Archiv für den Monat: Juni 2010

Der andauernde Schlaf der Beleidigten – er kann auch Vorteile haben…

Dre Kollege Nebgen beklagt sich gerade in seinem Blog unter dem Titel „Der Schlaf der Beleidigten“ über eine Strafkammer, die ein Verfahren nach Aufhebung jahrelang liegen lässt und nicht verhandelt. Er sieht darin ein Abstrafen des Verteidigers/Beschuldigten, der es gewagt hat, Revision einzulegen und die auch noch zu „gewinnen“.

Mag sein, dass das auch ein Grund für das Nichtverhandeln sein kann, aber: Es gibt auch noch einen anderen. Vielleicht ist die Kammer ja auch so mit Haftsachen überlastet, dass sie deshalb eine Nichthaftsache, um die es sich offensichtlich handelt, nicht verhandeln kann. Natürlich müssen auch die erledigt werden, nur…

Und: Natürlich sollte man nicht übersehen: Die Zeit spielt für den Mandanten. Er kann sich ggf. schon mal bewähren, Zeugen können sich vielleicht nicht mehr erinnern, wenn verhandelt wird und die rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung rückt immer näher. Das muss man abwägen gegen das Interesse des Mandanten, die Sache vom Tisch zu haben, vor allem, wenn es eine Freispruchverteidigung ist.

Sonntags zur Post, wenn Montags die Frist abläuft, ist zu spät…

Allgemein wird für die Einlegung eines Rechtsmittels davon ausgegangen, dass bei Aufgabe der inländischen Sendung an einem Werktag auf Zugang bereits am nächsten Tag vertraut werden kann (vgl. dazu OLG Hamm, Beschl. v. 17.02.2009 – 3 Ws 37 u. 38/09).

Davon hat das OLG Hamm jetzt in einem Beschl. 19.04.2010 – III 3 Ws 179 u. 180/10 eine Ausnahme gemacht, wenn die Sendung am Sonntag zur Post gegeben wird. Dann kann nicht damit gerechnet werden, dass sie montags bereits ihr Ziel erreicht. Die Fristversäumung am Montag ist dann verschuldet: Ergebnis: Keine Wiedereinsetzung.

„…Ich weise dich darauf hin, dass du hier als Beschuldigter vor der Polizei keine Angaben machen brauchst…“

… so lautete u.a. eine Beschuldigtenbelehrung, über deren Ordnungsgemäßheit jetzt der BGH in seinem Urteil v. 29.04.2010 – 3 StR 63/10 zu entscheiden hatte.

Das LG hatte die Belehrung als nicht i.S. der §§ 163a, 136 StPO ordnungsgemäß angesehen, weil diese Belehrung den Schluss nahe lege, dass der Beschuldigte zwar vor der Polizei keine Angaben machen müsse, vor einer anderen Stelle, wie der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht aber doch. Die Strafkammer vermochte daher nicht auszuschließen, dass der Entschluss des Beschuldigten, bei der Polizei Angaben zu machen, von der Erwägung beeinflusst gewesen sei, dass er letztlich eben doch Angaben machen müsse.

Der BGH hat das – in der Sache wohl zutreffend – anders gesehen, weil die Auslegung der von dem Polizeibeamten verwendeten Belehrungsformel ergebe, dass Unklarheiten darüber, dass es dem Angeklagten freistand, in der anschließenden polizeilichen Vernehmung Angaben zu machen oder dies zu unterlassen, nicht auftreten konnten. Der Wortlaut sei insoweit eindeutig. Für die Annahme des LG, wegen der – über den Gesetzeswortlaut hinausgehenden – Wendung „hier als Beschuldigter vor der Polizei“ sei die Möglichkeit nicht auszuschließen, der Angeklagte habe dies dahin missverstehen können, in einer späteren Vernehmung durch einen Staatsanwalt oder Richter doch zur Aussage verpflichtet zu sein und aus diesem Grund bereits bei der Polizei Angaben gemacht, bestanden nach Ansicht des BGH auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte.

Trotzdem: Immer aufgepasst, wenn von der Formulierung des Gesetzes bei Belehrungen abgesehen wird.

Anfängerfehler bei der Strafzumessung

Auch die Strafzumessung ist ein Feld, in dem manches im Argen liegt und auf dem der BGH häufig – jedenfalls in meinen Augen – Anfängerfehler beanstandet. So auch im Beschl. v. 27.04.2010 – 3 StR 106/10, in dem es bei einer zugrunde liegenden Verurteilung wegen versuchten Totschlags heißt: “

„Ferner hat das Landgericht im Rahmen seiner konkreten Strafzumessung zu Lasten der Angeklagten berücksichtigt, dass das Opfer der Angeklagten „objektiv betrachtet keinerlei Anlass für die Tat geboten hatte“ und damit einen nicht gegebenen Strafmilderungsgrund strafschärfend herangezogen. Dies ist hier rechtsfehlerhaft (vgl. BGHSt 34, 345, 350). Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich die dargestellten Rechtsfehler auf die Höhe der ver-hängten Strafe ausgewirkt haben.“

Die falsche Strafrahmenwahl lassen wir mal außen vor.

Da tuscheln die Nachbarn aber…

unter der Überschrift berichtete gestern das örtliche Anzeigen(käse)blättchen „Hallo“ hier in Münster, dass die Stadt Münster sparen müsse und deshalb u.a. auf die Idee gekommen ist, demnächst die sog. Parkkralle (oder auch Radblockierschloss) einzusetzen, wenn „Steuern, städtische Gebühren oder auch das Knöllchen“ nicht bezahlt werden.

Interessant :-), wenn man dann gleich auf der Straße sehen kann, wer Gebühren o.Ä nicht gezahlt hat. Dachte aber bisher, dass sei nur gegen sog. Steuersünder möglich. Mal schauen, was man dazu findet.

Ergänzung: na, da habe ich ja gerade das noch gefunden zum FinMin NRW.