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Handy II: Das bloße Halten des Handys als Benutzung, oder: Das reicht auch dem OLG Oldenburg nicht mehr

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Als zweite „Handy-Entscheidung“ stelle ich dann den OLG Oldenburg, Beschl. v. 17.04.2019 – 2 Ss (OWi) 102/19 – vor.

OLG Oldenburg? Ja, richtig. Das sind die, die in dem OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.07.2018 – 2 Ss (OWi) 201/18 – bei Anwendung der Neufassung des § 23 Abs. 1a StVO im bloßen In-der-Hand-Halten des elektronischen Gerätes einen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO gesehen haben. Das das falsch ist, hatte u.a. auch ich unter Handy I: Mobiltelefon im Straßenverkehr, oder: Das Halten reicht, wirklich? dargelegt.

Jetzt hat das OLG dies „korrigiert“ = ist von seinem obiter dictum abgerückt (siehe aber unten 🙂 ):

„Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Betroffene am 06.06.2018 als Führer eines Kraftomnibusses die M… in O… befuhr. Als er vor einer rot zeigenden Lichtzeichenanlage zum Stehen kam, benutzte er sein Mobiltelefon, in dem es in die Hand nahm, in seinem Sichtfeld vor das Lenkrad hielt und auf das Display schaute.

….
Auch zur Fortbildung des materiellen Rechts ist die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen.

Wann ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO nF vorliegt, ist mittlerweile – soweit hier von Bedeutung- geklärt.

Der Senat hatte in seiner Entscheidung vom 25.07.2018 (DAR 18, 577) ausgeführt, dass der dortige Betroffene dadurch, dass er das Smartphone gehalten habe, gegen § 23 Absatz 1a StVO n. F. verstoßen habe. Zugrunde lag dieser Entscheidung ein Sachverhalt, bei dem der Betroffene das Mobiltelefon in der rechten Hand gehalten und mehrere Sekunden auf das Display geschaut hatte.

Diese Entscheidung ist Gegenstand mehrerer Besprechungen bzw. Anmerkungen gewesen (Krenberger, juris PR-VerkR 18/2018 Anm. 6; Ternig, VD 2018, 300 ff.; Eggert in Freymann/Wellner, juris PK-Straßenverkehrsrecht 1. Aufl. 2016, § 23 StVO 1. Überarbeitung; RN 28.1; Bertlings, juris PR-StrafR 20/2018, Anm. 5).

Überwiegend wird darin die Ansicht vertreten, dass das bloße Halten des Gerätes zur Tatbestandserfüllung nicht ausreichend sei, da eine Nutzung hinzukommen müsse. Diese sei aber durch das vom Amtsgericht festgestellte sekundenlange Blicken auf das Display belegt.

Auch die Oberlandesgerichte Stuttgart (Beschluss vom 03.01. 2019, 2 Rb 24 Ss 1269/18, juris), OLG Hamm (Beschluss vom 28.02.2019 (4 RBs 30/19, juris) und Celle (Beschluss vom 07.02.2019, 3 Ss (OWi) 8/19, juris) vertreten die Auffassung, dass Voraussetzung für die Tatbestandserfüllung weiterhin die Benutzung des elektronischen Gerätes sei. Das OLG Brandenburg (Beschluss vom 18.02.2019, 53 Ss-OWi 50/19, juris) hält ebenfalls eine Nutzung für erforderlich und führt aus, aus der Entscheidung des Senats vom 25.07.2018 ergebe sich nichts Anderes.

Dies gibt dem Senat Anlass, die auch durch den Leitsatz seiner Entscheidung zum Ausdruck gebrachte Aussage, dass es für einen Verstoß gegen § 23 Absatz 1a StVO n. F. ausreiche, ein elektronisches Gerät in der Hand zu halten, zu korrigieren.

Das OLG Celle weist zutreffend darauf hin, dass unzulässige Nutzung und Halten des Gerätes in der Neufassung der Vorschrift nicht gleichgesetzt werden, sondern durch das Wort „hierfür“ in § 23 Absatz 1a Satz 1 Nr. 1 StVO eine Zweckbestimmung zum Ausdruck gebracht wird.

Tatsächlich wird davon auszugehen sein, dass durch die Orientierung am Faktischen (Fromm, MMR 2018, 68 (69); Ternig a. a. O., Seite 303) den Gerichten lediglich die Feststellung einer verbotswidrigen Nutzung, die aber nach wie vor erforderlich ist, erleichtert werden sollte. In diesem Zusammenhang können bereits aus der Art und Weise, wie das Mobiltelefon gehalten wurde, Rückschlüsse auf die Nutzung einer Bedienfunktion gezogen werden (OLG Celle a.a.O.; vgl. auch OLG Hamm a.a.O.).

Durch die getroffenen Feststellungen ist hier die Nutzung eines elektronischen Gerätes, dass der Kommunikation, Information oder Organisation dient -in diesem Fall eines Mobiltelefons-ausreichend belegt.

Da es keine Anhaltspunkte dafür gab, dass der Betroffene auf ein ausgeschaltetes Mobiltelefon geschaut hat, musste das Amtsgericht einen derartigen Sachverhalt nicht zu Gunsten des Betroffenen unterstellen, zumal dieser bereits abgestritten hatte, überhaupt auf das Display geschaut zu haben.

Auf die vom OLG Hamm, a.a.O. offengelassene Frage, ob auch eine zweckentfremdete Benutzung genügt, kommt es auch hier nicht an.“

Dazu nur: Die Feststellungen des AG reichen wohl so gerade eben bzw. nur dann aus, wenn man davon ausgeht – ausgehen muss? -, dass der Betroffene nicht auf ein ausgeschaltetes Handy geschaut hat. Im Übrigen ist die – OLG-typische – Formulierung: „Tatsächlich wird davon auszugehen sein, …“ m.E. falsch/zu weich: Es wird nicht nur davon auszugehen sein, sondern es ist davon auszugehen. Warum kann das OLG nicht einfach mal schreiben: Das, was wir im Beschluss vom 25.07.2018 ausgeführt haben, war falsch?

Handy I: Mobiltelefon im Straßenverkehr, oder: Wenn man das Handy nur „kühlen“ will….

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Und heute dann noch einmal ein OWi-Tag, und zwar rund um das elektronische Gerät im Straßenverkehr (§ 23 Abs. 1a StVO) oder besser/eingängiger: Das Mobiltelefon.

An der Spitze der Postings steht dann der KG, Beschl. v. 13.03.2019 – 3 Ws (B) 50/19. Das AG hat den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVo verurteilt. Der hatte sich damit verteidigt, dass er sein heiß gelaufenes Telefon vor die Kühlung des Pkw habe halten müssen, um ein laufendes Telefonat über die Freisprechanlage fortsetzen zu können. Das KG geht von einem Verstoß aus:

„2. Die auf die Sachrüge gebotene Nachprüfung des Urteils deckt keinen Rechtsfehler auf, der die Zulassung der Rechtsbeschwerde geböte, denn der vorliegende Einzelfall gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch zu schließen.

Die Grundsätze, welche Handlungen im Einzelnen die Voraussetzungen einer Ordnungswidrigkeit nach § 23 Abs. 1a StVO erfüllen, sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt (vgl. Senat, Beschluss vom 4. Juli 2018 – 3 Ws (B) 183/18 – m.w.N.). Bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es nicht darauf an, ob das Mobiltelefon für die Benutzung grundsätzlich in der Hand gehalten werden muss, sondern ob es – wie vorliegend – tatsächlich in der Hand gehalten wird (vgl. BR-Drucksache 556/17, S. 26). Der Verordnungsgeber wollte mit der Neuregelung des § 23 Abs. 1a StVO gerade auch die Fälle erfassen, in denen das Gerät in der Hand gehalten wird, obwohl dies – beispielsweise durch das Vorhandensein einer Freisprechanlage – nicht erforderlich ist (vgl. BR-Drucksache a.a.O. unter Verweis auf die noch zur alten Rechtslage ergangenen Entscheidung des OLG Stuttgart NStZ-RR 2016, 255).

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts war es nach der Einlassung des Betroffenen erforderlich, das heiß gelaufene Mobiltelefon mit der Hand vor die Kühlung zu halten, um so das laufende Telefonat während der Fahrt über die aktivierte Freisprechanlage fortzusetzen zu können. Dem Normzweck des § 23 Abs. 1a StVO entsprechend stellte das durch den Betroffenen vorliegend bekundete Verhalten eine Tätigkeit dar, die nicht nur verhinderte, dass ihm beide Hände für die eigentliche Fahraufgabe zur Verfügung standen, sondern – wie das Führen eines Telefonats – auch eine erhöhte Konzentration erforderte.“

Ob nun der Verweis auf den OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.04.2016 – 4 Ss 212/16 (Aufweichung beim Handyverbot, wirklich?, oder: Neue “Verteidigungsansätze”?) passt oder ob man nicht besser auf den „Lade-Beschluss), den OLG Oldenburg, Beschl. v. 07.12.2015 – 2 Ss (OWi) 290/15 (Laden des Mobiltelefons beim Fahren, oder: Berührt, geführt) verwiesen hätte, lassen wir mal dahinstehen. Jedenfalls der Beschluss in die Richtung: Das Mobiltelefon wird in der Hand gehalten (um gekühlt zu werden), weil man dann besser telefonieren kann = Benutzung.

OWi I: Nochmals Mobiltelefon/elektronisches Gerät, oder: In-der-Hand-halten reicht nicht.

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Ich habe ja schon einige Entscheidungen zum „neuen“ § 23 Abs. 1a StVO vorgestellt, die sich mit der Frage befasst haben: Reicht das bloße In-der-Hand-Halten des elektronischen Gerätes jetzt aus zur Vollendung des Tatbestandes? Nachdem das OLG Oldenburg das in einem obiter dictum bejaht hat, haben alle anderen OLG, die sich mit der Frage befasst haben, diese verneint. Das waren die OLG Celle im OLG Celle, Beschl. v. 07.02.2019 – 3 Ss (OWi) 8/19 und das OLG Hamm im OLG Hamm, Beschl. v. 28.02.2019 – 4 RBs 30/19. Und zu der letzten Gruppe gehört auch das OLG Brandenburg mit dem OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.02.2019 – (2 Z) 53 Ss-OWi 50/19 (25/19):

„Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Zulassung ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu in ihrer Stellungnahme vom 23. Januar 2019 das Folgende ausgeführt:

„1.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zur Fortbildung des Rechts nicht geboten.

Nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 23 Absatz 1a StVO in der alten Fassung war dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er es hierfür aufnimmt oder hält. In der obergerichtlichen Rechtsprechung war hinreichend geklärt, dass schon nach seinem Wortsinn der Begriff der Benutzung erfordert, dass die Handhabung des Mobiltelefons einen Bezug zu einer der Funktionen des Geräts aufweist. Nicht das Aufnehmen und Halten des Mobiltelefons als solches wurde untersagt, sondern – wie das zweckgerichtete Tatbestandsmerkmal „hierfür“ verdeutlichte – allein dessen bestimmungsgemäße Verwendung (vgl. OLG Düsseldorf NZV 2007, 95; OLG Köln NStZ 2006, 248). Demzufolge ist bei einem bloßen Aufheben oder Umlagern eines Mobiltelefons ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1 a StVO verneint worden, weil bei einer solchen Handhabung jeglicher Bezug zu einer gerätetechnischen Bedienfunktion fehlt (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Köln a.a.O.).

Nach der seit dem 19.10.2017 geltenden Fassung darf ein Fahrzeugführer ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird. Somit liegt auch nach der Neufassung ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1 a StVO nur vor, wenn das Mobiltelefon aufgenommen oder gehalten wird, um es zu benutzen. Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des OLG Oldenburg vom 25. Juli 2018 (2 Ss (OWi) 201/18), denn auch darin ist ausgeführt worden, dass eine Nutzung nur dann zulässig ist, wenn das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird. Nach den in jenem Verfahren getroffenen amtsrichterlichen Feststellungen hatte der Betroffene ein Mobiltelefon in der rechten Hand gehalten und mehrere Sekunden auf das Display geschaut, woraus das Amtsgericht geschlossen hatte, dass er das Mobiltelefon verwendet habe. Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist das OLG Oldenburg zu der Auffassung gelangt, dass der Betroffene bereits durch das Halten des Smartphones gegen § 23 Abs. 1 a StVO n.F. verstoßen hat. Aus der Entscheidung ergibt sich hingegen nicht, dass jegliches Halten, egal aus welchem Grund, einen Verstoß darstellen würde. Vielmehr ist z.B. das bloße In-die-Hand-Nehmen des Gerätes, um es nur woanders hinzulegen, nach wie vor keine Nutzung.

2.

Der vorliegende Sachverhalt gebietet auch nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Dieser Zulassungsgrund dient der Verhinderung schwer erträglicher Unterschiede in der Rechtsprechung, die sich naturgemäß nur dort ergeben können, wo über den Einzelfall hinausreichende, übergreifende Gesichtspunkte betroffen sind (vgl. Göhler/Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 80 Rn. 4 m.w.N.). Er ist gegeben, wenn ein Gericht in einer bestimmten Rechtsfrage bewusst oder in ständiger Praxis von der höchstgerichtlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht und deshalb auch in Zukunft mit fehlerhaften Entscheidungen dieses Gerichts gerechnet werden muss; er dient dagegen nicht der Einzelfallgerechtigkeit, das heißt, der Korrektur einer im Einzelfall unbewusst getroffenen Fehlentscheidung (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 12. Dezember 1983 – 3 Ss OWi 1703/83 -, juris).

Zwar erweist sich die vom Bußgeldrichter getroffene Feststellung, schon allein das Halten des Mobiltelefons stelle einen Verstoß gegen § 23 Abs.1a StVO dar, da es auf die Frage, weshalb der Betroffene es in der Hand gehalten habe, nicht ankommen würde, nach den Ausführungen unter Ziff. 1 als rechtsfehlerhaft. Diese Auffassung findet in der Entscheidung des OLG Oldenburg keine Rechtsgrundlage. Es hätte vielmehr der Auseinandersetzung mit der Einlassung des Betroffenen anhand des auch diesen Verstoß dokumentierenden Lichtbildes bedurft.

Es steht jedoch nicht zu besorgen, dass der Bußgeldrichter, dessen Entscheidung auf einem Missverständnis hinsichtlich der Auslegung der Entscheidung des OLG Oldenburg zu beruhen scheint, nach der Senatsentscheidung in vorliegender Sache in Zukunft die in jedem Einzelfall gebotene Auseinandersetzung mit der Einlassung des Betroffenen nicht vornehmen wird.“

Diesen zutreffenden Erwägungen tritt der Senat bei.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 80 Abs. 4 S. 3 OWiG ab.“

Tja, richtig gelesen. Die Entscheidung des AG war falsch, das OLG hat aber dennoch die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen mit der den Betroffenen sicherlich „freuenden“ Begründung: Ist zwar falsch, das AG wird es aber nicht wieder tun. M.E. hätte man auch den anderen Weg gehen können, wenn nicht müssen. Jedenfalls wird man die Entscheidung dem Betroffenen kaum vermitteln können.

OWi II: Mobiltelefon nur halten reicht nicht, oder: sag ich doch.

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Die zweite Entscheidung, auf die ich hinweise, ist der OLG Hamm, Beschl. v.28.02.2019 – 4 RBs 30/19. Er stammt aus der „Abteilung“ „elektronisches Gerät“ im Straßenverkehr, also der (neue) § 23 Abs. 1a StVO. Der Beschluss befasst sich dann noch einmal mit der Frage, ob das bloße Halten eines elektronischen Geräts, also z.B. eines Smartphones, zur Verwirklichung des Tatbestandes ausreicht. Das OLG Hamm sagt – ebenso wie bereits das OLG Celle im OLG Celle, Beschl. v. 07.02.2019 – 3 Ss (OWi) 8/19 – (vgl. dazu: OWi I: Mobiltelefon nur halten reicht (auch jetzt) nicht, oder: Habe ich doch schon immer gesagt). Nein:

Zu der festgestellten verbotswidrigen Nutzung eines elektronischen Geräts gemäß § 23 Abs. 1a StVO hat das Amtsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung zunächst ausgeführt, dass der Betroffene anhand der Lichtbilder auf Bl. 22 und 23 der GA ? auf die sodann gemäß §§ 71 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 1 S. 3 StPO Bezug genommen worden ist – eindeutig und zweifelsfrei als Fahrer habe identifiziert werden können. Aufgrund der Inaugenscheinnahme der Lichtbilder stehe zur Überzeugung des Gerichts weiter fest, dass der Betroffene zum Tatzeitpunkt verbotswidrig ein elektronisches Gerät benutzt habe. Auf den Lichtbildern sei zu erkennen, dass der Betroffene ein Mobiltelefon in der Hand und an sein linkes Ohr gehalten habe. Sodann hat das Amtsgericht ausgeführt, dass es keine Feststellungen dazu habe treffen können, ob der Betroffene das Telefon zum Telefonieren an sein Ohr gehalten habe. Das Amtsgericht ist – unter Hinweis auf OLG Oldenburg, Beschluss vom 25. Juli 2018 (Az. 2 Ss OWi 201/18) – der Auffassung, dass nach der am 19. Oktober 2017 in Kraft getretenen und vorliegend anwendbaren Neufassung des § 23 Abs. 1a StVO eine tatsächliche zweckentsprechende Nutzung des elektronischen Geräts (wie hier beispielsweise das Telefonieren) nicht mehr erforderlich sei. „Das Halten an und für sich“ genüge bereits zur Verwirklichung des Tatbestandes.

….

II.

Die Rechtsbeschwerde war zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) zuzulassen (vgl. Tenor zu Ziff. 1) und die Sache auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern einschließlich des Vorsitzenden zu übertragen (vgl. Tenor zu Ziff. 2, § 80a Abs. 3 S. 1 OWiG). Die Rechtsfrage, ob allein das bloße Halten eines elektronischen Geräts während des Führens eines Fahrzeugs einen tatbestandsmäßigen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO darstellt, ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus für die Rechtsprechung im Ganzen von Bedeutung. Bei der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung, die auch künftig vielfach vorkommen kann, ist zu befürchten, dass die angefochtene Entscheidung Fehlentscheidungen dieser Art nach sich zieht, sei es durch das erkennende Tatgericht oder aber durch andere Gerichte aufgrund eines Nachahmungseffekts.

III.

Die zugelassene und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das angefochtene Urteil hält im Ergebnis sachlich-rechtlicher Prüfung stand.

1.Das Amtsgericht hat – wenn auch mit unzutreffender Begründung, aber im Ergebnis letztlich zutreffend – eine vorsätzlich begangene verbotswidrige Nutzung eines elektronischen Gerätes im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO angenommen.

Nach der zu § 23 Abs. 1a StVO a.F. ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung war ein bloßes Halten im Sinne eines Aufhebens oder Umlagerns eines Mobiltelefons nicht tatbestandsmäßig (vgl. OLG Hamm, NJW 2006, 2870; OLG Düsseldorf, NZV 2007, 95, jeweils m.w.N.). Im Unterschied zur alten Fassung der genannten Vorschrift, die ein Verbot formulierte, regelt § 23 Abs. 1a StVO in der Neufassung (nach Änderung durch Art. 1 Nr. 1 der 53. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 06. Oktober 2017 mit Wirkung zum 19. Oktober 2017) nunmehr ein Gebot, unter welchen Voraussetzungen eine Gerätenutzung zulässig ist und normiert in Abs. 1b Ausnahmen von diesen Anforderungen in bestimmten Fällen (vgl. BR-Drs. 556/17, S. 25). § 23 StVO lautet auszugsweise:

(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn

  1. hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
  1. entweder

a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder

b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.

(…)

(1b) Absatz 1a Satz 1 bis 3 gilt nicht für (…).

Aber auch nach der Neufassung der Norm ist – im Gegensatz zu der vom Amtsgericht vertretenen Auffassung – allein das bloße Halten eines elektronischen Geräts während des Führens eines Fahrzeugs kein tatbestandsmäßiger Verstoß. Eine andere Auslegung des § 23 Abs. 1a StVO n.F. wäre schon mit dem Wortlaut der Vorschrift, die jedenfalls ein „benutzen“ voraussetzt, nicht vereinbar. Fehlt es am Element der „Benutzung“, so unterfällt auch allein das „Halten“ nicht dem Verbot (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 07. Februar 2019 – 3 Ss (OWi) 8/19 – mit eingehender Begründung, juris Rn. 9 ff.). Einer solchen Auslegung steht auch nicht die vom Amtsgericht in Bezug genommene Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg entgegen. Aus der dort herangezogenen Begründung des Entwurfes der Verordnung (BR-Drs. 556/17) ergibt sich vielmehr, dass mit der Neufassung u.a. eine Regelungslücke geschlossen werden sollte, und zwar für Konstellationen, in denen das Gerät in der Hand gehalten wird, obwohl dies nicht erforderlich wäre (vgl. dazu OLG Stuttgart, Beschluss v. 25. April 2016 – 4 Ss 212/16 –). Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden, dass das Element der „Benutzung“ keine Tatbestandsvoraussetzung (mehr) sein soll (vgl. BR-Drs. 556/17, S. 26; so auch OLG Celle, a.a.O., Rn. 13).

Einer Vorlage an den Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 2 GVG i.V.m. § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG bedurfte es vorliegend nicht. Die vom Oberlandesgericht Oldenburg geäußerte Rechtsauffassung, dass bereits das Halten eines Mobiltelefons während des Führens eines Fahrzeugs einen Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO n.F. darstelle und es auf den Grund des Haltens nicht ankomme (vgl. OLG Oldenburg, a.a.O.) ? von der vorliegend abgewichen werden soll – war nicht tragende Grundlage jener Entscheidung. In dem dort zu entscheidenden Fall war aufgrund des mehrere Sekunden andauernden Anschauens des Displays eine über das bloße Halten des Mobiltelefons hinausgehende Benutzung des Geräts ohne Zweifel gegeben (so auch OLG Celle, a.a.O., Rn. 15).

Zwar ist zur Verwirklichung des Bußgeldtatbestandes in der Neufassung über das bloße Halten eines elektronischen Gerätes (das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist) hinaus eine „Benutzung“ des Geräts während des Führens eines Fahrzeugs erforderlich. Jedoch bedarf die Frage, ob hierfür irgendein Zusammenhang des Aufnehmens oder Haltens mit einer der Bedienfunktionen des Gerätes, also mit seiner Bestimmung zur Kommunikation, Information oder Organisation hinzukommen muss (so eingehend begründet OLG Celle, a.a.O., Rn. 9 ff.; so wohl auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 05. Oktober 2018 – 2 Rb 9 Ss 627/18 –, juris), oder aber auch irgendeine, wenn auch zweckentfremdete Benutzung genügt, im vorliegenden Fall indes keiner abschließenden Entscheidung:

Der Betroffene hat sich ausweislich der Urteilsgründe zu diesem ihm vorgeworfenen Verstoß nicht eingelassen. Die Identifizierung des Betroffenen als Fahrer hat das Amtsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Aufgrund der prozessordnungsgemäßen Verweisung auf die Lichtbilder (Bl. 22 und 23 d.A.) sind diese selbst Urteilsbestandteil geworden und können vom Senat als Rechtsbeschwerdegericht aus eigener Anschauung gewürdigt werden. Auf den Lichtbildern ist für den Senat deutlich zu erkennen, dass der Fahrer des LKW ein Mobiltelefon in der linken Hand und an sein linkes Ohr hält. Dies lässt bereits den sicheren Schluss zu, dass der Betroffene das Mobiltelefon nicht nur gehalten, sondern auch eine Funktion des Gerätes, die der Kommunikation, der Information oder der Organisation diente bzw. zu dienen bestimmt war, genutzt hat. Bereits aus der eindeutigen und beispielsweise für ein Telefonieren bzw. Abhören einer Sprachnachricht typischen Art und Weise, wie das Mobiltelefon hier gehalten wird, kann der sichere Rückschluss auf die Nutzung einer Bedienfunktion gezogen werden. Insbesondere ist die Wahrnehmung von Sprechbewegungen für die Annahme einer solchen Nutzung nicht zwingend erforderlich. Für die Annahme eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO bedarf es auch keiner weiteren Feststellungen, welche Bedienfunktion konkret verwendet wurde (vgl. OLG Celle, a.a.O., Rn. 16). Ein bloßes Halten – insbesondere im Sinne eines Aufhebens oder Umlagerns – oder eine zweckentfremdete Nutzung des Mobiltelefons schließt der Senat vorliegend sicher aus.“

Sag ich doch 🙂 . Und auch das hatte ich (vorher) gesagt: Der „Streit“ wird bei der Frage der Benutzung entschieden werden.

Nur damit kein falscher Eindruck entsteht: Das Bild passt zur Entscheidung, nicht zur Überschrift 🙂 .

OWi II: „Telefonieren“ geht nur vorsätzlich, oder: Wie gehabt….

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Die zweite Entscheidung zum Mobiltelefon und damit zum (neuen) § 23 Abs. 1a StVO kommt aus Bamberg. Das OLG Bamberg hat sich im OLG Bamberg, Beschl. v. 15.01.2019 – 3 Ss OWi 1756/18 – mit der Frage der (möglichen) Schuldform bei verbotener Nutzung elektronischer Geräte befasst. Die Frage hatten die OLG zum alten § 23 Abs. 1a StVO ja dahin beantwortet, dass der Verstoß in der Regel vorsätzlich begangen wird. Und das bestätigt das OLG Bamberg in dem Beschluss auch für die Neufassung:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Betr. wegen verbotener Nutzung elektronischer Geräte (hier: Smartphone; Tatzeit: 02.05.2018) gemäß § 23 Ia StVO in der seit dem 19.10.2017 gültigen Fassung aufgrund Art. 1 Nr. 1a der 53. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften v. 06.10.2017 (BGBl. 2017 I, 3549) zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt. Der hiergegen in zulässiger Weise angebrachte Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

„1. Nach § 80 I OWiG darf die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermögli­chen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor. Wegen der weiteren Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen der GStA in deren Antragsschrift vom 19.12.2018 Bezug. Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird daher nach § 80 IV S. 1 und 3 OWiG verworfen. Damit gilt die Rechtsbeschwerde als zurückgenommen (§ 80 III 2 i.V.m. IV 4 OWiG).

2. Außerhalb der durch das Rechtsmittel veranlassten Sachprüfung bemerkt der Senat ergänzend: Das angegriffene Urteil enthält rechtsfehlerhaft weder im Schuldspruch noch im Sachverhalt oder im Rahmen der rechtlichen Würdigung Angaben dazu, von welcher Schuldform das AG ausgegangen ist. Zwar ist eine den Betroffenen nicht beschwerende Annahme einer nur fahrlässigen Tatbegehung denkbar, jedoch wird in vergleichbaren Fällen auch für die Neuregelung des Bußgeldtatbestandes in § 23 Ia StVO regelmäßig von vorsätzlicher Tatbegehung auszugehen sein (jeweils noch zu § 23 Ia a.F. vgl. schon OLG Karlsruhe, Beschl. v.om 13.08.2013 – 2 [6] Ss 377/13 = Justiz 2015, 14; KG, Beschl. v. 30.11.2015 – 2 Ss 272/05 = DAR 2006, 336 = NJW 2006, 3080 = NZV 2006, 609 und OLG Hamm, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 Ss OWi 580/08 = NZV 2008, 583 = VRS 115 [2008], 207), wofür im Übrigen die Aufnahme des Verstoßes in Teil II BKat (vgl. Nr. 246.1, 246.2) spricht.“

Damit gelten auch alle weiteren Überlegung, die auf dieser Ansicht gründen, wie z.B. keine Erhöhung der Geldbuße wegen Vorsatzes (vgl. auch „Elektronische Geräte/Mobiltelefon im Straßenverkehr“).