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OWi I: Nochmals Mobiltelefon/elektronisches Gerät, oder: In-der-Hand-halten reicht nicht.

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Ich habe ja schon einige Entscheidungen zum „neuen“ § 23 Abs. 1a StVO vorgestellt, die sich mit der Frage befasst haben: Reicht das bloße In-der-Hand-Halten des elektronischen Gerätes jetzt aus zur Vollendung des Tatbestandes? Nachdem das OLG Oldenburg das in einem obiter dictum bejaht hat, haben alle anderen OLG, die sich mit der Frage befasst haben, diese verneint. Das waren die OLG Celle im OLG Celle, Beschl. v. 07.02.2019 – 3 Ss (OWi) 8/19 und das OLG Hamm im OLG Hamm, Beschl. v. 28.02.2019 – 4 RBs 30/19. Und zu der letzten Gruppe gehört auch das OLG Brandenburg mit dem OLG Brandenburg, Beschl. v. 18.02.2019 – (2 Z) 53 Ss-OWi 50/19 (25/19):

„Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Zulassung ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat dazu in ihrer Stellungnahme vom 23. Januar 2019 das Folgende ausgeführt:

„1.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zur Fortbildung des Rechts nicht geboten.

Nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 23 Absatz 1a StVO in der alten Fassung war dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er es hierfür aufnimmt oder hält. In der obergerichtlichen Rechtsprechung war hinreichend geklärt, dass schon nach seinem Wortsinn der Begriff der Benutzung erfordert, dass die Handhabung des Mobiltelefons einen Bezug zu einer der Funktionen des Geräts aufweist. Nicht das Aufnehmen und Halten des Mobiltelefons als solches wurde untersagt, sondern – wie das zweckgerichtete Tatbestandsmerkmal „hierfür“ verdeutlichte – allein dessen bestimmungsgemäße Verwendung (vgl. OLG Düsseldorf NZV 2007, 95; OLG Köln NStZ 2006, 248). Demzufolge ist bei einem bloßen Aufheben oder Umlagern eines Mobiltelefons ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1 a StVO verneint worden, weil bei einer solchen Handhabung jeglicher Bezug zu einer gerätetechnischen Bedienfunktion fehlt (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Köln a.a.O.).

Nach der seit dem 19.10.2017 geltenden Fassung darf ein Fahrzeugführer ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird. Somit liegt auch nach der Neufassung ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1 a StVO nur vor, wenn das Mobiltelefon aufgenommen oder gehalten wird, um es zu benutzen. Nichts anderes ergibt sich aus der Entscheidung des OLG Oldenburg vom 25. Juli 2018 (2 Ss (OWi) 201/18), denn auch darin ist ausgeführt worden, dass eine Nutzung nur dann zulässig ist, wenn das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird. Nach den in jenem Verfahren getroffenen amtsrichterlichen Feststellungen hatte der Betroffene ein Mobiltelefon in der rechten Hand gehalten und mehrere Sekunden auf das Display geschaut, woraus das Amtsgericht geschlossen hatte, dass er das Mobiltelefon verwendet habe. Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist das OLG Oldenburg zu der Auffassung gelangt, dass der Betroffene bereits durch das Halten des Smartphones gegen § 23 Abs. 1 a StVO n.F. verstoßen hat. Aus der Entscheidung ergibt sich hingegen nicht, dass jegliches Halten, egal aus welchem Grund, einen Verstoß darstellen würde. Vielmehr ist z.B. das bloße In-die-Hand-Nehmen des Gerätes, um es nur woanders hinzulegen, nach wie vor keine Nutzung.

2.

Der vorliegende Sachverhalt gebietet auch nicht die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

Dieser Zulassungsgrund dient der Verhinderung schwer erträglicher Unterschiede in der Rechtsprechung, die sich naturgemäß nur dort ergeben können, wo über den Einzelfall hinausreichende, übergreifende Gesichtspunkte betroffen sind (vgl. Göhler/Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 80 Rn. 4 m.w.N.). Er ist gegeben, wenn ein Gericht in einer bestimmten Rechtsfrage bewusst oder in ständiger Praxis von der höchstgerichtlichen oder obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht und deshalb auch in Zukunft mit fehlerhaften Entscheidungen dieses Gerichts gerechnet werden muss; er dient dagegen nicht der Einzelfallgerechtigkeit, das heißt, der Korrektur einer im Einzelfall unbewusst getroffenen Fehlentscheidung (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 12. Dezember 1983 – 3 Ss OWi 1703/83 -, juris).

Zwar erweist sich die vom Bußgeldrichter getroffene Feststellung, schon allein das Halten des Mobiltelefons stelle einen Verstoß gegen § 23 Abs.1a StVO dar, da es auf die Frage, weshalb der Betroffene es in der Hand gehalten habe, nicht ankommen würde, nach den Ausführungen unter Ziff. 1 als rechtsfehlerhaft. Diese Auffassung findet in der Entscheidung des OLG Oldenburg keine Rechtsgrundlage. Es hätte vielmehr der Auseinandersetzung mit der Einlassung des Betroffenen anhand des auch diesen Verstoß dokumentierenden Lichtbildes bedurft.

Es steht jedoch nicht zu besorgen, dass der Bußgeldrichter, dessen Entscheidung auf einem Missverständnis hinsichtlich der Auslegung der Entscheidung des OLG Oldenburg zu beruhen scheint, nach der Senatsentscheidung in vorliegender Sache in Zukunft die in jedem Einzelfall gebotene Auseinandersetzung mit der Einlassung des Betroffenen nicht vornehmen wird.“

Diesen zutreffenden Erwägungen tritt der Senat bei.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 80 Abs. 4 S. 3 OWiG ab.“

Tja, richtig gelesen. Die Entscheidung des AG war falsch, das OLG hat aber dennoch die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen mit der den Betroffenen sicherlich „freuenden“ Begründung: Ist zwar falsch, das AG wird es aber nicht wieder tun. M.E. hätte man auch den anderen Weg gehen können, wenn nicht müssen. Jedenfalls wird man die Entscheidung dem Betroffenen kaum vermitteln können.