Archiv für den Monat: September 2009

Hier ein bißchen Werbung: Mein erstes E-Book am Markt.

Zum Abschluss des Tages dann noch ein Hinweis (ist Werbung, aber warum nicht, machen andere auch). Heute habe ich zusammen mit RA Stephan, Dresden, mein  erstes E-Book auf den Weg gebracht. Das hatte ich noch nie. Ich habe zwar schon einiges veröffentlichen können/dürfen, aber nur im Internet/digital, das hatte selbst ich noch nicht. Und wir haben doch tatsächlich auch schon ganz begeisterte Zuschriften bekommen, in dem Sinn: Endlich Bewegung im Markt. Mal sehen, wie  es läuft. Wer Interesse hat, sich zu informieren: Hier geht es. Burhoff/Stephan, Gesetzliche Neuregelungen der StPO, 2009.

BGH-Entscheidung kann Kostenfestsetzung retten

Immer wieder Streit/Ärger/Missfallen gibt es, wenn der Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einem Kostenfestsetzungsantrag am Ende des Verfahrens feststellt, dass er – entgegen einem Antrag – doch nicht zum Pflichtverteidiger bestellt worden ist. Dann stellt sich die Frage, ob die Beiordnung noch nachgeholt werden kann. Das wird von den OLG weitgehend abgelehnt, während die LG da meist großzügiger sind (vgl. die Nachweise in (demnächst/jetzt bald) Burhoff, Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung, 6. Aufl., 2009, Rn. 1328). Jetzt hat sich auch der BGH in einer Verfügung des Vorsitzenden des 1. Strafsenats vom 20.07.2009 (1 StR 344/08) dazu geäußert. Er stellt zwar auch lapidar fest: „Die Beiordnung erfolgt im Strafprozess nicht dem Kosteninteresse des Angeklagten, sondern dient allein dem Zweck die ordnungsgemäße Verteidigung in einem noch ausstehenden Verfahren zu gewährleisten.“ und befindet sich damit in einer Linie mit der übrigen obergerichtlichen Rechtsprechung, die allerdings immer vom „Kosteninteresse des Verteidigers“ spricht. Der BGH weist dann aber den Königsweg: Die stillschweigende Beiordnung!!!. Die Verteidigerin hatte in dem Fall nicht nur eine Terminsnachricht (des BGH) bekommen, sondern war in der (Revisions)Hauptverhandlung auch als Verteidigerin aufgetreten. Hierin kann so der BGH eine stillschweigende Bestellung liegen, wenn die Mitwirkung eines Verteidigers in der (Revisions)Hauptverhandlung rechtlich geboten erscheint.

Eine Entscheidung, die der Rechtsanwalt im wohlverstandenen eigenen Kosteninteresse – natürlich geht es bei der Pflichtverteidigerbeiordnung auch darum, alles andere ist „blauäugig“ zur Hand haben sollte, wenn er mit dem Rechtspfleger „diskutiert“, der darauf hinweist, dass eine Bestellung nicht vorliegt.

5. Strafsenat des BGH: So geht es nicht. Gott sei Dank

Der 5. Strafsenat des BGH warnt bzw. schert aus aus der „obiter-dictum-Rechtsprechung“ des BGH, die vor allem der 1. Strafsenat verfolgt. Den Schluss kann man wohl aus dem Beschl. v. 09.07.2009 – 5 StR 263/08 ziehen. In dem hat – bisher wenig beachtet – der 5. Strafsenat die Stühle ein wenig zurecht gerückt und darauf hingewiesen, dass die von der Rechtsprechung entwickelte Verfahrensweise zur Ablehnung von Beweisanträgen (BGHSt 51, 333; 52, 355) nach Ablauf einer hierzu gesetzten Frist, selbstverständlich vorsichtiger und zurückhaltender Handhabung bedürfe. Sie werde regelmäßig erst nach zehn Hauptverhandlungstagen und nicht vor Erledigung des gerichtlichen Beweisprogramms in Betracht zu ziehen sein. Voraussetzung für eine Fristsetzung zur Stellung von Beweisanträgen seien auch bestimmte Anzeichen für Verschleppungsabsicht im bisherigen Verteidigungsverhalten; solche hat der Vorsitzende im Zusammenhang mit der fristsetzenden Anordnung im Protokoll ausdrücklich zu bezeichnen (§ 273 Abs. 3 StPO). Man darf allerdings auch nicht übersehen, dass es gerade der 5. Strafsenat war, der die „Fristsetzungsrechtsprechung“ losgetreten hatte. In der Sache ganz interessant zu lesen: Denn der Vorsitzende beim LG hatte dem Verteidiger gerade mal einen Tag als Frist für weitere Beweisanträge gegeben. Das hat der 5. Senat als unangemessen angesehen. Für die Besorgnis der Befangenheit hat es aber noch nicht gereicht.

Sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Die Fragen wird der Gesetzgeber lösen müssen und nicht die Rechtsprechung.

Videomessung: Demnächst Neues aus Bamberg – zu früh gefreut?

Wir haben vor einiger Zeit über die Entscheidung des BverfG 2 BvR 941/08 berichtet – Videomessung im Straßenverkehr. Mit dieser Entscheidung hat sich jetzt, wie das OLG Bamberg in einer Pressemitteilung meldet das AG Schweinfurt auseinandergesetzt. Die Pressemitteilung des OLG Bamberg vom 15.09.2009 lautet:

„Zu früh gefreut haben sich vielleicht viele Drängler und Abstandssünder in Bayern. Das BVerfG hatte jüngst eine Bußgeldentscheidung aus Mecklenburg-Vorpommern aufgehoben, weil die dortige Videomessung möglicherweise keine ausreichende gesetzliche Grundlage habe.
Das ist in Bayern aber anders. Das AG Schweinfurt hat am 31.08.2009 einen Autofahrer zu 320,– EUR Geldbuße und 1 Monat Fahrverbot verurteilt, weil er auf der A 7 weniger als 3/10 des halben Tachowertes Abstand zum Vordermann eingehalten hatte. Der Fahrer hatte lapidar auf die Entscheidung des BVerfG hingewiesen und Freispruch beantragt.

In dem 30-seitigen Urteil setzt sich das AG Schweinfurt ausführlich mit den Rechtsgrundlagen und verfassungsrechtlichen Fragen auseinander und legt dar, dass das in Bayern angewandte Verfahren mit der Verfassung übereinstimmt und eine gesetzliche Grundlage besitzt. Die Videoaufnahme des fließenden Verkehrs erlaube nämlich keine Identifizierung von Fahrer oder Kennzeichen. Unbeteiligte und verkehrstreue Fahrzeugführer könnten also nicht erfasst und damit in ihren Rechten beeinträchtigt werden. Erst bei einem konkreten Verdacht eines Abstandsverstoßes betätige ein geschulter Polizeibeamter, der den Verkehr beobachtet, eine zweite Videokamera für ein konkretes Fahrzeug. Erst dadurch könnten Fahrer und Fahrzeug identifiziert werden. Somit würden nur wirklich Verdächtige verfolgt, nicht aber unbescholtene Fahrzeugführer. Für dieses Verfahren gebe es auch eine konkrete gesetzliche Grundlage in § 100 h StPO und § 46 OWiG. Dieses Mess-System ist nach Ansicht des AG Schweinfurt somit verfassungsgemäß, zumindest besteht kein Verwertungsverbot für die Videoaufnahme. In Bayern gebe es somit keinen Freibrief für Drängler auf der Autobahn.

Gegen das Urteil des AG Schweinfurt wurde Rechtsbeschwerde eingelegt. Somit wird bald das OLG Bamberg für ganz Bayern über die Zulässigkeit der Videomessung entscheiden.“

Wenn das so stimmt: Ich hatte ja bereits darauf hingewiesen, dass die Entscheidung des BVerfG nur für die verdachtslose Videomessung gilt. Die scheint man in Bayern nicht durchzuführen. Man darf dann auf Näheres aus Bamberg gespannt sein.

OLG Dresden zum „pornografischen Reden“

Eine ganz interessante Konstellation hatte jetzt das OLG Dresden zu entscheiden. Der Angeklagte hatte sich mit sexuell motivierten Reden an zwei 11-jährige Mädchen gewandt. Er war deshalb vom LG wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden. Das OLG Dresen hat dazu entschieden:

„Pornographischen Darstellungen entsprechendes Reden“ im Sinne des § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB braucht nicht selbst alle Merkmale des Begriffs „pornographisch“ zu erfüllen. Der Tatbestand verlangt lediglich Reden, das pornographischen Darstellungen „entspricht“; eine Einschränkung des Tatbestands auf das im engsten Sinne pornographische Material ist schon deshalb nicht durchführbar, weil es bei dem Reden an einer Verkörperung fehlt. Die Beurteilung, ob das Reden im Einzelfall den Tatbestand erfüllt, hat wertend unter Berücksichtigung der Belange des Jugendschutzes als Schutzzweck des § 176 StGB zu erfolgen.“

Es kommt also bei dem Reden nicht auf eine Schilderung sexueller Vorgänge in übersteigerter, anreisserischer Weise an.

OLG Dresden, Beschl. v. 13.08.2009 – 2 Ss 352/09