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Abmelden… nicht vergessen – das kann sonst teuer werden

Mal langsam wieder eingewöhnen nach der Feierei. Also dann mal wieder etwas Juristisches.

Der Sachverhalt stellt sich nach dem OLG Brandenburg, Beschl. v. 01.09.2011 – 1 Ws 135/11 – wie folgt dar:

Die Staatsanwaltschaft  führte gegen den Angeklagten ein Ermittlungsverfahren wegen Betruges in ursprünglich 15 Fällen. Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2008 zeigte die Beschwerdeführerin an, dass sie den Beschuldigten anwaltlich vertrete und beantragte „im Namen und in Vollmacht“ des Beschuldigten Akteneinsicht. Auch in der Folgezeit trat sie für den Beschuldigten bzw. nach Anklageerhebung für den Angeklagten als Verteidigerin auf. In der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht … vom 7. Juni 2010 war sie als Verteidigerin des Angeklagten tätig, der wegen gewerbsmäßigen Betruges und versuchten gewerbsmäßigen Betruges in 14 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft form- und fristgerecht Berufung eingelegt mit dem Ziel, dass der Angeklagte zu einer angemessenen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt werde, welche nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Die Berufungsschriftsätze wurden der Beschwerdeführerin von der Staatsanwaltschaft übermittelt. Zur Berufungshauptverhandlung vom 31. März 2011 wurde die Beschwerdeführerin ordnungsgemäß als Verteidigerin geladen. Gleichwohl erschien sie nicht. Auf telefonische Anfrage des Vorsitzenden teilte das Büro der Beschwerdeführerin mit, dass dem Angeklagten ein Schreiben übersandt worden sei, nachdem bei Nichtzahlung des Resthonorars das Mandat niedergelegt werde. Die Beschwerdeführerin werde zum heutigen Termin nicht erscheinen. Die Berufungshauptverhandlung vom 31. März 2011 musste daraufhin ausgesetzt werden, weil der Angeklagte nicht verteidigt war.“

Das LG hat daraufhin der Rechtsanwältin gem. § 145 Abs. 4 StPO die Kosten des Termins auferlegt. Das dagegen gerichtete Rechtsmittel hatte keinen Erfolg. Das OLG Brandenburg geht  davon aus, dass der Rechtsanwalt die Aussetzung der Hauptverhandlung verschuldet hat und daher die durch die Aussetzung der Berufungshauptverhandlung verursachten Kosten zu tragen hat, wenn er nicht rechtzeitig mitteilt, dass seine Vollmacht lediglich für die Vertretung in der ersten Instanz gelte, sondern den Anschein eines unbeschränkten Mandats erweckt. Grundsätzlich würden Verteidigervollmachten für das gesamte Strafverfahren erteilt. Der Rechtsanwalt habe zudem erkennen können, dass das Landgericht von der Vertretung des Angeklagten durch seine Person ausgeht, wenn ihm die die Berufungsschriftsätze der Staatsanwaltschaft übersendet werden. Eine etwaige Beschränkung des Mandats bzw. etwaige zwischenzeitlich erfolgte Mandatsniederlegungen muss gegenüber dem Landgericht angezeigt werden.

Also: Abmelden 🙂

Mit der Vollmacht kann man verteidigen

Mit der Vollmacht kann man verteidigen. Das ist kein Geheimnis, sondern u.a. gerade der Grund für die sog. „Vollmachtsverweigerung“. Es macht auch schon Sinn, die Vollmacht auf einen Verteidiger zu beschränken. Das kann, wie der OLG Celle, Beschl. v. 30.08.2011 – 311 SsRs 126/11 – zeigt, Auswirkungen haben. Denn:

„Eine wirksame Zustellung des Bußgeldbescheides an den Verteidiger liegt nicht vor, wenn die Zustellung ausdrücklich an die Kanzlei als solche und ohne jeden namentlichen Hinweis auf den bevollmächtigten Verteidiger erfolgt ist.“

Interessant der Beschluss dann auch im weiteren Teil, wenn es um die Heilung eines solchen Zustellungsmangels geht. Denn dazu sagt das OLG Celle:

Ein solcher Zustellungsmangel wird nicht durch die formlose Übersendung des Bußgeldbescheides an den Betroffenen in Verbindung mit der Unterrichtung über die an den Verteidiger veranlasste Zustellung geheilt.“

Das hat vor einiger Zeit das OLG Saarbrücken anders gesehen.

Munition für die Vollmachtsverweigerer…

bietet das OLG Köln, Beschl. v. 05.10.2011 – III-1 RBs 278/11, das sich nach seinem Leitsatz mit einer ganz anderen Frage, nämlich der ausreichenden Begründung einer Verfahrensrüge und der Verletzung des rechtlichen Gehörs, wenn gegen den von der Verpflichtung zum Erscheinen entbundenen Betroffenen ein Abwesenheitsurteil nach § 74 Abs. 1 Satz 1 OWiG ergangen, obwohl sein Verteidiger  zu dem Termin nicht geladen worden und nicht erschienen ist, befasst. In den Beschlussgründen führt das OLG dann aber auch aus:

„Hierbei schadet es nicht, dass die Verteidigerin bis heute keinen Nach­weis in Form einer Vollmacht für ihre Verteidigerbeauftragung erbracht hat. Grundsätzlich genügt die Anzeige des Verteidigerverhältnisses gegenüber dem Gericht bzw. wie vorliegend erfolgt im Verwaltungsver­fahren (vgl. OLG Braunschweig DAR 92, 392; Meyer-Goßner 53. Auf­lage, vor § 137 StPO, Rdnr. 9). Eine Wiederholung der Bestellungsan­zeige an das Gericht nach vorheriger Abgabe im Verwaltungsverfahren war nicht erforderlich (vgl. KG Berlin Beschluss vom 08.11.2000 – 2 Ss 192/00 -; OLG Koblenz VRS 94, 219; OLG Düsseldorf DAR 1979, 340).

Überliest man schnell. War mir zunächst auch passiert.

Hut ab vor dem OLG Hamm – Kehrtwende um 180 Grad

Wann liest man schon mal, dass eine Gegenvorstellung eines Verteidigers Erfolg hat bzw., wann räumt ein Gericht schon mal ein, dass etwas überlesen worden ist. So ganz häufig sind die Fälle ja nun nicht. Deshalb ist es um so schöner, wenn man über einen solchen Beschluss berichten kann. Und dann ist es auch noch das OLG Hamm :-), das in OLG Hamm, Beschl. v. 13.07.2011 – III – 4 R Bs 193/11 eine Kehrtwende gemacht hat.

Folgender Sachverhalt: Das OLG hatte zunächst die Rechtsbeschwerde des Verteidigers gegen ein amtsgerichtliches Urteil verworfen. Begründung: Die Rechtsbeschwerde „habe nicht ausreichend ausgeführt, dass der Verteidiger über die besondere Vollmacht verfügt habe, um einen Antrag nach § 73 Abs. 2 OWiG für den Betroffenen wirksam stellen zu können“. Der Verteidiger war erstaunt, denn er hatte vorgetragen, er „habe über eine „Vertretungs- und Verteidigungsvollmacht“ verfügt“. Und er fragte sich, was er denn noch vortragen müsse. Das hat er auch das OLG in seiner Gegenvorstellung gefragt. Und: Das OLG macht eine Kehrtwende und führt dazu aus:

„Bei erneuter Überprüfung der Sach- und Rechtslage muss der Senat jedoch einräumen, die Anforderungen an den Vortrag des Bestehens einer besonderen Vollmacht für die Stellung eines Antrages nach § 73 Abs. 2 OWiG in seiner Entscheidung vom 31. Mai 2011 überspannt zu haben. Mit der Darlegung, der Verteidiger habe über eine „Vertretungs- und Verteidigungsvollmacht“ verfügt, liegt, entgegen der damals geäußerten Rechtsansicht, ein ausreichender Vortrag zu diesem Punkt vor. Andere Zulässigkeitsbedenken hinsichtlich der erhobenen Verfahrensrüge bestehen nicht.“

Damit war die Rechtsbeschwerde zulässig und hatte dann auch in der Sache Erfolg. Sie führte zur Aufhebung wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs. Dazu aber in anderem Zusammenhang mehr.

Verwerfung der Revision – Kosten für den Verteidiger – geht das?

Ja, man ist auf den ersten Blick erstaunt, aber das geht. Denn nach § 473 Abs. 1 StPO hat die Kosten eines unzulässigen oder unbegründeten Rechtsmittels derjenige zu tragen, der es eingelegt hat. Und hat der Verteidiger im eigenen Namen ohne Vollmacht des Angeklagten das Rechtsmittel eingelegt, dann treffen ihn die Kosten. So der BGH, Beschl. v. 22.06.2011 -2 StR 97/11 mit einem zumindest merkwürdigen Sachverhalt:

Das angefochtene Urteil ist seit 27. März 2009 rechtskräftig, weil der Verurteilte, sein Verteidiger Rechtsanwalt W. und die Staatsanwaltschaft im Anschluss an die Verkündung des Urteils auf Rechtsmittel verzichtet haben (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Dieser Verzicht ist unwiderruflich und unanfechtbar (st. Rspr.; vgl. BGH NJW 1999, 2449, 2451; NStZ-RR 2002, 114). Gründe, die ausnahmsweise zur Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts hätten führen können, sind nicht ersichtlich. Der Verurteilte selbst betreibt die Revision nicht. Die Revision kann daher durch einen Verteidiger nicht mehr rechtswirksam eingelegt werden (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl. § 297 Rn. 5; Paul im KK StPO, 6. Aufl. § 297 Rn. 3 mwN).

Rechtsanwalt D. fehlt es zudem bereits an einer Bevollmächtigung als Verteidiger im Zeitpunkt der Revisionseinlegung. Er handelte zwar zunächst als Wahlverteidiger des Verurteilten und wurde anschließend als dessen Pflichtverteidiger bestellt. Mit Beschluss vom 16. August 2008 hat ihn jedoch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main als Verteidiger des Verurteilten ausgeschlossen. Die dagegen eingelegten sofortigen Beschwerden hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 22. Oktober 2008 (2 ARs 206/08) verworfen. Ungeachtet dessen, dass das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist, wirkt diese Ausschließung mangels zwischenzeitlich erfolgter Aufhebung fort.

Wenn man das liest, fragt man sich schon, was hinter der Revisionseinlegung für Überlegungen stecken.