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Strafzumessung: Geständnis entweder/oder, und: Sich wehren kann sich lohnen

© Thomas Becker - Fotolia.com

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Der Kollege, der den BGH, Beschl. v. 09.10.2013 – 4 StR 414/13 – erstritten hat, hatte ihn mir übersandt, bevor er nun auch auf der Homepage des BGH eingestellt worden ist. Sein Kommentar bei der Übersendung: Der Beschluss zeige, dass es sich doch manchmal lohnen könne, zu kämpfen. Gemeint hatte der Kollege damit, dass er gegen die Auffassung des GBA in seiner Stellungnahme angeschrieben hatte, als der mitteilte, dass der BGH trotz des vorliegenden Strafzumesssungsfehlers selbst nach § 354 Abs. 1a StPO entscheiden könne. Und er hatte Erfolg. Der BGH hat nicht nur wegen eines Strafzumessungsfehlers aufgehoben, sondern auch zurückverwiesen und von einem Durchmarsch abgesehen.

Zum Strafzumessungsfehler:

a) Der Strafausspruch kann nicht bestehen bleiben, weil die Strafzumessungserwägungen widersprüchlich sind und zugleich einen Wertungsfehler besorgen lassen.

Das Landgericht hat angenommen, das Geständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung habe keine strafmildernde Berücksichtigung finden können, da er lediglich das eingeräumt habe, was ohnehin durch andere Beweismittel bewiesen werden konnte.

Zwar ist der Tatrichter nicht gehindert, das strafmildernde Gewicht einer geständigen Einlassung geringer zu bewerten, wenn es von prozesstaktischen Erwägungen bestimmt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 — 1 StR 193/07, NStZ-RR 2007, 232). Das gilt auch in dem Fall, in dem der Angeklagte nur das einräumt, was durch die Beweisaufnahme ohnehin schon zur Überzeugung des Gerichts feststeht (BGH, Beschluss vom 21. Februar 1989 — 1 StR 697/88, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten 3).

Im vorliegenden Fall steht die das Geständnis des Angeklagten bewertende Erwägung aber im Widerspruch dazu, dass das Landgericht an anderer Stelle ausführt, die tatsächlichen Feststellungen zu der abgeurteilten Tat beruhten im Wesentlichen auf den geständigen und glaubhaften Angaben der beiden Angeklagten. Vor diesem Hintergrund hätte die Einschätzung des Geständnisses des Angeklagten als strafzumessungsrechtlich unerheblich näherer Erläuterung bedurft, zumal die Strafkammer das ebenfalls in der Hauptverhandlung abgelegte Geständnis des Mitangeklagten diesem ausdrücklich strafmildernd zugutegehalten hat.

Zum „verneinten Durchmarsch„:

2. Der Senat kann entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts nicht gemäß § 354 Abs. la StPO von einer Aufhebung absehen, da im vorliegenden Fall die Angemessenheit der verhängten Rechtsfolge vom Revisionsgericht nicht abschließend auf der Grundlage eines vollständigen Strafzumessungssachverhalts beurteilt werden kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2007 —2 BvR 1447/05, 2 BvR 136/05, BVerfGE 118, 212, 234). In seiner Gegenerklärung ist der Beschwerdeführer einer solchen Entscheidung mit neuem Sachvortrag zu nach Erlass des landgerichtlichen Urteils eingetretenen Änderungen in seinen persönlichen Verhältnissen entgegen getreten. Diese können für die Strafzumessung bedeutsam sein, weshalb der -Senat die zugehörigen Feststellungen ebenfalls aufhebt. Der neue Tatrichter kann so alle strafzumessungserheblichen Umstände umfassend feststellen und bewerten. Hierzu verweist der Senat ergänzend darauf, dass der Umstand, dass ein Betäubungsmittelgeschäft größeren Ausmaßes unter polizeilicher Überwachung stattgefunden hat, neben der Tatsache der Sicherstellung der betreffenden Betäubungsmittel im Regelfall zusätzlich als bestimmender Strafzumessungsgrund; gemäß § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO zu erörtern ist (vgl: nur BGH, Beschluss vom 3. Mai 2011 — 5 StR 568110, StV 2011, 622; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff. Rn. 966 mwN).

Keine Anhörung – dann geht es zurück

§ 36 Abs. 5 Satz 2 BtMG sieht  die Anhörung des Verurteilten und der Therapieeinrichtung vor, wenn es darum geht, Vollstreckung der Reststrafe gemäß § 36 Abs. 2 BtMG zur Bewährung auszusetzen. Ein klare Regel, die Folgen hat, wenn sie nicht beachtet wird. Nämlich Aufhebung und Zurückverweisung. So der KG, Beschl. v. 07.06.2013 – 4 Ws 64/13 – mit dem Leitsatz: 

„Hat das Gericht des ersten Rechtszuges die Entscheidung über die (Nicht-) Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes gemäß § 36 Abs. 1 und 2 BtMG ohne die nach § 36 Abs. 5 Satz 2 BtMG erforderliche Anhörung sowohl des Verurteilten als auch der behandelnden Personen oder Einrichtungen getroffen, so ist dieser Aufklärungsmangel in der Regel von einem solchen Gewicht, dass auf die sofortige Beschwerde hin die Zurückverweisung an die Vorinstanz geboten ist.“

Ich habe da mal eine Gebührenfrage: „Zurückverweisung“ im Bußgeldverfahren – entstehen die Gebühren noch einmal

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Mich erreichen immer wieder interessante Gebührenfragen oder sie werden in dem Forum auf meiner Homepage Burhoff-online gestellt, die mir dann zeigen, dass es doch immer noch Probleme und offene Fragen bei der Anwendung des RVG gibt. So das Problem, dass ein Kollege neulich aufgeworfen hat, und zwar folgendes.

Der Kollege hat den Mandanten im Bußgeldverfahren vertreten. Auf seinen Antrag hat das AG das Verfahren nach § 69 Abs. 5 Satz 1 OWiG wegen ungenügender Aufklärung des Sachverhalts an die Verwaltungsbehörde zurückverwiesen. Der Kollege bezog sich auf eine Stelle in Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl. Danach endet das Verfahren bei der Bußgeldbehörde mit Abgabe der Sache nach § 69 Abs. 3 OWiG an das AG. Deswegen war er der Ansicht, dass nach Zurückverweisung gem. § 69 Abs. 5 OWiG die Verfahrensgebühr nach Nr. 5103 VV erneut entsteht.Dazu fand er nichts in Rechtsprechung und Literatur.

 Ich musste den Kollegen darauf hinweisen, dass es sich bei der Zurückverweisung nicht um eine i.S.  des § 21 RVG handelt und daher die Gebühren für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde nicht noch einmal entstehen. So steht es auch im Kommentar in Teil A: Zurückverweisung (§ 21) Rn. 1688.

Aber der Kollege hat repliziert, und wie folgt:

„Allerdings ist zu überlegen, ob der § 21 nicht auch analog angewendet werden kann. Immerhin handelt es sich beim Verfahren vor der Bußgeldbehörde um die erste Entscheidungsinstanz im Bußgeldverfahren. Alle Voraussetzungen sind dafür gegeben: Es muss ermittelt sowie der Sachverhalt aufgeklärt werden. Ferner gibt es am Ende dieser „Entscheidungstanz“ auch eine Entscheidung in Form des Abschlussvermerks nach § 69 Abs. 3 OWiG und es gibt sogar eine Präklusionsnorm in § 109 a Abs. 2 OWiG.

Könnte vor diesem Hintergrund nicht eine Regelungslücke vorliegen, die eine analoge Anwendung ermöglicht?“

Mein Gedanke: Gar nicht mal schlecht bzw. überlegenswert. Ich habe ihm geraten, es ggf. mal zu versuchen mit der Argumentation. Denn: Nur ein Versuch macht klug.

Ach so – und das ist jetzt Werbung: Den RVG-Kommentar gibt es derzeit zu einem Sonderpreis – es handelt sich um eine „Mängelexemplare-Aktion“.

Anfängerfehler: Bezugnahme/Bindung nach Aufhebung?

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Hier ist mal wieder ein – in meinen Augen – Anfängerfehler, aber nicht eines Anfängers, sondern einer ausgewachsenen Strafkammer, bei der man nicht davon ausgehen kann, dass sie (nur) mit Anfängern besetzt ist. Was ist passiert?

Das LG Bonn hat den Angeklagten mit Urteil vom 28. 07. 2011 wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Der 2. Strafsenat des BGH hat mit Beschluss vom 14. 12. 2011 dieses Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Die neu entscheidende Strafkammer hat den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen hat der Angeklagte wiederum Revision eingelegt, die Erfolg hat. Der BGH hebt im BGH, Beschl. v. 12. 12. 2012 – 2 StR 481/12 – erneut auf, denn:

1. Die Strafkammer hat zum Werdegang und zur Person des Angeklagten auf das aufgehobene Urteil Bezug genommen und dessen Feststellungen wörtlich übernommen sowie optisch eingerückt. Diese Vorgehensweise lässtbesorgen, dass das Landgericht vom Revisionsgericht nach § 353 StPO aufgehobene Feststellungen unzulässiger Weise dem neuen Urteil zugrunde gelegt hat. Die Feststellungen zur Person des Angeklagten, namentlich zu seinem Lebenslauf, gehören nicht zur Schuld-, sondern zur Straffrage, über die nach der Aufhebung des Urteils durch den Senat im Strafausspruch mit den Feststellungen umfassend neu zu befinden war (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2010 – 5 StR 540/10; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl. 2012, § 353 Rn. 20 mwN). Die Strafkammer hat zwar zum Lebenslauf des Angeklagten hinsichtlich einer Marginalie eine abweichende Feststellung getroffen; daraus kann hier jedoch nicht geschlossen werden, dass sie insoweit im Übrigen eigenständig zu inhaltsgleichen Feststellungen gelangt ist wie das Ersturteil.
2. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass es an die Feststellungen des aufgehobenen Urteils zu den Voraussetzungen des § 21 StGB gebun-den ist (UA 16). Dies ist rechtsfehlerhaft. Die Frage einer erheblich verminderten Schuldfähigkeit gehört nicht zum Schuldspruch, sondern allein zum Strafausspruch (BGH, Beschluss vom 15. April 1997 – 5 StR 24/97, NStZ-RR 1997, 237; Meyer-Goßner aaO). Die Feststellungen hierzu waren durch die Entscheidung des Senats vom 14. Dezember 2011 aufgehoben, so dass die Strafkammer auch insoweit eigene neue Feststellungen hätte treffen müssen.“

Wie gesagt: M.E. Anfängerfehler.