Die „Hannoversche Allgemeine“ meldet heute: „Temposünder bleiben wegen Erlass des Innenministeriums verschont„. Sollte man, wenn man in dem Bereich verteidigt und der angesprochene Zeitraum betroffen ist, beachten :-).
Archiv für den Monat: November 2010
Da ist sie nun: Die Winterreifenpflicht – wenn auch mit Änderungen…
Der Bundesrat meldet, dass die Länder heute der Verordnung zur Neufassung der Winterreifenpflicht mit Änderungen zugestimmt haben. In der PM heißt es:
„Er hält es für ausreichend, wenn bei Omnibussen mit mehr als acht Sitzplätzen und Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen Gewicht nur auf den Antriebsachsen Winterreifen montiert sind. Zudem will er Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft von der Winterreifenpflicht ausnehmen. Gleiches soll für Einsatzfahrzeuge von Bundeswehr, Bundespolizei, Feuerwehr, Katastrophenschutz und Polizei gelten, wenn für diese Fahrzeuge bauartbedingt keine M+S Reifen erhältlich sind.
Es liegt nun an der Bundesregierung, ob sie die Verordnung in der geänderten Fassung in Kraft setzt.
In einer begleitenden Entschließung weist der Bundesrat daraufhin, dass er die Neufassung der Winterreifenpflicht unterstützt. Sie diene der Verbesserung der Rechts- und Verkehrssicherheit. Allerdings hätten die Diskussionen auch erheblichen weiteren Beratungs- und Prüfungsbedarf aufgezeigt. So seien beispielsweise Differenzierungen zwischen leichten und schweren Kraftfahrzeugen, die Einführung eines Bußgeldtatbestandes für den Fahrzeughalter und die Vorgaben zur Profiltiefe zu prüfen. Die Länder bitten daher die Bundesregierung, die Wirksamkeit der neu getroffenen Regelungen zu überprüfen und rechtzeitig vor der Wintersaison 2011/2012 einen neuen Regelungsentwurf vorzulegen.
Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs-Ordnung und der Bußgeldkatalog-Verordnung
Drucksache 699/10 (Beschluss)“
Mal sehen, was der Bund draus macht. Im Zweifel wird er die geänderte VO in Kraft setzen.
Das „Vulkanasche-Gesetz“ im Bundesrat bzw. Auswirkungen des Eyjafjallajökull-Ausbruchs auf das Strafverfahren
Im Bundesrat ist heute eine „Vulkanasche-Gesetz“ beraten worden 🙂 – nein, so heißt es nicht, sondern ganz unprätentiös „Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung der Strafprozessordnung“ (vgl. BR-Drucksache 670/10), das u.a. im Hinblick auf den Ausbruch des isländischen Vulkans und das darauf zurückgehende Vulkanascheproblem eine Änderung in § 229 Abs. 3 StPO vorschlägt.
Danach soll die Hemmung der Unterbrechungsfrist bei Hauptverhandlungen, die bereits an mehr als 10 Verhandlungstagen stattgefunden haben, auch in den Fällen „höherer Gewalt“ eintreten. U.a. wird zur Begründung eben auf den Eyjafjallajökull-Ausbruch hingewiesen. So findet er also Eingang in die deutsche Gesetzgebung 🙂
Und zum Wochenende etwas zum „Stalking“
In seinem Beschl. v. 12.10.2010 – 3 StR 289/10 hat der 3. Strafsenat zum Tatbestand der Nachstellung (§ 238 StGB) Stellung genommen. Dieses setzt eine „schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebengestaltung“ voraus. Der BGH führt aus:
„Im Fall II. 6. der Urteilsgründe führt die Revision des Angeklagten auf die Sachrüge zur Änderung des Schuldspruchs. Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit wegen Nachstellung in Tateinheit mit Bedrohung verurteilt.
Die Feststellungen belegen zwar das Vergehen der Bedrohung gemäß § 241 Abs. 1 StGB, nicht hingegen das der Nachstellung gemäß § 238 Abs. 1 StGB. Dabei kann offen bleiben, ob der Angeklagte seiner Freundin beharrlich im Sinne dieser Strafvorschrift nachgestellt hat. Jedenfalls führten die entsprechenden Handlungen des Angeklagten bei dem Opfer nicht zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung (BGH, Beschluss vom 19. November 2009 – 3 StR 244/09, BGHSt 54, 189). Das nachstellende Verhalten des Angeklagten hatte lediglich zur Folge, dass die Geschädigte auf die Telefonanrufe des Angeklagten teilweise zurückrief, um ihn zu beruhigen, ihm nach Aufforderung einmal in den frühen Morgenstunden Zigaretten vorbei brachte und sich anschließend selbst keine neuen Zigaretten besorgte, als sie den Angeklagten, der sie nach Verlassen des Hauses verfolgt hatte, in ihrer Nähe stehen sah. Danach ist insoweit schon der objektive Tatbestand der Nachstellung nicht erfüllt. Da weitergehende Feststellungen unter diesem Gesichtspunkt nicht zu erwarten sind, hat der Senat den Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in diesem Fall (allein) der Bedrohung schuldig ist. Dies bedingt die Aufhebung der zugehörigen Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten, da der Senat nicht ausschließen kann, dass das Landgericht bei zutreffender rechtlicher Würdigung aus dem milderen Strafrahmen des § 241 Abs. 1 StGB eine niedrigere Strafe festgesetzt hätte.“
Das OLG Bamberg und die vorsätzliche Abstandsunterschreitung
Eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Verkehrsverstoßes kann fatale Folgen haben. Nicht nur, dass der Rechtsschutz futsch ist, auch drohen eine höhere Geldbuße und es wird (noch) schwierig(er) ein Absehen vom Fahrverbot zu erreichen. Deshalb muss der Verteidiger immer bestrebt sein, eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Verstoßes zu verhindern.
Argumentationshilfe bietet das der Beschl. des OLG Bamberg v. 20. 10. 2010 – 3 Ss OWi 1704/10, in dem das OLG deutlich darauf hinweist, dass eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Nichteinhaltung des Mindestabstandes eine Auseinandersetzung mit den kognitiven und voluntativen Vorsatzelementen voraussetzt und in der Regel nicht allein mit dem Ausmaß der Abstandsunterschreitung begründet werden kann.
Diese Argumentation kennen wir von der Geschwindigkeitsüberschreitung, die kennen wir aber auch bei § 316 StGB, wenn es um die Frage geht, ob allein aus der Höhe der BAK auf Vorsatz geschlossen werden kann. Geht in allen Fällen nicht.