Schlagwort-Archive: Verjährung

Wochenspiegel für die 16. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Ups, da habe ich den Wochenspiegel übersehen, den ich dann hier jetzt nachhole. Wir berichten:

  1. Vom teuren Irrtum von der richtigen Geschwindigkeit in der „blauen Zone.
  2. Über einen neuen Trojaner.
  3. Über einen Fahrlehrer mit Pornovertrieb.
  4. Über ein Hausverbot für GEZ-Mitarbeiter.
  5. Über „Keine Vollmacht, kein Bußgeldbescheid„.
  6. Über den/die kämpfende(n) Roland.
  7. Über das besondere öffentliche Interesse bei BuMi a.D. von und zu Guttenberg, vgl. auch noch hier.
  8. Über die Pflichtverteidigerbeiordnung.
  9. Über die die Verjährung bei OWi’s.
  10. Über das Mautausweichen.

Verjährung: Ruhen – es kommt auf das Ergebnis an

Für die Frage des Ruhens der Verjährung ist nach Eröffnung des Hauptverfahrens die Vorschrift des § 78b StGB von Bedeutung.

Zu dessen Auslegung nimmt jetzt der BGH, Beschl. v. 08.11.2010 – 1 StR 490/10 Stellung. In der zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehenen Entscheidung geht der 1. Strafsenat davon aus, dass die Vorschrift des § 78b Abs. 4 StGB nicht an die rechtliche Bewertung der Tat in der Anklage oder im Eröffnungsbeschluss anknüpft; maßgeblich sei vielmehr, ob der vom Gericht der Verurteilung zugrunde gelegte Straftatbestand eine abstrakte Strafschärfung für besonders schwere Fälle vorsieht.

Es kommt also auf das Ergebnis an.

Pauschgebührenantrag rechtzeitig – sonst wars das

Verjährung spielt im Strafverfahren nicht nur im materiellen Bereich eine Rolle, sondern ggf. auch im Gebührenrecht, wenn es ums Geld geht. Das wird einem bewusst, wenn man den Beschl. des KG v. 03.08.2010 – 1 ARs 32/09, den mir ein dortige Kollege hat zukommen lassen, liest.

Das KG hat nämlich einen Pauschvergütungsantrag (§ 51 RVG) des Pflichtverteidigers wegen Eintritt der Verjährung zurückgewiesen. Entscheidend wäre – für die Unterbrechung der dreijährigen Verjährung gewesen, dass der Antrag rechtzeitig vor Ablauf beim OLG eingegangen war. Ds konnte der Pflichtverteidiger aber nicht nachweisen. da er – so das KG – die Beweislast trägt – war es das. Und: Auch der Rettungsversuch „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die Stellung eines Pausch­vergütung­s­antrags, hat nicht geklappt. Das KG sagt zutreffend: Nach Ablauf der Verjährungsfrist ist dies nicht statthaft.

Immer wieder: Fahrtenbuch

Die mit der sog. Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO) zusammenhängenden Fragen beschäftigen die VG immer wieder. So vor kurzem auch den VGH Baden-Württemberg in seinem Beschl. v. 30.11.2010 – 10 S 1860/10.

Danach ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung bei Verkehrsverstößen im Hinblick auf die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage der Eintritt der Verfolgungsverjährung. Dabei seien tatsächlich realisierbare, aber rechtlich unzulässige Ermittlungen für die Unmöglichkeit der Fahrerfeststellung irrelevant; es dürfen von der Behörde also keine unzulässigen Ausforschungsbeweise verlangt werden. Nach der Verjährung erfolgende Fahrerbenennungen seien grundsätzlich unbeachtlich. Je gravierender der hinsichtlich des verantwortlichen Fahrers unaufklärbare Verkehrsverstoß sei und je geringer die Mitwirkung des Fahrzeughalters bei der Sachverhaltsaufklärung, desto geringere Anforderungen seien in der Folge an die Darlegung der Ermessenserwägungen für die Anordnung der Führung eines Fahrtenbuches zu stellen.

Vollstreckungsverjährung bei Wertersatzverfall

Mit einer nicht alltäglichen Frage musst sich das OLG Hamburg in seinem Beschl. v. o1.11.2010 – 2 Ws 53/10 und 2 Ws 54/10 – befassen. Es ging um die Frage der Vollstreckungsverjährung bei Wertersatzverfall. Das OLG ist zu folgenden Leitsätzen gekommen:

1. Nach §§ 79 Abs. 4 Nr. 2, 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB bemisst sich die Frist der Vollstreckungsverjährung des Verfalls auch von Wertersatz (§§ 73a Satz 1, 73 Abs. 1 StGB) auf zehn Jahre. Beginn der Vollstreckungsverjährung ist der Tag der Rechtskraft der Entscheidung (§ 79 Abs. 6 StGB).

 2. Gem. § 79a Nr. 3 StGB ruht die Verjährung während der Untersuchungs- und Strafhaft bis zur bedingten Entlassung nach gewährter Reststrafenaussetzung.

 3. § 79a Nr. 2 StGB betrifft in seinen Varianten – Vollstreckungsaufschub/-unterbrechung, Bewährungsaussetzung, Zahlungserleichterung – jeweils „nur Strafen und Maßnahmen, auf die sich die Vergünstigung bezieht“ und die Länge der später nach § 79 Abs. 5 StGB in den Abgleich einzustellenden Fristen sich „unter Berücksichtigung von Ruhen oder Verlängerung … im Einzelfall“ bestimmt.

 4. a) Nach § 79 Abs. 5 Satz 1 StGB verjährt bei gleichzeitiger Erkennung auf Freiheitsstrafe und Verfall die Vollstreckung der einen Strafe oder Maßnahme nicht früher als die der anderen.

b) Zwar berechnet sich die Frist der Vollstreckungsverjährung an sich „abstrakt“ – allerdings letzteres nur mit Rücksicht auf die Höhe der zu vollstreckenden Strafe. Mit dem ausdrücklichen Straferlass durch einen gerichtlichen Bescheid nach §§ 56g Abs. 1 Satz 1, 57 Abs. 5 Satz 1 StGB, der auf der Feststellung beruht, dass Widerrufsgründe nicht vorliegen, erlischt der staatliche Strafvollstreckungsanspruch: dieser rechtliche Befund kann sachlogisch auch auf die Frage der Vollstreckungsverjährung nicht ohne Auswirkung bleiben.

c) Ein Sinn für ein Offenhalten der Verjährung der Vollstreckung von Strafe ist nicht erkennbar, wenn nichts mehr zu vollstrecken ist, weil die Vollstreckung bereits erfolgt ist. Da der Straferlass an die Stelle der (vollständigen) Strafvollstreckung tritt, kann für den Erlass insoweit nichts anderes gelten als für die Vollstreckung.

d) Eine Verlängerung der Verjährungsfrist (vorstehend b) durch „Angleichung“ auf Grund des § 79 Abs. 5 Satz 1 StGB erfolgt nicht. Mit dem Wortlaut der Vorschrift – „verjährt die Vollstreckung“ (wenn sie zumindest in Teilen noch aussteht) „nicht früher“ als die der anderen Strafe oder Maßnahme – ist das vereinbar. Die im Fokus stehende Maßnahme ist nicht vor den „anderen Strafen“ verjährt. Bezüglich der beiden „anderen Strafen“ ihrerseits hingegen fehlt es an der in § 79 Abs. 5 StGB als Prämisse vorausgesetzten Vollstreckungsoffenheit. Sinngerecht verstanden folgt aus § 79 Abs. 5 StGB nicht, dass eine bereits erledigte Sanktion mit Rücksicht auf eine andere losgelöst von den jene bestimmenden gesetzlichen Parametern als bloße leere Hülle fortexistiert.“

Muss man nicht unbedingt jeden Tag parat haben, aber kann, wie man sieht, von Bedeutung sein.