Archiv für den Monat: Mai 2010

Das werde ich jetzt nicht kommentieren; davon kann sich jeder Leser selbst eine Meinung bilden

Ein Kollege hat mir den Beschl. des AG Kempen v. 14.04.2010 – 2 Ls 94/09 übersandt, mit dem das AG beimVerteidiger nur zwei von drei geltend gemachten Fahrten als i.S. des § 46 RVG notwendig anerkannt hat. Im Beschl. heißt es: “

In der Jugendstrafsache

gegen pp.

niederländischer Staatsangehöriger

Verteidiger:

wegen Erpressung

wird die Erinnerung des Verteidigers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.12.2009 als unbegründet verworfen.

Gründe:

Auch nach Auffassung des Gerichts waren nur 2 Fahrten in die JVA Köln notwendig. Der Beschuldigte befand sich insgesamt 3 Monate im Gefängnis, dabei handelt es sich um einen recht kurzen Zeitraum.

Die vom Verteidiger mitgeteilten Gründe der einzelnen Fahrten erscheinen nicht durchgreifend.

Der Ablauf der Hauptverhandlung wurde als Grund für die 3. Fahrt aufgeführt, diese Thematik hätte man an einem der vorherigen Besuchstermine klären können.

Die Absetzung der 3. Fahrt und die entsprechende Kürzung des Antrages vom 02.09.2009 ist somit korrekt und die Erinnerung unbegründet.“

Lassen wir mal die Frage der Berechtigung der Absetzung dahinstehen – sie steht im Übrigen nicht in Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung. Viel interessanter ist nämlich die mir auch vorliegende Stellungnahme des Bezirksrevisors. In der heißt es:

„—– dort beantrage ich die Erinnerung als unbegründet zu verwerfen,

Nach hiesiger Auffassung waren nur 2 Fahrten in die JVA Köln notwendig. Der Beschuldigte befand sich insgesamt 3 Monate im Gefängnis, dabei handelt es sich um einen recht kurzen Zeitraum.

Die vom Verteidiger mitgeteilten Gründe der einzelnen Fahrten erscheinen nicht durchgreifend.

Der Ablauf der Hauptverhandlung wurde als Grund für die 3. Fahrt aufgeführt, diese Thematik hätte man an einem der vorherigen Besuchstermine klären können.

Die Absetzung der 3. Fahrt und die entsprechende Kürzung des Antrages vom 02.09.2009 ist somit korrekt und die Erinnerung unbegründet.“

Die wortgleiche Übereinstimmung will ich nun wirklich nicht kommentieren, außer: Ein wenig Mühe = eine eigene Meinung sollte man sich schon bilden. Der Verteidiger hatte übrigens zwei Seiten unter Anführung von Rechtsprechung und Literatur geschrieben.

Trau, schau, wem… deinem Verteidiger darfst du jedenfalls (meistens) vertrauen

Der Angeklagte kommt nicht zur Berufungshauptverhandlung, seine Berufung wird verworfen, Wiedereinsetzung, so ist der Ablauf. Was ist, wenn der Angeklagte einer Auskunft seines Verteidigers vertraut hat, dass der Termin – weil der Verteidiger krank sei – aufgehoben wird. Das OLG Hamm sagt in seinem Beschl. v. 12.02.2010 3 Ws 51/10: Trau, schau, wem. Na ja, das nicht, aber ungefähr das ist gemeint. Jedenfalls gilt: Dem Angeklagten ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungshauptverhandlung zu gewähren, wenn der Angeklagte auf die Auskunft seines Verteidigers vertraut, dass die dem Verteidiger aufgrund einer Erkrankung nicht mögliche Teilnahme an der Hauptverhandlung aufgrund der Tatsache, dass er als Pflichtverteidiger beigeordnet worden sei, zu einer Aufhebung des Hauptverhandlungstermins führen werde. Allerdings sollte der Angeklagte und auch der Verteidiger trotzdem vorsichtig sein. Das kann auch mal schief gehen.

Die Karawane zieht weiter… auch Verschärfung des strafrechtlichen Wiederaufnahmeverfahrens

Auch hier eine Verschärfung. Das Land NRW hat im Bundesrat ein Gesetzesvorhaben, das in der letzten Legislaturperiode nicht zu Ende beraten worden war, wieder aufleben lassen, vgl. die BR-Drucksache 222/10. Danach sollen die Wiederaufnahmemöglichkeiten zu Ungunsten des Angeklagten erweitert werden, der vom

  • Vorwurf des Mordes,
  • eines ausschließlich mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedrohten Tötungsverbrechens nach dem Völkerstrafgesetzbuch oder
  • einer mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu ahndenden Anstiftung zu diesen Straftaten

freigesprochenen worden ist.

Eine Wiederaufnahme soll dann zulässig sein, wenn neue, zum Zeitpunkt des Freispruchs nicht vorhandene technische Ermittlungsmethoden nachträglich zu der Erkenntnis führen, dass das freisprechende Urteil falsch ist. Zu diesem Zweck sieht der Entwurf die Einführung einer Nummer 5 in § 362 StPO vor. Zur Gewährleistung einer mit Blick auf Artikel 103 Absatz 3 GG für erforderlich gehaltenen restriktiven Handhabung des neuen Wiederaufnahmegrundes zuungunsten des Angeklagten soll in § 370 StPO vorgesehen werden, dass ein auf ihn gestützter Wiederaufnahmeantrag nur begründet ist, wenn dringende Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Freigesprochene verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt werden wird, weil von seiner Schuldunfähigkeit auszugehen ist.

Auch hier also – wie schon durch das Gesetz zur Effektivierung des Strafverfahrens – eine Verschärfung des geltenden Rechts.

Vermisst: Das betriebswirtschaftliche Denken der Justiz…

Manchmal will man es nicht glauben, wenn man eine Entscheidung liest, dass es wirklich wahr ist, dass in der Frage, die behandelt wird, gestritten wird.

So ergeht es mir beim Beschluss des AG Mettmann vom 29.04.2010 – 31 Ds-422 Js 739/09-194/09. Der Beschluss selbst ist goldrichtig, Denn es entspricht der allgemeinen Auffassung der Obergerichte, – so auch das AG -, dass die Beurteilung der Frage, was zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit erforderlich ist, grundsätzlich dem Rechtsanwalt überlassen ist, denn er, nicht das Gericht, das nachträglich über die Berechnung oder Erstattbarkeit der Dokumentenpauschale zu entscheiden hat, ist für die anvertraute Führung der Rechtssache verantwortlich. Also: Letztlich schadet nur Missbrauch.

Erstaunt war ich, als ich las, um welche Summe es ging: 4 (in Worten: vier) Kopien waren nach Auffassung des Rechtspflegers nicht erstattungsfähig und sind abgesetzt worden. Wer hat eigentlich mal aus-/berechnet, was das die Staatskasse kostet und ob es nicht billiger wäre festzusetzen. Aber: Wer nicht hören will, muss fühlen und bekommt dann eine Abfuhr von der Richterin. Deren Beschluss liest sich schon leicht säuerlich. Sie hat sicherlich besseres zu tun, als solche Sachen zu entscheiden. Sehr schön dazu auch AG Bochum, und zwar hier. Da hatte der Direktor des AG sich selbst geäußert.

Die Online-Durchsuchung… es röhrt der Elefant und er gebiert eine Maus…..

Nach dem Inkrafttreten des (neuen) BKA-Gesetzes mit der darin enthaltenen Online-Durchsuchung soll es in der Folgezeit – wenn überhaupt – nur zu sehr wenigen Durchsuchungsmaßnahmen gekommen sein. Das hat die Fraktion „Die Linke“ nun zum Anlass genommen im Bundestag eine kleine Anfrage „Bilanz der Online-Durchsuchung“  zu stellen, vgl. BT-Drucksache 17/1629. Auf die Antwort darf man gespannt sein. Werden wirklich nur so wenige Durchsuchungen durchgeführt, wie es behauptet wird. Dann würde ja der Satz :es röhrt der Elefant und er gebiert eine Maus“ fast passen.