Vertretungsvollmacht – selbst unterzeichnet, das ist kein „Vollmachts-Trick“

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Der Kollege Siebers hat mir den „von seinem Haus“ erstrittenen OLG Dresden, Beschl. v. 21.08.2012 – 3 Ss 336/12 – überlassen, über den er (vgl. hier), der Vollmachtsblog und auch der LawBlog (vgl. hier) auch schon berichtet hat. In der Sache geht es um die Frage der Vertretung des Angeklagten im Strafbefehlsverfahren bei Nichterscheinen des Angeklagten. Der Kollege hatte eine „Vertretungsvollmacht“ vorgelegt, die er selbst unterzeichnet hatett. Das AG hat den Einspruch des Angeklagten, der entschuldigt nicht zum HV-Termin erschienen  war, verworfen.

Die Verfahrensrüge des Kollegen hatte Erfolg. Das OLG Dresden hat aufgehoben:

„Die Verfahrensrüge ist zulässig erhoben. Die Voraussetzungen für eine Verwerfung des Einspruchs wegen unentschuldigten Ausbleibens des Angeklagten liegen nicht vor, weil der Angeklagte in zulässiger Weise durch einen in der Hauptverhandlung erschienenen Verteidiger vertreten wurde. Die Vertretung ist im Verfahren nach dem Einspruch gegen einen Strafbefehl möglich (§ 411 Abs. 2 StPO). Das Gericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die wirksame Vertretung grundsätzlich eine schriftliche Vollmacht voraussetzt. Dass die dem Gericht vorgelegte Vollmacht aufgrund mündlich erteilten Auftrags des Angeklagten vom Verteidiger für diesen mit seinem eigenen Namen unter- zeichnet war, steht dem aber nicht entgegen (BayObLG vom 07. November 2001, NStZ 2002, 277 – 278). Die Erteilung dieser Vollmacht ist grundsätzlich formfrei.“

Eine kurze, aber zutreffende Begründung, die auch seit der Entscheidung des BayObLG keinen Widerspruch gefunden hat. Der Vollmachtgeber kann einen anderen ermächtigen, für ihn, den Vollmachtgeber, die Vollmachtsurkunde zu unterzeichnen. Die Ermächtigung bedarf auch nach § 167 BGB keiner besonderen Form, kann also auch mündlich erteilt werden.

Als Autor ist man dann natürlich besonders über solche Entscheidungen. Bringen sie doch (endlich) neue/aktuelle Zitate in den Büchern. So kam die Entscheidung gerade noch rechtzeitig, um Eingang in die 7. Aufl. des „Handbuch für die strafrechtliche Hauptverhandlung“ zu finden.

Ach so: Und ein „Vollmachts-Trick“, wie der LawBlog formuliert hat, ist die Sache m.E. nicht. „Trick“ hört sich immer so leicht unerlaubt an – ist es aber nicht :-).

11 Gedanken zu „Vertretungsvollmacht – selbst unterzeichnet, das ist kein „Vollmachts-Trick“

  1. Adam Rosenberg via Facebook

    zwei Fragen stellen sich bei dem Thema: 1. gilt der Vollmachtstrick auch bei Akteneinsicht ? 2. was , wenn das Gericht persönliches Erscheinen angeordnet hat. Kann trotz Vollmachtsvorlage Vorführungs- oder Haftbefehl ergehen? m. E. noch nie klar entschieden.

  2. RA Werner Siebers

    Es ist in der Tat kein Trick, vielmehr nur konsequente Umsetzung zivilrechtlicher Grundsätze auf die Strafprozessordnung. Der Kollege Andreas Dieler, der die Vollmacht vorgelegt und dann die Revision erfolgreich durchgeführt hat, ist kein Trickser, er hat nur sein Handwerk sehr gut gelernt!

  3. Fred Feuerstein

    Es ist insofern ein Trick, als es mit der Teleologie der Vollmachtsvorlagepflicht in evidentem Widerspruch steht, und dass nun schon der zweite OLG-Senat dies (anders als die Ziviljustiz, die längst entsprechende Einschränkungen des § 167 II BGB anerkannt hat) nicht sehen oder jedenfalls aus welchen Gründen auch immer nicht berücksichtigen will, ist alles andere als ein Ruhmesblatt für die Strafjustiz – teleologisch orientierte Gesetzesauslegung ist ja methodisch nicht die allerneueste Entdeckung.

  4. Fred Feuerstein

    Nachtrag: Ist das eigentlich so gedacht, dass man im Schnitt etwa Dreiviertel der Kommentare, die rechts unter „Letzte Kommentare“ angezeigt werden, dann unter „Kommentare“ trotzdem nicht lesen kann?

  5. Detlef Burhoff

    Hallo, nein das ist nicht so gedacht, sondern ein technisches Problem. Das wird immer wieder beseitigt, tritt aber aus unerklärlichen Gründen immer wirde auf.

  6. meine5cent

    Es ist jedenfalls dann kein Trick, wenn man einen entsprechenden Auftrag zur Vertretung auch in Abwesenheit vorher tatsächlich schon vom Mandanten erhalten hat. Aber ob man das beim plötzlich bei Terminsbeginn vollmachtsschreibfreudig gewordenen Verteidiger immer so glauben kann? Insofern vielleicht kein Trick, aber ein Einfallstor, breit wie ein Scheunentor, für Trickserei.

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