicht. Man lernt eben nie aus…

Hat der Betroffene überhaupt noch Rechte im OWi-Verfahren?

Messverfahren immer wieder Messverfahren, stöhnen sicherlich viele Verteidiger, und es werden sicherlich noch mehr werden, wenn das Schule macht, was die Stadt Bielefeld im Moment versucht. Da gibt es zum Messverfahren mit der stationären Geschwindigkeitsanlage Traffistar, die auf der BAB A2 beim km 329,415 steht (also da Vorsicht!!!) ein „Merkblatt für Rechtsanwälte/Rechtsanwältinnen“, das man im Grunde genommen dahin zusammenfassen kann: Wir machen alles richtig, Fehler gibt es bei diesem Gerät nicht und, wenn du meinst, die Messung überprüfen zu müssen/zu wollen: Akteneinsicht gibt es nicht und ich bestimme was in die Akten kommt. Denn „Zulassungsschein und die Betriebsanleitung eines Messgerätes gehören nicht zu den Einzelvorgängen, sie werden daher nicht zu den Akten genommen und unterliegen somti nicht der Akteneinsicht im Verfahren…“. Ist das denn richtig? Wie soll denn der RA die Richtigkeit der Messung prüfen? Und: Die Kopie der Betriebsanleitung bekommst du nicht, da steht das Urheberrecht des Herstellers entgegen. Wirklich? Oder geht das Recht auf rechtliches Gehör vielleicht vor? Und wieso muss die Verwaltungsbehörde das Urheberrecht des Herstellers schützen? Wieso ist das eigentlich durch Akteneinsicht verletzt: Im Übrigen: Es gibt auch andere, für den Betroffenen günstige Rechtsprechung, die man aber lieber gar nicht erst erwähnt. Am besten: „Zwischen der letzten Eichung und dem Tag des Vorfalls sind weder Schäden am Gerät entstanden noch wurden Reparaturen vorgenommen….“. Wie kann man das vorab in einem Merkblatt schon feststellen? Wer will das prüfen und wie soll man es prüfen.

Kurzum:  Der Betroffene hat keinerlei Rechte. Wenn das abgesegnt wird (zuständig für Bielefeld ist das OLG Hamm), wird es in den Bußgeldverfahren lustig :-).