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Heute stelle ich dann mal Entscheidungen vor, die mit dem JGG zu tun haben.
An der Spitze natürlich der Beschluss des Großen Senats für Strafsachen, der BGH, Beschl. v. 20.01.2021 – GSSt 2/20. Schon etwas älter, aber vom BGH erst vor ein paar Tagen veröffentlicht.
Das Verfahren zieht sich schon etwas hin. In einem seit 2019 beim 1. Strafsenat anhängigen Verfahren hat das LG den Angeklagten – einen im Tatzeitraum Heranwachsenden – u.a. t wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung und vielfacher Betrugstaten zu einer Jugendstrafe verurteilt. Nach den Urteilsfeststellungen erbeutete der Angeklagte durch die Taten Geld und Waren im Gesamtwert von etwa 17.000 EUR, wobei dem LG-Urteil zu entnehmen ist, dass er nicht mehr bereichert und vermögenslos ist. Das Landgericht hat angenommen, dass die Einziehungsentscheidung im Jugendgerichtsverfahren namentlich wegen des das Jugendstrafrecht beherrschenden Erziehungsgedankens im Ermessen des Tatgerichts stehe. Auf dieser Basis hat es von der Einziehung des Wertes von Taterträgen abgesehen. Diese würde den Angeklagten entmutigen und der Versuchung aussetzen, erneut Straftaten zu begehen.
Der 1. Strafsenat wollte die gegen die Nichtanordnung der Einziehung gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft verwerfen. Er ist davon ausgegangen, dass aufgrund der neuen Regelungen der Vermögensabschöpfung die Entscheidung über die Einziehung von Taterträgen und des Wertes von Taterträgen (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) im Jugendstrafverfahren im Ermessen des Tatgerichts (§ 8 Abs. 3 Satz 1 JGG) steht. Die dem LG danach zustehende Ermessensausübung sei rechtlich nicht zu beanstanden.
Aber: An einer auf diese Rechtsauffassung gestützten Verwerfungsentscheidung hat sich der 1. Strafsenat durch Entscheidungen des 2. und 5. Strafsenats gehindert gesehen, wonach Einziehungsentscheidungen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB bei Vorliegen der diesbezüglichen Voraussetzungen im Jugendstrafrecht gleichfalls zwingend anzuordnen seien (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2018 – 2 StR 262/18, NStZ 2019, 221, 222; vom 24.05.2018 – 5 StR 623/17 und 624/17; vom o8.05.2019 – 5 StR 95/19; Beschl. v. 24.01.2019 – 5 StR 475/18). Er hat deshalb gemäß § 132 Abs. 3 Satz 1 GVG bei diesen Strafsenaten angefragt, ob sie an entgegenstehender Rechtsprechung festhielten. Ferner hat er beim 3. und 4. Strafsenat angefragt, ob dortige Rechtsprechung entgegenstehe und ob gegebenenfalls an dieser festgehalten werde (Beschluss vom 11. 07.2019 – 1 StR 467/18, NStZ 2019, 682 – Anfragebeschluss).
In ihren Antwortbeschlüssen haben der 2. und 5. Strafsenat an ihrer Rechtsprechung festgehalten (Beschlüsse vom 06.05.2020 – 2 ARs 203/19; vom 06.02.2020 – 5 ARs 20/19, NStZ-RR 2020, 124). Der 4. Strafsenat hat mit Beschluss vom 10.03.2020 (4 ARs 10/19, NStZ-RR 2020, 261) unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 15.01.2019 (4 StR 513/18) geantwortet, dass seine Rechtsprechung der beabsichtigten Entscheidung des 1. Strafsenats entgegenstehe und er bei dieser bleibe. In gleicher Weise hat sich der 6. Strafsenat geäußert (Beschl. v.01.12.2020 – 6 ARs 15/20). Rechtsprechung des 3. Strafsenats steht nach dessen Auskunft nicht entgegen (Beschl. v. 16.10.2019 – 3 ARs 11/19).
Deshalb dann die Vorlage zum Großen Senat für Strafsachen (BGH, Beschl. v. 08.07.2020 – 1 StR 467/18). Und der hat nun geantwortet, und zwar wie folgt:
Die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen (§ 73c Satz 1 StGB) steht auch bei Anwendung von Jugendstrafrecht nicht im Ermessen des Tatgerichts.
Die Entscheidung ist also gegen den 1. Strafsenat ausgefallen. Im Zweifel werden/müssen solche Fragen also dann im Rahmen der die Vollstreckung der Einziehungsentscheidung nach § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO entschieden werden.