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Diebstahl/Unterschlagung: Spätere Realisierung der Zueignungsabsicht

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Das Urt. des BGH v. 01.03. 2012 – 3 StR 434/11 wird man sicherlich mal im Examen „besprechen“ können. Nicht wegen der Beweiswürdigungsfragen, sondern der vom BGH angesprochenen Problematik Diebstahl/Unterschlagung.

„Für diese Konstellation musste sich das Landgericht indessen mit der Frage befassen, ob sich nicht jedenfalls mit dem Verlassen des Marktes ein Zueignungswille der Angeklagten realisierte und damit deren Strafbarkeit wegen (versuchten) Diebstahls oder zumindest wegen (versuchter) Unterschlagung (§ 246 Abs. 1 und 3 StGB) begründet wurde. Denn es kam durchaus in Betracht, dass die Angeklagte aufgrund ihrer Erkrankung die Waren zunächst zwar in dem vorrangigen Bestreben an sich genommen haben mochte, sich durch das Entdecktwerden seelische Entspannung zu verschaffen, und damit zu diesem Zeitpunkt ohne die erforderliche Absicht der Zueignung handelte, indessen im Falle der Nichtentdeckung die Waren für sich behalten wollte und auch behielt. Hierfür spricht insbesondere, dass die Angeklagte jedenfalls keine augenfälligen Bemühungen unternahm, ihre Entdeckung durch das Ladenpersonal zu bewirken, und auch keine Umstände festgestellt sind, die darauf hin-deuten, die Angeklagte habe nach Verlassen der Märkte die Waren außerhalb zurücklassen wollen, damit sie wieder zurückgeführt werden konnten.

Die im Ausgangspunkt zutreffende Erwägung des Landgerichts, der Täter, der fremde bewegliche Sachen wegnehme, um sodann gestellt zu werden und sie sogleich wieder an den Eigentümer zurückgelangen zu lassen, handele ohne die für einen vollendeten oder versuchten Diebstahl erforderliche Zueignungsabsicht (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 1968 – 4 StR 398/68, GA 1969, 306, 307; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 242 Rn. 41 a.E.), greift daher zu kurz. Es hätte sich vielmehr auch mit der Möglichkeit einer späteren Realisierung der Zueignungsabsicht der Angeklagten auseinandersetzen müssen. Diese konnte im Falle noch nicht vollendeter Wegnahme der Waren im Zeitpunkt des Verlassens des jeweiligen Marktes (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 – 3 StR 182/08, BGHR StGB § 242 Abs. 1 Wegnahme 12) zur Strafbarkeit der Angeklagten wegen (versuchten) Diebstahls führen. War die Wegnahme bereits vollendet, so konnte sich durch das Verlassen des Marktes mit den unbezahlten Waren der Zueignungswille der Angeklagten manifestieren, womit eine Strafbarkeit wegen (versuchter) Unterschlagung in Betracht kam.“

(Kostenfreies) Selbstbedienungstanken – Unterschlagung – Betrug – Diebstahl – was ist es?

Das LG hatte den Angeklagten,wegen Unterschlagung beim Selbstbedienungstanken verurteilt. Der Angeklagte hatte „seinen Pkw in allen diesen Fällen mit amtlichen Kennzeichen versehen, die er zuvor entwendet hatte, „damit er unerkannt ohne zu bezahlen tanken konnte“. Entsprechend dieser Absicht hat er anschließend in sechs Fällen getankt, wobei die Strafkammer zum ersten dieser Fälle (Tat 3) ausdrücklich mitteilt, dass nicht festgestellt werden konnte, ob die in der Tankstelle allein anwesende Kassiererin „den Vorgang bemerkt hat“.

Der BGH, Beschl. v. 10.01.2012 – 4 StR 632/11 sagt: Ist das Bestreben des Täters beim sog. Selbstbedienungstanken von Anfang an darauf gerichtet, das Benzin an sich zu bringen, ohne den Kaufpreis zu entrichten, so macht er sich grundsätzlich nicht des Diebstahls oder der Unterschlagung, sondern des (versuchten) Betruges schuldig.

Hilfe beim Verkauf eines fremden Pkw im Ausland – was ist das?

Der Angeklagte und ein anderweitig verfolgter E. D. vereinbaren, sich künftig durch illegale Autogeschäfte Geld zu verschaffen. Sie wollten Leasingfahrzeuge nach Absprache mit den Leasingnehmern, die für ihre Mitwirkung entlohnt werden sollten, über Deutschland nach Nordafrika verbringen und dort verkaufen; die Leasingnehmer sollten die Fahrzeuge sodann als gestohlen melden. E. D., der in Italien lebte, sollte dort die entsprechenden Fahrzeuge besorgen; Aufgabe des Angeklagten sollte sein, zur Verschleierung der Kraftfahrzeugverschiebungen in Deutschland Ausfuhr- bzw. Kurzzeitkennzeichen und Fahrer für die Überführungsfahrten zu besorgen. Abweichend von diesem Plan wurden die Fahrzeuge in einem Fall nicht allein von E. D. beschafft, vielmehr verhandelten der Angeklagte und E. D. in Mailand gemeinsam mit den Leasingnehmern und besorgten anschließend auch das Geld. Der Angeklagte teilte den von ihm aus Deutschland mitgebrachten Fahrern vor der Rückfahrt mit, dass E. D. und er die Fahrzeuge gekauft hätten. In einem weiteren Fall erfuhr der Angeklagte in Deutschland, dass der Zeuge S. sein fremdfinanziertes und im Sicherungseigentum der Bank stehendes Kraftfahrzeug ins Ausland verkaufen und dann als gestohlen melden wollte. Er übernahm das Fahrzeug von dem Zeugen gegen Teilzahlung des vereinbarten Entgelts und ließ es zusammen mit weiteren, von E. D. beschafften Fahrzeugen nach Marokko bringen, wo es veräußert wurde. Das LG verurteilt wegen gewersbmäßiger Hehlerei.

Passt das?

Der BGH, Beschl. v. 14.04.2011 – 4 StR 112/11 sagt: Nein: Bei der Hehlerei (§ 259 StGB) müsse die gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat zum Zeitpunkt des abgeleiteten Erwerbs abgeschlossen sein. Hehlerei liege nicht vor, wenn die Vortat erst durch die Verfügung zu Gunsten des „Hehlers“ begangen werde. Bei einer Vermittlungstätigkeit zum Verkauf eines fremdfinanzierten und im Sicherungseigentum der Bank stehenden Kraftfahrzeugs ins Ausland komme daher keine Beihilfe zur Hehlerei, sondern Beihilfe zur Unterschlagung (§ 248 StGB) in Betracht.

Na, der hat uns geärgert, dem zeigen wir es…

haben sich offenbar zwei Rechtsanwälte(?)/als Arbeitgeber gedacht und einem Arbeitnehmer auch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Lohnsteuerkarten für zwei zurückliegende Jahre sowie diverse Unterlagen, welche die Mandanten zur Wahrnehmung von deren Interessen zur Verfügung gestellt hatten, diesen nicht wieder zurückgegeben.

Anlass für das Zurückhalten der Lohnsteuerkarten bzw. der Unterlagen war jeweils eine Verärgerung über das Verhalten des Angestellten bzw. der Mandanten. Die beiden war dafür vom LG wegen Unterschlagung verurteilt worden. Der BGH hat das im Beschl. v. 15.07.2010 – 4 StR 164/10 beanstandet und ausgeführt, dass das Zurückhalten von Mandantenunterlagen wegen einer Verärgerung über das Verhalten der Mandanten nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Unterschlagung erfüllt. Allein dem Unterlassen der Rückgabe lasse sich eine Zueignung nicht entnehmen, insbesondere wenn dies geschehe, um den Eigentümer beziehungsweise Gewahrsamsinhaber zu ärgern. In diesem Fall komme jedoch eine Strafbarkeit wegen Urkundenunterdrückung in Betracht. Die hierfür erforderliche Nachteilszufügungsabsicht werde zwar nicht durch die Vereitelung des staatlichen Strafanspruchs begründet, da insoweit „kein anderer“ benachteiligt werde, eine Strafbarkeit könne aber darin begründet liegen, dass dem Mandanten im Ermittlungsverfahren ein Nachteil zugefügt werden sollte.

Sachverhalt der Entscheidung ist leider etwas knapp, so dass man zu den Auswirkungen der Entscheidung nicht so richtig etwas sagen kann.

Schnell ist ein Mobiltelefon geklaut… und das kann günstig sein

Der BGH hat in seinem Beschl. v. 06.07.2010 – 3 StR 180/10 zu einer in der Praxis sicherlich häufiger anzutreffenden Frage Stellung genommen, nämlich dazu, wann bei „handlichen Gegenständen“, wie z.B. einem Mobiltelfon der Gewahrsam des Eigentümers gebrochen und eigener Gewahrsam begründet ist.

Der BGH sagt:

Bei handlichen und leicht zu bewegenden Gegenständen genügt hierfür ein bloßes Ergreifen und Festhalten jedenfalls dann, wenn der Berechtigte seine ungehinderte Verfügungsgewalt nur noch gegen den Willen des Täters und unter Anwendung von körperlicher Gewalt wiederherstellen könnte (BGH NStZ 2008, 624, 625 mwN). Nach diesen Maßstäben war die Wegnahme bereits vollendet, als der Angeklagte dem Zeugen das Mobiltelefon aus der Hand nahm, denn um die ungehinderte eigene Verfügungsgewalt wiederzuerlangen hätte der Zeuge es ihm gegen dessen Widerstand entwinden müssen. Der Wille des Angeklagten, den Zugriff des Zeugen hierauf auszuschließen, ergibt sich schon daraus, dass ihm der Sachentzug als Mittel zur Durchsetzung seiner unberechtigten Geldforderung dienen sollte.“

Im entschiedenen Fall hat das dem Angeklagten geholfen, denn damit schied eine Verurteilung wegen räuberischen Diebstahls aus, da die Zueignungsabsicht erst gefasst wurde, nachdem bereits Gewahrsam begründet war. Damit blieb dann nur Unterschlagung und Nötigung. Das macht bei der Strafe dann sicherlich/hoffentlich einen Unterschied.