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Rechtsmittel II: Zurückverweisung im der Beschwerde, oder: Ausnahme fehlende Sachentscheidung

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Im zweiten Posting dann etwas aus dem Beschwerdeverfahren, und zwar:

Ergangen ist die Entscheidung in einem Widerrufsverfahren. In dem hat das AG – das Erkenntnisgericht – eine Bewährung widerrufen, obwohl der Verurteilte in Strafhaft einsass. Dagegen die sofortige Beschwerde, die Erfolg hatte.

Das ist nichts Besonderes, denn das AG war im Verfahren nach § 453 StPO unzuständig. Zuständig wäre nach § 462a Abs. 1 StPO vielmehr die zuständige Strafvollstreckungskammer gewesen. So weit, so gut. Aber – so das LG Chemnitz im LG Chemnitz, Beschl. v. 01.08.20234 Qs 272/23:

„2. Allerdings ist die Beschwerdekammer daran gehindert, die Vorlage an das zuständige Gericht vorzunehmen. Entgegen des Grundsatzes des § 309 Abs. 2 StPO kann die Beschwerdekammer diese Entscheidung nicht selbst treffen.

Eine Zurückverweisung der Sache an das untere Gericht ist im Beschwerdeverfahren ausnahmsweise möglich, wenn etwa das angegriffene Gericht eine Entscheidung in der Sache gar nicht vorgenommen hat, weil es beispielsweise einen Antrag (zu Unrecht) als unzulässig abgelehnt hat (Meyer-Goßner/Schmitt: StPO, 66. Aufl., § 309 Rn. 9). So kommt eine Zurück-verweisung etwa in Betracht, wenn das Gericht einen Antrag durch Beschluss als unzulässig abgelehnt hat, da es unzuständig sei (OLG Stuttgart Beschl. v. 04.02.1991 – 3 Ws 21/91-, juris). Ein solcher Ausnahmefall liegt auch hier vor. Zwar hat das Amtsgericht Chemnitz hier seine Zuständigkeit gerade angenommen und (zu Unrecht) einen Bewährungswiderruf beschlossen. Allerdings hat es zur Frage der Vorlage der Sache an die zuständige Strafvollstreckungskammer keine sachliche Entscheidung getroffen, sondern die Vorlage schlicht unterlassen. Bei einem solchen Unterlassen ist die Sache sodann dem unteren Gericht wieder vorzulegen.

Auch entscheidet bei Streitigkeiten über die Zuständigkeit verschiedener Gerichte gem. § 14 StPO das gemeinsame obere Gericht. Dies gilt auch bei Streitigkeiten über die Zuständigkeit der nachträglichen Entscheidung nach § 453 StPO (vgl. nur BGH Beschl. v. 16.12.2009 – 2 ARs 424/09-, juris). Bei einer Streitigkeit über die Zuständigkeit zwischen dem Amtsgericht Chemnitz und dem Landgericht Dresden – Strafvollstreckungskammer – müsste das OLG Dresden als gemeinsames oberes Gericht im Verfahren des § 14 StPO entscheiden. Eine Entscheidung durch das Landgericht Chemnitz als Beschwerdegericht würde diese Zuständigkeit untergraben und die Entscheidungsprärogative des OLG Dresden verletzen. Insofern würde hier eine Spannung zwischen den Befugnissen zweier Rechtsbehelfe bestehen, welche zugunsten des höheren Gerichts und des spezielleren Verfahrens (§ 14 StPO) aufzulösen ist.

Daher sieht sich das Beschwerdegericht im Rahmen des § 309 Abs. 2 StPO gehindert, selbst die Vorlage an das zuständige Gericht vorzunehmen. Die Sache ist folglich zurückzuverweisen. Das Amtsgericht Chemnitz hat die Vorlage an das zuständige Gericht selbst vorzunehmen.“

Zurückverweisung durch das Revisionsgericht, oder: „Berufungsgebühr“ für Beratung, AG-Richter richtet es

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Ich hatte am vergangenen Freitag über den AG Nürnberg, Beschl. v. 14.02.2024 – 401 Ds 207 Js 8267/22, einen „Rechtspflegerbeschluss“ berichtet (vgl. Zurückverweisung durch das Revisionsgericht, oder: Abwicklungstätigkeiten des Rechtsanwalts?). Gestritten worden ist in dem Verfarhen um die Anwaltsgebühren der „zweiten Bereufungsinstanz“, also die Gebühren nach Aufhebung und Zurückverweisung durch das BayObLG an das LG. Der Pflichtverteidiger war dann dort noch für den Mandanten tätig geworden, dann wurde er entpflichtet. Im Streit war, ob der pflichtverteidiger für seine Informations- und Beratungstätigkeit die Nr. 4124 VV RVG geltend machen kann oder oder die durch die Nr. 4130 VV RVG noch abgedeckt ist. Der Rechtspfleger war von letzterem ausgegangen. Der Pflichtverteidiger hatte dann Erinnerung eingelegt. Und die hatte, wie sich aus dem mir inzwischen übersandten AG Nürnberg, Beschl. v. 02.05.2024 – 401 Ds 207 Js 8267/22 – ergibt, Erfolg:

Der Gebührenanspruch des Verteidigers besteht in beantragter Höhe. Die Kosten sind daher wie tenoriert festzusetzen.

Der Verteidiger war bis zur Entpflichtungsentscheidung des Landgerichts vom 10.01.2024 als Pflichtverteidiger beigeordnet. Das 2. Berufungsverfahren ist gemäß § 21 RVG gegenüber dem Revisionsverfahren, dem 1. Berufungsverfahren und der 1. Instanz eine eigene Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG. Das 2. Berufungsverfahren begann gemäß § 34a StPO mit Ablauf des Tages der Beschlussfassung über die Zurückverweisung an das Landgericht Nürnberg-Fürth, vorliegend mit Ablauf des 23.11.2023.

Voraussetzung für das Anfallen einer Gebühr im 2. Berufungsverfahren ist eine kostenauslösende Tätigkeit des Verteidigers in diesem Berufungsverfahren. Der Verteidiger schildert hierzu, er habe seinen Mandanten mit Schreiben vom 27.11.2023 über das Ergebnis der erfolgreichen Revision und den weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens informiert. Außerdem habe er seinem Mandanten mit Schreiben vom 13.01.2024 die Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Erfolgsaus-sichten einer etwaigen sofortigen Beschwerde gegen die Entpflichtungsentscheidung des Landgerichts erklärt. Das Schreiben des Verteidigers vom 27.11.2023 ist zeitlich dem 2. Berufungsverfahren zuzuordnen, da es nach Ablauf des 23.11.2023 erfolgte. Soweit der Verteidiger erklärt, hierin dem Mandanten den weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens erklärt zu haben, so ist dies als kostenauslösende Tätigkeit zu werten. Die Information des Mandanten zum 2. Berufungsverfahren ist Betreiben des Geschäfts und nicht durch vorherige Gebühren erfasst. Die Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV RVG zuzüglich Pauschale ist somit angefallen.“

Die Entscheidung ist richtig. Warum der Rechtspfleger falsch lag, hatte ich ja schon am letzten Freitag dargelegt.

Zurückverweisung durch das Revisionsgericht, oder: Abwicklungstätigkeiten des Rechtsanwalts?

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Und als zweite Entscheidung dann hier der AG Nürnberg, Beschl. v. 14.02.2024 – 401 Ds 207 Js 8267/22. Der liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Rechtsanwalt ist dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet worden  nd hat ihn seither im ersten, zweiten sowie dritten Rechtszug vertreten. Die Revision des Angeklagten gegen das landgerichtliche Berufungsurteil war teilweise erfolgreich und die Sache wurde mit Beschluss des BayObLG vom 23.11.2023 im Umfang der erfolgten Aufhebung an eine andere Strafkammer des LG Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.

Dort ging die Sache am  29.12.2023 wieder ein und wurde mit dortiger Verfügung vom 03.01.2024 an die 15. Strafkammer übertragen. Als erste Verfahrenshandlung dieser Kammer wurde mit Beschluss vom 10.01.2024 die Pflichtverteidigerbestellung gemäß § 143 Abs. 2 StPO aufgehoben.

Der Rechtsanwalt hat in seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 13.01.2024 die Verfahrensgebühr Nr. 4124 VV RVG samt einer Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG geltend. Der Rechtspfleger des AG hat die Gebühr nicht festgesetzt:

„Grundsätzlich können mehrere Angelegenheiten im Falle einer Verweisung entstehen. Zu unterscheiden ist dabei danach, ob an ein Gericht desselben oder eines niedrigeren Rechtszugs verwiesen wird. Bei einer Verweisung an das Gericht desselben Rechtszugs zählt das weitere Verfahren noch zur selben gebührenrechtlichen Angelegenheit (§ 20 S. 1 RVG). Wird dagegen – wie vorliegend – an ein Gericht eines niedrigeren Rechtszugs verwiesen, handelt es sich bei dem weiteren Verfahren nach Verweisung um eine neue Angelegenheit i. S. d. § 15 RVG (§ 20 S. 2 RVG).

Damit die Gebühr nach VV Nr. 4124 RVG entsteht, muss allerdings auch eine entsprechende, die Gebühr auslösende Tätigkeit des Anwalts erfolgt sein. In seinen Ausführungen gibt Rechtsanwalt pp. auf Nachfrage des Gerichts hierzu an, er habe seinem Mandanten mit Schreiben vom 13.01.2024 die Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Erfolgsaussichten einer etwaigen sofortigen Beschwerde gegen die Entpflichtungsentscheidung erläutert. Er habe seinen Mandanten weiterhin mit Schreiben vom 27.11.2023 auch über das Ergebnis der erfolgreichen Revision und den weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens informiert.

Grundsätzlich gilt für die Gebühr VV-Nr. 4124 RVG, dass die Einlegung einer Berufung und die Besprechung der erstinstanzlichen Entscheidung noch durch die Verfahrensgebühr der ersten Instanz abgedeckt sind. Analog auf das Verfahren nach Zurückverweisung angewendet ist demnach die im Schreiben vom 27.11.2023 entfaltete Tätigkeit noch von der – bereits am 23.01.2024 aufgrund eines anderen Kostenfestsetzungsantrages des Antragstellers – festgesetzten Verfahrensgebühr der dritten Instanz abgedeckt. Eine allgemeine Information über den grundsätzlichen weiteren Verlauf der neuen Berufungsinstanz vor der eigentlichen Anhängigkeit bei der 15. Strafkammer löst ebenfalls noch keine neue Verfahrensgebühr aus. Es ist üblich, dass sich nach der Kenntnisnahme einer Entscheidung der Prozessbevollmächtigte gegenüber dem Mandanten mündlich oder schriftlich äußert. Diese Tätigkeit ist jedoch noch der gerade zu Ende gegangenen Instanz zuzurechnen.

Die Erläuterung der Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Erfolgsaussichten einer etwaigen sofortigen Beschwerde gegen die erfolgte Entpflichtung erfolgte zeitlich nach der Entpflichtungsentscheidung. Allein deshalb ist bereits keine Grundlage mehr für eine Festsetzung gegen die Staatskasse gegeben. Zudem ist jedoch anzumerken, dass die im Schreiben vom 13.01.2024 entfaltete Tätigkeit m.E. an der Stelle in der neuen Berufungsinstanz die Gebühr VV-Nr. 4124 RVG generell auch noch nicht ausgelöst hat: Die von Rechtsanwalt pp. Fundstelle „Burhoff, Nr. 4124 VV, Rn. 13″ listet zwar unter den von VV-Nr. 4124 RVG erfassten, allgemeinen Tätigkeit u.a. „Pflichtverteidigerbestellung und damit ggf. zusammenhängende Rechtsmittel“, meint m.E. damit aber auch explizit Tätigkeiten in Bezug nur auf eine Bestellungs- und eben gerade nicht auf eine Entpflichtungsentscheidung. Die Prüfung von Erfolgsaussichten dazu sind m.E. vielmehr zunächst nach den VV-Nr. 2100 ff RVG durch den Mandanten selbst zu tragen. Wäre ein Rechtsmittel eingelegt worden, würden dafür dann die üblichen Anrechnungsmodalitäten auf später entstehenden Gebühren gelten.

Die Post- und Telekommunikationspauschale war ebenfalls abzusetzen, da diese grundsätzlich nur entstehen kann, wenn auch eine Gebühr in einer Angelegenheit entstanden war.“

M.E. falsch. Die Argumentation ähnelt der, die wir bei der Frage nach der Erstattung der Gebühren kennen, wenn die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel vor Begründung zurücknimmt. Zudem ist die Revisionsinstanz mit der Entscheidung des Revisionsgerichts beendet und es liegt eine neue Angelegenheit vor, die eben nicht mehr von der Gebühr für das Revisionsverfahren honoriert wird. Die Tätigkeiten des Rechtsanwalts gehen m.E. auch erheblich über bloße Abwicklungstätigkeiten hinaus. Also: Die Gebühr hätte festgesetzt werden müssen.

Welche Auslagenerstattung nach Zurückverweisung?, oder: Auslegung von „Die Kosten des Termins….“

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Wird ein Urteil im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren aufgehoben, stellt sich ggf. nach der abschließenden Entscheidung im neuen Erkenntnisverfahren die Frage, welche Gebühren die Staatskasse ggf. als notwendige Auslagen des Beschuldigten/Betroffenen tragen muss. Das LG Magdeburg befasst sich in LG Magdeburg, Beschl. v. 14.2.2024 – 26 Qs 6/24 mit einer amtsgerichtlichen Kostenentscheidung in einem Verfahren, in dem zunächst ein Verwerfungsurteil ergangen war. Zudem nimmt es zur Verfahrensgebühr Stellung.

Das AG hatte im Hauptverhandlungstermin am 15.08.2022 den Einspruch des Betroffenen gegen einen gegen ihn wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung erlassenen Bußgeldbescheid verworfen, weil der Betroffene trotz ordnungsgemäßer Ladung der Hauptverhandlung ohne Entschuldigung ferngeblieben sei  (§§ 73, 74 Abs. 2 OWiG). Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat das OLG das AG-Urteil mit Beschluss vom 06.03.2023 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des AG zurückverwiesen. Das AG hat den Betroffenen dann mit Urteil vom 04.09.2023 wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße verurteilt. Die Kostenentscheidung lautete wie folgt: „„Die Kosten des Termins vom 15.08.2022 und des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die insoweit notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last. Im Übrigen trägt der Betroffene die Kosten des Verfahrens.”

Der Verteidiger des Betroffenen hat die Festsetzung der von der Staatskasse zu erstattenden Auslagen des Betroffenen beantragt. Dabei hat er für den Hauptverhandlungstermin vom 15.08.2022 eine Verfahrensgebühr Nr 5109 VV RVG und eine Terminsgebühr Nr. 5110 VV RVG nebst Abwesenheitsgeldern und Postpauschale Nr. 7002 VV RVG sowie die Verfahrensgebühr Nr. 5113 VV nebst einer weiteren Pauschale Nr. 7002 VV RVG geltend gemacht.

Die Bezirksrevisorin beim LG hat Einwendungen gegen die Geltendmachung der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 5109 VV RVG sowie der Pauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG für das erstinstanzliche Verfahren erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der Staatskasse neben den notwendigen Auslagen des Betroffenen für das Rechtsbeschwerdeverfahren nur noch die notwendigen Auslagen für den Termin am 15.08.2022 auferlegt worden seien. Die Verfahrensgebühr und auch die Pauschale seien jedoch nicht für den Termin selbst, sondern für das „übrige” Verfahren entstanden. Diese Auslagen seien nicht ausscheidbar und daher nicht zu erstatten.

Das AG hat das anders gesehen und ist dem Kostenfestsetzungsantrag des Betroffenen gefolgt. Die Festsetzung der Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG und der Postpauschale Nr. 7002 VV RVG hat es damit begründet, dass das Verfahren vom OLG an das AG zurückverwiesen worden sei. Damit sei § 21 Abs.1 RVG einschlägig.

Dagegen hat die Bezirksrevisorin sofortige Beschwerde eingelegt, der das AG nicht abgeholfen und die Sache dem LG zur Entscheidung vorgelegt hat. Dort hatte die sofortige Beschwerde Erfolg:

„Die sofortige Beschwerde der Landeskasse hat auch in der Sache Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Unrecht die Festsetzung der dem Betroffenen aufgrund der Kostengrundentscheidung des Urteils des Amtsgerichts Wernigerode vom 04.09.2023 zu erstattenden notwendigen Auslagen auch auf die beantragte Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG sowie die Postpauschale, jeweils nebst 19 % Umsatzsteuer, erstreckt. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen der Bezirksrevisorin in ihrer Stellungnahme vom 18.10.2023 sowie in ihrer Beschwerdebegründung vom 04.12.2023, denen sich die Kammer nach kritischer Prüfung vollinhaltlich anschließt, Bezug genommen. Die Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG entsteht unabhängig von der Durchführung eines Hauptverhandlungstermins und kann daher nicht – wie die Verteidigung meint – untrennbar mit einem solchen verbunden sein. Ebenso wenig ergibt sich vorliegend aus der Regelung des § 21 Abs. 1 RVG eine Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr Nr. 5109 und der Postpauschale im Wege der Festsetzung der dem Betroffenen zu erstattenden notwendigen Auslagen. Es mag nach dieser Vorschrift eine weitere Verfahrensgebühr angefallen sein, allerdings ist diese nach der Kostengrundentscheidung des Urteils vom 04.09.2023 nicht von der Landeskasse, sondern vom Betroffenen zu tragen.“

Die Entscheidung ist zutreffend. M.E. kommt es bei der Bewertung der Entscheidung zunächst auf die vom LG angesprochenen Fragen des Entstehens der Verfahrensgebühr und der Terminsgebühr sowie die der Frage der Zurückverweisung (§ 21 Abs. 1 RVG) an. Insoweit stellt das LG zutreffend dar, dass die Terminsgebühr nach Vorbem. 5. Abs. 3 VV RVG und auch Vorbem. 4 Abs. 3 VV RVG für die Teilnahme des Rechtsanwalts an einem Termin entsteht. Es handelt sich um eine der in den Vorbem. 5 Abs. 2 VV RVG bzw. Nr. 4 Abs. 2 VV RVG erwähnten besonderen Gebühren. Die durch sie abgegoltene Teilnahme wird nicht von einer Verfahrensgebühr (für das gerichtliche Verfahren) erfasst. Die erfasst nur das (allgemeine) Betreiben des Geschäfts (zum Abgeltungsbereich der Gebühren Burhoff AGS 2022, 1 und 97). Und man muss auch nicht darüber streiten, dass durch die Zurückverweisung der Sache gem. § 21 Abs. 1 RVG alle Gebühren – mit Ausnahme der Grundgebühr – noch einmal entstehen, da es sich nach Zurückverweisung um eine neue Angelegenheit i.S. von § 15 RVG handelt (vgl. dazu Burhoff AGS 2023, 102; Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Teil A Rn 2690 ff.). Damit hat das LG Recht, wenn es – unter Bezugnahme auf die Bezirksrevisorin ausführt -, dass durch den Termin vom 15.8.2022 eine Verfahrensgebühr Nr. 5109 VV RVG nicht mehr entstehen konnte. Denn die war bereits durch die sonstigen Tätigkeiten des Verteidigers im gerichtlichen Verfahren – unabhängig von der Hauptverhandlung entstanden. Es handelt sich nicht (mehr) um „die Kosten des Termins ….“.

OWi III: „Sinnfreies“ Einkopieren des Akteninhalts, oder: Rechtlicher Hinweis nach Zurückverweisung?

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Und dann noch der OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.02.2023 – IV – 2 RBs 18/23 –, der u.a. zwei Fragen behandelt, nämlich zunächst die zutreffende Begründung der Verfahrensrüge einer Rechtsbeschwerde und dann die Frage nach der Erforderlichkeit eines rechtlichen Hinweises (§ 265 StPO) nach Zurückverweisung:

„Das Amtsgericht hat den Betroffenen am 10. Februar 2022 wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 38 km/h zu einer Geldbuße von 320 Euro verurteilt und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat der Senat über dieses Urteil mit Beschluss vom 30. Mai 2022 wie folgt entschieden:

  1. Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben. Jedoch bleiben die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen mit Ausnahme derjenigen zur Fahrereigenschaft des Betroffenen aufrechterhalten.
  2. Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
  3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Duisburg zurückverwiesen.

Am 8. November 2022 hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erneut zu eine Geldbuße von 320 Euro verurteilt und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Hiergegen richtet sich dessen Rechtsbeschwerde, die sich auf Verfahrensrügen und die Sachrüge stützt.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Die von dem Betroffenen erhobenen Verfahrensrügen erweisen sich als unzulässig, weil sie nicht in der nach § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO gebotenen Form angebracht worden sind.

Die Rüge wegen Verletzung der Hinweispflicht umfasst 154 Seiten, wobei sinnfrei nahezu der gesamte Akteninhalt einkopiert worden ist. Von den 16 Seiten, die keine Aktenkopien darstellen, entfallen 13 Seiten auf jeweils wenige Zeilen umfassende Trennblätter, mit denen die nachgeheftete Ablichtung bezeichnet wird.

Bei der Rüge wegen Verletzung der Aufklärungspflicht wurde derselbe Akteninhalt mit denselben Trennblättern sinnfrei erneut in die Begründungsschrift eingefügt, so dass sich deren Papierumfang ohne Erkenntnisgewinn verdoppelt hat. Lediglich die Eingangsseite mit dem Obersatz und die beiden letzten Seiten unterscheiden sich inhaltlich von der vorherigen Verfahrensrüge.

Die mangelnde Eignung der gewählten „Gestaltung“ lässt sich exemplarisch daran ablesen, dass zu den beiden nunmehr erhobenen Verfahrensrügen jeweils die vollständige Begründungsschrift (83 Seiten) aus dem ersten Rechtsbeschwerdeverfahren einkopiert worden ist. Die dortigen Verfahrensrügen, die sich insbesondere gegen die Richtigkeit der Messung und die Verwertbarkeit des Messergebnisses richteten, sind für das zweite Rechtsbeschwerdeverfahren indes nicht relevant. Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 30. Mai 2022 mit eingehender Begründung die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen mit Ausnahme derjenigen zur Fahrereigenschaft des Betroffenen aufrechterhalten.

Das zweimalige Einkopieren der ihrerseits (teils doppelte) Aktenauszüge enthaltenden Begründungsschrift aus dem ersten Rechtsbeschwerdeverfahren hat im Übrigen zur Folge, dass sich in der vorliegenden Begründungsschrift nunmehr einige Akteninhalte in vierfacher oder gar sechsfacher Anzahl befinden.

Die unübersichtliche Begründungsschrift lässt einen Zusammenhang zwischen der jeweiligen Verfahrensrüge und den zweimal identisch einkopierten Akteninhalten weitgehend vermissen. Es ist nicht Aufgabe des Rechtsbeschwerdegerichts, sich die wenigen relevanten Unterlagen aus dem ca. 300 Seiten umfassenden Konvolut herauszusuchen und den Sachzusammenhang selbst herzustellen. Vielmehr wäre es erforderlich gewesen, bezogen auf die konkrete Verfahrensrüge (lediglich) den insoweit relevanten Verfahrensstoff mitzuteilen (vgl. zur Revision: BGH NStZ 2020, 625; NStZ 2023, 127). Daran fehlt es hier.

2. Ungeachtet dessen hätte die Rüge, dass nach der Zurückverweisung der Sache kein (erneuter) Hinweis auf die Möglichkeit einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erfolgt ist, auch bei zulässiger Erhebung keinen Erfolg gehabt.

Das Amtsgericht hatte dem Betroffenen bereits im „ersten Durchgang“ mit der Ladung zu der Hauptverhandlung vom 10. Februar 2022 einen solchen Hinweis erteilt, da nach dem Bußgeldbescheid mangels Bezeichnung der Schuldform von dem Vorwurf fahrlässigen Handelns auszugehen war (vgl. OLG Bamberg DAR 2017, 383). Zudem ist der Betroffene am 10. Februar 2022 wegen vorsätzlicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit verurteilt worden. Bei dieser Sachlage bedurfte es nach der Zurückverweisung der Sache keiner Wiederholung des Hinweises auf die Möglichkeit einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Tatbegehung (vgl. BGH bei Dallinger MDR 1971, 363; OLG Köln NJW 1957, 473; OLG Stuttgart MDR 1967, 233; Stuckenberg in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 265 Rdn. 14). Die Verurteilung wegen einer Vorsatztat beinhaltet den unmissverständlichen und fortwirkenden Hinweis, dass der Betroffene auch im weiteren Verfahren – sei es nach Zurückverweisung der Sache, sei es in einer höheren Instanz – mit einer solchen rechtlichen Bewertung seiner Tat rechnen muss…..“