Archiv für den Monat: Januar 2011

Lesetipp: Beitrag zum Pflichtverteidiger für den Inhaftierten, StRR 2011, 4

In StRR 2011, 4 haben wir einen Beitrag zu § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO, und zwar zur Frage, ob die Vorschrift nur verfahrensbezogen ist oder auch die Inhaftierung in anderen Verfahren erfasst, wie das OLG Frankfurt und das LG Itzehoe – über beide Entscheidungen habe ich hier schon berichtet – meinen.

Die Autoren – ein RiAG und (s)ein Referendar sind anderer Auffassung. Die Argumente muss man mal gelesen haben, um im Verfahren vortragen zu können. Daher hier der Link.

Ausbleiben des Angeklagten in der Hauptverhandlung: Wann ist es entschuldigt?

Die Frage, wann das Ausbleiben des Angeklagten in der Hauptverhandlung entschuldigt ist und das dem Erlass eines haftbefehls entgegensteht, spielt in der Praxis immer wieder eine Rolle. Mit der Problematik setzt sich jetzt auch der Beschluss des LG Aurich vom 11.01.2011 – 12 Qs 5/11 auseinander. Insofern eine interessante Entscheidung, weil sie den Stand der rechtsprechung zu der Porblwmatik schön zusammenfasst, und zwar:

1. Fiebrige Erkältung reicht grds. aus.

2. Auch, wenn der Angeklagte sich damit schon mal entschuldigt hat. Wennd as gericht ihm misstraut, muss es etwas unternehmen.

3. Auch, wenn die Entschuldigung erst spät kommt.

Pflichtverteidiger die 2.: Raus aus der Haft, keinen Pflichtverteidiger mehr?

Machen wir heute mal einen Pflichtverteidigungstag 🙂 – sollte an sich als zweite raus, hat aber nicht geklappt 🙁

Das OLG Düsseldorf weist in seinem Beschl. v. v. 09.11.2010 – III-4 Ws 615/10 darauf hin, dass die Entlassung eines in anderer Sache Inhaftierten nicht automatisch die Aufhebung einer deswegen erfolgten Pflichtverteidigerbeiordnung rechtfertigt. Vielmehr setze die Aufhebung einer Pflichtverteidigerbestellung stets das Vorliegen einer objektiven Änderung der Notwendigkeit einer Verteidigung voraus. Erfolge die Beiordnung aufgrund des Umstandes, dass ein Angeklagter in anderer Sache inhaftiert ist und werde der Inhaftierte später entlassen, reiche dieser formelle Umstand allein als Grund für die Änderung der Umstände nicht aus. Der bloße Umstand, dass ein Inhaftierter entlassen werde und entsprechend die Möglichkeit hätte, sich um einen Verteidiger nach Wahl zu bemühen, eröffne lediglich einen Ermessensspielraum, um die Bestellung zu überprüfen. Von diesem Ermessen müsse das Gericht vor einer Aufhebung zumindest erkennbar Gebrauch machen. Stimmt., wird leider aber in der Praxis häufig anders gesehen

Pflichtverteidiger die 3: Zeitnahe Beiordnung erforderlich – neues zur rückwirkenden Beiordnung

Das LG Dresden hat sich jetzt in seinem Beschl. v. 06.01.2011 – 3 Qs 174/10 dem OLG Stuttgart (vgl. hier) angeschlossen und geht ebenfalls davon aus, dass der verfassungsrechtlich garantierte Grundsatz des fairen Verfahrens (Artikel 20 Absatz 3 GG) es gebietet, dass über einen Antrag des Verteidigers auf Beiordnung zeitnah entschie­den wird. Geschieht das nicht, führt das zur rückwirkenden Beiordnung des Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger. Es bewegt sich also was an der „Front“.

Anthropologisches SV-Gutachten = Pflichtverteidiger erforderlich

Für die Praxis m.E. ganz interessante Entscheidung des AG Eckernförde v. 05.01.2011 – 51 Gs 1/11 – dass uzur Beiordnung eines Pflichtverteidigers schon im Stadium des Ermittlungsverfahrens kommt, wenn ein anthropologisches SV-Gutachten eingeholt werden soll.