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Alaaf und Helau ja, aber keine PKH für einen Karnevalsverein

entnommen wikimedia.org Superbass - Own work

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Superbass – Own work

Schon länger hängt der OLG Frankfurt, Beschl. v. 05.04.2016 – 8 W 19/16. Heute werde ich ihn (endlich) los. Denn er passt thematisch ganz gut zum heutigen Tag, dem 11.11., an dem dann gleich im Rheinland die 5. Jahreszeit beginnt. Thematisch passt der Beschluss aber auch nur wegen des Klägers und wegen der Kaufgegenstände, die im Verfahren eine Rolle gespielt haben. Bei dem Kläger handelt es sich nämlich um einen gemeinnützigen Karnevalsverein. Gegenstand des Kaufvertrages waren u. a. 14 Gardekostüme nebst dazugehörigen Petticoats.

PKH ist dem Kläger vom OLG nicht gewährt worden. Da hat das OLG keinen Spaß verstanden, denn:

„Für die Prozesskostenhilfegewährung an juristische Personen gilt § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Danach erhält eine juristische Person, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum gegründet und dort ansässig ist, Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Darüber hinaus ist erforderlich, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 116 Satz 2 in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz und Abs. 2 ZPO).

Hier sind jedenfalls die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter gleich drei Gesichtspunkten nicht erfüllt. Der Kläger hat es nämlich versäumt, entsprechende Rücklagen für die Prozessführung zu bilden (1). Zudem ist nicht dargetan, dass die am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten – die Vereinsmitglieder – nicht in der Lage sind, die erforderlichen Kosten aufzubringen (2). Schließlich liegen im Streitfall auch die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 ZPO nicht vor (3).“

Also: Da konnte nicht gefeiert werden. Aber all denjenigen, die dann gleich in die Karnevalszeit starten: Viel Spaß und: Alaaf und Helau. 🙂 🙂 🙂

Ach so: Vereinsrecht kann ich übrigens auch. Mein „Vereinsrecht“ – 9. Aufl, – kann man dann hier bestellen.

Und noch mal was zur Vollmacht: Rücknahme des Rechtsmittels

© MK-Photo  - Fotolia.com

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Nach dem OLG Hamm, Beschl. v. 06.09.2016 – 4 RVs 96/16 (dazu Berufungsverwerfung: Wie muss/sollte die Vertretungsvollmacht formuliert sein) eine weitere OLG-Entscheidung zu einer Vollmachtsfrage, und zwar der OLG Frankfurt, Beschl. v. 22.08.2016 – 2 Ss 233/16 – in dem es um die Problematik des § 302 Abs. 2  StPO – Ermächtigung zur Rücknahme/Beschränkung eines Rechtsmittels, hier eines Einspruchs gegen einen Strafbefehl, geht.

Die lag nicht vor, so dass die Rechtsmittelbeschränkung unwirksam war:

„Die Beschränkung des Einspruchs kann durch den Verteidiger gemäß § 302 Abs. 2 StPO nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Angeklagten wirksam erklärt werden, denn es handelt sich um die Teilrücknahme eines förmlichen, hier zunächst in vollem Umfang eingelegten Rechtsbehelfs. Die Ermächtigung kann zwar formfrei erteilt werden, dass sie erteilt wurde, muss aber nachgewiesen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1992 – 1 StR 264/92 -, juris Rn. 3 f.). Der Nachweis der ausdrücklichen Ermächtigung lag hier weder im Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung vor, noch wurde er nachfolgend erbracht. Der Verteidiger hat im Rahmen der Revisionsbegründung vielmehr erklärt, eine ausdrückliche Ermächtigung im Sinne des § 302 Abs. 2 StPO habe gerade nicht vorgelegen.

Die notwendige Ermächtigung ist insbesondere auch nicht in der allgemeinen Strafprozessvollmacht zu erblicken, welche der Angeklagte seinem Verteidiger am 07.10.2015 erteilt hatte. Zwar war dieser demnach befugt, Rechtsmittel und Rechtsbehelfe ganz oder teilweise; zurückzunehmen. In einer solchen generellen Bevollmächtigung liegt aber nur dann eine ausdrückliche Ermächtigung im Sinne von § 302 Abs. 2 StPO, wenn dem Verteidiger das Mandat überhaupt erst zur Durchführung jenes Rechtsmittel- oder Rechtsbehelfsverfahrens und somit in Ansehung der Möglichkeit einer entsprechenden Beschränkung erteilt wird (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 59. Auflage, § 302 Rn. 32 m. w. N.). Dies war vorliegend nicht der Fall, denn der Angeklagte hatte seinen Verteidiger bereits vor Erlass des Strafbefehls mandatiert.

Dass dem Verteidiger die entsprechende Ermächtigung in anderer Weise erteilt worden wäre, ist jedenfalls nicht hinreichend belegt. Aus dem Verhalten des Verteidigers oder des Angeklagten in der Hauptverhandlung könne keine entsprechenden Rückschlüsse gezogen werden, da der Angeklagte von der Anwesenheit in dieser Verhandlung entbunden war und sich nach § 411 Abs. 2 S. 1 StPO hat vertreten lassen. Aus dieser Vertretungsbefugnis für die Hauptverhandlung in Abwesenheit folgt nicht ohne weiteres, zu der bereits erklärten Beschränkung des Einspruchs vorab ermächtigt gewesen zu sein (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Februar 2013 – III-3 RVs 24/13 Rn. Randnummer 7, juris).“

Sollte man darauf achten…..

Verwerfung III: „Musst nicht zum Termin kommen“ kann als Entschuldigung reichen…

© santi_ Fotolia.com

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In Verwerfung III geht es dann nicht um die Berufungsverwerfung nach § 329 StPO (vgl. dazu den OLG Frankfurt, Beschl. v. 02.11.2015 – 1 Ss 322/15 und dazu: Verwerfung I: Nachforschen muss das LG, oder: So einfach ist das nicht…. sowie den OLG Köln, Beschl. v. 24.06.2016 – 1 RVs 114/16) sondern um die Verwerfung des Einspruchs im Bußgeldverfahren nach § 74 Abs. 2 OWiG. Aber die Problematik unterscheidet sich nicht von der des § 329 Abs. 1 StPO, so dass der OLG Frankfurt, Beschl. v. 06.05.2016 – 2 Ss-OWi 222/16 – gut in diese Serie passt. Das OLG beanstandet, dass das AG keinerlei Ausführungen zu den Entschuldigungsgründen gemacht hat:

Da das Rechtsbeschwerdegericht bei einem Verwerfungsurteil nach § 74 Abs. 2 OWiG allein anhand der mitgeteilten Umstände prüft, ob das Amtsgericht den Begriff der genügenden Entschuldigung verkannt hat, müssen darin die Umstände, die nach Auffassung des Betroffenen sein Ausbleiben entschuldigen sollten, ebenso ausführlich und vollständig enthalten sein wie die Erwägungen des Tatrichters, sie nicht als Entschuldigung anzusehen. Diesen Anforderungen genügt das Verwerfungsurteil nicht. Ein damit gegebener Begründungsmangel ist allenfalls dann unschädlich, wenn die von dem Betroffenen vor Erlass des Urteils vorgebrachten Entschuldigungsgründe von vornherein und offensichtlich ungeeignet wären, sein Fernbleiben zu entschuldigen.

Vorliegend sind den Urteilsgründen keinerlei Feststellungen zu den vorgebrachten Entschuldigungsgründen sowie zu den Erwägungen zu entnehmen, aus welchen Gründen das Amtsgericht das Entschuldigungsvorbringen nicht als ausreichend angesehen hat.

Die Ablehnung des Terminverlegungsantrags vom 14.09.2015, der dem Amtsgericht im Termin vorlag, in den Urteilsgründen geht nicht auf die im Schriftsatz enthaltene Mitteilung ein, der Mandant sei darüber informiert worden, dass er nicht zum Termin anreisen müsse. Dieser Begründungsmangel ist nicht deshalb unschädlich, weil das Entschuldigungsvorbringen ohnehin für eine genügende Entschuldigung nicht ausreichend wäre. Die Mitteilung eines Verteidigers, dass eine Pflicht zum Erscheinen vor Gericht zu einem bestimmten Termin nicht bestehe., ist zwar nicht uneingeschränkt geeignet, ein Verschulden des Betroffenen auszuschließen. Sind Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit einer derartigen Mitteilung erkennbar, muss der Betroffene diesen gegebenenfalls durch Nachfrage bei Gericht nachgehen (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 30.07.2014, VRS 127,164-165(2014)). Da sich das angefochtene Urteil indes zu dem Entschuldigungsvorbringen nicht verhält, kann der Senat nicht überprüfen, ob das Amtsgericht im vorliegenden Fall den Begriff der genügenden Entschuldigung verkannt hat.

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Kassel zurückzuverweisen.

Verwerfung I: Nachforschen muss das LG, oder: So einfach ist das nicht….

© Corgarashu – Fotolia.com

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Heute dann mal ein Tag, der sich mit Entscheidungen zur Berufungsverwerfung nach § 329 Abs. 1 StPO befasst. Ein weites Feld, in dem es, weil die Tatgerichte häufig Fehler machen, häufig zur Aufhebung der Verwerfungsentscheidung kommt. Eröffnen will ich den Reigen mit dem schon etwas älteren OLG Frankfurt, Beschl. v. 02.11.2015 – 1 Ss 322/15, der zunächst zum Umfang der Ausführungen im Verwerfungsurteil Stellung nimmt, wenn ein zur Entschuldigung vorgelegtes ärztlichen Attestes als nicht ausreichend angesehen und die Berufung des Angeklagten verworfen wird. Dann muss der wesentliche Inhalt des ärztlichen Attestes im Urteil mitgeteilt werden.

Aber das ist noch nicht alles, was das OLG beanstandet hat. Ihm passen auch die Ausführungen des LG zum Entschuldigungsgrund ersichtlich nicht:

„Nach ständiger Rechtsprechung kommt es nicht darauf an, ob der Angeklagte sich entschuldigt hat, sondern nur, ob er entschuldigt ist (vgl. BGHSt 17, 391; OLG Frankfurt am Main -2 Ss 178/11-; -1 Ss 113/10-; OLG Köln StraFo 2006, 213; KG Berlin VRS 108, 110; OLG München StraFo 2014, 79; OLG Stuttgart DAR 2004, 165).

Nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung rechtfertigen Zweifel des Richters an der attestierten Erkrankung oder die mangelnde Glaubhaftmachung der Entschuldigung, etwa weil die Art der Erkrankung in dem Attest nicht angegeben ist, grundsätzlich nicht die Verwerfung der Berufung nach § 329 Abs. 1 StPO (OLG Frankfurt am Main -I Ss 253/12-; -2 Ss 67/95-; StV 1988, 100; BayObLG VRS 92, 279; OLG Köln 2006, 413; OLG Stuttgart DAR 2004, 165; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Auflage, § 329 Rdn. 22). Legt ein Angeklagter — wie hier — ein ärztliches Attest vor, nach dessen Inhalt er am Erscheinen in der Hauptverhandlung gehindert ist, so ist dies jedenfalls solange als Entschuldigung anzusehen, als nicht das Gericht selbst im Wege des Freibeweises belegbar festgestellt hat, dass es inhaltlich unrichtig ist (OLG Frankfurt am Main -2 Ss-OWi 1100/14-, -1 Ss 253/12-; -2 Ss 178/1I-; OLG Düsseldorf VRS 87, 439; OLG Hamm StV 1993, 7).

Hinweisen auf einen Entschuldigungsgrund muss das Gericht deshalb von Amts wegen nachgehen und im Zweifelsfall Nachforschungen im Wege des Freibeweises durch Rückfrage bei dem behandelnden Arzt anstellen (OLG Frankfurt am Main -2 Ss-OWi 330/15-; -1 Ss 253/12-; OLG Düsseldorf VRS 78, 138), der infolge der Vorlage seiner ärztlichen Bescheinigung konkludent von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbunden worden ist (OLG Frankfurt am Main -1 Ss 253/12-; BayObLG NStZ-RR 1999, 143; OLG Karlsruhe NStZ 1994, 141; OLG München StraFo 2014, 79).

Verbleibende Zweifel an der genügenden Entschuldigung dürfen nicht zu Lasten des Angeklagten gehen (OLG Frankfurt am Main -1 Ss 253/12-; -2 Ss 178/11-; -1 Ss 113/10-; -1 Ss 117/09-; StV 1988, 100; OLG Stuttgart DAR 2004, 165; OLG Düsseldorf VRS 78, 138; OLG Köln StraFo 2006, 413).

Die Gründe des Verwerfungsurteils lassen besorgen, dass das Landgericht bei seiner Entscheidung diese Maßstäbe verkannt hat. Denn die Strafkammer hatte Zweifel an dem vorgelegten Attest, hat es jedoch unterlassen, diesen Zweifeln nachzugehen, indem es etwa bei der das Attest ausstellenden Ärztin nachgefragt hätte.

Nachforschungen durften auch nicht deshalb unterbleiben, weil die gleiche Ärztin — wie die Strafkammer in den Urteilsgründen ausführt — dem Angeklagten bereits ein Jahr zuvor ähnliche Beschwerden bescheinigt hatte. Dieser Umstand erlaubt keinen Rückschluss dergestalt, dass dem neuen Attest von vornherein keine entschuldigende Bedeutung mehr zukommen konnte. Soweit das Landgericht im Urteil weiter ausführt, das Attest sei in sich widersprüchlich, weil es darin einmal heißt, der Angeklagte könne weder gehen noch sitzen und dann er könne weder gehen noch stehen, stellt dies keinen derartigen Widerspruch dar, dass es sich bei dem Attest ganz offensichtlich nur um ein Gefälligkeitsattest handeln kann. Denn diese beiden Feststellungen schließen sich keineswegs aus, sondern könnten durchaus auch ergänzend zu verstehen sein. Soweit die Strafkammer schließlich einen weiteren Widerspruch darin erblickt, dass dem Angeklagten einerseits bescheinigt wird, er könne nicht gehen, andererseits aber eine Anamnese im Gang erfolgt sein soll, fehlt es bereits an einer vollständigen Mitteilung der erfolgten Anamnese (siehe dazu bereits oben). Aus der Revisionsbegründung (RB S. 3) geht jedoch hervor, dass das Landgericht, das Attest insoweit unvollständig wiedergegeben hat. Zur Anamnese heißt es nämlich in dem Attest: „ […] Gang in Anteflektion (in Vorneigung). Das vollständige Aufrichten ist nicht möglich mit algischen Bestandteil.“ Demnach ist die Anamnese nur in einem geneigten Gang erfolgt. Ein vollständiges Aufrichten war nicht möglich und es wurden zudem Schmerzen dokumentiert. Ein eindeutiger Widerspruch zu der Feststellung der Angeklagte könne nicht gehen, der jede weitere Nachforschung erübrigt hätte, ergibt sich daraus nicht. Diese Formulierungen sind allenfalls dazu geeignet, Zweifel an dem Aussagegehalt des Attestes zu begründen. Die Unglaubwürdigkeit des Attestes stand damit aber noch nicht fest (vgl. OLG Frankfurt am Main —StV 1988, 100). Die Zweifel hätten das Landgericht dann aber — insbesondere unter Berücksichtigung der weiteren eindeutigen Ausführungen in dem Attest — dazu bewegen müssen, Nachforschungen bei der das Attest ausstellenden Ärztin zu veranlassen.

Schließlich lässt auch die Formulierung in dem angefochtenen Urteil „die angedachte ambulante Behandlung mit insbesondere Schmerzmedikamenten spricht gegen eine andauernde Bewegungsunfähigkeit“ (UA S. 3) besorgen, dass die Strafkammer die Voraussetzungen des § 329 Abs. 1 S. 1 StPO verkannt hat. Denn die Krankheit würde den Angeklagten nicht nur dann entschuldigen, wenn er dauerhaft bewegungsunfähig wäre, sondern bereits dann, wenn sie ihm nach Art und Auswirkungen eine Beteiligung an der Hauptverhandlung — auch nur vorübergehend — unzumutbar macht (vgl. OLG Frankfurt am Main -1 Ss 210/09-; -1 Ss 113/10¬; OLG Hamm NStZ-RR 1998, 281; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 329 Rn. 26 m.w.N.).“

Ja, so einfach ist das mit der Berufungsverwerfung nicht….

Kachelmann, oder: Wenn die Zivilisten wissen, wie es geht

© SZ-Designs - Fotolia.com

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So, und den heutigen Tag beschließe ich hier dann mit dem Kachelmann-Urteil des OLG Frankfurt, also dem OLG Frankfurt, Urt. v. 28.09.2016 – 18 U 5/14, das die Kachelmann-Geschichte nun wohl abschließen dürfte. Mit dem Urteil wird die beklagte Ex-Geliebte des Wettermoderators Kachelmann verurteilt, Schadenersatz für Kosten zu leisten, die dem dadurch entstanden sind, dass er aufgrund eines von ihr erhobenen Vergewaltigungsvorwurfs in U-Haft genommen wurde. Später ist Kachelmann dann vom LG Mannheim aus tatsächlichen Gründen freigesprochen worden.

Kachelmann hat dann von seiner Ex-Geliebten Ausgleich eines Teils des Schadens verlangt, der ihm durch die U-Haft entstanden ist. Er hat geltend gemacht, dass er zur Verteidigung im Haftbeschwerdeverfahren mehrere Sachverständige habe beauftragen müssen, um die Glaubwürdigkeit seiner früheren Freunding sowie die von ihr vorgezeigten Verletzungen zu entkräften. Zuletzt hat er noch rund 6.300 e verlangt.

Das LG hatte die Klage abgewiesen. Dazu aus der PM zum Verfahren: „Zur Begründung führte es aus, zwar sei K. durch die Anzeigen der Beklagten in Untersuchungshaft genommen worden – die Beklagte habe ihn also der Freiheit beraubt, indem sie staatliche Organe zum amtlichen Eingreifen veranlasst habe. Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch wegen Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft sei jedoch, dass es sich um eine wahrheitswidrige Anzeige gehandelt habe. Der Beklagten könnte aber nicht vorgeworfen werden, dass sie K. vorsätzlich wahrheitswidrig einer Vergewaltigung bezichtigt habe mit dem Ziel, diesen seiner Freiheit zu berauben. Es sei möglich, dass die Beklagte durch „nicht-intentionale Verfälschungs- und Verzerrungseffekte“ subjektiv der festen Überzeugung gewesen sei, Opfer einer Vergewaltigung gewesen zu sein, obwohl dies objektiv nicht der Fall war.“

Das OLG hat zugesprochen.  Zur Begründung führt das OLG aus – ich zitiere aus der PM, da das Urteil mit 22 Seiten den Rahmen sprengt:

„Die Beklagte habe sich gegenüber K. schadenersatzpflichtig gemacht, weil sie wissentlich eine unwahre Strafanzeige erstattet und so – wie von ihr beabsichtigt – die Anordnung der Untersuchungshaft gegen K. herbeigeführt habe. Hierdurch habe sich die Beklagte der Freiheitsberaubung schuldig gemacht. Die erlittene Freiheitsentziehung beruhe zwar unmittelbar auf dem Haftbefehl; die Beklagte müsse sich jedoch das staatliche Handeln im Wege der mittelbaren Täterschaft zurechnen lassen, da sie die Ermittlungsbehörden durch die wahrheitswidrige Anzeige und falsche Aussagen vorsätzlich getäuscht habe. Die Überzeugung, dass die Beklagte K. vorsätzlich der Wahrheit zuwider der Vergewaltigung bezichtigt habe, gründe sich auf das Ergebnis der in der Berufung durchgeführten Beweisaufnahme. Hiernach habe sich die Behauptung K.s bestätigt, die Beklagte habe sich die festgestellten Verletzungen selbst zugefügt.

So spreche das Verletzungsbild in der Gesamtschau und unter Berücksichtigung der Schilderungen der Beklagten nach den Feststellungen des Instituts für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Frankfurt am Main für eine Selbstbeibringung. Bedeutsam sei ferner, dass die Schilderungen der Beklagten zum angeblichen Vergewaltigungsgeschehen nicht mit den Verletzungen in Übereinstimmung zu bringen seien und ihre Aussagen für sich genommen erhebliche Plausibilitätsdefizite aufwiesen. Zudem habe die Beklagte im Ermittlungsverfahren unstreitig teilweise falsch ausgesagt.“

Die Beklagte habe auch mit direktem Vorsatz gehandelt. Aus den Gesamtumständen ergebe sich, dass es ihr gerade darauf angekommen sie, die Verhaftung des K. herbeizuführen.

Für ausgeschlossen hielt das OLG, dass bei der Beklagten eine „Autosuggestion“ vorlag, die dazu geführt habe, dass sie nur glaubte, vergewaltigt worden zu sein. Die entsprechende Annahme des Landgerichts sei nicht nur spekulativ, sondern nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, wonach sich die Beklagte die Verletzungen selbst zufügte, auch widerlegt.

M.E. lesenswert. Eine sehr schöne Beweiswürdigung des OLG.