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Achtung im Raum Hannover: Ggf. bleiben Temposünder wegen Erlass des Innenministeriums verschont

Die „Hannoversche Allgemeine“ meldet heute: „Temposünder bleiben wegen Erlass des Innenministeriums verschont„. Sollte man, wenn man in dem Bereich verteidigt und der angesprochene Zeitraum betroffen ist, beachten :-).

Wochenspiegel für die 48. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand…

Wir berichten:

  1. Zum Inbegriff der Hauptverhandlung, hier.
  2. Zum abirrenden Fussball hier.
  3. Zur Beiziehung von Akten aus anderen aus vom Verteidiger vorgetragenen Gründen, hier, Lächerlich?
  4. Zum Jugendstrafverfahren hier.
  5. Und immer wieder Kachelmann, hier und hier.
  6. Manchmal ist es besser, wenn man nichts sagt, könnte man auch zu dem Bericht der Kollegin Rueber schreiben: Wir überprüfen Stichwörter. Heute: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.
  7. Interessant: Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten, vgl. hier.
  8. Nintendo hinter Gittern?, vgl. hier.
  9. Zum Vorsatz bei der Geschwindigkeitsüberschreitung, hier.
  10. Die reduzierte Besetzung der großen StK, vgl. hier.

42 „Blitzer-Freisprüche“ – die werden m.E. nicht „halten“

Habe mir dann gerade Stern-TV angesehen zu den 42 Freisprüchen des Kollegen Knöner.

Na ja, der Ansatz, das BVerfG habe in seinen beiden Beschlüssen nichts zum Blitzen aus Kostengründen gesagt, ist ja kreativ, aber ich denke mal, er wird beim OLG Hamm – zuständig ist der 3. Senat für Bußgeldsachen – nicht halten. Das OLG wird sich im Zweifel auf die beiden Entscheidungen des BVerfG vom 05.07.2010 – 2 BvR 759/10 – und vom 12.08.2010 – 2 BVr 1447/10 – zurückziehen. Die waren ja zur Ermächtigungsgrundlage mehr als eindeutig. Der 2. Senat wird seine Rechtsprechung kaum ändern. Und ich suche noch den rechtlichen Ansatz des Kollegen, der ja wohl sagen will: Wenn nicht geblitzt wird aus Verkehrssicherheitsgründen, dann ist das unzulässig und die Messung unverwertbar. Ok, hat was für sich…. Nur: Er wird dazu auch Feststellungen treffen müssen, und: Wie will man das beurteilen? Haben die Behörden da nicht auch einen Ermessensspielraum…?

Zum Verfahren: Ich denke, die StA wird in die Rechtsbeschwerde gehen (müssen). Freuen können sich die Betroffenen, bei denen das Bußgeld unter der sog. Zulassungs-/Bagatellgrenze liegt. Da muss die Rechtsbeschwerde zugelassen werden. Frage: Welcher Zulassungsgrund, wenn das OLG die anderen Fälle – die nicht zugelassen werden müssen – entscheidet. Dann noch Fortbildung des Rechts? Man sieht, interessante Fragen, die der Kollege da losgetreten hat.

Schon wieder Fortbildung: Heute Abend Stern-TV – die 42 Freisprüche von „Richter Gaspedal“ aus Herford

Der Lawblog berichtet hier über die 42 Freisprüche von Betroffenen vom Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung beim AG Herford (vgl. auch hier). Der Kollege, der die Urteile gemacht hat – die SZ spricht vom „Richter Gaspedal“ – ist heute Abend bei Stern-TV (vgl. hier). Kann man sich ja mal ansehen – vielleicht gibt es noch Argumente für das eigene Verfahren…

ESO 3.0 Version 1.001 in der Diskussion: Nicht mehr immer standardisiert?

Für die Verteidigung gegen den Vorwurf eine Geschwindigkeitsüberschreitung, die mit ESO 3.0 gemessen worden ist, ist der Beschluss des OLG Naumburg v. 25.10.2010 – 1 Ss (B) 76/10 von erheblicher Bedeutung, und zwar in zweierlei Hinsicht.

1. Das OLG gibt dem AG eine Segelanweisung, die wie folgt lautet:

Das im 3. Nachtrag zur innerstaatlichen Bauartzulassung vom 05. Dezember 2006 (Geschwindigkeitsübewachungsgerät ES 3.0) in Bezug genommene Merkblatt eso ES 3.0 Vers. 1001 des Herstellers sieht vor dem Hintergrund einer vereinzelt aufgetretenen unzulässigen Abweichung der Abstandsmessung zwischen Sensorkopf zum gemessenen Fahrzeug Auswerterichtlinien zur sicheren Zuordnung des Messwertes zum gemessenen Fahrzeug bei Verwendung eines Geschwindigkeitsmessgerätes vom Typ E53.0 mit der Softwareversion bis einschließlich 1.001 vor. Nach Ziff. 1 der Auswerterichtlinien darf ein Messfoto ausge­wertet werden, wenn alle Fahrbahnteile, auf denen Messungen entstehen können, auf den Messfotos abgebildet sind und nur ein Fahrzeug auf dem Foto eindeutig mit der Vorderfront an der Fotolinie steht. Hierbei ist unter dem Begriff „alle Fahrbahnteile, auf denen Messun­gen entstehen können“ nicht allein der am Geschwindigkeitsmessgerät vor der Messung eingestellte Messbereich auf der Fahrbahn zu verstehen, da der bei der Messung neben der Geschwindigkeit des gemessenen Objekts auch ermittelte Abstandsmesswert bei Verwen­dung der Softwareversion 1.001 eben nicht der Zuordnung des Messwertes zu einem Fahr­zeug zugrunde gelegt werden kann. Dies hat zur Folge, dass das geräteintern auf dem ge­messenen Abstandswert basierende Ergebnis, das gemessene Fahrzeug habe sich in dem zuvor festgelegten Messbereich befunden oder nicht, für eine Zuordnung des Messwertes zu einem Fahrzeug dann, wenn die Fotolinie nicht über die volle Breite im Foto abgebildet ist, nicht herangezogen werden kann. Das Amtsgericht wird daher Feststellungen zu treffen haben, ob auf andere Weise, etwa durch einen aufmerksamen Messbetrieb, sichergestellt war, dass nur ein Fahrzeug in Frage kommt, dem der Geschwindigkeitsmesswert zuzuordnen ist.“

Das Messergebnis darf also nur unter der gegebenen Voraussetzung der Messlinienabbildung verwendet werden (vgl. zu ESO 3.0 auch das AG Zerbst, hier).

2. Aufgehoben hat das OLG, weil das AG den Messbeamten nicht vernommen hat. Dazu führt es aus:

„Wird bereits vor der Hauptverhandlung thematisiert, ob die Messenanlage der Gebrauchsanweisung entsprechend aufgestellt und ausgerichtet gewesen ist, gebietet es die Amtsaufklärungspflicht dem Tatgericht den Messbeamten zu befragen, ob er die abstrakten Vorgaben der Bedienungsanleitung des Herstellers beachtet und umgesetzt hat.“

Auch das wird die Tatrichter nicht freuen, ist aber an sich eine Selbstverständlichkeit.

Das Gutachten in dem Verfahren hatte im Übrigen unser Mitherausgeber aus Burhoff/Neidel/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 2. Aufl., 2010, erstattet. Schöner „Erfolg“.

Ergänzung am 03.11.2010:

Der Kollege Streib, der die Entscheidung „erstritten“ hat, weist mich gerade auf darauf hin, dass der letzte Satz nicht richtig ist. Herr Grün sein in diese Sache nicht als gerichtlicher Sachverständiger involviert gewesen. Die Frage des standardisierten Messverfahrens sei für ihn nur Nebenkriegsschauplatz gewesen, weswegen er sogar auf die Einholung eines außergerichtlichen Gutachtens verzichtet habe.

Sorry, ich hatte es anders verstanden.