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Zwei-Drittel sind Zwei-Drittel, oder: Vorverbüßen geht nicht.

© Stefan Rajewski Fotolia .com

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Um den genauen Zeitpunkt einer „Zwei-Drittel-Entlassung“ (§ 57 Abs. 2 StGB) ging es im OLG Saarbrücken, Beschl. v. 21.01.2015 – 1 Ws 8/15. Man sollte meinen, dass es da an sich keine Probelem geben sollte/dürfte. Aber hier wurde um die Auswirkung von so. Freistellungstagen gestritten. Der Verurteilte verbüßte eine mehrjährige Haftstrafe und sollte zum Zwei-Drittel-Termin, der auf den 20.01. 2015 notiert war, auf Bewährung entlassen werden. Während der Haftzeit hatte er insgesamt sechs Freistellungstage gem. § 43 Abs. 6 StVollzG erworben. Die StVK hatte die Vollstreckung des Strafrests zunächst mit Wirkung bereits vom 14.01.2015 zur Bewährung ausgesetzt. Es erging dann aber noch am selben Tag ein weiterer Beschluss, der sich von der ersten Entscheidung lediglich dadurch unterschied, dass der Strafrest mit Wirkung erst vom 20.01.2015 zur Bewährung ausgesetzt wurde. Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat das OLG den ersten Beschluss dahingehend abgeändert, dass der Zeitpunkt der Reststrafenaussetzung auf den 20. 01. 2015 festgesetzt wurde.

Aus der Begründung, wobei ich mal die Frage der Zulässigkeit – Stichwort: Prozessuale Überholung – außen vor lasse:

„Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Die Strafvollstreckungskammer hat mit dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht die Vollstreckung der restlichen Freiheitsstrafe bereits mit Wirkung vom 14.01.2015 statt erst mit Wirkung zum 20.01.2015, dem Erreichen des Zweidrittelzeitpunkts, zur Bewährung ausgesetzt.

a) Da die Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollstreckung des Rests der verhängten Freiheitsstrafe vor Erreichen des Zweidrittelzeitpunkts nach 57 Abs. 2 StGB nicht vorlagen, kam lediglich eine Strafaussetzung zum Zweidrittelzeitpunkt nach § 57 Abs. 1 StGB in Betracht. Hiervon ist auch die Strafvollstreckungskammer in dem angefochtenen Beschluss ausgegangen. Obwohl sie ferner zutreffend angenommen hat, dass der Zweidrittelzeitpunkt im vorliegenden Fall erst am 20.01.2015 erreicht sein wird, hat sie die Vollstreckung der Reststrafe bereits mit Wirkung vom 14.01.2015 zur Bewährung ausgesetzt. Maßgeblich hierfür war offensichtlich, auch wenn die Strafvollstreckungskammer dies in dem angefochtenen Beschluss nicht ausdrücklich zum Ausdruck gebracht hat, der Umstand, dass der Verurteilte ausweislich der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Saarbrücken vom 02.07.2014 (Bl. 56 ff. d. A.) sechs Freistellungstage im Sinne des § 43 Abs. 6 StVollzG erworben hatte.

b) Dies führte indes – was die Strafvollstreckungskammer verkannt hat – nicht zur Vorverlegung des Zweidrittelzeitpunkts. Gemäß 43 Abs. 9 StVollzG wird, wenn der Gefangene von der Möglichkeit, sich nach § 43 Abs. 6 Satz 1 StVollzG oder nach § 43 Abs. 7 Satz 1 StVollzG von der Arbeit freistellen zu lassen, keinen Gebrauch gemacht hat oder ihm die Freistellung gemäß § 43 Abs. 7 Satz 2 StVollzG nicht gewährt werden konnte, die Freistellung durch die Anstalt auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet. § 119 Abs. 3 des am 1. Juni 2013 in Kraft getretenen Saarländischen Strafvollzugsgesetzes (SLStVollzG) bestimmt, dass bei seinem Inkrafttreten bereits erworbene Freistellungstage nach § 43 Abs. 6 StVollzG auf Antrag des Gefangenen auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden können und insoweit § 43 Abs. 9 und Abs. 10 StVollzG in entsprechender Anwendung fortgelten. Die Anrechnung bedeutet, dass die Dauer der Strafverbüßung um die Anzahl der nach § 43 Abs. 6 Satz 1 StVollzG erworbenen Freistellungstage abgekürzt, der Entlassungszeitpunkt also vorverlegt wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. April 2006 – 1 Ws 67/06 – und vom 29. September 2006 – 1 Ws 210/06 -; KG NStZ 2004, 228, 229; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 43 Rdnr. 4). Hierbei handelt es sich um eine Maßnahme des Strafvollzugs, so dass sie keine Auswirkungen auf die Berechnung des Halb- oder Zweidrittel-Strafzeitpunkts im Sinne des § 57 StGB hat (vgl. KG NStZ-RR 2009, 390 f. – Rn. 9 f.; Laubenthal in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl., § 43 Rn. 25). Die Strafvollstreckungskammer hat daher zu Unrecht den errechneten Zweidrittelzeitpunkt um die Anzahl der von dem Verurteilten erworbenen Freistellungstage vorverlegt.“

Also: „Vorarbeiten“ geht, aber nicht „vorverbüßen“.

Adventskalender Tür 3: Heute gibt es Schokolade/€€€€€€

entnommen wikimedia.org Urheber SolLuna - Own work CC BY-SA 3.0

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Heute im Adventskalender mal Gebühren, quasi ein virtuelles Schokoladentäfelchen, jedenfalls eine Entscheidung, in der Musik/€€€€€ stecken. Nämlich der OLG Saarbrücken, Beschl. v. 10.11.2014 – 1 Ws 148/14. Ich wollte ihn erst, als ich ihn von einem Rechtspfleger des OLG übersandt bekommen habe, an die Seite tun. War dann aber „angefixt“ durch die Bemerkung in der Übersendungsmail, dass ich mich über den Beschluss mal „freuen würde“. Und in der Tat: Ich freue mich und die Verteidiger können sich auch freuen.

Denn das OLG setzt in einer der großen Streitfragen des Teil 4 VV RVG neue Rechtsprechung des BGH und das 2. KostRMoG konsequent um. Es geht um die Honorierung der Tätigkeiten des sog. „Terminsvertreters“ des Pflichtverteidigers. Da wird immer noch darum gestritten, welche Gebühren der „Terminsvertreter“ erhält. Nur die Terminsgebühr für den Termin, an dem er teilgenommen hat, oder auch die Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG und ggf. die Verfahrensgebühr. M.E. alles kein Problem. ich bin immer davon ausgegangen, dass Grundgebühr, Terminsgebühr und auch Verfahrensgebühr anfallen. Das sieht die überwiegende Meinung in der OLG-Rechtsprechung aber leider anders und kommt mit unterschiedlichen Begründungen dazu, nur die Terminsgebühr festzusetzen. Anders nun das OLG Saarbrücken: Es zieht aus dem BGH, Urt. v. 13.08.2014 – 2 StR 573/13 (vgl. dazu hier “für Rechtsanwalt…” unterzeichnet – Schriftform gewahrt? Ja, aber!) den richtigen Schluss und lehnt die Möglichkeit einer Vertretung des Pflichtverteidigers ab (habe ich ja immer gesagt 🙂 ) und. Und das OLG wendet konsequent das 2. KostRMoG an und die Änderung in der Nr. 4100 VV RVG – „neben der Verfahrensgebühr“ – und folgert daraus zutreffend: Grundgebühr und Verfahrensgebühr fallen immer nebeneinander an. Das führt dann zu: Grundgebühr, Verfahrensgebühr und Terminsgebühr. Geht doch.

Hier dann „meine“ Leitsätze der Entscheidung:

Der Vergütungsanspruch des Verteidigers, der anstelle des verhinderten Pflichtverteidi­gers für einen Hauptverhandlungstermin als Verteidiger eines Angeklagten bestellt worden ist, beschränkt sich nicht auf die Terminsgebühren, sondern umfasst alle durch die anwaltli­che Tätigkeit im Einzelfall verwirklichten Gebührentatbestände des Teils 4 Abschnitt 1 des Vergütungsverzeichnisses in Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG.

 Dem anstelle des verhinderten Pflichtverteidigers für die Dauer eines Hauptver­handlungstermins oder für einen Teil eines Hauptverhandlungstermins beigeordne­ten weiteren Verteidiger ist für den in der Beiordnung bezeichneten Verfahrensab­schnitt die Verteidigung ohne jede inhaltliche Beschränkung mit sämtlichen Verteidi­gerrechten und -pflichten übertragen. Eine Beiordnung lediglich als Vertreter des be­reits bestellten Pflichtverteidigers dergestalt, dass der Beigeordnete gleichsam als Hilfsperson des eigentlichen Pflichtverteidigers in dessen Beiordnungsverhältnis mit einbezogen wird, kennt die Strafprozessordnung nicht. Durch die Beiordnung als Verteidiger für einen Terminstag oder Teile hiervon an­stelle des verhinderten Pflichtverteidigers wird vielmehr ein eigenständiges, öffent­lich-rechtliches Beiordnungsverhältnis begründet, aufgrund dessen der bestellte Ver­teidiger während der Dauer der Bestellung die Verteidigung des Angeklagten umfas­send und eigenverantwortlich wahrzunehmen hat.

Für die Tätigkeit in einem jeden gerichtlichen Verfah­ren entsteht eine Verfahrensgebühr als Ausgangsgebühr. Durch sie wird bereits die Information als Bestandteil des Betreibens des Geschäfts entgolten. Die daneben entstehende Grundgebühr soll den zusätzlichen Aufwand entgelten, der für die erstmalige Einarbeitung anfällt.

Der Telefonkontakt zum Verteidiger – verwertbar oder nicht?

1896_telephoneDer Kollege Nozar hat mir vor einigen Tagen den OLG Saarbrücken, Beschl. v. 14.04.2014 – 1 Ws 53/14 – übersandt und dabei den Sachverhalt, der letztlich zum Beschluss geführt hat, kurz geschildert, und zwar wie folgt:

Der Kollege verteidigt einen Mandanten in einer Bedrohungssache. Das Verfahren ist gerichtlich anhängig. Der Mandant ruft ihn an und spricht mit ihm. Monate später ergeht gegen den Mandanten ein Haftbefehl wegen Verdacht der gefährlichen Körperverletzung, was nichts mit dem Mandat – Bedrohung zu tun hat. Der Kollege legt weitere (Haft)- Beschwerde ein und erhält nun den OLG, Beschluss, in dem er lesen muss:

Der Beschuldigte gehört dem sog. Rockermilieu an, in dem die besagte Tat sich ereignete. Die polizeiliche Analyse seines Mobiltelefons hat ergeben, dass er dieses entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten im Zeitraum vom ppppp. bis pppppp nicht nutzte und seine letzten telefonischen Kontakte zu seinem jetzigen Verteidiger und dem polizeilichen Erkenntnissen zufolge Präsident des pppppp bestanden, wobei festzuhalten ist, dass Hintergrund der Tat vom pppppp Differenzen zwischen dieser Rockervereinigung und dem pppp gewesen sein sollen (vgl. BI. 15 ff Register TKÜ). Dies lässt den Schluss zu, dass der Beschuldigte, dessen Telefonie auch ansonsten konspirativen Charakter hat, sich unmittelbar nach der Tat — evtl. auf anwaltlichen und „kollegialen“ Rat – in jeder Hinsicht ruhig verhalten wollte bzw. sollte, um seiner Ermittlung als möglicher Täter nicht Vorschub zu leisten.

Der Kollege ist über die Argumentation verwundert und fragt sich, ob es zulässig ist „diesen „Anrufkontakt“ mit dem Verteidiger überhaupt zu speichern bzw. zu verwerten ?“ Denn in dem Zeitpunkt bestand ja bereits ein Mandantsverhältnis aus der Bedrohungssache. Er hält dies für bedenklich, und zwar wegen des BGH, Beschl. v. 18.02.2014 – StB 8/13 (vgl. dazu Das abgehörte Anbahnungsgespräch – eine Entscheidung mit Folgen). Ich meine, er hat Recht. M.E. kann den „Telefonkontakt“ beim Rechtsanwalt/Verteidiger nicht als Indiz zu Lasten des Beschuldigten werten. Dem steht m.E. § 160a StPO entgegen.

Was mich wundert: Das OLG scheint die Problematik gar nicht gesehen zu haben. Jedenfalls findet man dazu nichts im Beschluss.

Ach so: Ich brauche keine Kommentare zur Frage, ob der Haftbefehl nicht auch ohne dieses „Indiz“ aufrechterhalten worden wäre. Darum geht es nicht.

Worauf der Radfahrer beim Einfahren achten muss…

FahrradfahrerFür Radfahrer von Interesse sein dürfte das OLG Saarbrücken, Urt. v. 13?.?02?.?2014? – 4 U ?59?/?13?, das sich zur Sorgfaltspflicht eines Radfahrers beim Einfahren vom Radweg auf die Fahrbahn verhält und eine erhöhte Sorgfaltspflicht des Radfahrers postuliert. Dazu die Leitsätze der Entscheidung:

„1. Fährt ein Radfahrer von einem rechts neben der Fahrbahn verlaufenden Radweg in die Fahrbahn ein, um sogleich nach links abzubiegen, unterliegt dieser Vorgang sowohl den Regeln des Einfahrens gemäß § 10 Satz 1 StVO als auch denjenigen des Abbiegens gemäß § 9 Abs. 1 und 2 StVO.

2. Kommt es in einem solchen Fall zum Zusammenstoß mit einem auf dieser Fahrbahn geradeausfahrenden Pkw, kann das grobe Mitverschulden des Radfahrers gemäß §§ 9 StVG, 254 BGB so weit überwiegen, dass die einfache Betriebsgefahr des Pkw dahinter vollständig zurücktritt.“

 

Überraschung? Nein, und zwar auch nicht bei der Geldauflage

© FotolEdhar - Fotolia.com

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Verständigung, Verständigung, Verständigung (§ 257c StPO) so wird der ein oder andere denken/stöhnen, der derzeit die verfahrensrechtliche Rechtsprechung der Obergerichte auswertet. Auch wir haben in der letzten Zeit immer wieder über Entscheidungen berichtet, die sich mit der Problematik befasst haben (vgl. zuletzt hier die Übersicht bei Verständigung/Absprache – ein Rechtsprechungsmarathon). Neben dem BGH sind es zunehmend auch die OLG, die „Verständigungsfragen entscheiden. Dabei geht es derzeit meist um die Fragen der Belehrung nach/bei einer Verständigung (§ 257c Abs. 5 StPO) und/oder um die Fragen der ausreichenden bzw. nicht ausreichenden Mitteilung gem. § 243 Abs. 2 Satz 2 StPO. Außerhalb dieser Problemkreise liegt nun die Entscheidung des OLG Saarbrücken, die den Focus mal wieder auf inhaltliche Fragen des § 257c StPO richtet, und zwar den OLG Saarbrücken, Beschl. v. 04.10.2013 – 1 Ws 106/13. Der befasst sich mit der Frage, über was im Verständigungsgespräch alles gesprochen werden muss. Und das OLG sagt: Über alles, also auch über eine dass Geldauflagen, die im Fall einer Bewährungsstrafe auf den Angeklagten ggf. zukommen soll. Das hatte man aber bei einem AG nicht getan, dann aber im Bewährungsbeschluss eine Geldauflage von 500 € festgesetzt. Gesetzeswidrig sagt das OLG, zumindest dann, wenn die Geldauflage vorher in keiner Weise im Gespräch war:

„b) Die Anordnung der Geldauflage ist jedenfalls deshalb gesetzwidrig, weil sie unter den hier gegebenen Umständen gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgenden, in Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK normierten Grundsatz des fairen Verfahrens verstößt.

aa) Das Gebot der Verfahrensfairness gebietet es in der Regel, dass dann, wenn – wie hier – das Gericht im Rahmen einer Verständigung nach § 257c StPO die Verhängung einer zur Bewährung auszusetzenden Freiheitsstrafe zusagt, eventuell anzuordnende Bewährungsauflagen bereits im Rahmen des der Verständigung vorausgehenden Rechtsgesprächs angesprochen werden und der Angeklagte nicht erst durch den im Anschluss an die Verkündung des Urteils zu verkündenden Bewährungsbeschluss von einer Bewährungsauflage überrascht wird (vgl. OLG Köln NJW 1999, 373 ff. – Rn. 14, 17 nach juris; Meyer-Goßner, a. a. O., § 257 Rn. 12; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 56b Rn. 10; LK-Hubrach, StGB, 12. Aufl., § 56b Rn. 30; SK-StPO/Frisch, a. a. O.).

bb) Dass – wie in dem vom Oberlandesgericht Köln (a. a. O.) entschiedenen Fall – der Bewährungsbeschluss erst verkündet wird, nachdem – was nach heutiger Rechtslage nicht mehr zulässig wäre (§ 302 Abs. 1 Satz 2 StPO) –im Anschluss an die Urteilsverkündung Staatsanwaltschaft, Angeklagter und Verteidiger bezüglich des Urteils einen Rechtsmittelverzicht erklärt haben, ist dabei nicht der maßgebliche Gesichtspunkt. Entscheidend ist vielmehr, dass die hier angeordnete Auflage, einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen, der Genugtuung für das begangene Unrecht als „echte Reaktion auf die Straftat“ (vgl. Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, StGB, 28. Aufl., § 56b Rn. 4) dienen soll, wenn ohne sie im Hinblick auf das Absehen von der Strafvollstreckung das begangene Unrecht keinen hinreichenden Ausgleich und die Rechtsgemeinschaft keine hinreichende Genugtuung erführe (OLG Köln, a. a. O., Rn. 17 nach juris; Schönke/Schröder/Stree/Kinzig, a. a. O., § 56b Rn. 11).

cc) Wenn also – wie hier – der Tatrichter der Auffassung ist, dass der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion des Strafrechts auch in Ansehung der erfolgten Verständigung im Strafprozess und des damit einhergehenden Geständnisses des Angeklagten nur durch die Anordnung auch einer Geldauflage neben der verhängten, zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe Genüge getan werden kann, muss er den Angeklagten auf diesen gesamten Umfang der Rechtsfolgenerwartung hinweisen. Nur so ist gewährleistet, dass der Angeklagte vollumfänglich über die Tragweite seiner Mitwirkung an der Verständigung, deren Bestandteil sein Geständnis ist, informiert ist und er autonom darüber entscheiden kann, ob er von seiner Freiheit, die Aussage zu verweigern, Gebrauch macht oder sich auf eine Verständigung einlässt (vgl. zu diesem Erfordernis: BVerfG NJW 2013, 1058 ff. – Rn. 99, 125 nach juris). Der Hinweis auf die in Betracht kommende Anordnung einer Geldauflage ist daher nicht anders als die in § 257c Abs. 5 StPO verankerte Belehrungspflicht des Gerichts über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichts von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach § 257c Abs. 4 StPO zur Sicherung des Grundsatzes des fairen Verfahrens und der Selbstbelastungsfreiheit erforderlich.“

M.E. hat das OLG mit seiner Entscheidung Recht. Ob die Grundsätze auch gelten, wenn die Geldauflage im Laufe der Hauptverhandlung im Gespräch war, kann im Einzelfall sicherlich zweifelhaft sein. Dann wäre sie im zweifel nicht mehr „überraschend“.

Zur Abrundung: Beim ersten Blick auf die Entscheidung war ich erstaunt, dass das OLG über eine Beschwerde gegen eine amtsgerichtliche Entscheidung entschieden hat. Auf den ersten Blick hält man sicherlich nach dem allgemeinen Instanzenzug das LG für zuständig. Aber dann hilft/half– wie immer – ein Blick ins Gesetz, und zwar in § 305a Abs. 2 StPO. Danach ist, wenn gegen das Urteil eine zulässige Revision und gegen den gem. § 268a StPO ergangenen Bewährungsbeschluss Beschwerde eingelegt wird, das Revisionsgericht zur Entscheidung auch über die Beschwerde zuständig. Und dann kam die Erinnerung wieder 😉 .