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Der Sturz des Fahrgastes im Bus – einfach Bestreiten reicht da nicht

BusSchon etwas länger hängt in meinem „Blogordner“ das OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 19.02.2015 – 22 U 113/13 -, das m.E. in Haftungsfällen, wenn es um die Haftung von Verkehrsunternehmen, von Bedeutung sein kann, weil das OLG zur Darlegungslast des Bus-/Verkehrsunternehmens Stellung nimmt. Die Klägerin hat einen Bus bestiegen, sie kommt dann beim Anfahren des Busses zu Fall – wenn ich den Sachverhalt der Entscheidung richtig verstehe. Sie verletzt und mach Schadensersatzansprüche geltend. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG sieht das anders:

Die Klägerin hat sowohl in der Klageschrift als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ausführlich dargelegt, wie sie den Bus bestiegen hat, und dass sie kurz davor war, unmittelbar hinter dem Busfahrer Platz zu nehmen. Ausreichende Halteeinrichtungen vor dem Sitz seien nicht vorhanden gewesen. Der Fahrer habe auch angegeben, dass er davon ausgegangen sei, dass die Klägerin bereits gesessen habe. Diesen Vortrag haben die Beklagten nicht ausreichend bestritten. Das bloße Bestreiten war gemäß § 138 BGB nicht ausreichend, da die Beklagten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast die Möglichkeit gehabt hätten, durch Befragung des Fahrers Erklärungen über den tatsächlichen Ablauf abzugeben.

Die Klägerin hat ausreichendes getan, um zur Individualisierung der Fahrt und des Fahrers beizutragen, insbesondere hat sie die Fahrscheine vorlegen können. Damit ist sowohl der benutzte Bus, der eingesetzte Fahrer und auch die Fahrtrichtung ausreichend zu identifizieren. Wenn auf Seiten der Beklagten keine weiteren Dokumentationsformen in Form von Fahrtenschreibern, Fahrtenbüchern oder Kassenbüchern bestehen, um einen Fahrer zu individualisieren, geht dies nicht zu Lasten der Klägerin. Die Beklagte zu 2) hat eine Ausfahrtliste vorgelegt, die den Beklagten zu 3) als Fahrer bezeichnet hat. Tatsächlich ist der Beklagte zu 3) allerdings nicht gefahren, wie zwischen den Parteien unstreitig ist. Deswegen hat ein solcher Computerausdruck keinerlei Bedeutung. Es war offensichtlich, dass Fahrer getauscht haben oder dass Fehleingaben im Computersystem der Beklagten zu 2) vorlagen. Es wäre deshalb Sache der Beklagten gewesen, die Arbeitsunterlagen ihrer Fahrer auf entsprechende Anwesenheitszeiten zu überprüfen oder auch diese direkt zu befragen, ob sie an dem fraglichen Tag das Fahrzeug geführt haben. Darauf hat der Senat die Beklagten hingewiesen, eine Reaktion ist jedoch trotz Möglichkeit der Stellungnahme nicht erfolgt. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb die Beklagten eine solche Darlegung nicht vornehmen könnten. Sie haben schließlich die Gefährdungslage gemäß § 7 StVG geschaffen und haften deshalb grundsätzlich gemäß §§ 7 Abs. 2 StVG, 115 VVG für den bei der Klägerin entstandenen Schaden. Ein Entfallen dieser Haftung kommt nur in Betracht, wenn einerseits keine zusätzliche Pflichtverletzung bei dem Fahrer des Busses besteht und zum anderen ein erhebliches Mitverschulden auf Seiten der Klägerin gemäß § 254 BGB zu berücksichtigen ist.

Dafür sind ausreichende Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Zum einen ist das Vorbringen der Klägerin unstreitig, dass der Fahrer angegeben habe, er sei davon ausgegangen, die Klägerin sitze schon. Dies spricht dafür, dass er selbst davon ausgegangen ist, erst anfahren zu dürfen, wenn sie einen Platz gefunden hatte. Offensichtlich war die Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts doch erkennbar beeinträchtigt, so dass der Fahrer entsprechende Rücksicht nehmen musste. Da nähere Umstände für die Frage des Einstiegs nicht feststellbar sind, muss der Senat von der eigenen Einschätzung des Fahrers ausgehen, die in der entsprechenden Äußerung dokumentiert ist. Aus diesem Grund kann das Mitverschulden der Klägerin auch nicht so erheblich sein, wie dies in üblichen Fällen, die das Landgericht ausführlich zitiert hat, der Fall ist. Angesichts der erheblichen Sorgfaltspflichten, die die Rechtsprechung an das Verhalten von Fahrgästen stellt, geht der Senat allerdings von einer Mithaftung der Klägerin in Höhe von 50 % aus. Die Klägerin hätte sich jederzeit einen solchen Stand verschaffen müssen, dass auch bei Anfahren des Busses ein Sturz vermieden werden konnte. Welche Halteeinrichtungen im Einzelnen vorhanden waren, ist dafür unerheblich, da auch ein Festhalten am Sitz selbst ausreichend gewesen wäre, um im Regelfall einen Sturz zu vermeiden.“

Zugesprochen worden ist dann ein Schmerzensgeld von 5.000 €. Besser als nichts 🙂 .

Geldbuße von mehr als 250 € – dann wollen wir wissen, ob du die bezahlen kannst

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Nichts wesentlich Neues bringt der OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.06.2015 – 2 Ss OWi 474/15, aber: Er ruft noch einmal in Erinnerung, dass die OLG i.d.R. ab einer Geldbuße von 250 € Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen erwarten. Denn: Sie wollen prüfen können, ob er zahlen kann und ihn die Geldbuße nicht zu stark trifft:

„Daneben kann das Rechtsbeschwerdegericht im vorliegenden Fall allerdings auch nicht überprüfen, ob das Amtsgericht die Verhängung einer deutlichen Erhöhung der Regelgeldbuße von 70,00 € auf 420,00 € zu Recht als angemessen erachtet hat, denn das Amtsgericht hat es hier rechtsfehlerhaft unterlassen, Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen zu treffen.

Gemäß § 17 Abs. 3 S. 2 OWiG sind bei der Bußgeldbemessung auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters zu berücksichtigen. Insoweit ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einer relativ hohen Geldbuße – ab einer die Geringfügigkeitsgrenze von 250,00 € (vgl. Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 17 Rn. 24; Senat – 2 Ss-OWi 486/11) – auch die Leistungsfähigkeit des Täters berücksichtigt werden muss, weil es von ihr abhängt, wie empfindlich und damit nachhaltig die Geldbuße den Täter trifft (ständige Rechtsprechung des angerufenen Senats, vgl. u.a. – 2 Ss-Owi 65/12; — 2 Ss-OWi 483/09; ebenso Göhler, a.a.O., § 17 Rn. 22 m. N.). Dies lässt sich vorliegend jedoch anhand der Urteilsgründe, denen sich keine Feststellungen zur familiären (Unterhaltsverpflichtungen?) beruflichen und finanziellen Situation des Betroffenen entnehmen lassen, nicht beurteilen. Insoweit wären daher ergänzende Feststellungen zu treffen, sofern das Amtsgericht im Rahmen der erneuten Verhandlung wieder die Verhängung einer Geldbuße von mehr als 250,00 € in Betracht ziehen sollte.“

Der Rechtsanwalt als Gehilfe einer Erpressung ==> Schadensersatz

© Coloures-pic - Fotolia.com

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Nicht alle Entscheidungen, die ich hier vorstelle, habe ich selbst gefunden. Auf die ein oder andere werde ich durch Leser oder sonst hingewiesen, alles andere wäre bei der Flut von Informationen, die über das Internet heute auf uns einstürzen auch kaum noch machbar. Und so bin ich froh/dankbar, dass mich die Redaktion von AK (Anwalt und Kanzlei) aus dem IWW Verlag, mit dem ich nun auch schon seit fast 15 Jahren zusammenarbeite auf das OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 10.06.2015 – 2 U 201/14 hingewiesen hat. Nicht für einen Blogbeitrag, sondern für einen Beitrag in AK. Aber da ist dann dieser Blogbeitrag abgefallen.

Das Urteil behandelt Zivilrecht mit strafrechtlichem Einschlag Es geht um die Klage eines (ehemaligen) Pächters gegen den Rechtsanwalt, der seine ehemalige Pächterin bei und nach Auflösung des Pachtvertrages vertreten hat. Der Kläger hatte sein Pachtobjekt an eine Gesellschaft verpachtet, die von einer Gesellschafterin Frau A vertreten wurde. Der Beklagte ist als deren anwaltlicher Vertreter tätig geworden. Nach Beendigung des Pachtvertrages hatte Frau A dem Kläger damit gedroht, dass die damalige Pächterin, für welche sie handelte, ihrer aufgrund der wirksamen fristlosen Kündigung fälligen Pflicht zur Räumung und Herausgabe des damaligen Pachtobjekts an ihn nur dann nachkommen würde, wenn der Kläger die von ihr mit Schriftsatz des Beklagten vom 18.9.2012 in ihrem Namen vorgeschlagene Vereinbarung unterzeichnete. Mit der Unterzeichnung dieser Vereinbarung sollte der Verpächter erklären, auf sämtliche offenen Pachtzinsforderungen zu verzichten und sich zudem verpflichten, Frau A die Kaution von 3.400 € und den Betrag der von der vormaligen Pächterin seinerzeit gezahlten Maklercourtage von 4.650,00 € netto zu erstatten. Es erfolgte der Abschluss einer Vereinbarung und nachfolgend die Zahlung des Betrages von 8.050,00 € durch den Kläger. Frau A ist inzwischen durch Urteil des OLG v. 17.5.2013 zur Rückzahlung dieses Betrages verpflichtet worden.

Das OLG hat nun auch den beklagten Rechtsanwalt zur Zahlung verurteilt:

„Der Beklagte hat sich vorsätzlich mindestens an der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch die bereits durch das Urteil des Oberlandesgerichts vom 17.5.2013 (…/13) verurteilte Frau A beteiligt. Dabei hat Frau A zugleich vorsätzlich den Tatbestand der Erpressung verwirklicht.

Der Beklagte haftet für diese Handlungen. Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Dabei stehen Anstifter und Gehilfen einem Mittäter gleich (§ 830 Abs. 1, 2 BGB). Der Beklagte war seinerzeit aufgrund seiner Tätigkeit als anwaltlicher Vertreter der damaligen Pächterin über sämtliche relevanten Umstände informiert und hat die Gesellschafterin der vormaligen Pächterin bei den Verhandlungen mit dem Kläger aktiv umfassend anwaltlich vertreten. Es hätte ihm seiner Mandantin gegenüber frei gestanden, ein Tätigwerden in dem konkreten Umfang zu unterlassen und sich auf die anwaltliche Vertretung im Rahmen des gesetzlich Zulässigen zu beschränken. Das tatsächlich Geschehen bis hin zur Übergabe des Geldes durch den Kläger an Frau A entsprach insgesamt den vorangegangenen Vorstellungen des Beklagten, wie sie in dem von ihm verfaßten Anwaltsschreiben vom 18.9.2012 zum Ausdruck kamen….“

Sicherlich keine alltägliche Konstellation, aber sicherlich eine Warnung für den Rechtsanwalt, immer sehr sorgfältig zu prüfen und darauf zu achten, ob man sich nicht bei der Durchsetzung von (vermeintlichen) Ansprüchen des Mandanten ggf. schon im strafrechtlich relevanten Bereich bewegt. So war es hier, wobei allerdings aus der Entscheidung die genauen Formulierungen des beklagten Rechtsanwalts nicht deutlich werden. Schutz bietet da letztlich ggf. nur eine Mandatsniederlegung.

In dem Zusammenhang ist dann auch noch hinzuweisen auf den BGH, Beschl. v. 05.09.2013 – 1 StR 162/13 und dazu: Das nötigende „Organ der Rechtspflege“.

Dreimal Pech für die Frau Bezirksrevisorin mit der Dokumentenpauschale

© mpanch - Fotolia.com

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Und dann habe ich vor dem RVG-Rätsel noch einen interessanten Beschluss des OLG Frankfurt am Main. Interessant in doppelter Hinsicht. Einmal, weil es sich – so weit ich den Überblick habe – um die erste gerichtliche Entscheidung zu einer Frage handelt, die sich aus Änderungen aus dem 2. KostRMoG ergeben hat. Zum anderen aber auch deshalb „interessant“, weil die h.M. in der Literatur auf die Frage eine einhellige Antort gegeben hat, die aber mal wieder einem Bezirksrevisor nicht gepasst hat. Und der hat dann das Verfahren   durch dei Gerichtsinstanzen gejagt, die ihm alle bescheinigt haben, dass er nicht Recht hat. Zuletzt das OLG Frankfurt im OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.06.2015 – 2 Ws 10/15.

Es stellte sich folgende (Abrechnungs)Problematik: Der Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger des Verurteilten. Gestritten wird im Kostenfestsetzungsverfahren noch um die Festsetzung von Kopierkosten. Der Pflichtverteidiger hat für das Ermittlungsverfahren und das gerichtliche Verfahren die Erstattung von Auslagen wie folgt beantragt:
Kopierkosten vorbereitendes Verfahren Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG
72 Seiten (50 x 0,50 €; 22 x 0,15 €)                                                        28,30 €
Kopierkosten gerichtliches Verfahren Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG
51 Seiten (50 x 0,50 €; 1 x 0,15 €)                                                         25,15 €

Die Staatskasse/der Bezirksrevisor war der Ansicht, dass die Kopien für das Ermittlungsverfahren und das Hauptverfahren einheitlich zu zählen und zu berechnen seien. Deshalb seien nur für die ersten 50 Kopien des Ermittlungs- und Hauptverfahrens 0,50 €/Kopie anzusetzen, für die übrigen 73 Kopien jeweils 0,15 €.

Die Frage – wie gesagt von allen drei Instanzen – wird im OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.06.2015 – 2 Ws 10/15 – im Sinne des Pflichtverteidigers entschieden:

„b) Die Auslagenpauschale Nr. 7000 Nr. 1 VV-RVG ist im Lichte der gesetzlichen Regelung in § 17 Nr. 10 RVG, der durch das am 1. August 2013 in Kraft getretene 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (vgl. zur alten Rechtslage noch BGH NJW 2013, 1610 m. w. N.) neu eingeführt wurde, auszulegen. In § 17 Nr. 10 RVG ist geregelt, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren und ein nachfolgendes gerichtliches Verfahren gebührenrechtlich verschiedene Angelegenheiten darstellen. Mit dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber die Frage der „verschiedenen Angelegenheiten“ in Bezug auf das Gebührenrecht entschieden und dabei auch die Auswirkungen auf die Auslagentatbestände („in erster Linie […] auf die in jeder Angelegenheit entstehende Postlauslagenpauschale“) im Blick gehabt (BT-Drucksache 17/11741, S. 267). Gestützt wird diese Auslegung von Nr. 7000 Nr. 1 VV¬RVG durch deren Anmerkung 1, wonach die Höhe der Dokumentenpauschale (nur) in derselben Angelegenheit einheitlich zu berechnen ist, mithin bei „verschiedenen Angelegenheiten“ — so nun ausdrücklich § 17 Nr. 10 RVG — nicht einheitlich, sondern getrennt zu berechnen ist.

Diese Auslegung von Nr. 7000 Nr. 1 VV-RVG unter Berücksichtigung von § 17 Nr. 10 RVG hat zur Folge, dass die Dokumentenpauschale sowohl im Ermittlungsverfahren als auch im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht werden kann. Dies führt dazu, dass die Reduzierung der Vergütung ab der 50. Kopie für das Ermittlungsverfahren und das erstinstanzliche Verfahren jeweils erst ab der 50. Kopie anfällt und der Verteidiger im Ermittlungsverfahren und im nachfolgenden gerichtlichen Verfahren jeweils für die ersten 50 Seiten die volle Dokumentenpauschale berechnen darf (ebenso Rohn, in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Auflage, Rdnr. 84; BeckOK RVG, 27. Ed., v. Seltmann § 17 RVG Rdnr. 21 in Verbindung mit Sommerfeld/Sommerfeldt, W 7000 RVG, Rdnr. 15; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 21. Auflage, § 17 RVG Rdnr. 127; Pankatz, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Auflage, § 17 RVG Rdnr. 47; Burhoff, StraFo 2013, 411; ders., RVG-Report 2014, 290; Schneider, NJW 2013, 3768, a. A. noch zur alten Rechtslage LG Zweibrücken, BeckRS 2012, 17846.).“

Mich wundert es mal wieder, warum es drei Gerichtssinstanzen braucht, bis die Bezirksrevisorin es dann hoffentlich begriffen/eingesehen hat.

Die Einlassung gehört ins Urteil – was ist daran denn so schwer?

© Alex White - Fotolia.com

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Fangen wir nach den Feiertagen ganz einfach und leicht wieder an, und zwar mit einer Problematik, zu der der BGH auch immer wieder Stellung nimmt/nehmen muss (vgl. kurzem der BGH, Beschl. v. 30.12.2014 – 2 StR 403/14 und dazu: Klassischer Fehler XXIII: Urteil ohne Einlassung, das ist ein “Anfängerfehler”). Heute ist es der OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 20.01.2015 – 1 Ss 8/14 – der die Frage der Einlassung in den Urteilsgründen behandelt. Das AG hatte den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung verwarnt und sich die Festsetzung einer Geldstrafe  vorbehalten. Das OLG hebt auf, weil ihm die Beweiswürdigung und die Mitteilung der Einlassung des Angeklagten nicht ausreicht:

„Diese Beweiswürdigung hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Die Aufgabe, sich an der Grundlage der vorhandenen Beweismittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehensablauf zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem Tatrichter. Dem Revisionsgericht ist es verwehrt, die Beweiswürdigung des Tatrichters durch seine eigene zu ersetzen (vgl. z. B. Senatsbeschl. v. 27.02.2007 – Az.: 1 Ss 286/06 – m.w.N.). Bei der Überprüfung des Urteils darf die Beweiswürdigung des Tatrichters daher nur auf rechtliche Fehler überprüft werden. Die Beweiswürdigung ist rechtsfehlerhaft, wenn sie in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist oder gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senatsbeschl. v. 07.09.2005 – 1 Ss 401/04 u. v. 30.08.2005 – 1 Ss 385/04 -; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 337 Rdziff. 27 m.w.N.). Aus § 261 StPO ergibt sich die Verpflichtung des Tatrichters, den festgestellten Sachverhalt, soweit er bestimmte Schlüsse zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten nahe legt, in Verbindung mit den sonst festgestellten Tatsachen erschöpfend zu würdigen. Die Gesamtwürdigung aller in der Hauptverhandlung festgestellten wesentlichen Tatsachen ist in den Urteilsgründen darzulegen, wobei insbesondere auch die Einlassung des Angeklagten und die Aussage der Zeugen mitzuteilen und unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise in nachvollziehbarer Weise eingehend zu würdigen sind (vgl. z. B. Senatsbeschl. v. 07.09.2005 – 1 Ss 401/04 – u. v. 30.08.2005 – 1 Ss 385/04 -; Meyer-Goßner, aaO. § 267 Rdziff. 12 m.w.N.).

Diesen Anforderungen hält das angefochtene Urteil nicht stand. Die Einlassung der Angeklagten ist nicht zusammenhängend wiedergegeben. Lediglich an drei Stellen der Beweiswürdigung wird dieser – wie dargelegt – fragmentartig aufgeführt (Anm.: Zur Verdeutlichung werden diese Passagen in dem Senatsbeschluss kursiv und fett gedruckt wiedergegeben). Grundsätzlich hat der Tatrichter die Einlassung des Angeklagten zum Schuldvorwurf in den Urteilsgründen erschöpfend aufzunehmen und zu würdigen. Ohne die Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten und ihre Würdigung kann das Revisionsgericht nicht erkennen, ob der Beurteilung des Sachverhalts rechtlich fehlerhafte Erwägung zugrunde liegen (vgl. Senatsbeschl. v. 02.05.2007 – 1 Ss 365/06 -). Nur im sachlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen von geringer Bedeutung kann unter Umständen auf die Wiedergabe der Einlassung ohne Verstoß gegen die materiell-rechtliche Begründungsfrist verzichtet werden (vgl. Senatsbeschl. v. 02.05.2007 – 1 Ss 365/06 -). Bei dem vorliegenden Sachverhalt ist eine erschöpfende Wiedergabe und Würdigung der Einlassung der Angeklagten im Hinblick auf den Tatvorwurf – fahrlässige Tötung – und der Komplexität der Beweiswürdigung geboten.“

Ich verstehe es nicht. Im Grunde ist das doch eine ganz einfache Geschichte. Warum da immer wieder Fehler gemacht werden, ist mir unerklärlich. So schwer ist es doch nicht, auch wenn mehrere Kühe im Spiel sind.