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Und noch mal was zur Vollmacht: Rücknahme des Rechtsmittels

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Nach dem OLG Hamm, Beschl. v. 06.09.2016 – 4 RVs 96/16 (dazu Berufungsverwerfung: Wie muss/sollte die Vertretungsvollmacht formuliert sein) eine weitere OLG-Entscheidung zu einer Vollmachtsfrage, und zwar der OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.08.2016 – 2 Ss 233/16 – in dem es um die Problematik des § 302 Abs. 2  StPO – Ermächtigung zur Rücknahme/Beschränkung eines Rechtsmittels, hier eines Einspruchs gegen einen Strafbefehl, geht.

Die lag nicht vor, so dass die Rechtsmittelbeschränkung unwirksam war:

„Die Beschränkung des Einspruchs kann durch den Verteidiger gemäß § 302 Abs. 2 StPO nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Angeklagten wirksam erklärt werden, denn es handelt sich um die Teilrücknahme eines förmlichen, hier zunächst in vollem Umfang eingelegten Rechtsbehelfs. Die Ermächtigung kann zwar formfrei erteilt werden, dass sie erteilt wurde, muss aber nachgewiesen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1992 – 1 StR 264/92 -, juris Rn. 3 f.). Der Nachweis der ausdrücklichen Ermächtigung lag hier weder im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung vor, noch wurde er nachfolgend erbracht. Der Verteidiger hat im Rahmen der Revisionsbegründung vielmehr erklärt, eine ausdrückliche Ermächtigung im Sinne des § 302 Abs. 2 StPO habe gerade nicht vorgelegen.

Die notwendige Ermächtigung ist insbesondere auch nicht in der allgemeinen Strafprozessvollmacht zu erblicken, welche der Angeklagte seinem Verteidiger am 07.10.2015 erteilt hatte. Zwar war dieser demnach befugt, Rechtsmittel und Rechtsbehelfe ganz oder teilweise; zurückzunehmen. In einer solchen generellen Bevollmächtigung liegt aber nur dann eine ausdrückliche Ermächtigung im Sinne von § 302 Abs. 2 StPO, wenn dem Verteidiger das Mandat überhaupt erst zur Durchführung jenes Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsverfahrens und somit in Ansehung der Möglichkeit einer entsprechenden Beschränkung erteilt wird (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 59. Auflage, § 302 Rn. 32 m. w. N.). Dies war vorliegend nicht der Fall, denn der Angeklagte hatte seinen Verteidiger bereits vor Erlass des Strafbefehls mandatiert.

Dass dem Verteidiger die entsprechende Ermächtigung in anderer Weise erteilt worden wäre, ist jedenfalls nicht hinreichend belegt. Aus dem Verhalten des Verteidigers oder des Angeklagten in der Hauptverhandlung könne keine entsprechenden Rückschlüsse gezogen werden, da der Angeklagte von der Anwesenheit in dieser Verhandlung entbunden war und sich nach § 411 Abs. 2 S. 1 StPO hat vertreten lassen. Aus dieser Vertretungsbefugnis für die Hauptverhandlung in Abwesenheit folgt nicht ohne weiteres, zu der bereits erklärten Beschränkung des Einspruchs vorab ermächtigt gewesen zu sein (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Februar 2013 – III-3 RVs 24/13 Rn. Randnummer 7, juris).“

Sollte man darauf achten…..

Rechtsmittelrücknahme II: Ausdrückliche Ermächtigung, oder: Alter Hut

entnommen openclipart.org

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Nach dem BGH, Beschl. v. 06.07.2016 – 4 StR 149/16 (dazu: Rechtsmittelrücknahme I: Der Beschuldigte hat das Sagen…..) folgt nun der OLG Hamm, Beschl. 07.06.2016 –  1 RVs 16/16, der auch eine Rechtsmittelrücknahmeproblematik zum Gegenstand. Es geht um folgenden Sachverhalt: Das AG hat den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte zunächst unbeschränkt Berufung eingelegt. In der Berufungshauptverhandlung ist der Angeklagte nicht erschienen. Der mit Beschluss des AG bestellte und zuvor als Wahlverteidiger tätige Pflichtverteidiger, der nach den Feststellungen in der Verhandlung bereit und willens war, für den Angeklagten aufzutreten, und nach Auffassung der Strafkammer zur Verhandlung in Abwesenheit des Angeklagten i.S. des § 329 Abs. 2 StPO bevollmächtigt war, hat in diesem Termin das Rechtsmittel mit Zustimmung der StA auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Das LG hat die Berufung verworfen. Es hat dabei die Rechtsmittelbeschränkung als wirksam und daher die Feststellungen des amtsgerichtlichen Urteils zur Tat als bindend angesehen und im Urteil als Zitat wiedergegeben. Dagegen die Revision, die Erfolg hat:

Die in der Berufungshauptverhandlung vom Verteidiger gemäß § 318 StPO erklärte Beschränkung auf die Rechtsfolgenentscheidung ist unwirksam, da dem Verteidiger zur nachträglichen Beschränkung eines Rechtsmittels – hier: der Berufung nach Ablauf der Begründungsfrist des § 317 StPO (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 12.02.2008 – 3 Ss 514/07 -, juris m.w.N.) – die gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderliche ausdrückliche Ermächtigung fehlte. Dies hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen.

Zwar hat der Angeklagte dem Verteidiger bei Erteilung des Wahlmandats am 19.09.2014 eine (Formular-)Vollmacht erteilt, die insbesondere das Recht umfassen sollte, „ein Rechtsmittel einzulegen, ganz oder teilweise zurückzunehmen oder auf es zu verzichten, sowie Rechtsmittel zu beschränken“. Dies genügt vorliegend für eine hinreichende Ermächtigung gemäß § 302 Abs. 2 StPO jedoch selbst dann nicht, wenn – was der Senat bezweifelt – die Auffassung des Verteidigers zuträfe, dass die im Zusammenhang mit der Bestellung zum Pflichtverteidiger erfolgte Niederlegung des Wahlmandats hier nur beschränkt erfolgt und die Wirksamkeit der vorgenannten Befugnis hiervon unberührt geblieben sei (allg. zum Erlöschen von Ermächtigung bzw. Vertretungsvollmacht bei Niederlegung des Wahlmandats vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03.04.2014 – III-5 RVs 11/14 -, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 12.02.2008, a.a.O.; Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 302 Rn. 36 m.w.N.).

Denn eine solche Ermächtigung muss sich wegen der besonderen Tragweite, die eine Rechtsmittelrücknahme bzw. eine nachträgliche Rechtsmittelbeschränkung in aller Regel hat, der grundsätzlichen Unwiderruflichkeit der abgegebenen Erklärung und des regelmäßigen Ausschlusses einer Anfechtungsmöglichkeit wegen Irrtums auf ein bestimmtes Rechtsmittel beziehen. Es bedarf daher grundsätzlich der genauen Bezeichnung des Rechtsmittels, zu dessen Rücknahme ermächtigt wird, durch den Angeklagten. Diese ist nur dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn sich die Konkretisierung ohne Weiteres aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, etwa weil eine allgemein formulierte, dem Verteidiger die Befugnis zur Rücknahme „von Rechtsmitteln“ erteilende Vollmacht nur bzw. erst für ein Berufungsverfahren oder nur bzw. erst zur Durchführung der Revision erteilt worden ist (vgl. KG, Beschluss vom 08.01.2015 – 4 Ws 128/14 -, juris; Meyer-Goßner in: Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Rn. 32, jew. m.w.N.). Eine solche Konkretisierung ist hingegen vorliegend weder dem Wortlaut der Vollmachtsurkunde vom 19.09.2014 noch den sonstigen Umständen zu entnehmen, zumal die Ermächtigung zur Rücknahme von Rechtsmitteln bereits vor der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 04.11.2014 erteilt worden ist.

Der Verteidiger hat auf entsprechende Nachfrage des Senats auch nicht geltend gemacht, dass ihn der Angeklagte zu einem Zeitpunkt nach der allgemeinen Vollmachtserteilung eine ausdrückliche Ermächtigung zur Berufungsrücknahme erteilt hätte. Auch im Übrigen ist hierfür nichts ersichtlich.

Dieses Fehlen der Ermächtigung zur Beschränkung der Berufung hat zur Folge, dass das Rechtsmittel als unbeschränkt eingelegt anzusehen ist. Mangels einer wirksamen Beschränkung war die Strafkammer verpflichtet, den Sachverhalt in vollem Umfang festzustellen und rechtlich zu bewerten. Das ist hinsichtlich der Feststellungen zur Tat nicht erfolgt.“

Im Grunde ein „alter Hut“, die Problematik wird jedoch immer wieder übersehen.

Verteidiger aufgepasst: Keine Abtretung in der Vollmacht

Entnommen wikimedia.org Urheber Mediatus

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Den OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.03.2015 – 2 Ws 426/14 – sollten Verteidiger nochmals zum Anlass nehmen, um ihre Vollmachtsformulare zu überprüfen und ggf. zu ändern, und zwar im Hinblick auf die Frage: Ist in der Vollmacht die Abtretung des (potentiellen)  Kostenerstattungsanspruchs des Beschuldigten gegen die Staatskasse  enthalten? Wenn ja: Lieber entfernen und sich die Abtretung in einer gesonderten Urkunde erklären lassen. Denn: Das OLG Nürnberg geht (auch) davon aus, dass eine Abtretung in der Vollmacht an den Verteidiger gem. § 305c BGB unwirksam ist, wenn sie in der formularmäßig ausgestalteten Vollmachtsurkunde „erklärt“ wird, ohne dass in der Überschrift oder sonst in hervorgehobener Weise ein deutlicher Hinweis hierauf erfolgt. Und wer macht das schon. Zur Begründung:

„bb) Diese Regelung über die Abtretung ist unter den vorliegenden Umständen als überraschende Klausel gemäß 305c BGB unwirksam. Nach § 305c BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil.

Allerdings ist die Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs durch den Betroffenen an seinen Rechtsanwalt grundsätzlich zulässig, worauf gerade § 43 Satz 1 RVG hinweist. Umstritten ist aber, ob die Abtretung innerhalb der Vollmachtsurkunde erfolgen kann. In der Rechtsprechung wird dies teilweise unter Hinweis auf § 305c BGB abgelehnt (vgl. OLG Koblenz VersR 2009, 1348 Rdn. 50 nach juris; LG Düsseldorf AGS 2007, 34; LG Konstanz Rpfleger 2008, 596; LG Nürnberg-Fürth AnwBl 1976, 166; LG Regensburg Beschluss vom 26.09.2013 – 1 Qs 63/2013 [unveröffentlicht]; OVG Münster NJW 1987, 3029 [für Unwirksamkeit außerhalb von Strafprozessen]; so auch Mayer/Kroiß RVG 6. Aufl. § 43 Rdn. 7). Demgegenüber halten Teile der Rechtsprechung und die überwiegende Kommentarliteratur die Abtretung in der Vollmachtsurkunde für zulässig (vgl. OLG Koblenz Rpfleger 1974, 403; LG Hamburg AnwBl 1977, 70 Rdn. 46 nach juris; LG Leipzig RVGreport 2010, 185; 186; Göttlich/Mümmler/Feller, RVG 5. Aufl. „Abtretung“ Anm. 2; Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 4. Aufl. § 43 Rdn. 19; hiervon geht auch Fromm, NJW 2014, 1708, aus). Diesbezüglich wird darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit der Abtretung in § 43 RVG ausdrücklich vorgesehen sei und es keine gesetzliche Regelung gebe, gegen die durch die Aufnahme der Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs in eine Strafprozessvollmacht verstoßen würde (Gerold/Schmidt/Burhoff RVG 21. Aufl. § 43 Rdn. 12; Burhoff RVGreport 2014, 450 unter IV.2; Volpert VRR 2007, 57).

Die Zulässigkeit einer Abtretung von Kostenerstattungsansprüchen gemäß § 43 RVG ändert aber nichts daran, dass die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen für eine wirksame Abtretungsvereinbarung vorliegen müssen. Hartmann (Kostengesetze, 44. Aufl., § 43 RVG Rdn. 6) und Mayer/Kroiß (aaO. § 43 Rdn. 7) weisen zu Recht darauf hin, dass der Beschuldigte oder Betroffene seinen Erstattungsanspruch an den Rechtsanwalt formwirksam nach § 398 BGB abgetreten haben müsse. Die Abtretung kann zwar grundsätzlich formlos geschehen, setzt aber einen Vertrag zwischen Rechtsanwalt und Mandant voraus. Der Mandant muss jedoch bei einer mit „Vollmacht“ überschriebenen Urkunde nicht davon ausgehen, dass diese neben der aufgrund einseitiger empfangsbedürftiger Willenserklärung wirksamen Vollmachtserteilung gemäß § 167 Abs. 1 BGB auch noch eine weitere auf Abschluss eines Abtretungsvertrags gerichtete Willenserklärung enthält. Denn inhaltlich handelt es sich um eine zweiseitige Abrede, die mit der Erteilung der Vollmacht nicht im Zusammenhang steht (vgl. OVG Münster NJW 1987, 3029). Jedenfalls im vorliegenden Fall, in dem sich aus der Überschrift der Urkunde oder sonst in hervorgehobener Weise kein Hinweis darauf ergibt, dass diese neben der Vollmacht noch andere Regelungen enthält, ist die Klausel über die Abtretung gemäß § 305c BGB als unwirksam anzusehen.“

Ein (versteckter) Vollmachtstrick, oder was?

BleistiftUnter dem Stichwort der „Verjährungsfalle“ und/oder „Vollmachtstrick haben wir vor einiger Zeit die Fälle der Vorlage einer sog. außergerichtlichen Vollmacht diskutiert, wenn dann anschließend nach einer Zustellung eingewandt wird, der Rechtsanwalt, an den zugestellt worden ist, sei kein Verteidiger bzw. er zum Zeitpunkt der Zustellung habe keine Zustellungsvollmacht gehabt. (§§ 145a StPO, 51 RVG). Die OLG haben dem Vorgehen/Verhalten einen „Riegel vorgeschoben“ und sind mit unterschiedlicher Begründung zu einer wirksamen Zustellung gekommen. Hat mich nicht überzeugt, aber nun, muss man hinnehmen und sich darauf einstellen und nach Möglichkeit eben überhaupt keine Vollmacht vorlegen.

In diese Problematik passt (wirklich??) der AG Lüdinghausen, Beschl. v. 14.10.2014 – 19 OWi-89 Js 1652/14-166/14 -, der mich allerdings ein wenig ratlos zurücklässt. Das AG führt zur nachträglichen Vorlage einer Zustellungsvollmacht aus:

„Die weitere Verfolgung der Ordnungswidrigkeit ist ausgeschlossen, weil inzwischen Verjährung eingetreten ist. Die in Rede stehende Tat ist am 22. Mai 2014 begangen worden. Die Verfolgungsverjährung wurde im Anschluss durch Verfügung des Anhörungsschreibens am 16. Juni 2014 unterbrochen. Der sodann ergangene Bußgeldbescheid vom 25. Juli 2014 dagegen hatte keine verjährungsunterbrechende Wirkung, da er nicht wirksam zugestellt worden ist. Die Zustellung erfolgte nämlich gegen Zustellungsurkunde an den Verteidiger. Gleichzeitig wurde eine Zustellung angeordnet an den Betroffenen, die jedoch nicht stattgefunden hat. Die Zustellungsurkunde hinsichtlich der Zustellung an den Verteidiger datiert vom 26. Juli 2014. Eine Verjährungsunterbrechung hierdurch konnte jedoch nicht stattfinden, da der Verteidiger zu dieser Zeit sich zwar als Verteidiger gemeldet hatte, sich seine Vollmacht jedoch nicht bei der Akte befand. Die Vollmacht wurde vielmehr erst mit Schreiben vom 12. September 2014 eingereicht. Eine solche erst nach Zustellung zur Akte gereichte Vollmacht ist nicht ausreichend, eine vorherige Zustellung wirksam erscheinen zu lassen oder nachträglich zu heilen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. 4. 2008 – 2 Ss (OWi) 191, 101/07 = NStZ 2008, 534). Die fehlende wirksame Zustellung des Bußgeldbescheides führt ferner dazu, dass die Verlängerung der Verjährungsfrist für die Verfolgungsverjährung sich nicht im Sinne des § 26 Abs. 3 StVG von drei auf sechs Monate verlängert. Damit war die Verfügung des Anhörungsbogens die letzte die dreimonatige Verjährungsfrist unterbrechende Handlung im Verfahren. Am 16.9.2014 ist damit Verfolgungsverjährung eingetreten, da die nächst möglich verjährungsunterbrechende Handlung (Eingang der Akten bei Gericht) vom 10.10.2014 datiert und so nicht mehr in den Lauf der Verjährungsfrist fällt.“

So weit an sich grundsätzlich richtig. Aber: Hmm, und nun bzw. was ist/war das nun für eine Konstellation? War es der Aufbau einer „Verjährungsfalle“ bzw. der Versuch? Und hilft die angeführte Entscheidung des OLG Düsseldorf wirklich weiter? Denn der Beschl. v. 17.04.2008 -IV-2 Ss (OWi) 191/07 – (OWi) 101/07 – ist gerade der, in dem das OLG Düsseldorf zur „Verjährungsfalle“ Stellung nimmt, und zwar mit den Leitsätzen:

„1. Einem Rechtsanwalt, der in dem behördlichen Bußgeldverfahren tatsächlich als Verteidiger beauftragt und tätig ist, jedoch aus taktischen Erwägungen („Verjährungsfalle“) lediglich eine „außergerichtliche Vollmacht“ zu den Akten gereicht hat, kann der Bußgeldbescheid nach § 51 Abs. 3 Satz 1 OWiG wirksam zugestellt werden.

2. Ein Zustellungsmangel wird auch dann geheilt, wenn der Empfänger im Zeitpunkt der Zustellung nicht empfangsberechtigt war, jedoch durch die nachträgliche Erteilung einer Zustellungsvollmacht empfangsberechtigt wird.“

Und das AG schreibt selbst: „da der Verteidiger zu dieser Zeit sich zwar als Verteidiger gemeldet hatte, sich seine Vollmacht jedoch nicht bei der Akte befand.“ In den Fällen gehen die OLG aber ggf. von einer wirksamen Zustellung aus – „als Verteidiger“ gemeldet, weil sie den § 145a StPO bzw. den § 51 OWiG so verstehen/auslegen, dass sich die Vollmacht nicht bei der Akte befinden muss, sondern es ausreichen soll, wenn sich die Bevollmächtigung aus der Akte ergibt. Und da soll schon ausreichen, dass der Rechtsanwalt Akteneinsicht durch Übersenden der Akten in sein Büro beantragt hat, weil diese Form der Akteneinsicht nur einem Verteidiger zusteht ( § 147 Abs. 4 StPO). Und/oder: Wann ist die Vollmacht mit welchem Inhalt erteilt?

Also Fragen über Fragen, die allerdings, den Betroffenen und den Verteidiger, nachdem eingestellt worden ist, nicht mehr interessieren werden. Sie werden sich freuen. Vielleicht ist ja auch eine versteckte Abkehr von der Rechtsprechung zur „Verjährungsfalle“ ?

Als Fazit dann nochmals (mal wieder): Keine Vollmacht vorlegen, muss man ja auch nicht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.09.2011 – 2 BvR 449/11 und dazu: (vgl. hier “Triumph im Vollmachtsstreit vor dem Bundesverfassungsgericht“ und “Gratulation zum “Triumph im Vollmachtsstreit vor dem Bundesverfassungsgericht”).

Vollmacht und Zustellung – eine unendliche Geschichte

Es ist wirklich eine unendliche Geschichte, das Zusammenspiel von Vollmacht und Zustellung. Und wie sich der Verteidiger bevollmächtigen lässt, kann erhebliche Auswirkungen haben – lassen wir mal die Frage der Vollmachtsvorlage außen vor.

Ich plädiere dafür auch bei einer Kanzel/Sozietät, die aus mehreren Rechtsanwälten besteht, die Vollmacht nur auf den auszustellen, der auch verteidigen soll. Dann kann/muss auch nur der zum Termin geladen werden – auf ihn kommt es auch nur für Verlegungen an. Und: Nur an ihn kann dann auch wirksam zugestellt werden.

Das hatte offenbar der Kollege übersehen, mit dessen Bevollmächtigung sich der OLG Hamm, Beschl. v. 27.02.2012 – III 3 RBs 386/11 auseinander setzt. Nur in einem Zusatz, aber immerhin. Da heißt es:

Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Zustellung eines Bußgeldbescheides wirksam und mit verjährungsunterbrechender Wirkung (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG) an eine Anwaltssozietät als solche adressiert werden kann, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits geklärt. Hat der Betroffene eine alle Rechtsanwälte einer aus mehr als drei Rechtsanwälten bestehenden Anwaltssozietät erfassende Verteidigervollmacht unterzeichnet – eine derartige Vollmacht liegt auch vor, wenn im Vollmachtsrubrum nicht alle Rechtsanwälte namentlich genannt sind, sondern nur die Kanzlei- bzw. Sozietätsbezeichnung als solche aufgeführt ist – und haben sich höchstens drei dieser Anwälte (vgl. § 46 Abs. 1 OWiG, § 137 Abs. 1 Satz 2 StPO) im Verfahren zum Verteidiger bestellt, können Zustellungen nach §§ 46 Abs. 1, 51 Abs. 3 Satz 1 OWiG, § 145a Abs. 1 StPO wirksam und mit verjährungsunterbrechender Wirkung an die Anwaltskanzlei bzw. –sozietät als solche adressiert werden (vgl. OLG Hamm, MDR 1980, 513; OLG Köln, Beschluss vom 22. Mai 2003 – Ss 169/03 – <juris>; OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. Januar 2002 – 4b Ss 431/01 – <juris>). Dies gilt erst recht, wenn – wie im vorliegenden Falle – die im Rubrum der Vollmachtsurkunde genannte Anwaltssozietät aus lediglich drei Rechtsanwälten besteht und sich lediglich einer der Anwälte im Verfahren zum Verteidiger bestellt hat. Die abweichende Auffassung des Amtsgerichts Stadthagen (BeckRS 2009, 06724), das sich in seiner Entscheidung mit den oben zitierten oberlandesgerichtlichen Beschlüssen nicht auseinandergesetzt hat, ist kein Grund, die Rechtsbeschwerde zuzulassen

Die im vorliegenden Verfahren erfolgte Adressierung des Bußgeldbescheides an die „Anwaltskanzlei A Partner“ begegnet nach dem oben Gesagten keinen Bedenken.“