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Nicht weniger als beantragt – Pflichtverteidigerbestellung auf Antrag der StA

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M.E. gilt für den LG Hamburg, Beschl. v. 31.07.2013 – 619 Ws 20/13: In der Kürze liegt die Würze, der Kollege, der ihn mir übersandt hat, fragt sich/mich allerdings: „uninteressante Selbstverständlichkeit“. Nun, m.E. nicht, sondern schon ganz interessant:

Die Staatsanwaltschaft hat mit Anklageerhebung die Beiordnung des Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger nach § 140 Abs. 2 StPO beantragt. Das Amtsgericht ordnet ihn nur formularmäßig nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO „für die Dauer der Untersuchungshaft“ bei. Dagegen dann die erfolgreiche Beschwerde zum LG:

„Rechtsanwalt Dr. Tachau war ohne die Einschränkung „für die Dauer der Untersuchungshaft“ beizuordnen. Beantragt die Staatsanwaltschaft nach Abschluss der Ermittlungen die Beiordnung eines Verteidigers, so hat das Gericht diesem Antrag zu entsprechen, § 141 Abs. 3 Nr. 3 StPO. Vorliegend hat die Staatsanwaltschaft Hamburg nach Abschluss der Ermittlungen den Antrag gestellt, Rechtsanwalt Dr. Tachau als Pflichtverteidiger beizuordnen und ihren Antrag nicht auf eine Beiordnung für die Dauer der Untersuchungshaft beschränkt.“

Also: Nicht weniger als beantragt

 

Belehrungspflicht bei der Vernehmung – wie weit geht sie?

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In der Rechtsprechung des BGH finden sich immer wieder Entscheidungen, die sich mit der Belehrungspflicht der Polizeibeamten bei einer (ersten) Vernehmung des Beschuldigten befassen. So z.B. der BGH, Beschl. v. 10.01.2013 – 1 StR 560/12.

Nach dem Sachverhalt war die Angeklagte nach ihrer Festnahme durch einen Polizeibeamten gemäß § 163a Abs. 4, § 136 Abs. 1 StPO belehrt worden. Sie hatte darum gebeten, mit einer von ihr namentlich genannten Verteidigerin sprechen zu können; dieselbe Verteidigerin benannte nach Belehrung auch der mitbeschuldigte Ehemann der Angeklagten. Nachdem vergeblich versucht worden war, die Verteidigerin telefonisch zu erreichen, hatten die Angeklagte und ihr Ehemann unabhängig von-einander von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Nachdem die Verteidigerin sich auch bis zum Mittag desselben Tages nicht zurückgemeldet hatte, unternahm der Polizeibeamte J. einen weiteren Vernehmungsversuch, bei dem er die Angeklagte erneut gemäß § 163a StPO belehrte. Die Angeklagte ließ sich nunmehr zur Sache ein. In der Hauptverhandlung sagte der Zeuge J. zum Inhalt der Einlassung aus.

Die Revision der Angeklagten hat ein Verwertungsverbot geltend gemacht, weil der Zeuge die Angeklagte in der (zweiten) Belehrung weder ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass die Verteidigerin noch nicht erreicht worden sei, noch dass sie nicht dieselbe Verteidigerin wie ihr Ehemann wählen könne; der Zeuge habe es deshalb versäumt, der Angeklagten die Gelegenheit zur Wahl eines anderen Verteidigers zu geben.

Der 1. Strafsenat hat ein Verwertungsverbot verneint:

„Das Vorbringen lässt nicht erkennen, dass die Angeklagte durch den unterbliebenen Hinweis auf den bis dahin fehlgeschlagenen Kontaktversuch zu der Verteidigerin in ihrem Recht auf Verteidigerkonsultation beeinträchtigt worden ist. Die Angeklagte war über dieses Recht am Beginn beider Vernehmungen belehrt worden; ihren zunächst geäußerten Wunsch auf Verteidigerkonsultation vor der Vernehmung hatten die Beamten respektiert (vgl. demgegenüber BGH, Urteil vom 29. Oktober 1992 – 4 StR 126/92, BGHSt 38, 372, 374). Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte nach der zu Beginn der zweiten Vernehmung erfolgten erneuten Belehrung keine frei verantwortliche Entscheidung über die Ausübung ihres Schweigerechts hätte treffen können (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. Mai 1996 – 1 StR 154/96, BGHSt 42, 170), sind nicht ersichtlich. Unbeschadet der Frage, ob nach den Umständen des Einzelfalls eine darüber hinausgehende Hilfestellung bei der Verteidigersuche überhaupt noch erforder-lich gewesen wäre (zu einem solchen Fall vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1996 – 5 StR 756/94, BGHSt 42, 15, 19; vgl. auch BGH, Beschluss vom 5. Februar 2002 – 5 StR 588/01, BGHSt 47, 233, 234), hatten sich die Beamten jedenfalls aktiv und ernstlich um die Kontaktaufnahme zu der von der Angeklagten gewählten Verteidigerin bemüht.

Auch ein besonderer Hinweis an die Angeklagte, dass sie und ihr Ehemann um Kontaktaufnahme mit derselben Verteidigerin gebeten hatten, war nicht erforderlich. Eine Mehrfachverteidigung lag bereits objektiv nicht vor, weil die Verteidigerin im Zeitpunkt der zweiten polizeilichen Vernehmung der Angeklagten noch kein konkurrierendes Mandat übernommen hatte. Das Verbot ist zudem – worauf bereits der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat – an ein förmliches gerichtliches Zurückweisungsverfahren (§ 146a Abs. 1 StPO) geknüpft. Die Annahme eines Verwertungsverbotes lag dabei schon wegen der weiteren Wirksamkeit der bis zur Zurückweisung vorgenommenen Handlungen des Verteidigers (§ 146a Abs. 2 StPO) fern.“

Also: So weit, wie hier von der Revision reklamiert geht die Belehrungspflicht nach der Rechtsprechung des BGH nicht.

 

Danke OLG Naumburg – erste OLG-Entscheidung zum Umfang der Akteneinsicht im Bußgeldverfahren – Teil 2

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Urlaub ist ja ganz schön, aber manchmal denkt man während des Urlaubs: Musste man gerade jetzt fahren? So ist es mir gegangen, als mir der Kollegen Gregor aus Aken den OLG Naumburg, Beschl. v. 05.11.2012 – 2 Ss (Bz) 100/12 – in der vergangenen Woche voll Freude und Stolz übersandt hat. Als ich ihn gelesen hatte, was auf den kleinen Bildschirmen immer ein wenig mühsam ist – habe ich gedacht: Da hast du nun einen schönen – in gewisser Weise bahnbrechenden – Beschluss und sitzt mitten im Atlantik, so dass du dazu nicht bloggen kannst. Aber das hole ich nun schnell nach und kann es nun sogar mit dem Hinweis auf den Cierniak-Beitrag aus zfs 12/2012 verbinden. Beides passt mehr als gut zusammen.

Das OLG Naumburg nimmt in seinem Beschluss v. 05.11.2012 als erstes OLG in der Sache zum Umfang der Akteneinsicht im Bußgeldverfahren Stellung, mogelt sich also an den Fragen nicht über die formelle Schiene des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO vorbei, wie in meinen Augen  der OLG Hamm, Beschl. v.03.09.2012 – III 3 RBs 235/12 und der OLG-Bamberg, Beschl. v. 19.10.2012 – 2 Ss OWi 1351/12. Das OLG Naumburg führt aus:

Die Rechtsbeschwerde hat mit der Verfahrensrüge Erfolg. Die Betroffene hat in ihrer Rechtsbeschwerde eine Versagung des rechtlichen Gehörs dargelegt (§ 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung und Verweisung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts. Der Senat will hiermit — entgegen seiner sonstigen Praxis — vermeiden, dass derselbe Amtsrichter noch einmal mit der Sache befasst ist (§ 79 Abs. 3, Abs. 6 OWiG i. V. m. § 354 Abs. 2 StPO).

Das Amtsgericht hat die Verteidigung der Betroffenen durch die Nichtbescheidung des Antrages des Verteidigers auf Aussetzung des Verfahrens (§ 228 Abs. 1 StPO) in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt unzulässig beschränkt (§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG 1. V. m. § 338 Nr. 8 StPO) und hiermit gleichzeitig das Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 6 Abs. 1 EMRK verletzt.

Der Verteidiger der Betroffenen hat in der mündlichen Verhandlung einen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gestellt, den er mit einer vorherigen unzureichenden Gewährung von Akteneinsicht (§ 147 Abs. 1 StPO) begründet hat. So sei ihm insbesondere keine ausreichende Einsicht in die Bedienungsanleitung des Geschwindigkeitsmessgerätes gewährt worden. Diesen Antrag hat der Richter im Bußgeldverfahren vor Urteilsverkündung nicht beschieden, was beim Einzelrichter einer Ablehnung durch Gerichtsbeschluss gleichzustellen ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Auflage 2012, § 229 Rdn. 17 mit Hinweis auf § 338 Rdn. 60).

Die Betroffene hat mit ihrer Rechtsbeschwerdebegründung im Weiteren dargelegt, dass ihrem Verteidiger im gerichtlichen Verfahren (und auch im Verwaltungsverfahren vor der Bußgeldbehörde) keine ausreichende Einsicht in die Bedienungsanleitung des Geschwindigkeitsmessgerätes gewährt worden ist. Das Amtsgericht führt hierzu im Urteil aus: „Der Verteidiger hat im Bußgeldverfahren keinen Anspruch auf Einsicht in die Bedienungsanleitung (Amtsgericht Detmold, Beschluss vom 04.02.2012, Az.: 4 OWi 989/11). Die zahlreichen von dem Verteidiger dem Messbeamten gestellten Fragen zeigen im Übrigen, dass die Stellung sachgerechter Fragen auch ohne Kenntnis der Bedienungsanleitung möglich ist.“

Dies ist nicht frei von Rechtsfehlern. Der Verteidiger hat im Rahmen eines Bußgeldverfahrens, das eine Geschwindigkeitsüberschreitung zum Gegenstand hat, das Recht auf Akteneinsicht in alle Unterlagen, die auch dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt werden (vgl. LG Ellwangen, Beschl. v. 14.12.2009 — 1 Qs 166/09 —; AG Gelnhausen, Beschl. v. 14.09.2012 — 44 OWi 2945 Js 1351/10; AG Verden, Beschl. v. 23.08.2010 — 9 b OWi 764/10 — jeweils zitiert nach juris; eine Rechtsprechungsübersicht findet sich in Burhoff, Dauerbrenner: (Akten-)Einsicht in Messunterlagen im OWi-Verfahren in VRR, 250 f.). Dies folgt schon aus dem Gesichtspunkt der Gewährleistung eines fairen Verfahrens (Art. 6 EMRK), der Stellung des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der der Rechtspflege (§ 1 BRAO) und dem Grundsatz der Aktenvollständigkeit (vgl. LG Ellwangen, VRR 2011, 117). Nur wenn dem Verteidiger alle Unterlagen zur Verfügung stehen, die auch dem Sachverständigen zugänglich sind, ist es ihm möglich, das Sachverständigengutachten auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Darüber hinaus wäre ohne Akteneinsicht im geschilderten Umfang zwischen Betroffenem und der Ermittlungsbehörde keine Waffengleichheit gegeben, wenn die Ermittlungsbehörde einen Wissensvorsprung dadurch erlangt, dass sie maßgebliche Unterlagen zurückhält und dem Betroffenen deren Kenntnisnahme verweigert. Es ist nicht ausreichend, den Verteidiger auf allgemein zugängliche Sekundärliteratur zu verweisen, in denen die Funktions- und Bedienweise von Geschwindigkeitsmessgeräten erklärt wird.

Die Betroffene hat durch die Rechtsbeschwerdebegründung im Weiteren hinreichend dargelegt, dass durch die nicht vollständig gewährte Akteneinsicht ihr Recht auf Verteidigung in unzulässiger Weise beschränkt worden ist (§ 338 Nr. 8 StPO).

Ihr Verteidiger führt hierzu zutreffend in der Rechtsbeschwerdebegründung aus: „Wenn das Gericht in seiner Urteilsbegründung ausführt, dass „die Stellung sachgerechter Fragen auch ohne Kenntnis der Bedienungsanleitung möglich ist“, verkennt es, dass der Verteidiger und die Betroffene ohne Kenntnis der Bedienungsanleitung zum einen nicht überprüfen können, ob und inwieweit die Beantwortung zur Bedienungsanleitung und den technischen Grundlagen des Messgerätes gestellter Fragen zutreffend erfolgte. Zum anderen ergeben sich aus dem Inhalt der Bedienungsanleitung auch erst Fragen und Probleme, die es in der Hauptverhandlung oder ggf. durch ein Sachverständigengutachten zu klären gilt, von denen aber weder Verteidiger noch Beteiligter ohne gewährte Einsicht Kenntnis haben.“

Dem ist m.E. nichts mehr hinzuzufügen, na ja: „fast nichts mehr“, außer: Es handelt sich um den ersten OLG-Beschluss, der zu der Problematik in der Sache Stellung nimmt. Mit ihm werden sich die anderen OLG und die AG auseinander setzen müssen – und damit ggf. die Sache nun zum BGH tragen, der die Fragen dann vielleicht endgültig klärt. Also Fazit: Ein schöner, wenn nicht bahnbrechender, dann aber zumindest bedeutsamer Beschluss.

Und: Der Kollege hatte mir bei der Übersendung des Beschlusses mitgeteilt, dass er auf den Beschluss stolz sei und ihm unser Beitrag imVRR 2011, 250 eine Hilfe gewesen sei (vgl. auch noch VRR 2012, 130). Stolz darf er in meinen Augen sein, da er den ersten „richtigen OLG-Beschluss“ in der Frage erstritten hat. Stolz sind wir vom VRR auch – zumindest ein wenig -, nämlich darauf, dass wir haben Hilfestellung geben können (und das OLG Naumburg den Beitrag zumindest wegen der Nachweise erwähnt ;-)). Und das OLG Naumburg wird ebenfalls stolz sein. Hat es doch als erstes OLG die Akteneinsichtsfragen entschieden, und zwar ohne Hilfe aus Karlsruhe = wohl ohne Kenntnis des Cierniaks-Beitrag. Auch ohne diesen sind die Ampeln auch hier auf „grün“ gestellt.

Danke Herr Cierniak – Akteneinsicht im Bußgeldverfahren Teil I

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Nach meiner Rückkehr aus dem Kurzurlaub habe ich am Samstag in meinem Email-Postfach den Hinweis auf den Beitrag von RiBGH Jürgen Cierniak aus dem zfs-Dezember-Heft 12/2012 – zfs 2012, 664 – „Prozessuale Anforderungen an den Nachweis von Verkehrsverstößen“ gefunden, den die zfs-redaktion vorab schon kostenlos ins Internet eingestellt hat. Auf diesen Beitrag will/muss ich wegen seiner Bedeutung auch hier noch einmal hinweisen, obwohl das bereits an anderen Stelle geschehen ist, vgl. hier die beiden „Revolutions-Beiträge“ des Kollegen Sydow ( hier Teil 1 und hier Teil 2) und auch den Lesetipp des Beck-Blog. Als ich den Beitrag dann gelesen habe, sind mir die Augen vor Freude über gegangen und diese Freude habe ich Herrn Cierniak inzwischen auch selbst mitgeteilt. Der Einfachheit halber zitiere ich aus dem Schreiben, und zwar wie folgt:

„Erfreut bin ich zunächst über die von Ihnen in dem Beitrag und in dem ihm zugrunde liegenden Vortrag auf den Homburger Tagen vertretenen Positionen, die sich weitgehend mit meinen Auffassungen decken. Es ist schön, nun eine so gewichtige Stimme als Beleg für die eigene Ansicht anführen zu können. M.E. werden die OLG und die AG in der nächsten Zeit einiges zu tun haben, um sich mit den von Ihnen aufgeworfenen Fragen und Richtigstellungen auseinanderzusetzen.

Besonders gefreut haben mich Ihre Passagen zum Akteneinsichtsrecht und zur Akteneinsicht im Bußgeldverfahren. Auch hier wird m.E. an manchen Stellen ein Umdenken beginnen müssen. Ich hoffe, dass viele Amtsrichter Ihre Ausführungen lesen und beherzigen. Und auch an dieser Stelle ist es schön, nun eine so gewichtige Stimme als Beleg für die eigene Ansicht anführen zu können und nicht mehr das Gefühl zu haben, der einsame Rufer in der Wüste zu sein. Und wenn man dann noch liest, dass das eigene Argument – zum Urheberecht und zu § 45 UrhG – einen BGH-Richter überzeugt hat, fragt man sich: Was will man mehr?

Meine Freude verbinde ich zugleich mit einem herzlichen „Danke-schön“ dafür, dass Sie nicht nur das von mir herausgegebene OWi-Handbuch erwähnen/zitieren, sondern auch meinen Beitrag im VRR und die vielen Entscheidungen, die wir im VRR und bei uns im Blog auf Jurion-Strafrecht bzw. ich auf meiner Homepage veröffentlicht haben. Das ist leider nicht selbstverständlich. In der letzten Zeit hat es nämlich ein paar Veröffentlichungen bzw. Gerichtsentscheidungen gegeben, die die eingestellten Entscheidungen zwar erwähnt, den Veröffentlichungsort aber „unterschlagen“ haben. Das schmerzt einen Schriftleiter oder Autor dann schon und man fragt sich: Warum? Manchmal kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass das auch mit meinem „Lagerwechsel“ zu tun hat. Aber, was soll es? Das wird durch Ihren Beitrag jetzt aufgewogen.“

Fazit aus allem: Unbedingt lesen, ausdrucken und die Argumente anführen. Ich bin gespannt, wie die AG damit umgehen werden, m.E. steht die Ampel für die Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung jetzt auf „dunkel-grün“. Sicherlich wird es auch Kritik an den von Herrn Cierniak vertretenen Positionen geben (die erste liegt im Beck-Blog bereits vor); damit ist auf jeden Fall zu rechnen. Und man darf auch nicht verkennen, dass es nicht „der BGH“ war, der sich da geäußert hat. Aber immerhin ein „Richter am BGH“ und damit eine gewichtige Stimme.

Letzter Hinweis: Zu der Problematik habe ich eine „schöne“ OLG-Entscheidung, auf die ich nachher zurückkomme. Ebenso lesenswert wie der Cierniak-Beitrag. Also: Dran bleiben.

Ergänzung: vgl. dazu dann jetzt hier.

 

Kreativ gedacht – aber so geht es nicht mit der Kostengrundentscheidung

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Ich hatte gestern bereits wegen der mit dem Entstehen des Haftzuschlags zusammenhängenden Fragen über den OLG Nürnberg, Beschl. v. 22.120.2012 – 1 Ws 422/12 (vgl. hier: Haftzuschlag – Verteidiger muss nichts getan haben). Den Beschluss greife ich wegen der weiteren vom OLG entschiedenen Frage auf.

Nach dem Sachverhalt hatte das OLG offenbar in einer Strafvolstreckungssache einen Beschluss der Strafvollstreckungskammer aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Kosten(grund)entscheidung – offenbar, der Beschluss ist da ein wenig dünn -: „die hierdurch angefallenen Kosten zu Lasten der Staatskasse“. Bei der StVK wird das Verfahren dann fortgesetzt. Aufgrund der Kostenentscheidung macht der Verteidiger dann auch die im weiteren Verfahren bei der StVK nach Zurückverweisung angefallenen Kosten geltend.

Und das geht nicht, worauf das OLG zutreffend verweist:

„2. Die weitergehende sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die Gebühren für das Verfahren vor der auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Regensburg mit dem Sitz in Straubing nach Zurückverweisung können nicht auf Grund der Kostenentscheidung im Senatsbeschluss vom 12.7.2011 (Az.: 1 Ws 295/11) geltend gemacht werden. Das Beschwerdegericht entscheidet nur über Kosten und Auslagen im Beschwerdeverfahren (bzw. über bis dahin angefallene Kosten), nicht auch über weitere, später anfallende Kosten nach Zurückverweisung. Diese Kosten beziehen sich auf ein neues, eigene Gebühren auslösendes Verfahren (vgl. auch Gieg in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl. § 473 Rn. 7). Anderes kann auch nicht der gewählten Formulierung „hierdurch angefallene“ Auslagen entnommen werden, da damit nicht alle späteren in irgendeiner Hinsicht kausalen Auslagen gemeint waren, sondern ersichtlich nur die im Beschwerdeverfahren anfallenden Auslagen.

 Auch aus der von der Beschwerdeführerin zitierten Fundstelle (Herget in Zöller, ZPO, 29. Aufl. § 97 Rn. 15; BGH NJW 1967, 203) folgt nichts anderes. Der dort genannte Fall bezieht sich auf eine Aufhebung und Zurückverweisung im Beschwerdeverfahren, bei welchem das Obsiegen in diesem Beschwerdeverfahren ausschließlich darauf beruhte, dass im Beschwerdeverfahren neues Vorbringen erfolgte, welches bereits im ersten Rechtszug hätte geltend gemacht werden können. So aber liegt der Fall hier nicht.“

Man hätte es auch anders sagen können: Die Kosten nach Zurückverweisung sind in einer neuen Angelegenheit entstanden, für die die Kostengrundentscheidung des OLG keine Wirkung hat. War ja kreativ gedacht vom Verteidiger, aber: Klappt nicht