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Zuhälter – ich will in den Puff…- Kontaktverbot bei der Führungsaufsicht

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Eine ganz interessante Konstellation liegt dem OLG Hamm, Beschl. v. 30.08.2012 – III-1 Ws 395, 396/12 – zugrunde. Es geht um die Zulässigkeit von im Rahmen einer Führungsaufsicht angeordneten Weisungen. Der Verurteilte hat eine zweijährige Freiheitsstrafe wegen Menschenhandels vollständig verbüßt. Gegen ihn wird Führungsaufsicht verhängt und als  Weisung u.a. bestimmt.

„ 5. Der Verurteilte wird gemäß § 68b Absatz 1 StGB verboten, während der Dauer der Führungsaufsicht

a. sich in Betrieben oder Räumlichkeiten aufzuhalten, in denen Prostitu­tion oder Zuhälterei ausgeübt wird,

b. Kontakt zu Personen aufzunehmen, die Prostitution oder Zuhälterei aus­üben oder ausüben lassen,

c. Kontakt zu Personen aufzunehmen, die in Betrieben oder für Perso­nen tä­tig sind, die Prostitution oder Zuhälterei ausüben oder ausüben lassen,

d. als Türsteher, Schuldeneintreiber oder in einem vergleichbaren Ge­werbe tä­tig zu sein.

U.a. gegen diese Weisung wendet sich der Verurteilte, der – so heißt es im Beschluss – bei seiner mündlichen Anhörung angegeben hatte, auch in Zukunft „sein Vergnü­gen“ haben wolle.

Das OLG entscheidet differenziert:

„a) Die Weisungen zu Ziff. 5 c-d des angefochtenen Beschlusses sind gesetzeswidrig und damit aufzuheben. Im Hinblick auf die Strafbewehrung der Weisungen nach § 68b Abs. 1 StGB sind diese hinreichend genau zu bestimmen, denn nur dann ist auch das strafbewehrte Verhalten (§ 145a StGB) hinreichend bestimmt (KG NStZ-RR 2008, 278). Sie dürfen nicht unzumutbar sein (§ 68b Abs. 3 StGB)). Die beiden ge­nannten Weisungen sind zu unbestimmt. Die Weisung zu Ziff. 5c. könnte eine Viel­zahl von Personen erfassen, die mit der eigentlichen Prostitutionsausübung über­haupt nichts zu tun haben (z.B. Putzfrau, Getränkelieferant). Die Formulierung in Weisung 5.d. „oder in einem vergleichbaren Gewerbe“ ist ersichtlich zu unbestimmt. Außerdem ist ein Bezug dieser Weisung zu Straftaten nicht ersichtlich. Aus dem zu Grunde liegenden Urteil ergibt sich nichts dafür, dass bisherige Straftaten des Ver­urteilten, geschweige denn die Anlassverurteilung mit den dort genannten Tätigkeiten in Zusammenhang standen, so dass nicht erkennbar ist, dass diese Tätigkeiten dem Verurteilten Anreiz zu weiteren Straftaten bieten könnten (§ 68b Abs. 1 Nr. 2 StGB).

b) Die Weisungen zu Ziff. 5a-b des angefochtenen Beschlusses sind hingegen nicht gesetzeswidrig. Wie die Anlassverurteilung gezeigt hat, hat die Betätigung des Ver­urteilten als Zuhälter zu der strafbaren Handlung geführt. Betriebe oder Räumlich­keiten, an denen die Prostitution ausgeübt wird, können dem Verurteilten damit durchaus Anreiz zu erneuten Straftaten bieten. Das hat die Strafvollstreckungskam­mer zutreffend ausgeführt. Gleiches gilt hinsichtlich des Kontaktes zu Personen, die die Prostitution oder Zuhälterei ausüben oder ausüben lassen.

Die Weisungen sind auch hinreichend bestimmt. Die entsprechenden Räume, Be­triebe und Personen sind üblicherweise in ihrer Funktion erkennbar, so dass dem Verurteilten klar ist, welche Verhaltensanforderungen an ihn gestellt werden. Sollte im Einzelfall einmal der Aufenthalt in solchen Räumen etc. genommen oder Kontakt zu solchen Personen aufgenommen werden, ohne dass dies erkennbar war, so wäre der Betroffene mangels Vorsatzes nicht nach § 145a StGB strafbar.

Die Weisung beeinträchtigt die Lebensführung des Verurteilten auch nicht in unzu­mutbarer Weise (§ 68b Abs. 3 StGB). Dem Verurteilten wird keineswegs jegliche se­xuelle Betätigung untersagt. Die Weisungen hindern ihn (für die Dauer der Füh­rungsaufsicht) allenfalls an einem kleinen Ausschnitt möglicher sexueller Betätigun­gen, so dass er durchaus – wie er sich in der Anhörung ausgedrückt hat – „in Zukunft sein Vergnügen haben“ kann.

Weisungen bei der Führungsaufsicht – bestimmt müssen sie sein

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Ich hatte ja neulich schon auf den OLG Bamberg, Beschl. v. 15.03.2012 – 1 Ws 138/12 – hingewiesen, und zwar im Zusammenhang mit der Zulässigkeit einer „elektronischen Fußfessel (vgl. hier). Der Beschluss des OLG behandelt aber nicht nur die Frage, sondern nimmt auch im Übrigen zu den Anforderungen an Weisungen im Rahmen der Führungsaufsicht Stellung. Das kann man hier nicht alles im Einzelnen darstellen, sondern muss man lesen. Hier müssen die Leitsätze genügen, die man dahin zusammenfassen kann: Bestimmt und verhältnismäßig müssen die Weisungen sein:

1. Auch im Rahmen der Führungsaufsicht ist die Weisung, wonach ein Wohnsitzwechsel des Verurteilten vom (vorherigen) Einverständnis seines Bewährungshelfers oder der Führungsaufsichtsstelle abhängig gemacht wird, unzulässig.

 2. Eine im Rahmen der Führungsaufsicht nach § 68 b I 1 Nr. 7 StGB erteilte Weisung an den Verurteilten, sich mindestens einmal wöchentlich bei seinem Bewährungshelfer zu melden, verstößt gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheits- und Verhältnismäßigkeitsgebot, wenn nicht gleichzeitig die Art und Weise der Meldung näher konkretisiert ist (u.a. Anschluss an OLG Jena StV 2008, 88). Die Angabe einer Mindestfrequenz vorgeschriebenen Meldungen ist nicht ausreichend, wenn nicht zugleich eine Höchstfrequenz festgelegt wird.

 3. Eine im Rahmen der Führungsaufsicht erteilte Weisung, Anordnungen des Bewährungshelfers „gewissenhaft zu befolgen“, verstößt gegen das Bestimmtheitsgebot des § 68 b I 2 StGB und ist auch deshalb unzulässig, weil sie infolge ihrer weiten Fassung geeignet ist, die Lebensführung des Verurteilten in unzumutbarer Weise einzuschränken.

Die elektronische Fußfessel – wann ist sie zulässig?

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In der Diskussion ist immer wieder die Frage der Zulässigkeit der elektronischen Fußfessel. Damit haben sich in der letzten Zeit mehrere OLG befasst. Dazu zählt jetzt auch das OLG Bamberg, das im OLG Bamberg, Beschl. v. 15.03. 2012 – 1 Ws 138/12 – umfassend zur Zulässigkeit der elektronischen Fußfessel als Weisung  im Rahmen der Führungsaufsicht Stellung nimmt. In den Leitsätzen heißt es dazu:

„…

4. Eine im Rahmen der Führungsaufsicht nach § 68 b I 1 Nr. 12, S. 3 StGB erteilte Weisung zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung („elektronische Fußfessel“) dient nicht nur der Überwachung aufenthaltsbezogener Weisungen, sondern soll spezialpräventiv auch die Eigenkontrolle des Betroffenen stärken. Zudem kann die Überwachung es den zuständigen Behörden im Fall einer akuten und erheblichen Gefährdungslage für Dritte erleichtern, rechtzeitig einzuschreiten (u.a. Anschluss an OLG Rostock NStZ 2011, 521 ff.). Nach dem Gesetzeszweck und dem Willen des Gesetzgebers kann deshalb die Weisung auch unabhängig von aufenthaltsbezogenen Weisungen erteilt werden, wenn das Gericht davon überzeugt ist, dass auch und allein die Möglichkeit der Datenverwendung nach § 463 a IV 2 Nr. 4 und Nr. 5 StPO den Betroffenen von der erneuten Begehung schwerer Straftaten iSd. § 66 III 1 StGB abhalten kann.

5. Auch Weisungen zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung dürfen keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Beschwerdeführers iSv. § 68 b III StGB stellen. Die Weisungen müssen in einem Mindestmaß stützend wirken und dürfen die Resozialisierungspotentiale der verurteilten Person nicht aus reinen Überwachungsinteressen heraus überfordern oder gefährden.::“

Der Beschluss spricht auch andere Weisungen an. Darauf komme ich noch zurück.

 


Wer die Musik bestellt…

muss sie nicht immer bezahlen… Das folgt aus OLG Jena, Beschl. v. 16.11.2011 – 1 Ws 74/11, auf den ich nach den Wirrungen und Irrungen zwischen BGH und BVerfG (vgl. hier) hinweisen will.

Also wieder herab in die Niederungen des Alltagsgeschäftes und ein Hinweis auf  ein in der Praxis häufigeres Problem/eine häufigere Frage, die in dem Beschluss behandelt wird. Nämlich: Wer trägt eigentlich die Kosten für Alkohol- oder Drogenkontrollen, die in Erfüllung einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht dem Verurteilten aufgegeben worden sind? Dazu das OLG:

  1. Die Kosten für Alkohol- oder Drogenkontrollen, die in Erfüllung einer Weisung im Rahmen der Führungsaufsicht durchgeführt werden, hat grundsätzlich der Verurteilte zu tragen.
  2. Diese Kostentragungspflicht des Verurteilten wird jedoch durch die Zumutbarkeitsklausel des § 68b Abs. 3 StGB begrenzt.
  3. Unzumutbare Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten werden dann gestellt, wenn dessen finanzielle Leistungsfähigkeit durch die von ihm zu tragenden Kosten für Alkohol- und Drogenkontrollen nach § 68b Abs. 1 Nr. 10 oder Abs. 2 Satz 4 StGB überfordert wird.

Zu unbestimmte Weisungen

Das hatte die StVK im Rahmen der Führungsaufsicht die Weisung erteilt, bei jedem Wechsel von Wohnung und Arbeitsstelle vorher mit dem Bewährungshelfer Rücksprache zu nehmen und keinen Kontakt zu Personen aus der „Drogenszene“ zu unterhalten. Das OLG Hamm sagt in seinem Beschl. v. 28.09.2010 – III – 3 Ws 393/10: Zu unbestimmt und daher unwirksam.