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„Vollmachtstrick“ (?) – selbst unterzeichnete Vertretungsvollmacht

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Ich habe ja in der letzten Zeit schon ein paar Mal über Verfahren berichtet, in denen der Verteidiger eine Verwerfung des Einspruchs (gegen den Strafbefehl/Bußgeldbescheid) wegen unerlaubter Abnwesenheit des Angeklagten/Betroffenen u.a. dadurch zu verhindern versucht hatte, dass er einen Entbidnungsantrag gestellt und eine von ihm selbst unterzeichnete Vertretungsvollmacht vorgelegt hatte (vgl. dazu für das OWi-Verfahren den KG, Beschl. v. 12.06.2013 – 3 Ws (B) 202/13 – 122 Ss 62/13 /12 und Der nächste “Vollmachtstrick” (?) – die selbst unterzeichnete Vertretungsvollmacht sowie für das Strafverfahren den OLG Dresden, Beschl. v. 21.08.2012 – 3 Ss 336/12 und dazu Vertretungsvollmacht – selbst unterzeichnet, das ist kein “Vollmachts-Trick”). Nun hat es auch das OLG Celle „erwischt“. Das hat im OLG Celle, Beschl. v. 20.01.2014 – 322 SsRs 24/13 – die Selbstunterzeichnung ebenfalls für zulässig angesehen und mit der Begründung die Ablehnung des vom Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Entbindungsantrages (§§ 73, 74 OWiG) gerügt.

b) Das Amtsgericht hat dem Betroffenen das rechtliche Gehör versagt, indem es den von seinem Verteidiger gestellten Antrag auf Entbindung von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung abgelehnt hat. Nachdem der Betroffene bei seinem Verteidiger seine Fahrereigenschaft verwertbar eingeräumt hatte und im Übrigen angekündigt hatte, keine weiteren Angaben machen zu wollen, war das persönliche Erscheinen des Betroffenen in der Hauptverhandlung unter keinem Gesichtspunkt mehr erforderlich. Danach hätte das Amtsgericht dem Entbindungsantrag des Betroffenen stattgeben müssen und den Einspruch nicht verwerfen dürfen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die dem Verteidiger erteilte Vollmacht nicht von dem Betroffenen persönlich unterzeichnet war. Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu ausgeführt:

„Der Verteidiger war auch im Sinne des § 73 Abs. 3 OWiG legitimiert, weil er von dem Betroffenen zur Vertretung bevollmächtigt wurde und seine Vertretungsbefugnis durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachgewiesen hat. Dabei ist unschädlich, dass der Verteidiger die Vollmachtsurkunde selbst unterzeichnet hat. Diesbezüglich ist zwischen der Erteilung der Vollmacht und dem Nachweis durch Vorlage einer entsprechenden Urkunde zu unterscheiden. Einer besonderen Form bedarf die Erteilung der umfassenden Vertretungsvollmacht nicht; sie kann insbesondere auch mündlich erteilt werden. In der Erteilung kann die Ermächtigung enthalten sein, eine ggf. erforderliche Vollmachtsurkunde im Namen des Auftraggebers zu unterzeichnen (vgl. BayObLG, Beschl. v. 07.11.2001 – 5StRR 285/01 ; KG Berlin, Beschl. v. 12.06.2013 – 3 Ws (B) 202/13). Nach dem Vorbringen in der Rechtsbeschwerde hat der Betroffene seinen Verteidiger umfassend bevollmächtigt. Diese Erklärung schließt die Ermächtigung des Verteidigers ein, die Vollmachtsurkunde im Namen des Betroffenen zu unterzeichnen (vgl. BayObLG, a.a.O.; KG Berlin, a.a.O.). Danach war der Verteidiger berechtigt für den Betroffenen Erklärungen auch zur Sache abzugeben und einen Entbindungsantrag zu stellen.“

Es ist übrigens kein „Vollmachtstrick“ :-).

Und: Ceterum censeo: Hier geht es zur Abstimmung Beste Jurablogs Strafrecht 2014 – wir sind dabei, die Abstimmung läuft…

Der nächste „Vollmachtstrick“ (?) – die selbst unterzeichnete Vertretungsvollmacht

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Nach dem gestrigen Posting über die Blankovollmacht – Blankovollmacht – immer wieder schön, immer wieder erfolgreich – und den vom Kollegen Handschuhmacher erstrittenen AG Neuruppin, Beschl. v. 18.03.2013 – 84.1 OWi 3107 Js-OWi 31314/12 (239/12) – zu dem Posting natürlich ein zu erwartender Kommentar mit dem Hinweis auf das „Organ der Rechtspfleger“ – dann heute gleich noch eine Vollmachtsfrage. Nämlich den KG, Beschl. v. 12.06.2013 – 3 Ws (B) 202/13 – 122 Ss 62/13 /12, den ich mir nicht habe beim Kollegen Hoenig besorgen müssen, sondern den mir der Kollege Handschuhmacher direkt zugesandt hat.

Im Verfahren geht/ging es um die nachträgliche Entbindung des Betroffenen von seiner Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung des Bußgeldverfahrens. Diese hatte der Verteidiger erst in der Hauptverhandlung, als der Betroffene nicht erschienen war, beantragt. Er hatte dabei zwar die – erforderliche – Vertretungsvollmacht vorgelegt, diese war aber nicht vom Betroffenen, sondern vom Verteidiger selbst unterzeichnet. Geht, sagt das KG – ebenso übrigens vor kurzem das OLG Dresden (vgl. Vertretungsvollmacht – selbst unterzeichnet, das ist kein “Vollmachts-Trick”). Das KG begründet:

Der Verteidiger war auch entsprechend § 73 Abs. 3 OWiG legitimiert und hat seine Vertretungsbefugnis durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nachgewiesen.-Dass der Betroffene diese Vollmacht nicht selbst unterzeichnet hat, ist unschädlich. Insoweit ist zwischen der Erteilung der Vollmacht und dem Nachweis durch Vorlage einer entsprechenden Urkunde zu unterscheiden. Die Erteilung der umfassenden Vertretungsvollmacht bedarf keiner besonderen Form und kann auch mündlich erteilt werden. In ihr kann zugleich die Ermächtigung enthalten sein, eine etwa erforderliche Vollmachtsurkunde im Namen des Vollmachtgebers zu unterzeichnen [vgl. BayObLG NStZ 2002, 277; OLG Dresden StRR 2013, 261). So liegt der Fall hier. Der Betroffene hatte, so die Begründung der Rechtsbeschwerde, seinen Verteidiger umfassend bevollmächtigt. Diese Erklärung schließt die Ermächtigung des Verteidigers ein, die Vollmachtsurkunde im Namen des Betroffenen zu unterschreiben. Dass der Verteidiger dies gleichwohl in seinem eigenen Namen tat, steht dem nicht entgegen, denn der Wortlaut der Vollmachtsurkunde, wie ihn die in der Rechtsbeschwerde zitierten Urteilsgründe wiedergeben, ist insoweit eindeutig. Damit war der Verteidiger des Betroffenen berechtigt, für den Betroffenen Erklärungen zu Sache abzugeben und einen Antrag auf Entbindung von der Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung zu stellen.“

Ich bin gespannt: Kommentar mit „Organ der Rechtspflege“? Passt hier dann wohl kaum.

Vertretungsvollmacht – selbst unterzeichnet, das ist kein „Vollmachts-Trick“

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Der Kollege Siebers hat mir den „von seinem Haus“ erstrittenen OLG Dresden, Beschl. v. 21.08.2012 – 3 Ss 336/12 – überlassen, über den er (vgl. hier), der Vollmachtsblog und auch der LawBlog (vgl. hier) auch schon berichtet hat. In der Sache geht es um die Frage der Vertretung des Angeklagten im Strafbefehlsverfahren bei Nichterscheinen des Angeklagten. Der Kollege hatte eine „Vertretungsvollmacht“ vorgelegt, die er selbst unterzeichnet hatett. Das AG hat den Einspruch des Angeklagten, der entschuldigt nicht zum HV-Termin erschienen  war, verworfen.

Die Verfahrensrüge des Kollegen hatte Erfolg. Das OLG Dresden hat aufgehoben:

„Die Verfahrensrüge ist zulässig erhoben. Die Voraussetzungen für eine Verwerfung des Einspruchs wegen unentschuldigten Ausbleibens des Angeklagten liegen nicht vor, weil der Angeklagte in zulässiger Weise durch einen in der Hauptverhandlung erschienenen Verteidiger vertreten wurde. Die Vertretung ist im Verfahren nach dem Einspruch gegen einen Strafbefehl möglich (§ 411 Abs. 2 StPO). Das Gericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die wirksame Vertretung grundsätzlich eine schriftliche Vollmacht voraussetzt. Dass die dem Gericht vorgelegte Vollmacht aufgrund mündlich erteilten Auftrags des Angeklagten vom Verteidiger für diesen mit seinem eigenen Namen unter- zeichnet war, steht dem aber nicht entgegen (BayObLG vom 07. November 2001, NStZ 2002, 277 – 278). Die Erteilung dieser Vollmacht ist grundsätzlich formfrei.“

Eine kurze, aber zutreffende Begründung, die auch seit der Entscheidung des BayObLG keinen Widerspruch gefunden hat. Der Vollmachtgeber kann einen anderen ermächtigen, für ihn, den Vollmachtgeber, die Vollmachtsurkunde zu unterzeichnen. Die Ermächtigung bedarf auch nach § 167 BGB keiner besonderen Form, kann also auch mündlich erteilt werden.

Als Autor ist man dann natürlich besonders über solche Entscheidungen. Bringen sie doch (endlich) neue/aktuelle Zitate in den Büchern. So kam die Entscheidung gerade noch rechtzeitig, um Eingang in die 7. Aufl. des „Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung“ zu finden.

Ach so: Und ein „Vollmachts-Trick“, wie der LawBlog formuliert hat, ist die Sache m.E. nicht. „Trick“ hört sich immer so leicht unerlaubt an – ist es aber nicht :-).

Der Rechtsmittelverzicht des unterbevollmächtigten Verteidigers

Das OLG Oldenburg sagt zum Rechtsmittelverzicht des unterbevollmächtigten Verteidigers im Bußgeldverfahren:

Ein unterbevollmächtigter Verteidiger kann in einer Bußgeldsache auch dann wirksam auf Rechtsmittel verzichten, wenn sich eine Vertretungsvollmacht im Zeitpunkt des Rechtsmittelverzichtes nicht bei der Akte befindet, eine Ermächtigung zum Verzicht aber erteilt worden war.

vgl. OLG Oldenburg, Beschl. v. 31.01.2011 – 2 Ss Bs 175/10.

Immer wieder die (fehlerhafte) (Nicht)Entbindung – hier aber mal mit einem neuen Aspekt

Zunächst habe ich beim Lesen des Beschl. des OLG Celle v. 06.10.2010 – 311 SsRs 113/10 – gedacht: Hatten wir doch alles schon, das Übliche: Der Amtsrichter hat mal wieder die „Sanktionsschere“ geöffnet = nicht entbunden in der Hoffnung, dass der Betroffene seinen Einspruch zurücknimmt. Hat er aber nicht :-). Dann kommt allerdings eine Passage im Beschl., die doch ganz interessant ist. Nämlich die Frage: Braucht der hier tätig gewordene Unterbevollmächtigte auch eine schrilltiche (Unter)Vertretervollmacht. Das OLG sagt nein: Die schriftliche Vertretervollmacht des Verteidigers reicht. Der Unterbevollmächtigte braucht nicht auch noch eine.

Aber dennoch: In den Fällen gilt: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Lieber den Unterbevollmächtigten mit einer ausstatten.