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Vollmacht II: Was darf der Verteidiger mit Vertretervollmacht?

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Die zweite Entscheidung stammt – wie bereits angekündigt – auch vom KG. Es handelt sich um den KG, Beschl. v. 01.07.2020 – (4) 121 Ss 71/20 (74/20). Er hat die Problematik: Verteidiger als Vertreter zum Gegenstand.

Nach dem knapp mitgeteilten Sachverhalt hatte in der Haupverhandlung beim AG nach Einspruch gegen einen Strafbefehl der mit entsprechender schriftlicher Vertretungsvollmacht als Vertreter für den abwesenden Angeklagten tätig gewordene Verteidiger die Beschränkung des Einspruchs auf das Strafmaß erklärt. Um die Wirksamkeit der Beschränkung wurde nun gestritten. Das KG hat sie als wirksam angesehen:

„Der Senat hat bereits entschieden, dass ein mit solcher ausdrücklicher Vollmacht ausgestatteter Verteidiger als Vertreter des Angeklagten im Sinne des § 411 Abs. 2 StPO befugt ist, sämtliche zum Verfahren gehörenden Erklärungen abzugeben, zu denen Rechtsmittelrücknahmen und somit auch Rechtsmittelbeschränkungen, die Teilrücknahmen darstellen, gehören (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Mai 2009 – [4] 1 Ss 155/09 [94/09] – mwN).

Dies folgt aus dem Umstand, dass ein Verteidiger, der nicht nur als Beistand des Angeklagten (§ 137 StPO) tätig wird, sondern den abwesenden Angeklagten nach § 411 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung zulässig vertritt, in dieser Verfahrenssituation an die Stelle des Angeklagten tritt und mit Wirkung für und gegen diesen Erklärungen abgeben und entgegennehmen, den Angeklagten also in der Erklärung und im Willen vertreten kann (vgl. BGHSt 9, 356; OLG Karlsruhe NStZ 1983, 43; Brauer in HK-StPO 6. Aufl., § 411 Rn. 12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 63. Aufl., § 411 Rn. 6; Mezger in KMR-StPO, § 411 Rn. 14; Alexander in Radtke/Hohmann, StPO, § 411 Rn. 14; Temming in Graf, StPO 3. Aufl., § 411 Rn. 6; Momsen in SSW-StPO 4. Aufl., § 411 Rn. 10; Eckstein in MüKo-StPO, § 411 Rn. 29; Andrejtschitsch in HK-GS 4. Aufl., § 411 Rn. 9); die dem Verteidiger für die Hauptverhandlung erteilte Vertretungsmacht umfasst m.a.W. alle Verfahrensbefugnisse des Angeklagten (vgl. Deiters in SK-StPO 5. Aufl., § 234 Rn. 5; s. auch [für die Vertretung nach § 329 Abs. 2 StPO] Meyer-Goßner/ Schmitt aaO, §  329 Rn. 15: der den Angeklagten vertretende Verteidiger hat „alle Angeklagtenrechte“). Folgerichtig wird insbesondere in der anwaltlichen Literatur der Hinweis gegeben, dass der Verteidiger, sollte er den Angeklagten in der Hauptverhandlung gemäß § 411 Abs. 2 StPO vertreten, zur eigenen Sicherheit vorab alle Eventualitäten mit dem Angeklagten erörtern und dies dokumentieren sollte, was insbesondere für eine eventuell („zur Schadensbegrenzung“) erforderliche Einspruchsrücknahme in der Hauptverhandlung gelte (vgl. Böttger in AnwK-StPO, § 411 Rn. 28; ebenso Brauer aaO). Dieses warnenden Hinweises bedürfte es nicht, wäre (auch) der den Angeklagten nach § 411 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung vertretende Verteidiger, wie die Revision meint, nur bei Vorliegen einer ausdrücklichen Ermächtigung im Sinne des § 302 Abs. 2 StPO befugt, den Einspruch gegen den verfahrensgegenständlichen Strafbefehl (zum Teil) zurückzunehmen.

Die mit der Gegenerklärung vorgebrachten Erwägungen des Revisionsverteidigers verfangen nicht. Die Aussage in der Kommentierung von Meyer-Goßner/Schmitt (aaO, § 234 Rn. 13), es könne mit der Revision „gerügt werden, dass eine wirksame Vertretungsmacht nicht bestanden hat“, ist ebenso selbstverständlich richtig, wie sie für die hier interessierende Fragestellung nicht entscheidend ist und dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhelfen kann.

Entgegen der Annahme der Verteidigung lag der von ihr herangezogenen Entscheidung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 25. Februar 2013 – III-3 RVs 24/13 – [juris]) keine „identische Sachverhaltskonstellation“ zugrunde. In jenem Fall hatte der Verteidiger vielmehr die Einspruchsbeschränkung bereits vor der Hauptverhandlung schriftsätzlich erklärt, sodass das OLG Düsseldorf zutreffend die allgemeinen Rechtsgrundsätze zur Anwendung gebracht hat, die von der Rechtsprechung hinsichtlich des Erfordernisses einer ausdrücklichen Ermächtigung des Verteidigers zur Rechtsmittelrücknahme entwickelt worden sind und die auch vom Senat in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa StV 2016, 152 [Ls] mit zust. Anm. Meyer-Lohkamp) vertreten werden.

Angesichts dessen, dass sich die Entscheidung des OLG Düsseldorf hiernach nicht mit einer Beschränkungserklärung eines nach § 411 Abs. 2 StPO zur Vertretung befugten und hierzu bereiten Verteidigers in der Hauptverhandlung befasst hat, war die Sache entgegen der Auffassung des Revisionsverteidigers nicht gemäß § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof vorzulegen.

Unzutreffend ist auch die Annahme des Verteidigers, die vorgenannte Entscheidung des Senats stehe im Widerspruch zu der Entscheidung KG NJW 2009, 1686. In jener Entscheidung (des Schifffahrtsobergerichts Berlin), die der Senat in seinem Beschluss vom 13. Mai 2009 im Übrigen zur Abgrenzung von der Konstellation des § 302 Abs. 2 StPO ausdrücklich zitiert hat, lag es so, dass es zwar zu einem Rechtsmittelverzicht durch die Verteidigerin in der Hauptverhandlung gekommen ist. Dem lag aber schon kein originäres Strafbefehlsverfahren zugrunde. Vielmehr war der Angeklagte, dem mit Anklageschrift eine fahrlässige Trunkenheit im Verkehr zur Last gelegt worden war, nicht zur Hauptverhandlung erschienen, woraufhin ein Übergang in das Strafbefehlsverfahren erfolgte und die Verteidigerin nach Verkündung des vom Gericht in der Hauptverhandlung auf Antrag der Amtsanwaltschaft erlassenen Strafbefehls „im Namen des Angeklagten“ auf Rechtsmittel gegen diesen Strafbefehl verzichtete (wobei kein Anhaltspunkt dafür bestand, dass die Verteidigerin vor dem Hauptverhandlungstermin mit dem Angeklagten die Möglichkeit eines Übergangs in das Strafbefehlsverfahren und die Bedingungen für einen Rechtsmittelverzicht erörtert oder sie den Angeklagten nach Verkündung des Strafbefehls und vor Abgabe der Verzichtserklärung kontaktiert hatte). Das Schifffahrtsobergericht hat seine Entscheidung angesichts dieses Verfahrensgangs folgerichtig ebenfalls auf die allgemeinen Grundsätze gestützt, die für die Wirksamkeit einer Rücknahme- bzw. Verzichtserklärung nach § 302 Abs. 2 StPO gelten, ohne dass die Vorschrift des § 411 Abs. 2 StPO oder eine „Vertretung“ des Angeklagten durch seine Verteidigerin auch nur erwähnt worden wären.

Auch diese Entscheidung befasst sich somit nicht mit der hier in Rede stehenden Konstellation einer Vertretung des abwesenden Angeklagten durch seinen Verteidiger nach § 411 Abs. 2 StPO, der eine Sondervorschrift (auch) zu § 234 StPO darstellt (vgl. nur Becker in LR-StPO 27. Aufl., § 234 Rn. 5), der – anders als § 410 Abs. 1 StPO – nicht die entsprechende Geltung des § 302 Abs. 2 StPO anordnet, und dessen im Vergleich zu der Vertretung nach § 234 StPO unterschiedliche Struktur auch darin deutlich wird, dass im Falle des § 411 Abs. 2 StPO – anders als bei § 234 StPO (vgl. Becker aaO, § 236 Rn. 3 mwN) – durch die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Angeklagten die Vertretungsbefugnis des Verteidigers nicht suspendiert wird (vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt aaO, § 411 Rn. 4 mwN).“

StPO II: Schlussvortrag des Verteidiges, oder: Keine Hinweispflicht

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In der zweiten Entscheidung, dem OLG Hamm, Beschl. v. 08.01.2019 – 4 RBs 360/18 -, geht es um den Schlussvortrag des Verteidigers (§ 258 StPO); insoweit hatte der Verteidiger Versäumnisse des AG gerügt. Ergangen ist der Beschluss im Rechtsbeschwerdeverfahren.

Das OLG hat die Zulassung der Rechtsbeschwerde abgelehnt:

„…Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist die Rechtsbeschwerde nur zuzulassen, wenn andernfalls schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen und fortbestehen würden, wobei es auch darauf ankommt, welche Bedeutung die Entscheidung für die Rechtsprechung im Ganzen hat (zu vgl. OLG Düsseldorf, NStZ-RR 2000, 180 f.). Bei einer Fehlentscheidung im Einzelfall ist die Einheitlichkeit der Rechtsprechung selbst dann nicht gefährdet, wenn sie offensichtlich wäre. Die Entscheidung des Tatrichters muss – über einen etwaigen ihr innewohnenden Rechtsfehler hinaus – vielmehr besorgen lassen, dass der die Entscheidung fällende Tatrichter auch künftig die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht beachten wird (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 07.12.2015, III – 5 RBs 177/15, zit. nach juris). Ein entsprechender Rechtsfehler ist jedoch bereits nicht ersichtlich.

So haben die Verfahrensbeteiligten zur Wahrung des rechtlichen Gehörs nach § 258 Abs. 1 StPO zwar das Recht, nach Beendigung der Beweisaufnahme und vor der endgültigen Entscheidung des Gerichts zum gesamten Sachverhalt und zu allen Rechtsfragen zusammenfassend Stellung zu nehmen (zu vgl. BVerfGE, Urteil vom 13.05.1980, 2 BvR 705/79, BVerfGE 54, 140). Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, dem Verteidiger hinreichend Gelegenheit zum Schlussvortrag zu geben. Eines förmlichen Hinweises bedarf es jedoch nicht (BGH, Beschluss vom 21.03.1989 – 5 StR 120/88 -). Insoweit wäre jedoch selbst bei unterstellter Richtigkeit des Vorbringens des Betroffenen ein über die Gewährung des Wortes zur Antragstellung hinausgehender Hinweis des Gerichts nicht erforderlich gewesen.“

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung. Auch die Ausführungen des Verteidigers in dem Schriftsatz vom 05. Dezember rechtfertigen insoweit keine andere Entscheidung.

2. Auch der geltend gemachte Zulassungsgrund der Versagung des rechtlichen Gehörs gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG ist nicht gegeben.

Es kann dahinstehen, ob die insoweit erhobene Rüge überhaupt den formellen Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG genügt (vgl. zu diesem Erfordernis nur Göhler OWiG, 17. Auflage 2017, § 80 Rn. 16a m.w.N.). Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil das Amtsgericht weder dem Betroffenen noch der Verteidigung die Möglichkeit des Schlussvortrages eingeräumt habe, ist jedenfalls unbegründet.

Die Rechtsbeschwerde kann zwar grundsätzlich darauf gestützt werden, dass einem Berechtigten keine Gelegenheit zum Schlussvortrag gegeben wurde, nicht aber darauf, dass dem Verteidiger nicht ausdrücklich neben dem Betroffenen das Wort zum Schlussvortrag von Amts wegen erteilt wurde (vgl. Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013, § 258 Rn. 32 m.w.N.). Eines über die Gewährung des Wortes zur Antragstellung hinausgehenden Hinweises des Gerichts bedurfte es nicht (s.o.). Dass das Amtsgericht nach Schluss der Beweisaufnahme die Möglichkeit zum Schlussvortrag verwehrt hätte, dass dem Verteidiger das Wort auf sein Verlangen hin nicht erteilt worden wäre, wird indes nicht vorgebracht. Dem Verteidiger wurde vielmehr das Wort zur Antragsstellung gewährt, was genügt.“

Die Mehrwertsteuerpflicht des (Pflicht)Verteidigers, oder: Verwundertes Kopfschütteln

Manchmal fragt man – jedenfalls ich mich – warum bestimmte Fragen noch entschieden werden müssen und wer sich da – aus welchen Gründen auch immer – unnötige Arbeit macht bzw. anderen gemacht hat. So wird es wahrscheinlich/hoffentlich allen Lesern dieses Postings gehen. Den vorgestellten LG Ellwangen, Beschl. v. 23.03.2018 – 1 KLs Js 11054/17 – habe ich vom Kollegen Hertweck aus Braunschweig erhalten. Er hat ihn mir wohl mehr als „humoristische Einlage“ geschickt, denn die entschiedene Frage ist „ausgekaut“. Es geht um die Mehrwertsteuerpflicht des (Pflicht)Verteidigers. Der Kollege hat auswärts verteidigt und hat am Gerichtsort übernachtet und seinen Pkw abgestellt.

Um die Übernachtungskosten usw. streitet man bei der Vergütungsfestsetzung nicht. Es geht nur noch um die Mehrwertsteuer und die korrekte Art der Abrechnung. Der Kollege hatte die netto – also ohne 7 % – geltend gemacht und auf den Nettobetrag die von ihm abzuführende Mehrwertsteuer abgerechnet. Das hat die Staatskasse nicht erstattetn wollen. Anders das LG Ellwangen. Das setzt auch die Mehrwertststeuer mit fest:

„Der Erinnerung des Pflichtverteidigers gegen den Festsetzungsbeschluss vom 5.03.2018 war insgesamt abzuhelfen und hinsichtlich der Übernachtungskosten ein weiterer Betrag von € 22,97 gegen die Staatskasse festzusetzen.

Die Umsatzsteuerpflicht des Pflichtverteidigers erstreckt sich auch auf von ihm in Anspruch genommene Fremdleistungen. Auch die Hotelrechnungen unterliegen mit den dort jeweils ausgewiesenen Nettobeträgen der Umsatzsteuerpflicht in Höhe von 19%. Da der Verteidiger hinsichtlich der in den Hotelrechnungen ausgewiesenen Mehrwertsteuerbeträge (Übernachtung: 7%: Parkgebühren: 19%) vorsteuerabzugsberechtigt ist, wurden vom Verteidiger korrekterweise die jeweiligen Nettobeträge der angefallenen Auslagen in den Festsetzungsantrag aufgenommen und darauf die 19%-ige Mehrwertsteuer erhoben (vgl. Beschluss des KG Berlin vom 24.05.2013, 1 Ws 28/13).“

Da bleibt nur ein verwundertes Kopfschütteln.

Durchsuchung I: Durchsuchung des Verteidigers – darf das Gericht das?

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Beim OLG München läuft seit dem 27.04 2016 vor dem 8. Strafsenat gegen mehrere Angeklagte die Hauptverhandlung u.a. wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung statt. Vor Beginn der Sitzung hat der Vorsitzende des Strafsenats eine sitzungspolizeiliche Anordnung getroffen. Darin hat er unter anderem die Durchsuchung der Verteidiger der Angeklagten und die Durchsicht mitgeführter Behältnisse verfügt und dies nach Widersprüchen der Verteidiger in einem Vermerk vom 29. März 2016 begründet. Gegen die sitzungspolizeiliche Anordnung wenden sich mehrere der Verteidiger mit der Beschwerde. Der BGH hat die Beschluss jetzt mit BGH, Beschl. v. 19.04.2016 – StB 10/16 – als unzulässig verworfen. Begründung: Gegen sitzungspolizieliche Maßnahmen der Durchsuchung gibt es keine Beschwerde:

Der Senat kann es (erneut) offenlassen, ob sitzungspolizeiliche Maßnahmen im Sinne des § 176 GVG überhaupt der Anfechtung unterliegen oder der Beschwerde entzogen sind (vgl. zum Ganzen BGH, Beschlüsse vom 13. Oktober 2015 – StB 10 und 11/15, NJW 2015, 3671 mwN; vom 10. März 2016 – StB 3/16). Denn auch bei Annahme der grundsätzlichen Anfechtbarkeit sitzungspolizeilicher Maßnahmen würde sich diese nach den allgemeinen Vor-schriften über die Beschwerde gemäß § 304 Abs. 1 StPO richten, mit der alle richterlichen Entscheidungen angegriffen werden können, sofern sie nicht ausdrücklich von der Anfechtbarkeit ausgenommen sind. Eine solche generelle Ausnahme beinhaltet § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO. Danach ist ein Rechtsmittel gegen Verfügungen und Beschlüsse der Oberlandesgerichte in Fällen, in denen diese – wie vorliegend – erstinstanzlich tätig werden, nur in den in § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO ausdrücklich aufgeführten Fällen statthaft. Diesem Katalog unterfällt die angegriffene Verfügung nicht.

Zwar nennt der Ausnahmekatalog des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO in Nr. 1 auch Durchsuchungen. Indes ergibt sich bereits aus der Aufzählung der in § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO genannten Eingriffe, die sich auf Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren nach dem 8. Abschnitt des ersten Buches der Strafprozessordnung und Haftentscheidungen nach dessen 9. Abschnitt beziehen, dass mit dem Begriff der Durchsuchung im Sinne der Vorschrift die „klassische Durchsuchung“ nach Beweismitteln im Sinne der §§ 102 ff. StPO gemeint ist (vgl. LR-Matt, StPO, 26. Aufl., § 304 Rn. 77). Einer Ausdehnung der Vorschrift des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO auf sitzungspolizeilich angeordnete Durchsuchungen von Personen und Sachen steht der – auch im Gesetzgebungsverfahren hervorgehobene (vgl. BT-Drucks. 5/4086 S. 11, 5/4269 S. 6) – Ausnahmecharakter dieser Norm entgegen, die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eng auszulegen ist (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 3. Juli 1981 – StB 31/81, BGHSt 30, 168, 170; vom 19. März 1986 – StB 2 und 3/86, BGHSt 34, 34, 35; vom 20. März 1991 – StB 3/91, BGHSt 37, 347, 348). Der Senat hat es deshalb bisher auch abgelehnt, Beschwerden gegen Entscheidungen, die lediglich die Art und Weise des Vollzugs einer Durchsuchung zum Gegenstand haben, in erweiternder Auslegung des Begriffs der „Durchsuchung“ im Sinne des § 304 Abs. 4 Satz 2 Halb-satz 2 Nr. 1 StPO als statthaft anzusehen (BGH, Beschlüsse vom 14. Oktober 1998 – 3 ARs 10/98, BGHR StPO § 304 Abs. 5 Durchsuchung 2; vom 13. Oktober 1999 – StB 7 und 8/99, NJW 2000, 84, 86). Nichts anderes kann für eine sitzungspolizeilich angeordnete Durchsuchung gelten, die – letztlich im Interesse der Wahrheitsfindung – lediglich den ungestörten äußeren Verlauf der Sitzung sichern soll (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 176 Rn. 1; Meyer-Goßner/Schmitt, 59. Aufl., § 176 GVG Rn. 4).

Auch mit Blick auf die möglicherweise tangierte Grundrechtsposition der Beschwerdeführer aus Art. 12 Abs. 1 GG ist es nicht gerechtfertigt, diesen entgegen dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers ein Beschwerderecht einzuräumen. Der Gesetzgeber hat in § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO Beschlüsse und Verfügungen der Oberlandesgerichte – mit Ausnahme der im Katalog enumera-tiv aufgeführten Eingriffe – einer Beschwerde entzogen und es damit in Kauf genommen, dass in anderen Fällen mit Grundrechtsbezug ein Rechtsmittel nicht gegeben ist. Dies spricht gegen die Annahme, der Gesetzgeber habe bei Verfügungen und Beschlüssen eines Oberlandesgerichts, die in ein Grundrecht eingreifen, generell eine Rechtsmittelmöglichkeit vorsehen wollen (BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2015 – StB 10 und 11/15, NJW 2015, 3671). Vor diesem Hintergrund ist es nicht Sache der Fachgerichte, unter Missachtung dieses gesetzgeberischen Willens den Katalog der ausnahmsweise anfechtbaren gerichtlichen Entscheidungen im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit möglicher in Betracht kommender Grundrechtsbeeinträchtigungen beliebig zu erweitern.“

Dazu hatten wir vor kurzem ja auch schon den BVerfG, Beschl. v. 17.04.2015 – 1 BvR 3276/08 und dazu: Nicht sofort zum BVerfG rennen, oder: Rechtsprechungsänderung angesagt?  Und dann noch den Lesetipp.

Und die Antwort auf die Frage: Man weiß es nicht so genau 🙂 .

Wenn Angeklagter und Verteidiger durch eine Trennscheibe getrennt sind/werden…

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Aus der Prozessberichterstattung im Fernsehen kennt man die Sitzungssäle im OLG Düsseldorf, in denen die Staatsschutzsenate Staatsschutzsachen verhandeln. Daher wissen wir auch, dass es in diesen Sälen bauseits angebrachte und mit Sprechstellen versehene Trennscheiben gibt, durch die die Angeklagten von den übrigen Verfahrensbeteiligten – auch von ihren Verteidigern – getrennt werden. In einem der derzeit anhängigen Verfahren beim OLG Düsseldorf hatte einer der Verteidiger beantragt, stattdessen eine Trennscheibe am Tisch der Verteidigung zwischen dem Sitzplatz des Angeklagten und dem des Verteidigers einzurichten. Das hat die Senatsvorsitzende abgelehnt. Dagegen hat der Verteidiger Beschwerde eingelegt, über die nun der BGH im BGH, Beschl. v.10.03.2016 – StB 3/16 – entschieden hat. Er hat die sitzungspolizeiliche Maßnahme der Vorsitzenden bestätigt, wobei er die grundsätzliche Frage offen gelassen hat, ob eine solche Maßnahme überhaupt mit der Beschwerde angefochten werden kann. Er kommt aus anderen Gründen zur Unafechtbarkeit:

Denn auch bei Annahme der grundsätzlichen Anfechtbarkeit sitzungspolizeilicher Maßnahmen würde sich diese nach den allgemeinen Vorschriften über die Beschwerde gemäß § 304 Abs. 1 StPO richten, mit der alle richterlichen Entscheidungen angegriffen werden können, sofern sie nicht ausdrücklich von der Anfechtbarkeit ausgenommen sind. Eine solche generelle Ausnahme beinhaltet § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO für Verfügungen und Beschlüsse der Oberlandesgerichte. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Ober-landesgerichte erstinstanzlich tätig werden, sieht § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO zwar wiederum einen Katalog von Rückausnahmen vor; diesem Katalog unterfällt die hier angegriffene sitzungspolizeiliche Anordnung der Vor-sitzenden des 7. Strafsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf indes nicht.

Soweit der Beschwerdeführer meint, die Trennscheibenanordnung müsse hier der Beschwerde unterliegen, weil mit ihr eine „derart weitgehende Beschränkung der Verteidigung“ einhergehe, dass sie mit den anfechtbaren Maß-nahmen im Sinne von § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO vergleichbar sei, ist dies nicht nachzuvollziehen:

Die von § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO erfassten Fälle betreffen mit der Verhaftung, der Durchsuchung oder bestimmten geheimen Ermitt-lungsmaßnahmen besonders eingriffsintensive Maßnahmen (Nr. 1), die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens oder die Einstellung wegen eines Verfahrenshindernisses (Nr. 2), die Verhandlung in Abwesenheit eines Angeklag-ten (Nr. 3), die Akteneinsicht (Nr. 4) und Entscheidungen, die den Widerruf einer Strafaussetzung oder des Straferlasses betreffen (Nr. 5).

Denn auch bei Annahme der grundsätzlichen Anfechtbarkeit sitzungspolizeilicher Maßnahmen würde sich diese nach den allgemeinen Vorschriften über die Beschwerde gemäß § 304 Abs. 1 StPO richten, mit der alle richterlichen Entscheidungen angegriffen werden können, sofern sie nicht ausdrücklich von der Anfechtbarkeit ausgenommen sind. Eine solche generelle Ausnahme beinhaltet § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO für Verfügungen und Beschlüs-se der Oberlandesgerichte. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die Ober-landesgerichte erstinstanzlich tätig werden, sieht § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO zwar wiederum einen Katalog von Rückausnahmen vor; diesem Katalog unterfällt die hier angegriffene sitzungspolizeiliche Anordnung der Vor-sitzenden des 7. Strafsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf indes nicht.

Soweit der Beschwerdeführer meint, die Trennscheibenanordnung müsse hier der Beschwerde unterliegen, weil mit ihr eine „derart weitgehende Be-schränkung der Verteidigung“ einhergehe, dass sie mit den anfechtbaren Maß-nahmen im Sinne von § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO vergleichbar sei, ist dies nicht nachzuvollziehen:

Die von § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 StPO erfassten Fälle betreffen mit der Verhaftung, der Durchsuchung oder bestimmten geheimen Ermittlungsmaßnahmen besonders eingriffsintensive Maßnahmen (Nr. 1), die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens oder die Einstellung wegen eines Ver-fahrenshindernisses (Nr. 2), die Verhandlung in Abwesenheit eines Angeklag-ten (Nr. 3), die Akteneinsicht (Nr. 4) und Entscheidungen, die den Widerruf einer Strafaussetzung oder des Straferlasses betreffen (Nr. 5). Eine allenfalls im engsten Rahmen in Betracht kommende analoge Anwendung der nach ständiger Rechtsprechung restriktiv auszulegenden Ausnahmeregelung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 304 Rn.12 mwN) kommt nur in Betracht, wenn die angegriffenen Entscheidungen -insbesondere im Hinblick auf die durch sie beeinträchtigten Rechtspositionen – mit den im Katalog dieser Vorschrift genannten vergleichbar sind (vgl. BGH aaO).

Für Anordnungen, die lediglich den Vollzug der Untersuchungshaft be-treffen, wird eine solche Vergleichbarkeit abgelehnt (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2012 – StB 19/11, BGHR StPO §304 Abs.5 Verhaftung 5; KK-Zabeck, StPO, 7. Aufl., § 304 Rn.7 mwN). Nichts anderes gilt hier hinsicht-lich der Verfügung, mit der die Verwendung der bauseits angebrachten und mit Sprechstellen versehenen Trennscheibe, durch die die Angeklagten von den übrigen Verfahrensbeteiligten getrennt werden, auch im Verfahren gegen den Angeklagten angeordnet worden ist, betrifft sie doch nur die Ausgestaltung der räumlichen Anordnung der Sitzplätze des Angeklagten und seines Verteidigers während der Durchführung der Hauptverhandlung. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Verteidigung ist damit auch mit Blick auf die räumlichen Gegebenheiten in den Sitzungssälen des Oberlandesgerichts Düsseldorf, die dem Senat aus eigener Anschauung bekannt sind, nicht verbunden.“

Na, da werde ich dann in Burhoff, Hauptverhandlung, wohl eine neue Randnnumer einfügen müssen.