OWi III: Die Urteilsunterschrift des Richters, oder: Wenn das OLG rätselt, wer wohl unterschrieben hat

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Und dann zum Schluss des Tages hier noch der OLG Hamm, Beschl. v. 11.05.2021 – 4 RBs 124/21, der mal wieder zu den Anforderungen an eine richterliche Unterschrift unter einem schriftlichen Urteil (§ 275 Abs. 2 Satz 1 StPO) Stellung nehmen musste.

Hier hatte die Amtsrichterin in einem Bußgeldverfahren zwar das Urteil unterschrieben, aber so ganz viel Mühe hatte sie sich damit nicht gemacht. Jedenfalls hat dem OLG ihr“Unterschrift“ nicht gereicht mit der Folge, dass das Urteil aufgehoben worden ist:

„1. Das angefochtene Urteil weist einen auf die Sachrüge hin beachtlichen, durchgreifenden Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten auf, weil es keine den Anforderungen des § 275 Abs. 2 S. 1 StPO i.V.m. § 71 OWiG genügende Unterschrift der erkennenden Richterin enthält und es damit an einer Prüfungsgrundlage für die Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht fehlt.

Gegenstand der rechtsbeschwerdegerichtlichen Überprüfung in sachlich-rechtlicher Hinsicht sind allein die schriftlichen Entscheidungsgründe, wie sie sich aus der gemäß § 275 StPO mit der Unterschrift des Richters zu den Akten gebrachten Urteilsurkunde ergeben. Das Fehlen einer individualisierbaren richterlichen Unterschrift ist hierbei – abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall des Fehlens nur einer richterlichen Unterschrift bei der Entscheidung durch ein Kollegialgericht – dem völligen Fehlen der Urteilsgründe gleichzustellen und führt bereits auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils, wenn nach Ablauf der Frist des § 275 Abs. 1 S. 2 StPO die Unterschrift auch nicht mehr nachgeholt werden kann.

So liegt der Fall hier, da die Unterzeichnung des vorliegend angefochtenen Urteils nicht den Anforderungen genügt, die von der Rechtsprechung an eine Unterschrift gestellt werden.

Der erkennende Richter hat das von ihm verfasste schriftliche Urteil zu unterschreiben (§ 275 Abs. 2 S. 1 StPO), was einen die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden individuellen Schriftzug erfordert, der sich nicht nur als Namenskürzel (Paraphe) darstellt, sondern charakteristische Merkmale einer Unterschrift mit vollem Namen aufweist und die Nachahmung durch einen Dritten zumindest erschwert. Dazu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Schriftgebildes; ausreichend ist vielmehr, dass jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen Unterschrift kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann. Das setzt allerdings voraus, dass mindestens einzelne Buchstaben zu erkennen sind, weil es sonst am Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt. Diese Grenze individueller Charakteristik ist insbesondere bei der Verwendung bloßer geometrischer Formen oder einfacher (gerader oder nahezu gerader) Linien eindeutig überschritten, die in keinem erkennbaren Bezug zu den Buchstaben des Namens stehen (st. höchstrichterliche und obergerichtliche Rspr., vgl. nur: OLG Hamm, Beschl. v. 20.12.2016 – III-1 RVs 94/16 – juris m.w.N.).

Das vorliegende Urteil weist am Ende ein händisches Zeichen auf, welches etwa einer im 45 Grad-Winkel nach links unten zeigenden Pfeilspitze ähnelt. Wenn man überhaupt in dieses Zeichen Buchstaben hineininterpretieren wollte, so könnte es sich um ein gekipptes „V“ als Großbuchstabe, ein gekipptes „L“ als Großbuchstabe oder ein „C“ als Großbuchstabe handeln. „V“ und „C“ kommen überhaupt nicht imn Namen der im Rubrum genannten Richterin vor, ein „L“ jedenfalls nicht am Namensanfang als Großbuchstabe. Jemand, der den Namen der erkennenden Richterin kennt, kann aus dem Zeichen weder den Namen noch einzelne zum Namen gehörende Buchstaben herauslesen.“

Etwas mehr Sorgfalt auch an der Stelle ……

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert