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Strafzumessung III: Bei positiver Entwicklung kurze Freiheitsstrafe nicht „unerlässlich“….

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Und zum Abschluss der kleinen Strafzumessungsserie dann der OLG Naumburg, Beschl. v. 30.06.2016 – 2 Rv 50/16, der eine alt bekannte und auch hier shcon häufig behandelte Problematik zum Gegenstand hat, nämlich die mit § 47 Abs. 2 StGB zusammenhängenden Fragen. Der bereits vielfach vorbestrafte Angeklagte ist vom LG noch einmal wegen eines Einmietungsbetrugs verurteilt worden. Das OLG hebt im Strafausspruch auf und führt aus:

„Die Kammer hat festgestellt, dass der Angeklagte während des Strafvollzuges an der Arbeitsgruppe „Deliktaufarbeitung“ teilgenommen hat. Der Angeklagte strebte eine vorzeitige Entlassung in eine betreute Wohneinheit an, wo ihm ein Platz zur Verfügung stand. Ein Mitarbeiter der Jugendanstalt hatte dem Angeklagten am 7. März 2016, also zwei Tage vor der Hauptverhandlung, mitgeteilt, dass die Anstalt bei der Strafvollstreckungskammer eine positive Stellungnahme zu einer vorzeitigen Haftentlassung einreichen werde.

Die Kammer hat nicht verkannt, dass eine kurze Freiheitsstrafe gemäß § 47 StGB nur verhängt werden darf, wenn dieses unerlässlich ist. Die Unerlässlichkeit hat sie mit den zahlreichen Vorstrafen des Angeklagten, seiner umfangreichen Hafterfahrung auch vor der hier abgeurteilten Tat, seinem Bewährungsversagen und seiner schnellen Rückfälligkeit begründet. Auf seine Entwicklung während der jetzigen Haftverbüßung und die angekündigte positive Stellungnahme der Justizvollzuganstalt gegenüber der Strafvollstreckungskammer ist sie nicht eingegangen. Diese Ausführungen tragen die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe nicht.

Die Annahme der Unerlässlichkeit einer kurzen Freiheitsstraße bedarf einer besonderen und eingehenden Begründung. Sie bedeutet mehr als Gebotenheit (BGH 2, StR 407/10 vom 8. September 2010, Senat, Beschlüsse vom 13. August 2015 — 2 Rv 94/15, Beschluss vom 12. März 2012 — 2 Ss 157/11, Beschluss vom 28. Juni 2011, 2 Ss 68/11, alle zitiert nach juris, Francke in MüKo StGB, § 47 Rn 9). Voraussetzung ist, dass unter Beachtung des Regel-Ausnahmeverhältnisses die Unverzichtbarkeit einer freiheitsentziehenden Einwirkung mit einer umfassenden und erschöpfenden Begründung dargestellt wird. Zwar ist die Würdigung der Vorstrafen im Rahmen dieser Abwägung nicht zu beanstanden. Indes hat das Landgericht dabei einen Gesichtspunkt nicht erörtert, nämlich die Entwicklung des Angeklagten während des laufenden Strafvollzuges. Er hat an der Arbeitsgruppe Deliktsaufarbeitung teilgenommen und dies offenbar erfolgreich, außerdem hat er sich offenbar in der JVA gut geführt und gezeigt, dass er gewillt und in der Lage ist, in Zukunft ein straffreies Leben zu führen. Anders wäre es nicht zu erklären, dass seitens der JVA eine positive Stellungnahme gegenüber der Strafvollstreckungskammer zu einer vorzeitigen Haftentlassung formuliert worden ist. Dem Senat ist nämlich bekannt, dass die Mitarbeiter der JVA Rillet insbesondere bei vielfach vorbestraften hafterfahrenen Gefangenen nicht bloße verbale Absichtsbekundungen als Grundlage für positive Stellungnahmen ausreichen lassen. Das Landgericht hat die Entwicklung des Angeklagten in der Haft zwar bei der Prüfung einer positiven Kriminalprognose i. S. d. § 56 Abs. 1 StGB erörtert, das kann indes eine vorherige Erörterung dieses Umstandes bei Prüfung der Unerlässlichkeit i. S. d. § 47 StGB nicht ersetzen. Insoweit sind die Maßstäbe unterschiedlich: Eine negative Kriminalprognose führt nicht zur Unerlässlichkeit der Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe (Senat, Beschluss vom 13. August 2015, 2 Rv 94/15, juris). Eine Strafaussetzung zur Bewährung setzt die Erwartung straffreier Führung voraus, d. h., eine durch Tatsachen begründete Wahrscheinlichkeit straffreier Führung (Fischer, StGB, 63. Auf., Rn 4 zu § 56). Insoweit muss die Wahrscheinlichkeit straffreier Führung positiv festgestellt werden, sie kann nicht zu Gunsten des Angeklagten unterstellt werden. Demgegenüber bedarf die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe der Feststellung ihrer Unerlässlichkeit. Zwar ist es ein Indiz für eine solche Unerlässlichkeit, wenn die Verhängung mehrerer Geldstrafen den Täter ebensowenig zu straffreier Führung veranlassen konnte wie die Verhängung von Bewährungsstrafen und die Verbüßung von Freiheitsstrafen. Diese Indizwirkung kann jedoch entfallen, wenn der Täter konkrete Änderungen in seinen Lebensumständen vorgenommen hat, die zu seiner künftigen Straffreiheit führen können, selbst wenn deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich ist. In einem solchen Fall ist die Unerlässlichkeit i. S. d. § 47 StGB nicht festgestellt, mögen die Dauer oder der Erfolg der Änderung der Lebensumstände auch ungewiss sein. Hier hat der Beschwerdeführer an der Arbeitsgruppe Deliktsaufarbeitung teilgenommen, sein Verhalten im Strafvollzug ist Anlass für die JVA, eine positive Stellungnahme zur Haftentlassung abzugeben. Dies hätte bei der Frage, ob die Verhängung einer Freiheitsstrafe unerlässlich ist, erörtert werden müssen.“

Überblick verloren?, oder: Wenn man den „Hals nicht voll bekommt“

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So häufig liest man Entscheidungen, in denen wegen Strafklageverbrauchs nach § 206a StPO eingestellt wird, nicht. Sie zählen eher zu den Seltenheiten, zu denen jetzt dann aber auch der schon etwas ältere OLG Naumburg, Beschl. v. 26.01.2016 – 2 RV 10/16 –  gehört. Er hat einen Fall „aus dem Leben“ zum Gegenstand, und zwar:

Der Angeklagte hatte im alkoholisierten Zustand mit einem Fahrrad öffentliche Straßen in Magdeburg. befahren. Er fiel den Polizeibeamten M. und F. auf, die ihn kontrollieren wollten. Dabei weigerte sich der Angeklagte, seine Personalien anzugeben und einen Atemalkoholtest durchzuführen. Die Beamten wollten den Angeklagten deshalb zum Polizeirevier bringen. Als sie ihn in den Streifenwagen setzen wollten, wehrte er sich dagegen durch Wegdrehen und ruckartige Bewegung der Arme. Die Polizeibeamten fertigten wegen der Weigerung, seine Personalien anzugeben, eine Ordnungswidrigkeitenanzeige. Die Stadt Magdeburg als zuständige Verwaltungsbehörde erließ sodann einen Bußgeldbescheid. Auf den hiergegen eingelegten Einspruch des Angeklagten verurteilte ihn das AG Magdeburg rechtskräftig zur Geldbuße von 50,00 EUR. Wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr und des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte erließ das AG dann später noch einen einen Strafbefehl. Den gegen den Strafbefehl gerichteten Einspruch beschränkte der Angeklagte auf den Tatvorwurf des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Das Amtsgericht hat den Angeklagten u.a. auch wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat das OLG das Verfahren gemäß § 206a Abs. 1 StPO eingestellt, weil Strafklageverbrauch eingetreten ist. Begründung:

„Gemäß § 84 Abs. 2 S. 1 OWiG steht das rechtskräftige Urteil über die Tat als Ordnungswidrigkeit auch ihrer Verfolgung als Straftat entgegen. Nach der zu § 264 StPO entwickelten gefestigten Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 264 Rn 2), die für den in § 84 OWiG verwendeten verfahrensrechtlichen Tatbegriff entsprechend gilt, liegt eine Tat im prozessualen Sinne vor, wenn mehrere Vorgänge derart eng miteinander verknüpft sind, dass ihre getrennte Würdigung in verschiedenen Verfahren als unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorganges erscheinen würde.

Grundsätzlich ist eine Tat im prozessualen Sinne anzunehmen, wenn die Handlungen schon materiellrechtlich in Tateinheit stehen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1995, Az.: KRB 33/95, -juris). Dies trifft auf den Zusammenhang zwischen der vom Angeklagten begangenen Ordnungswidrigkeit nach § 111 Abs. 1 OWiG und der Straftat gemäß § 113 Abs. 1 StGB zu.

Eine Tat im Sinne des § 52 StGB liegt vor, wenn sich rechtsgutsverletzendes Handeln des Täters bei natürlicher Betrachtung als Einheit darstellt. Der Begriff setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass zwischen mehreren strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen ein unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise auch für einen Dritten als ein einheitliches Tun erscheint (vgl. Fischer, StGB, 63. Aufl., Vor § 52 StGB, Rn 3).

Gemessen an diesen Vorgaben handelt es sich bei der Weigerung des Angeklagten, seine Personalien anzugeben, einen Atemalkoholtest durchzuführen und seiner Widerstandshandlung um eine einheitliche Tat. Die Polizeibeamten wollten überprüfen, ob der Angeklagte unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilnahm und damit eine Straftat gemäß § 316 StGB beging. Ihre diesbezügliche Diensthandlung i.S.d. § 113 StGB war auf die Feststellung der Personalien des Angeklagten und des Grades seiner Alkoholisierung gerichtet. Mit dieser Diensthandlung hatten sie bereits begonnen, als sie dem Angeklagten das erste Zeichen zum Anhalten gegeben hatten. Sie dauerte an, bis die Personalien des Angeklagten nach § 163 b Abs. 1 StPO festgestellt und alle Maßnahmen zur Feststellung von Alkohol im Blut gemäß § 81 a StPO durchgeführt waren. Die Weigerung des Angeklagten, seine Personalien zu nennen, einen Atemalkoholtest durchzuführen und sein Widerstand gegen die Verbringung in den Streifenwagen stellen bei natürlicher Betrachtung eine einheitliche Verweigerung der freiwilligen Mitwirkung an dieser Diensthandlung aufgrund eines einzigen Entschlusses dar.“

Da kann man nur sagen: Selbst Schuld, wenn man das Verfahren aufteilt. Warum muss ich in einem OWi-Verfahren denn die OWi verfolgen, wenn ich den Vorwurf einer Straftat erheben kann/will? Aber man kann natürlich auch flapsig(er) formulieren: Wenn man den Hals nicht voll kriegen kann und die 50 EUR Geldbuße auch noch „einnehmen“ will…..dann verliert man schnell den Überblick…

OWi I: Ich weiß etwas, was du nicht weiß, oder: Dienstliches Wissen

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Heute dann drei Entscheidungen zum Bußgeldverfahren, alle in Zusammenhang mit Messungen und deren Überprüfbarkeit, dem Dauerbrenner der letzten Zeit. Den Auftakt mache ich mit dem OLG Naumburg, Beschl. v. 24.02.2016 – 2 Ws 9/16. Er behandelt die Frage des dienstliches Wissen des Richters und wie dieses in der Hauptverhandlung verwertet werden darf. Im Verfahren wurde dem Betroffenen eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt. Das Messgerät war wohl im Zeitraum um den Vorfallstag häufiger reapriert worden. Dem Amstrichter war das aus anderen Verfahren bekannt. Und er hatte auch in anderen Verfahren von einem Mitarbeiter des Geräteherstellers erfahren, dass die Defekte nicht zu Fehlmessungen geführt haben (sollen). Das hat er dan mal eben einfach im Urteil mitgeteilt. Und das OLG sagt: So nicht!:

„Das Amtsgericht hat festgestellt, dass das hier verwendete Geschwindigkeitsüberwachungsgerät in einem Zeitraum vor und nach dem Tattage häufig repariert und neu geeicht werden musste. Die Ursache der häufigen Reparaturbedürftigkeit wurde zunächst nicht erkannt. Diese Tatsachen begründen zunächst im Ansatzpunkt Zweifel an der Zuverlässigkeit der Geschwindigkeitsmessung. Dies hat das Amtsgericht nicht verkannt und zu dieser Frage ausgeführt, dass es in mehreren Parallelverfahren von einem Dr. F., einem Mitarbeiter des Geräteherstellers, die überzeugende Auskunft erhalten habe, dass der jeweilige Defekt in keinem Fall zu fehlerhaften Messungen geführt habe, vielmehr habe das Gerät bei Auftreten des Fehlers schlichtweg nicht gemessen. Damit hat das Gericht sein Urteil in einem entscheidungserheblichen Punkt auf dienstliches Wissen gestützt. Solches darf indes nur nach Vernehmung der Auskunftsperson in der Hauptverhandlung verwertet werden (OLG Jena, StraFo 07,65; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage, Rd.-Nr. 7 zu § 261) die bloße Bekanntgabe der Auskünfte durch den amtierenden Richter reicht nicht aus.

Die Rüge ist auch entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft formgerecht vorgetragen. Zitate aus dem Urteil sind bei gleichzeitiger Erhebung der Sachrüge, wie hier geschehen, stets entbehrlich. Es bedurfte auch keiner Ausführungen dazu, welche Aussage der Zeuge Dr. F. in einer Hauptverhandlung gemacht hätte, denn die Beanstandung stellt keine Aufklärungsrüge dar, sondern zeigt einen Verstoß gegen §§ 250, 261 StPO auf.“

So geht es jedenfalls nicht….

Kleiner Fehler, große Wirkung, oder: Keine Geschwindigkeitsüberschreitung ohne Geschwindigkeit

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Das AG Halle (Saale) verurteilt den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße von 750 € und setzt ein Fahrverbot von drei Monaten fest. Im Tenor wird die Geschwindigkeitsüberschreitung mit 80 km/h angegeben, im Urteil gibt es keine Feststellungen zu der vom Betroffenen gefahrenen Geschwindigkeit. Die GStA meint, nicht schlimm, greift auf dne Tenor zurück und ermittelt „rechnerisch eine vom Betroffenen gefahrene Geschwindigkeit von 160,00 km/h“. So geht es nicht, meint das OLG Naumburg – kurz und zackig – im OLG Naumburg, Beschl. v. 06.04.2016 – 2 Ws 62/16:

„Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und mit der Sachrüge begründet.

Die Feststellungen tragen eine Verurteilung des Betroffenen nicht. Sie enthalten keine Angaben zu der vom Betroffenen gefahren Geschwindigkeit. Im Urteil wird lediglich dargestellt, dass die Geschwindigkeit an der Messstelle auf 80 km/h reduziert war.

Entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft kann zur Bestimmung der vom Betroffenen gefahren Geschwindigkeit nicht ergänzend auf den Tenor zurückgegriffen werden. Hier hatte das Amtsgericht die Geschwindigkeitsüberschreitung mit 80 km/h angegeben. Hieraus hat die Generalstaatsanwaltschaft rechnerisch eine vom Betroffenen gefahrene Geschwindigkeit von 160,00 km/h ermittelt.

Diese Vorgehensweise ist unzulässig. Die festgestellte Geschwindigkeit muss sich aus den Feststellungen selbst ergeben.

Zu Recht kritisiert die Verteidigung weiter, dass den Urteilsgründen mit keinem Wort zu entnehmen ist, dass sich das Gericht der Erforderlichkeit eines Toleranzabzuges bewusst war.“

Ob das ein „kleiner Fehler“ war, kann man auch bezweifeln. Denn ich frage mich: Wie kann man eigentlich eine Verurteilung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung begründen, ohne die vom Betroffenen gefahrene Geschwindigkeit, von der ja nun alles abhängt, in das Urteil aufzunehmen.

Beim AG Dessau-Roßlau wird den Betroffenen dauernd das rechtliche Gehör verweigert, oder: Wir sind stinksauer

entnommen wikimedia.org Urheber: Olaf Meister (Olaf2)

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Urheber: Olaf Meister (Olaf2)

Der Kollege Gratz hat am Montag schon auf den OLG Naumburg, Beschl. v. 05.11.2015 – 2 Ws 215/15 – hingewiesen (vgl. hier: OLG Naumburg: Rechtlicher Hinweis auf Fahrverbot, Betroffener ab­we­send – Verfahren ist aus­zu­set­zen). In dem Beschluss ging es u.a. um die Verletzung des rechtlichen Gehörs des Betroffenen, der im Termin nicht anwesend war. Aber der Verteidiger, dem das AG einen rechtlichen Hinweis erteilt, dass es wohl ggf. ein im Bußgeldbescheid nicht vorgesehenes Fahrverbot festsetzen will. Dem daraufhin vom Verteidiger gestellten Aussetzungsantrag – § 265 Abs. 3 StPO lässt ein wenig grüßen – wird nicht statt gegeben.

Klar, dass die Verfahrensrüge des Betroffenen, die er auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützt hat, Erfolg hat. Sie ist ein Selbstläufer. Dazu das OLG: „Für das Gericht besteht aber aus dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens die Verpflichtung, von Amts wegen oder auf Antrag des Verteidigers, wie hier gestellt, die Hauptverhandlung auszusetzen, wenn sie wegen der veränderten Sach- oder Rechtslage die sachgerechte Verteidigung eine Besprechung des Verteidigers mit dem Mandanten erfordert (KK-OWi/Senge, § 74 Rn. 16).“

Und das OLG moniert noch eine weitere Verletzung des rechtlichen Gehörs, nämlich die Nichtbescheidung eines Beweisantrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens durch den Amtsrichter in der Hauptverhandlung.

Schon alles ein wenig merkwürdig, wie da die Rechte des Betroffenen missachtet, um nicht zu sagen, mit den Füßen getreten werden. Einfach mal eben so in einem Verfahren zwei Gehörsverletzungen. Nun, das sieht das OLG auch wohl so. Denn es führt aus:

„Der Senat sieht sich zum wiederholten Male veranlasst, die Sache gemäß § 79 Abs. 6 OWiG an ein anderes Amtsgericht zu verweisen, weil er bereits mehrfach feststellen musste, dass den Betroffenen in Bußgeldsachen beim Amtsgericht Dessau-Roßlau das rechtliche Gehör verweigert wird, und deswegen Anlass zu der Befürchtung hat, dass sich eine solche Grundrechtsverletzung bei Zurückverweisung an das Amtsgericht Dessau-Roßlau wiederholen wird.“

Wer mit Formulierungen von OLGs umgehen kann, weiß, dass das eine mehr als deutliche Rüge darstellt. Das ist nicht nur „we are not amusde“, sondern: Wir sind stinksauer. Und das mit Recht.