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OWi I: Wirksamkeit des Einspruchs gegen den BGB, oder: Auch ohne Unterschrift wirksam

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Ich habe seit längerem keine OWi-Entscheidungen mehr vorgestellt. Das liegt vor allem daran, dass es an der Stelle derzeit recht ruhig ist. Heute habe ich dann aber mal wieder ein paar Entscheidungen.

Zunächst stelle ich den LG Stuttgart, Beschl. v. 28.05.2021 – 1 Qs 37/21 – vor. Problematik: Wirksamkeit eines Einspruchs. Das AG hatte einen Einspruch mangels Unterschrift als formunwirksam verworfen. Das hat das LG anders gesehen:

„1. Der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid muss gemäß § 67 Abs. 1 OWiG schriftlich oder zur Niederschrift der Verwaltungsbehörde, die den Bußgeldbescheid erlassen hat, erfolgen. Zur Schriftform gehört dabei nicht zwingend, dass das Einspruchsschreiben persönlich unterschrieben ist. Das Formerfordernis der Schriftlichkeit ist nicht gleichzusetzen mit den Vorgaben des § 126 BGB. Das Gebot der Schriftlichkeit in § 67 OWiG soll sicherstellen, dass der Erklärungsinhalt und die Person, von welcher die Erklärung herrührt, zuverlässig bestimmt werden können. Entscheidend ist, dass in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ersichtlich wird, von wem die Erklärung herrührt und ob sie endgültig, ernstlich und willentlich in den Rechtsverkehr gebracht wurde (vgl. Seitz/Bauer in Göhler, OWiG, 17. Auflage 2017, § 67 Rn 19 m. w. N.; Gertler in BeckOK, OWiG, 30. Edition 2021, § 67 Rn. 66 m. w. N.; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 19.02.1963 – 1 BvR 610/62 — m. w. N.). Entscheidend sind jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalles.

2. Vorliegend lässt sich bei Bewertung des in der Akte dokumentierten Einspruchsschreibens unter Würdigung der Gesamtumstände sowohl die Person des Erklärenden zuverlässig und sicher feststellen als auch sicher feststellen, dass die Erklärung als gewollt rechtserheblich an die Bußgeldbehörde versandt wurde.

Das Schreiben vom 28. Dezember 2020 nennt oben rechts neben dem Namen des Betroffenen seine vollständige und zutreffende Adresse. Neben dem zutreffenden Aktenzeichen des Bußgeldbescheides wird im genannten Einspruchsschreiben zudem die Sachbearbeiterin, wie sie im Bußgeldbescheid bezeichnet wird, persönlich angesprochen. Zuletzt hat der Erklärende nach der abschließenden Grußformel seines Schreibens neben seinem vollständigen Namen auch seine Mobilfunknummer angegeben. Aus dem Schreiben vom 28.12.2020 ergibt sich zudem aufgrund eines Stempels / Vermerks oberhalb der Adresszeile, dass dieses mittels Einwurfeinschreiben an die Landeshauptstadt Stuttgart, konkret unter Nennung der zuständigen Sachbearbeiterin nebst deren zutreffender Zimmernummer, versandt wurde. Lediglich die handschriftliche Unterschrift des Betroffenen fehlt auf dem Einspruchsschreiben.

Unter Berücksichtigung des weiteren Umstandes, dass der Bußgeldbescheid dem Betroffenen am 23. Dezember 2020, dem letzten Werktag vor den Weihnachtsfeiertagen, zugestellt wurde und das Schreiben am 28. Dezember 2020, dem ersten Werktag nach den Weihnachtsfeiertagen, gefertigt wurde, lässt sich daher bereits aus dem Einspruchsschreiben (welches sich lediglich unblattiert in der Akte findet) selbst ohne Zweifel erkennen, dass der Betroffene persönlich der Urheber der Erklärung ist und diese auch mit seinem Willen, trotz fehlender Unterschrift, abgesandt wurde. Immerhin hat der Absender das Schreiben ausgedruckt und offensichtlich willentlich zur Post gebracht, um dieses mittels Einschreiben der Bußgeldbehörde zukommen zu lassen.

Eine Vergleichbarkeit der vorliegenden Sachlage mit Schreiben eines Anwaltes oder einer Behörde, welchem die Unterschrift fehlt, und bei welchen ggf. aus dem Briefkopf, einem Vermerk oder einem Stempel Rückschlüsse auf Urheberschaft und Ernsthaftigkeit der Erklärung gezogen werden müssten, liegt nicht vor. Der Betroffene ist eine Privatperson. Es liegt fern, bei Eingang eines in tatsächlicher Schriftform eingereichten Einspruches einer Privatperson, welcher zudem per Einschreiben versandt wurde, davon auszugehen, dieser könnte von einer dritten Person stammen oder lediglich als Entwurf gemeint gewesen sein. Anders als bei einem Verteidiger oder einer Behörde, welche sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben Personals bedienen und ggf. auch eine Vertretung des Erklärenden in Betracht kommen kann, ist dies bei einer Privatperson i. d. R. ausgeschlossen.

Zudem war für den Betroffenen weder aus der Rechtsbehelfsbelehrung im Bußgeldbescheid noch nachträglich aus einer Äußerung der Verwaltungsbehörde ersichtlich, dass sein schriftlich verfasstes Schreiben eigenhändig unterschrieben werden hätte müssen und sein Einspruch als unwirksam angesehen werden könnte. Der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid eröffnet dem Betroffenen den ersten Zugang zum Gericht. Dem Betroffenen als Privatperson unter den konkreten Umständen aufgrund eines (potentiell) formellen Fehlers sein Recht auf materielle Überprüfung seiner Einwände gegen den Bußgeldbescheid zu beschneiden, besteht unter dem Gesichtspunkt eines fairen Verfahrens keine Veranlassung.“

OWi III: Die Urteilsunterschrift des Richters, oder: Wenn das OLG rätselt, wer wohl unterschrieben hat

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Und dann zum Schluss des Tages hier noch der OLG Hamm, Beschl. v. 11.05.2021 – 4 RBs 124/21, der mal wieder zu den Anforderungen an eine richterliche Unterschrift unter einem schriftlichen Urteil (§ 275 Abs. 2 Satz 1 StPO) Stellung nehmen musste.

Hier hatte die Amtsrichterin in einem Bußgeldverfahren zwar das Urteil unterschrieben, aber so ganz viel Mühe hatte sie sich damit nicht gemacht. Jedenfalls hat dem OLG ihr“Unterschrift“ nicht gereicht mit der Folge, dass das Urteil aufgehoben worden ist:

„1. Das angefochtene Urteil weist einen auf die Sachrüge hin beachtlichen, durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf, weil es keine den Anforderungen des § 275 Abs. 2 S. 1 StPO i.V.m. § 71 OWiG genügende Unterschrift der erkennenden Richterin enthält und es damit an einer Prüfungsgrundlage für die Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht fehlt.

Gegenstand der rechtsbeschwerdegerichtlichen Überprüfung in sachlich-rechtlicher Hinsicht sind allein die schriftlichen Entscheidungsgründe, wie sie sich aus der gemäß § 275 StPO mit der Unterschrift des Richters zu den Akten gebrachten Urteilsurkunde ergeben. Das Fehlen einer individualisierbaren richterlichen Unterschrift ist hierbei – abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall des Fehlens nur einer richterlichen Unterschrift bei der Entscheidung durch ein Kollegialgericht – dem völligen Fehlen der Urteilsgründe gleichzustellen und führt bereits auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils, wenn nach Ablauf der Frist des § 275 Abs. 1 S. 2 StPO die Unterschrift auch nicht mehr nachgeholt werden kann.

So liegt der Fall hier, da die Unterzeichnung des vorliegend angefochtenen Urteils nicht den Anforderungen genügt, die von der Rechtsprechung an eine Unterschrift gestellt werden.

Der erkennende Richter hat das von ihm verfasste schriftliche Urteil zu unterschreiben (§ 275 Abs. 2 S. 1 StPO), was einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug erfordert, der sich nicht nur als Namenskürzel (Paraphe) darstellt, sondern charakteristische Merkmale einer Unterschrift mit vollem Namen aufweist und die Nachahmung durch einen Dritten zumindest erschwert. Dazu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Schriftgebildes; ausreichend ist vielmehr, dass jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen Unterschrift kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann. Das setzt allerdings voraus, dass mindestens einzelne Buchstaben zu erkennen sind, weil es sonst am Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt. Diese Grenze individueller Charakteristik ist insbesondere bei der Verwendung bloßer geometrischer Formen oder einfacher (gerader oder nahezu gerader) Linien eindeutig überschritten, die in keinem erkennbaren Bezug zu den Buchstaben des Namens stehen (st. höchstrichterliche und obergerichtliche Rspr., vgl. nur: OLG Hamm, Beschl. v. 20.12.2016 – III-1 RVs 94/16 – juris m.w.N.).

Das vorliegende Urteil weist am Ende ein händisches Zeichen auf, welches etwa einer im 45 Grad-Winkel nach links unten zeigenden Pfeilspitze ähnelt. Wenn man überhaupt in dieses Zeichen Buchstaben hineininterpretieren wollte, so könnte es sich um ein gekipptes „V“ als Großbuchstabe, ein gekipptes „L“ als Großbuchstabe oder ein „C“ als Großbuchstabe handeln. „V“ und „C“ kommen überhaupt nicht imn Namen der im Rubrum genannten Richterin vor, ein „L“ jedenfalls nicht am Namensanfang als Großbuchstabe. Jemand, der den Namen der erkennenden Richterin kennt, kann aus dem Zeichen weder den Namen noch einzelne zum Namen gehörende Buchstaben herauslesen.“

Etwas mehr Sorgfalt auch an der Stelle ……

Rechtsmittel III: Die nicht lesbare Unterschrift, oder: Lesbar schreiben!!!

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Und als letzte Entscheidung des Tages und auch des Jahres 2020 dann noch der OLG Hamburg, Beschl. v. 20.11.2020 – 2 Rev 55/20. Den bringe ich als „Mahnung“, und zwar dahin: „Leute“ schreibt leserlich, so dass man eure Unterschrift erkennen kann. Sonst kann es böse Folgen haben. So hier in dieser Entscheidung:

„2. Die Revision der Angeklagten ist jedoch unzulässig, weil die äußere Form der Revisionsbegründungsschrift nicht den formellen Anforderungen des § 345 Abs. 2 StPO genügt.

a) Nach dieser Vorschrift muss die Revisionsbegründung, wenn sie nicht zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben wird, durch eine vom Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichnete Schrift erfolgen. Dabei muss der Unterzeichnende die volle Verantwortung für den Inhalt der Schrift übernehmen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 345 Rdn. 16).

Ist, wie bei der Revisionsbegründung gemäß § 345 Abs. 2 StPO und anders als bei Revisionseinlegung nach § 341 Abs. 1 StPO, einfache Schriftform nicht ausreichend, sondern Unterzeichnung durch den Verteidiger oder einen Rechtsanwalt erforderlich, gehört zur Unterzeichnung die eigenhändige Unterschrift, die in der Regel aus einer Wiedergabe des vollen bürgerlichen (Familien-)Namens besteht, wobei bei Doppelnamen einer der Namen ausreicht, wenn keine Zweifel an der Identität der unterzeichnenden Person bestehen (vgl. OLG Frankfurt NJW 1989, 3030). Die Verwendung eines Anfangsbuchstabens bzw. der ersten Anfangsbuchstaben (Paraphe) reicht nicht aus (vgl. BGH, NJW 1967, 2310; 1982, 1467; Senatsbeschluss vom 26. März 2012, Az.: 2-20/12 (REV) und vom 12. März 2019, Az.: 2 Rev 5/19). Lesbar braucht die Unterschrift nicht zu sein (vgl. BGH NStZ-RR 2011, 253). Undeutlichkeiten und Verstümmelungen schaden nicht, wenn ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender, individueller Schriftzug vorliegt (vgl. BGH MDR 1964, 747), der einmalig ist, entsprechende charakteristische Merkmale aufweist und sich als Unterschrift eines Namens darstellt (vgl. BGH NJW 1982, 1467). Es muss ein Mindestmaß an Ähnlichkeit in dem Sinne bestehen, dass ein Dritter, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, ihn aus dem Schriftbild noch herauslesen kann (vgl. BGHSt 12, 317). Daher müssen mindestens einzelne Buchstaben zu erkennen sein; andernfalls fehlt es an den Merkmalen einer Schrift (vgl. BGH NJW-RR 2017, 417; BGH NJW 1985, 1227). Wegen des Fehlens der charakteristischen Merkmale einer Unterschrift reichen geschlängelte Linien unter keinen Umständen aus (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., Einl. 129 m.w.N.; ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Beschlüsse vom 14. März 2018, Az.: 2 Rev 15/18; 2 Rev 65/17; vom 1. September 2017 Az.: 2 Rev 54/17 und vom 12. März 2019, Az.: 2 Rev 5/19).

b) Eine diesen Maßstäben genügende Unterschrift weist die Revisionsbegründungsschrift vom 28. Juni 2020 nicht auf.

Der unter der Begründungsschrift angebrachte handschriftliche Schriftzug weist einen individuellen Charakter mit Bezug zum Namen des Verteidigers allenfalls im Hinblick auf den vorangestellten Anfangsbuchstaben des Nachnamens (N) auf, da es sich um einen von oben nach unten laufenden langen Strich handelt und dieser offensichtlich einen Großbuchstaben darstellen soll. Ob diesem Buchstaben weitere folgen ist nicht eindeutig, allenfalls könnte man in den Schriftzug einen weiteren Buchstaben hineinlesen, wobei dieser nicht zu konkretisieren wäre. Jedenfalls findet der Nachnamen in Hinblick auf Anzahl und Form der Buchstaben keine Entsprechung im maßgeblichen Schriftzug. Vielmehr scheint es sich aufgrund der Art der Unterzeichnung und der darin zum Ausdruck kommenden Schreibbewegung um eine hier nicht genügende Paraphe zu handeln.

Diese Art der Unterzeichnung reicht auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Verteidiger nach Aktenlage eine Mehrzahl weiterer Dokumente wie etwa auch die Revisionseinlegungsschrift und weitere Schriftsätze so oder ähnlich abgezeichnet hat, nicht aus. Denn der Verteidiger hat in mehreren Fällen (Schriftsatz vom 16. Januar 2020, vom 27. Januar 2020, Empfangsbekenntnis vom 22. Juli 2020) abweichend davon mit eher ausdifferenzierten Namenszügen, die allerdings keine überragende Ähnlichkeit untereinander aufweisen, unterzeichnet, die den Namen aufgrund mehrere Bögen länger erscheinen lassen. Gemessen an diesem Muster trägt die beschriebene verkürzte Schreibweise keine die Identität des Verteidigers als Unterschreibenden noch hinreichend kennzeichnenden individuellen bzw. charakteristischen Merkmale.“

Ob diese Verwerfung zwingend war, kann man, ohne die „Unterschrift“ gesehen zu haben, nicht beurteilen. Jedenfalls aber: Vorsicht!!

Wie gesagt. Das war es dann für 2020. Jetzt kommen keine Entscheidungen mehr, es sei denn das BVerfG veröffentlicht einen Beschluss, wonach die StPo verfassungswidrig ist. Aber damit ist wohl nicht zu rechnen 🙂 . Besten Dank für die Aufmerksamkeit in 2020 und auf ein Neues mit vielen schönen (?) Entscheidungen in 2021.

Die unleserliche Unterschrift unter einem Beschluss?, oder: Bei Beschlüsse geht es anders als bei Urteilen

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Ich hatte in der vergangenen Woche über den OLG Braunschweig, Beschl. v. 13.11.2018 – 1 Ss 60/18 – berichtet (vgl. hier Eine unleserliche Paraphe ist keine Unterschrift, oder: Sind die Durchsuchungsbeschlüsse im VW-Skandal ggf. unwirksam?). Als „Anmerkung“ dazu hat mir der Kollege Wankel vom OLG Nürnberg, den OLG Nürnberg, Beschl. v. 28.05.2018 –  2 Ws 304/18 – geschickt. Er behandelt die Frage der Unterschrift bei Beschlüssen der Strafvollstreckungskammer, und zwar wie folgt:

„Soweit der Beschwerdeführer beanstandet, die Unterschrift des Richters am Amtsgericht pp. unter dem Beschluss vom 09.04.2018 entspreche nicht den an eine Unterschrift zu stellenden Anforderungen, kann dies dahinstehen.

Anders als bei Urteilen gemäß § 275 Abs. 2 StPO schreibt das Gesetz die Unterzeichnung von Beschlüssen nicht vor. Diese Vorschrift ist hierauf auch nicht entsprechend anwendbar (vgl. RGSt 43, 217, 218; BGH, Urteil vom 14.02.1985 – 4 StR 731/84, NStZ 1985, 492; BayObLGSt 1957, 4, 5; Stuckenberg, in: LR-StPO, 26. Aufl. § 275 Rn. 43; Greger, in: KK-StPO, 7. Aufl. § 275 Rn. 1; Peglau, in: BeckOK-StPO § 275 Rn. 38). Das gilt auch für Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer (vgl. OLG Hamm JMBl NW 1978, 70 juris Rn. 5), selbst wenn – wie hier nach der gesetzlichen Vorschrift des § 78b Abs. 1 Nr. 2 GVG – nur ein Richter zur Entscheidung berufen ist (vgl. OLG Düsseldorf VRS 96, 204). Fehlt es in einem solchen Fall an der Unterschrift des zuständigen Richters, so muss sich jedoch zumindest aus den Umständen zweifelsfrei ergeben, daß die in den Akten zur Kenntnis von Personen außerhalb des Gerichts niedergelegte Entscheidung auf seiner Willensbildung beruht (BayObLG a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.). So liegt es hier. Selbst wenn man die Unterschrift des Richters am Amtsgericht pp. unter dem Beschluss vom 09.04.2018 als Paraphe ansehen würde (…), ergibt sich zweifelsfrei die Urheberschaft des entscheidenden Richters aus den weiteren in der Akte von ihm in gleicher Weise unterzeichneten Verfügungen (vom 07.08.2017, vom 14.08.2017, und vom 27.04.2018). Dass es sich nicht um einen bloßen Entscheidungsentwurf handelt, folgt daraus, dass die Hinausgabeverfügung vom 09.04.2018 ebenfalls in ähnlicher Weise gezeichnet ist (…).

Der Senat erachtet es allerdings für angezeigt, darauf hinzuweisen, dass bei der Unterzeichnung von Beschlüssen die an die für die Leistung einer Unterschrift allgemein aufgestellten Erfordernisse (vgl. etwa BGH Rpfleger 2018, 225, juris Rn. 7; OLG Nürnberg – 2. Strafsenat – NStZ-RR 2007, 151 juris Rn. 11) eingehalten werden sollten.

(…)“

Unterschriften (des Richters/Rechtsanwalts), oder: Schriftzug reicht, Paraphe reicht nicht

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Heute mal „quer durch den Garten“, also mal ein „Kessel Buntes“ in der Woche.

Und da mache ich den Auftakt mit dem OLG Köln, Beschl. v. 11.04.2018 – 1 RVs 76/17. Die Entscheidung ist insofern interessant, weil das OLG zu den Anforderungen an eine wirksame Unterschrift Stellung nimmt, und zwar einmal betreffend den Verteidiger – bei ihm geht es um die Wirksamkeit der Unterzeichnung der Revision und der Begründung – und dann betreffend den Richter – bei ihm geht es um die Unterzeichnung des Urteils.

Zum Verteidiger führt das OLG aus:

1. Das Rechtsmittel ist als Sprungrevision gem. § 335 StPO zulässig. Es ist insbesondere gem. § 341 Abs. 1 StPO frist- und formgerecht eingelegt sowie nach § 345 Abs. 2 StPO frist- und formgerecht begründet worden.

a) Zur Schriftform i.S.d. § 341 Abs. 1 StPO gehört, dass aus dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, schon im Zeitpunkt des Eingangs der Erklärung bei Gericht hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Auch muss feststehen, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern das Schriftstück mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., Einl. Rn 128 m.w.N.), wobei eine handschriftliche Unterzeichnung nicht unbedingt erforderlich ist (BVerfGE 15, 288, 291). Diesen Anforderungen an die Schriftform genügt die Rechtsmitteleinlegungsschrift, welche schon aufgrund des Briefkopfes und des gedruckten Namenszuges unter dem Dokument die Zuordnung zum Ersteller einwandfrei ermöglicht. Dass es sich nicht lediglich um einen Entwurf handelt, kann im Übrigen dem händisch beigefügten Zusatz unter dem Schriftsatz hinreichend entnommen werden.

b) Auch ist die Revision mit Verteidigerschriftsatz vom 11.1.2018 ordnungsgemäß nach § 345 Abs. 2 StPO begründet worden. Die Vorschrift verlangt die Unterzeichnung durch einen Verteidiger oder Rechtsanwalt. Dabei muss die Unterschrift in der Regel aus der Wiedergabe des vollen Namens bestehen, der indes nicht lesbar sein muss. Ausreichend ist vielmehr ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender individueller Schriftzug, der einmalig ist, entsprechende charakteristische Merkmale aufweist und sich als Unterschrift eines Namens darstellt. Dabei muss ein Mindestmaß an Ähnlichkeit in dem Sinne bestehen, dass ein Dritter, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, ihn aus dem Schriftbild noch herauslesen kann. Der unter dem Schreiben händisch angebrachte – in seiner Länge dem vollen (Nach-)Namen des Verteidigers entsprechende und deutlich individuelle Züge aufweisende – Zusatz genügt – noch – den Anforderungen an eine Unterzeichnung im Sinne der Vorschrift. Dies gilt auch im Lichte des seitens des BGH formulierten Erfordernisses einer Herauslesbarkeit jedenfalls einzelner Buchstaben (vgl. dazu BGH NJW 1974, 1090; 1982, 1467). Diese Anforderung steht im Kontext der Frage nach einer einwandfreien Einordnung des einzelnen Gebildes als Schrift und zwar in Abgrenzung zu sonstigen Zeichen oder geometrischen Formen. Der hier angebrachte händische Zusatz lässt, wenngleich die konkrete Zuordnung zu den einzelnen Buchstaben des Namens des Verteidigers nicht möglich ist, sich in seiner Gesamtheit doch mit ausreichender Sicherheit als Schrift erkennen. Während der mittlere Teil zwar im Wesentlichen aus Gebilden besteht, die Schwungübungen bei Erlernen der Schreibschrift ähneln, kann dem Beginn und Ende doch die Qualität flüssig zu Papier gebrachter Buchstaben zugeschrieben werden.

Zum Richter führt das OLG aus:

„a) Der erkennende Richter hat das von ihm verfasste schriftliche Urteil zu unterschreiben. Hierzu ist ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender individueller Schriftzug erforderlich, der sich nicht nur als Namenskürzel (Paraphe) darstellt, sondern charakteristische Merkmale einer Unterschrift mit vollem Namen aufweist und die Nachahmung durch einen Dritten zumindest erschwert (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. nur SenE v. 13.2.1990 – Ss 38/90; SenE v. 23.2.2001 – Ss 47/01 B; SenE v. 7.12.2004 – 8 Ss 427/04; SenE v. 3.7.2007 – 81 Ss OWi 45/07). Dazu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Schriftgebildes; ausreichend ist vielmehr, dass jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen Unterschrift kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann (ständige Senatsrechtsprechung, zuletzt SenE v. 17.11.2017 – 111-1 RVs 276/17; SenE v. 11.1.2013 – 111-1 RVs 1/13; SenE v. 28.10.2014 – 111-1 RVs 199/14; SenE v. 17.10.2017 – 111-1 RVs 237/17; vgl. auch Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., Einl. Rn 129 m.w.N.). Insoweit gelten obige Ausführungen zur Unterschrift.

Ob ein Schriftzug eine Unterschrift oder lediglich eine Abkürzung darstellt, beurteilt sich dabei nach dem äußeren Erscheinungsbild (SenE v. 23.2.2001 – Ss 47/01 B; OLG Düsseldorf NStZ-RR 2000, 371 = VRS 99, 438; OLG Düsseldorf JMinBI NW 2002, 54 [55]).

b) Eine diesen Anforderungen genügende Unterschrift weist das angefochtene Urteil nicht auf, wobei es auf die Frage, ob sich der unter dem Urteil händisch angebrachte Zusatz als Schrift erkennen lässt, nicht mehr ankommt. Denn jedenfalls – und insoweit abweichend von den obigen Ausführungen zur Unterschriftsleistung des Verteidigers – vermag der Senat das Gebilde, welches aus einem Strich nach unten, einer Schlaufe und einem Strich nach oben besteht, nicht als Wiedergabe des vollen Namens anzusehen, sondern allenfalls als Namenskürzel (Paraphe).“