Archiv für den Monat: Januar 2010

LG Magdeburg: Verteidigung in der Strafvollstreckung – da steckt Geld drin

Das LG Magdeburg hat in einem Beschl. v. 22.12.2009 –  22 BRs 353 Js 2325/08 (16/08) darauf hingewiesen, dass im Strafvollstreckungsverfahren die Tätigkeit für den denselben Verurteilten in unterschiedlichen Widerrufsverfahren Tätigkeit in unterschiedlichen gebührenrechtlichen Angelegenheiten ist mit der Folgge, dass die Gebühren in jeder Angelegenheit entstehen. da steckt eine Menge Geld drin, da ja nach der Vorbem. 4. 2 VV RVG im Strafvollstreckungsverfahren das Beschwerdeverfahren eine besondere Angelegenheit ist, so dass es dafür ausnahmsweise besondere Gebühren gibt.

Also aufgepasst bei der Abrechnung und nichts verschenken

OLG Bamberg greift beim Beweisverwertungsverbot zu kurz?

Das OLG Bamberg hat in seinem Beschluss vom  20. 11. 2009 – 2 Ss OWi 1283/09 ein Beweisverwertungsverbot nach einer Blutentnahme unter Missachtung des Richtervorbehalts (§ 81a Abs. 2 StPO) (erneut) abgelehnt. Es hat ausgeführt: 

Der Verwertung eines Sachverständigengutachtens über die Blutalkoholkon­zentra­tion des Betroffenen steht nicht entgegen, wenn im Zeitpunkt der polizei­lich angeord­neten Blutentnahme wegen Gefährdung des Untersuchungserfolges ein Ermittlungs­richter schon deshalb unerreichbar ist, weil in dem betreffenden Bundesland (hier: Bayern) ein richterlicher Bereitschaftsdienst lediglich im Zeit­raum zwischen 6.00 Uhr und 21.00 Uhr eingerichtet ist. 

Ob das so zutreffend ist, ist m.E. zweifelhaft, lässt sich aber nicht abschließend beurteilen. Das OLG teilt nämlich nicht mit, wo der Betroffene gefahren ist. Die Angabe des Tatortes ist aber von erheblicher Bedeutung, um die Frage beurteilen zu können, ob nicht auf der Grundlage der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BVerfG NJW 2001, 1121; 2005, 1637) auch zur Nachtzeit ein richterlicher Bereitschaftsdienst hätte eingerichtet sein müssen. Davon geht das BVerfG aus, wenn „Bedarf besteht“ (BVerfG, a.a.O.). Ist dann ein richterlicher Bereitschaftsdienst nicht eingerichtet, kann sich daraus die Willkür und das Beweisverwertungsverbot ergeben (vgl. dazu – allerdings für die Durchsuchung – der 3. Strafsenat des OLG Hamm (3. Strafsenat) StRR 2009, 386 = NJW 2009, 3109 = VRR 2009, 435). Einfach zu sagen: In Bayern gibt es nachts keinen, ist nicht ausreichend.

Verschärfungen des § 113 StGB nehmen Form an.

In der Presse wird inzwischen über die geplanten Verschärfungen bei § 113 StGB berichtet, die sich die Koalition ja auch schon im Koalitionsvertrag auf die Fahnen geschrieben hatte. Da wird ganz schön zugelangt. Geplant soll sein, in Zukunft bis zu fünf statt wie bishernur  zwei Jahre Freiheitsstrafe anzudrohen, wenn auf  Polizisten Steine geworfen, sie mit Stöcken angegriffen und/oder Brandsätze geschleudert oder sonst tätlich angegriffen werden. Und die Verletzung eines Polizisten in Ausübung seines Dienstes solle in Zukunft als „besonders schwerer Fall der Körperverletzung“  geahndet werden können. Der „einfache“ Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte soll künftig mit maximal drei statt bisher mit zwei Jahren Freiheitsstrafe bedroht werden. Alles in allem: es wird zugelangt – auf beiden Seiten :-).

OVG Münster: Ende des EU-Führerscheintourismus durch die 3. Führerscheinrichtlinie

Das OVG Münster teilt in einer PM gerade mit:

„Der 16. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat mit Beschluss vom 20. Januar 2010 über einen neuen Aspekt des Dauerthemas „EU?Führerscheintourismus“ entschie­den. In dem Verfahren um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes griff ein Antrag­steller aus Paderborn die Feststellung des Landrats des Kreises Paderborn (An­tragsgegner) an, dass seine in Polen erteilte Fahrerlaubnis der Klasse B nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland berechtige. Auf der Grundlage der neuen 3. Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 2006/126/EG des Europäi­schen Parlaments und des Rates) vom 20. Dezember 2006 hat der 16. Senat die Auffassung des Antragsgegners bestätigt.

Dem 1964 geborenen Antragsteller hatte das Amtsgericht Paderborn im Jahr 2004 die Fahrerlaubnis entzogen, nachdem er mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,24 Promille ein Kraftfahrzeug geführt hatte. Im Jahr darauf wurde er erneut auffällig, diesmal wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Ohne jemals versucht zu haben, in der Bundesrepublik Deutschland eine neue Fahrerlaubnis zu erwerben, was eine erfolgreiche medizinisch-psychologische Untersuchung vorausgesetzt hätte, erwarb der Antragsteller Ende Januar 2009 unter Vermittlung einer sich als „Marktführer für Polen“ bezeichnenden Agentur in S?ubice/Polen eine EU?Fahrerlaubnis. Nachdem dies dem Antragsgegner im Februar 2009 bekannt ge­worden war, richtete er über das Kraftfahrt?Bundesamt eine Anfrage an die polnische Ausstellungsbehörde. Darin wies er darauf hin, dass der Antragsteller durchgängig in Paderborn gemeldet gewesen sei und dass es nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH Sache des Ausstellerstaates sei, bei einem erkennbaren Verstoß gegen das im europäischen Führerscheinrecht verankerte Wohnsitzerfordernis die geeig­neten Maßnahmen zu ergreifen. Die Anfrage blieb ohne Reaktion aus Polen. Darauf­hin erließ der Antragsgegner mit Ordnungsverfügung vom 30. März 2009 die vom Antragsteller angegriffene Feststellung über dessen fehlende Berechtigung, im Bun­desgebiet von seiner polnischen Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen. Den zusam­men mit der Klageerhebung gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschie­benden Wirkung lehnte das Verwaltungsgericht Minden ab. Die dagegen vom An­tragsteller erhobene Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht nunmehr mit dem o.g. Beschluss zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Die unter der Geltung der 2. Führerscheinrichtlinie (Richtlinie 91/439/EWG) vom EuGH aufgestellten einengenden Voraussetzungen für eine Nichtanerkennung aus­ländischer Fahrerlaubnisse in der Bundesrepublik Deutschland in Fällen einer vor­maligen Entziehung einer Fahrerlaubnis im Heimatstaat und des Fortbestehens der seinerzeit zutage getretenen Eignungsbedenken seien nach dem Inkrafttreten von Art. 11 Abs. 4 der 3. Führerscheinrichtlinie am 19. Januar 2009 nicht mehr einschlä­gig. Insbesondere komme es jetzt nicht mehr auf einen aus Verlautbarungen des Ausstellerstaates hervorgehenden Nachweis eines Verstoßes gegen das europa­rechtliche Wohnsitzerfordernis beim Erwerb der ausländischen Fahrerlaubnis an. Das folge zum einen aus den nunmehr zwingenden Verboten der 3. Führerschein­richtlinie, nach vorheriger Entziehung einer Fahrerlaubnis in einem anderen EU?Staat eine neue Fahrerlaubnis zu erteilen bzw. eine gleichwohl erteilte Fahrerlaubnis an­zuerkennen. Zum anderen hätten die an der 3. Führerscheinrichtlinie beteiligten eu­ropäischen Gremien während des Normsetzungsverfahrens deutlich gemacht, dass es ihnen um eine wirkungsvolle Unterbindung des die Sicherheit des Straßenver­kehrs gefährdenden Führerscheintourismus gehe.

Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar. Die Entscheidung in einem möglichen Hauptsacheverfahren steht allerdings noch aus.“

Mal sehen, wie es weitergeht. Die Fragen werden uns sicherlich noch eine Zeit lang beschäftigen.

Beschl. v. 22.01.2010, 16 B 814/09

Das Kleine-Einmal-Eins des OWi-Richters, oder: Glück gehabt, weil 800 € und 2 Monate Fahrverbot „gespart“

Da hat der Betroffene aber „Glück gehabt“. Wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung wird im Bußgeldbescheid gegen ihn eine Geldbuße von 600 € festgesetzt und ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt. Dagegen Einspruch. Der Amtsrichter setzt eine Geldbuße von 1.8000 € fest und ein Fahrverbot von nur noch einem Monat. Dagegen die Rechtsbeschwerde. Das OLG Köln hebt in seinem Beschl. v. 23. 12. 2009 – 82 ss OWi 113/09 – die amtsgerichtliche Entscheidung im Rechtsfolgenausspruch auf. 1.800 e gehen nicht. Die Höchstgrenze des § 17 Abs. 2 OWiG gilt auch, wenn von einem Fahrverbot abgesehen wird. Also: Nur 1.000 € zulässig. Aber das Fahrverbot kann nicht wieder erhöht werden. § 331 Stpo/das Verschlechterungsverbot lassen grüßen. Das Ganze ist kein vorweihnachtliches Geschenk des OLG, sondern das „Kleines-Einmal-Eins“ des OWi-Verfahrens. Besonders die Grenze des § 17 Abs. 2 OWiG wird nicht selten von den Amtsrichtern übersehen. Rechtsbeschwerden sind dann Selbstläufer.