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Kfz-Diebstahl, oder: Der verletzte Kfz-Dieb hat keinen Anspruch gegen den Kfz-Versicherer des Bestohlenen

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Aus dem Kessel Buntes dann heute zunächst das BGH, Urt. v. 27.02.2018 – VI ZR 109/17. Es geht um den Direktanspruch gegenüber einem Kfz-Haftpflichtversicherer nach Diebstahl.

Im September 2004 hatten der damals 15-jährige J. (im Folgenden: Leistungsempfänger) und der damals 16-jährige M. (im Folgenden: Schädiger) gemeinsam einen bei der Beklagten haftpflichtversicherten Motorroller gestohlen. Beide verfügten nicht über die für das Führen des Rollers erforderliche Fahrerlaubnis, fuhren aber dennoch mit dem Roller, wobei sie abwechselnd die Position des Fahrers bzw. Sozius einnahmen. Während einer dieser Fahrten kollidierten sie – der Schädiger in der Position des Fahrers, der Leistungsempfänger in der Position des Sozius – im Bereich einer Kreuzung mit einem vorfahrtsberechtigten Pkw. Der Leistungsempfänger erlitt dabei schwere Verletzungen, die u.a. zu starken Sehbehinderungen und motorischen Einschränkungen führten.

In den Jahren 2012 und 2013 besuchte der Leistungsempfänger eine Werkstatt für behinderte Menschen. Die klagende Bundesagentur für Arbeit erbrachte hierfür auf der Grundlage bestandskräftiger Leistungsbescheide Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gem. §§ 112 ff. SGB III i.V.m. §§ 33, 44 SGB IX. Insgesamt wendete sie einen Betrag von 29.997 € auf. Hiervon hat sie mit ihrer Klage unter Zugrundelegung einer hälftigen Haftungsverteilung 14.998 € nebst Zinsen verlangt und die Feststellung begehrt, dass die beklagten Kfz-Haftpflichtversicherung verpflichtet ist, ihr bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 SGB X 50% jeden weiteren Schadens aus dem Verkehrsunfall zu ersetzen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat der BGH nun die Entscheidung des OLG aufgehoben und die Berufung zurückgewiesen.

Der Leitsatz der BGH-Entscheidung lautet:

„Wird nach einem von zwei Mittätern begangenen Fahrzeugdiebstahl der eine Täter als Beifahrer des entwendeten Fahrzeugs bei einem vom anderen Täter als Fahrer verursachten Verkehrsunfall verletzt, so ist der verletzte Täter nach § 242 BGB daran gehindert, den ihm gegen den fahrenden Mittäter zustehenden Schadensersatzanspruch gem. § 3 Nr. 1 PflVG a.F. direkt gegenüber dem Kfz-Haftpflichtversicherer des bestohlenen Halters geltend zu machen.“

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, oder: Wenn der Beifahrer einen Radfahrer „vom Rad holt“

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Meist ist es ja der BGH, der zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) „Stellugn nimmt“. Hier haben wir aber mal wieder eine OLG-Entscheidung, nämlich den OLG Hamm, Beschl. v. 31.01.2017 – 4 RVs 159/16, und zwar zu einer etwas atypischen Verkehrssituation:

Am 07.07.2015 gegen 22:15 Uhr befuhr der Zeuge T mit seinem Fahrrad die N-straße in Q aus Richtung L kommend. In dem verkehrs-beruhigten Bereich (Spielstraße)der Kreuzung N-straße/I-straße überholte erden dort stehenden bzw. gerade wieder anfahrenden Pkw vom Typ N1,amtliches Kennzeichen ## ## ###, welcher von dem vormaligen Mitangeklagten Y gesteuert wurde und in welchem sich der Angeklagte E als Beifahrer befand, mit hoher Geschwindigkeit rechts und bog sodann knapp vor dem N1 nach rechts in die I-straße in Richtung H-straße ein. Der Zeuge Y, welcher ebenfalls gerade nach rechts abbiegen wollte, war hierdurch gezwungen, wieder zu bremsen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Aufgrund des riskanten Fahrmanövers entschlossen sich nun der Zeuge Y und der Angeklagte, den Zeugen T für dessen Verhalten zur Rede zu stellen. Der Zeuge Y beschleunigte daher den Pkw stark, hupte, überholte den Zeugen T. dessen Fahrrad und lenkte den Pkw sodann schräg nach rechts, um diesem den Weg abzuschneiden. Gleichzeitig – noch während des Abdrängens – öffnete der Angeklagte E, den Plan des Zeugen Y unterstützend, ein Stück weit die Beifahrertür. Durch das Querstellen des Fahrzeuges sowie das gleichzeitige Öffnen der Beifahrertür sah der Zeuge T seinen Fahrweg versperrt und sich zu einer Notbremsung und einem Ausweichmanöver gezwungen. Dabei prallte er gegen die Rückseite des am rechten Straßenrand geparkten PKW P der Zeugin T und stürzte vom Fahrrad. Der Zeuge Y hielt den M1 nur kurz an. Nachdem er und der Angeklagte den Sturz des Radfahrers registriert hatten, fuhren sie sodann unter starker Beschleunigung davon, ohne sich bei diesem über sein Wohlergehen zu erkundigen.“

Das LG verurteilt wegen „eines gemeinschaftlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung nach den §§ 223 Abs. 1,224 Abs. 1 Nr. 5, 315 b Abs. 1 Nr. 3, 25 Abs. 2, 52 StGB. Und das „hält“ beim OLG Hamm:

„a) Der Angeklagte ist – wie das Landgericht Paderborn zutreffend angenommen hat – Mittäter i.S.v. § 25 Abs. 2 StGB. Unschädlich ist, dass er als Beifahrer das Fahrzeug nicht selbst gelenkt hat. Bei § 315 b Abs. 1 StGB handelt es sich nicht um ein eigenhändiges Delikt. Täter i.S.v. § 315 b Abs. 1 StGB kann jeder – auch der Beifahrer – sein, der das tatbestandsmäßige Geschehen im Sinne der Nummern 1 bis 3 beherrscht. Dies gilt auch im Fall des hier vorliegenden sog. verkehrsfremden Inneneingriffs. Anknüpfungspunkt ist insoweit gerade nicht das Führen des Fahrzeugs. Es kommt vielmehr darauf an, dass das Fahrzeug nicht mehr als Mittel der Fortbewegung genutzt, sondern zur Verletzung oder Nötigung eingesetzt wird (Wolters in: SK-StGB, 9. Aufl., § 315 b Rn. 26; König in: Leipziger Kommentar, StGB, 12. Aufl., § 315 b Rn. 92; Pegel in: Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 315 b Rn. 60). Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Angeklagte hat nach den Feststellungen des Landgerichts die Beifahrertür des von dem Zeugen Y gelenkten Fahrzeugs bewusst geöffnet, um den geschädigten Zeugen T abzudrängen und „vom Rad zu holen“. Damit hat er das Fahrzeug im vorbeschriebenen Sinne zweckentfremdet.

b) Es bedarf entgegen den Ausführungen des Landgerichts keines Rückgriffs auf die Generalklausel des § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB.

Wer im fließenden Verkehr mit seinem Kraftfahrzeug einem anderen Verkehrsteil-nehmer den Weg abschneidet, ohne durch die Verkehrslage irgendwie dazu veranlasst zu sein und um dem anderen die Weiterfahrt unmöglich zu machen, bereitet ein Hindernis im Sinne von § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB (BGH, Beschluss vom 01.09.1967 – 4 StR 340/67; Beschluss vom 15.12.1967 – 4 StR 441/67; Sternberg-Lieben/Hecker in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 315 b Rn. 8).

So ist es hier. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte bereits vorsätzlich ein Hindernis im Sinne von § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB bereitet, indem der frühere Mitangeklagte Y entsprechend eines zuvor gemeinsam gefassten Tatplans das von ihm gelenkten Fahrzeug schräg nach rechts lenkte, während der Angeklagte die Beifahrertür öffnete, um dem Geschädigten T so den Weg abzuschneiden.“

BtM III: Du warst kein „Mittäter“ bei der Einfuhr oder was?

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Bei der Verteidigung im BtM-Bereich (vgl. vorhin schon den BGH, Beschl. v. 16.02. 2016 – 1 StR 525/15 und dazu BtM I: Bitte nicht nur „Vermutungen“, oder der zu „Vertuschungszwecken vorgeschobene Zahlungsempfänger“ und den BGH, Beschl. v. 16.02. 2016 – 1 StR 525/15 und dazu BtM II: Das war kein „Handeltreiben“) spielen die Probleme im Zusammenhang mit der Frage: Mittäter bei der Einfuhr von BtM (in nicht geringer Mnege) , eine erhebliche Rolle, und zwar vor allem hinsichtlich der Strafhöhe. Dazu verhält sich dann mal wieder der BGH, Beschl. v. 05.04.2016 – 3 StR 554/15. Nach den vom LG getroffenen Feststellungen hatte die Freundin des Angeklagten einem gemeinsamen Tatplan entsprechend bei einem Händler in den Niederlanden Heroin, Amphetamin und Streckmittel bestellt (wie man das eben so macht 🙂 ). Das Rauschgift war teilweise zum gewinnbringenden Weiterverkauf, teilweise zum jeweils hälftigen Eigenkonsum durch den Angeklagten und seine Freundin bestimmt. Aufgrund einer Erkrankung seiner Freundin beabsichtigte der Angeklagte, die Betäubungsmittel in den Niederlanden abzuholen. An der Grenze wurde ihm jedoch die Weiterreise aufgrund seiner Alkoholisierung untersagt. Daher unternahm nach telefonischer Abstimmung schließlich doch seine Freundin mit einem auf den Angeklagten zugelassenen PKW die Fahrt in die Niederlande, während dieser die Heimreise antrat. Die Freundin des Angeklagten erwarb sodann in den Niederlanden die Betäubungs- und -streckmittel, konsumierte einen Teil des Heroins und des Amphetamins und verbrachte den Rest nach Deutschland. Hier wurde sie aufgrund ihres auffälligen Fahrstils von der Polizei aufgegriffen und zu einer Wache verbracht. Es gelang ihr aber, das Rauschgift zu verstecken. Nachdem sie dem Angeklagten ihren Aufenthaltsort mitgeteilt hatte, holte dieser sie ab und half ihr, die Betäubungsmittel nach Hause zu bringen.

Frage: Ist der Angeklagte Mittäter der Einfuhr? Dazu der BGH:

b) Zwar ist es nicht erforderlich, dass der Täter der Einfuhr das Rauschgift eigenhändig ins Inland verbringt. Vielmehr kann auch derjenige, der die Betäubungsmittel nicht selbst nach Deutschland transportiert, (Mit-)Täter der Einfuhr des unmittelbar handelnden Täters sein, wenn er einen Tatbeitrag erbringt, der sich bei wertender Betrachtung nicht nur als Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der zur Tatbestandsverwirklichung führenden Tätigkeit aller Mitwirkenden darstellt, und der die Tathandlungen der anderen als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheinen lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 22. Juli 1992 – 3 StR 35/92, BGHSt 38, 315, 319 mwN). Wesentliche Anhaltspunkte für die Täterschaft sind dabei der Grad seines Tatinteresses, der Umfang der Tat-beteiligung, die Tatherrschaft und der Wille dazu, die in eine wertende Ge-samtbetrachtung einzubeziehen sind (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 11. Juli 1991 – 1 StR 357/91, BGHSt 38, 32, 33 mwN). Auch der im Inland aufhältige Empfänger von Betäubungsmitteln aus dem Ausland kann deshalb wegen täterschaftlicher Einfuhr von Betäubungsmitteln strafbar sein, wenn er sie durch Dritte über die Grenze bringen lässt und dabei mit Täterwillen die Tatbestandsverwirklichung fördernde Beiträge leistet. Hat der Empfänger hingegen keinen Einfluss auf den Einfuhrvorgang und wartet er nur darauf, dass der Lieferant ihm die eingeführten Betäubungsmittel bringt, kann er sich zwar etwa wegen einer Bestellung des Rauschgifts wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln strafbar machen; die bloße Bereitschaft zur Entgegennahme der eingeführten Betäubungsmittel begründet aber weder die Stellung als Mittäter noch als Gehilfe der Einfuhr (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 167 mwN).

c) Nach diesen Maßstäben ist die Wertung, der Angeklagte sei als Mit-täter der Einfuhr anzusehen, rechtsfehlerhaft.

Der Angeklagte hatte zwar ein nicht unerhebliches Interesse an dem Erwerb der Betäubungsmittel sowie deren Transport nach Deutschland, da er diese teilweise mitverkaufen und teilweise selbst konsumieren wollte. Dies allein begründet seine (Mit-)Täterschaft an der Einfuhr der Drogen hier aber mit Blick auf den Umfang der Tatbeteiligung und die fehlende Tatherrschaft des Angeklagten nicht. Die Strafkammer hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass der Angeklagte einen auch nur geringen Einfluss auf den konkreten Transport der Betäubungsmittel von den Niederlanden nach Deutschland hatte. Diesen Teil der Tat führte vielmehr allein die ebenfalls mit einem erheblichen Eigeninteresse handelnde Freundin des Angeklagten aus. Dieser beteiligte sich lediglich an der Planung des Einkaufs, unternahm einen bereits an der Grenze zu den Niederlanden endenden vergeblichen Versuch, das Rauschgift zu erwerben, informierte seine Freundin hierüber und half schließlich beim Weitertransport der sich bereits in Deutschland befindenden Betäubungsmittel. Beim Erwerb des Heroins, Amphetamins und der Streckmittel in den Niederlanden war der Angeklagte ebenso wenig zugegen wie bei der sich anschließenden Rückfahrt seiner Freundin, die mit dem erworbenen Rauschgift trotz ihres Zu-stands selbstständig bis auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelangte.“

Kleiner Grundkurs: Räuberischer Diebstahl

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Manchmal ist man/bin ich schon erstaunt, welche Grund(satz)fragen der BGH entscheiden muss. Das fragt man sich dann schon, warum eigentlich die Strafkammer nicht selbst auf die „Idee“/den häufig ziemlich eindeutigen Fehler gekommen ist. So ist es mir mal wieder beim BGH, Beschl. v. 16.09.2014 – 3 StR 373/14 – ergangen. Da hatte das LG den Angeklagten wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt, und zwar auf der Grundlage folgender Feststellungen:

„1. Nach den Feststellungen des Landgerichts lernten der Angeklagte und die Nichtrevidentin in den frühen Morgenstunden des 14. April 2012 den später geschädigten J. kennen und konsumierten gemeinsam in dessen Wohnung Alkohol, möglicherweise auch Amphetamin. Während einer kurzen Abwesenheit des Gastgebers fassten sie aufgrund einer entsprechenden Idee der Nichtrevidentin gemeinsam den Entschluss, diesem dessen Notebook zu entwenden. Die Nichtrevidentin wollte das Gerät als Ersatz für ihren eigenen, defekten Computer nutzen. Sie nahm das Notebook an sich und steckte es samt Ladekabeln in einen Jute-Beutel. Als sie und der Angeklagte die Wohnung des Geschädigten verlassen wollten, stellte dieser sie im Wohnungsflur und näherte sich der Nichtrevidentin, um dieser den Computer wieder abzunehmen. Um „den einmal erlangten Gewahrsam“ an dem Notebook nicht wieder zu verlieren, entschloss sich der Angeklagte, die erstrebte Rückerlangung des Notebooks durch Anwendung körperlicher Gewalt zu verhindern. Hierzu versetzte der Angeklagte dem Geschädigten in der Folgezeit mehrere Faustschläge und brachte ihn wiederholt zu Boden, wobei sich der Ort des Geschehens verlagerte, da der Geschädigte der Nichtrevidentin, die ihrerseits mehrfach auf ihn einschlug, und dem Angeklagten immer wieder nacheilte. Zuletzt versetzte dieser dem Geschädigten ohne Wissen der Nichtrevidentin mehrere Schläge mit einem Ast gegen Körper und Kopf.“

Und dazu der BGH dann zu den Rechtsfragen:

2. Diese Feststellungen belegen nicht, dass sich der Angeklagte als Mit-täter des besonders schweren räuberischen Diebstahls (§§ 252, 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1, § 25 Abs. 2 StGB) schuldig gemacht hat.

a) Allerdings hat das Landgericht zu Recht auf § 252 StGB und nicht auf § 249 StGB abgestellt. Denn der Diebstahl war zum Zeitpunkt der ersten Gewaltanwendung bereits vollendet (hierzu BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 – 3 StR 180/10, NStZ 2011, 36, 37). Die Wegnahme in Zueignungsabsicht ist dann vollendet, wenn fremder Gewahrsam gebrochen und neuer Gewahrsam begründet ist. Für die Frage des Wechsels der tatsächlichen Sachherrschaft ist entscheidend, dass der Täter die Herrschaft über die Sache derart erlangt, dass er sie ohne Behinderung durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben und dieser über die Sache nicht mehr verfügen kann, ohne seinerseits die Ver-fügungsgewalt des Täters zu brechen. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Anschauungen des täglichen Lebens. Einen bereits gesicherten Gewahrsam setzt die Tatvollendung nicht voraus (BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 – 3 StR 182/08, NStZ 2008, 624, 625 mwN). Hiervon ausgehend genügt es bei handli-chen und leicht beweglichen Sachen, wenn der Täter diese in seiner Kleidung oder in einem seinerseits leicht zu transportierenden Behältnis verbirgt. Das Verlassen des grundsätzlichen Herrschaftsbereichs des Geschädigten ist keine Voraussetzung für die Vollendung der Wegnahme (BGH, Urteil vom 6. November 1974 – 3 StR 200/74, BGHSt 26, 24, 25 f.). Danach war vorliegend – wovon auch das Landgericht ausgegangen ist – der Diebstahl durch das Ein-stecken des Notebooks in den mitgeführten Jute-Beutel vollendet.

b) Indes kann nach allgemeiner Ansicht – bei Unterschieden im Einzelnen (umfassend Weigend, GA 2007, 274) – Täter des § 252 StGB nicht derjenige sein, der weder selbst im Besitz der entwendeten Sache ist (vgl. zum Gehilfen BGH, Urteil vom 8. Juli 1954 – 4 StR 350/54, BGHSt 6, 248, 250; hiergegen LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 252 Rn. 14 ff.), noch am Diebstahl mittäterschaftlich beteiligt war. Dies folgt aus der von § 252 StGB verlangten Besitzerhaltungsabsicht. Der Angeklagte erfüllte indes keine der die Täterschaft begründenden Voraussetzungen. Besitz am Notebook hatte die Nichtrevidentin. Dieser kann dem Angeklagten nicht gemäß § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden. Denn die Annahme des Landgerichts von Mittäterschaft bei Begehung des Diebstahls wird von den Feststellungen nicht getragen. Die Einfügung der Drittzueignungsabsicht durch das 6. Strafrechtsreformgesetz vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164) hat zwar den Anwendungsbereich der Mittäterschaft ausgedehnt, die allgemeinen Abgrenzungskriterien zwischen Täterschaft und Teil-nahme in diesem Bereich jedoch nicht außer Kraft gesetzt. Voraussetzung ist weiterhin die gemeinsame Beherrschung des Tatgeschehens aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses (Weigend aaO, 281). Nach den Feststellungen fehlte es jedoch an jeglichem Einfluss des Angeklagten auf das Geschehen der Wegnahme: diese war eine Idee der Nichtrevidentin, die allein handelte und die allein Nutzen aus der Tat ziehen sollte. Auch der festgestellte, allerdings nicht weiter erläuterte gemeinsame Tatentschluss vermag vor diesem Hintergrund Mittäterschaft nicht zu begründen.“

Drogenkurier: (Mit)Täter oder Gehilfe?

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Im Betäubungsmittelrecht stellt sich häufig für den Verteidiger die für den Mandanten im (End)Ergebnis häufig wichtige Frage: Ist der Mandant, der als Drogenkurier tätig/beteiligt war als Täter eines Handeltreibens anzusehen oder ist er nur Gehilfe? Dazu gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung des BGH, zuletzt im BGH, Beschl. v. ?20?.?03?.?2014? – 3 StR ?375?/?13?. Da führt der BGH aus:

2. In den verbleibenden 15 Fällen hält der Schuldspruch rechtlicher Überprüfung nicht stand, soweit die Strafkammer den Angeklagten – neben der tateinheitlich verwirklichten Einfuhr – wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat. Die vom Landgericht festgestellte Kuriertätigkeit des Angeklagten ist mit Blick auf den Vorwurf des Handeltreibens vielmehr lediglich als Beihilfe zu werten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs gelten für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme auch im Betäubungsmittelrecht die Grundsätze des allgemeinen Strafrechts. Für die rechtliche Einordnung der Beteiligung eines Kuriers an einem Rauschgiftgeschäft ist mithin auf dessen konkreten Beitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt abzustellen. Erschöpft sich die Tätigkeit eines Beteiligten allein im Transport von Betäubungsmitteln oder des Entgelts dafür, kommt dieser mit Blick auf das Umsatzgeschäft in der Regel keine täterschaftliche Gestaltungsmöglichkeit zu. Insoweit kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob der Kurier hinsichtlich des Transports ein hohes Maß an Selbständigkeit und Tatherrschaft innehat, denn auch bei faktischen Handlungsspielräumen insoweit wird das Handeln des Kuriers zumeist nur eine untergeordnete Hilfstätigkeit darstellen und deshalb als Beihilfe zu werten sein (BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 – 3 StR 445/10, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 77 mwN).

Etwas anderes könnte nur gelten, wenn der Kurier erhebliche, über den reinen Transport hinausgehende Tätigkeiten entfaltet, etwa am An- und Verkauf des Rauschgifts unmittelbar beteiligt ist oder sonst ein eigenes Interesse am weiteren Schicksal des Gesamtgeschäfts hat, weil er eine Beteiligung am Umsatz oder dem zu erzielenden Gewinn erhalten soll. Auch eine Einbindung des Transporteurs in eine gleichberechtigt verabredete arbeitsteilige Durchführung des Umsatzgeschäfts spricht für die Annahme von Mittäterschaft, selbst wenn seine konkrete Tätigkeit in diesem Rahmen auf die Beförderung der Drogen, von Kaufgeld oder Verkaufserlös beschränkt ist. Im Einzelfall kann auch eine weit gehende Einflussmöglichkeit des Transporteurs auf Art und Menge der zu transportierenden Drogen sowie auf die Gestaltung des Transports für eine über das übliche Maß reiner Kuriertätigkeit hinausgehende Beteiligung am Gesamtgeschäft sprechen (BGH aaO).

Solche Umstände hat die Strafkammer indes nicht festgestellt: Der An-geklagte war weder am An- und Verkauf der Betäubungsmittel unmittelbar beteiligt, noch hatte er Einfluss auf Art und Menge der zu transportierenden Dro-gen. Er erhielt keine Umsatzbeteiligung, sondern einen festen Kurierlohn. Er war nicht gleichberechtigt in die arbeitsteilige Durchführung des Umsatzge-schäftes eingebunden, sondern befolgte – mit Ausnahme des reinen Transports, den er eigenverantwortlich gestalten konnte – die Vorgaben seiner Auftraggeber.“

Hier hat es dem Angeklagten aber bei der Strafe nichts gebracht, das das LG eh schon bei der Strafzumessung die „untergeordnete Rolle“ des Angeklagten berücksichtigt hatte.