ESO 3.0 Version 1.001 in der Diskussion: Nicht mehr immer standardisiert?

Für die Verteidigung gegen den Vorwurf eine Geschwindigkeitsüberschreitung, die mit ESO 3.0 gemessen worden ist, ist der Beschluss des OLG Naumburg v. 25.10.2010 – 1 Ss (B) 76/10 von erheblicher Bedeutung, und zwar in zweierlei Hinsicht.

1. Das OLG gibt dem AG eine Segelanweisung, die wie folgt lautet:

Das im 3. Nachtrag zur innerstaatlichen Bauartzulassung vom 05. Dezember 2006 (Geschwindigkeitsübewachungsgerät ES 3.0) in Bezug genommene Merkblatt eso ES 3.0 Vers. 1001 des Herstellers sieht vor dem Hintergrund einer vereinzelt aufgetretenen unzulässigen Abweichung der Abstandsmessung zwischen Sensorkopf zum gemessenen Fahrzeug Auswerterichtlinien zur sicheren Zuordnung des Messwertes zum gemessenen Fahrzeug bei Verwendung eines Geschwindigkeitsmessgerätes vom Typ E53.0 mit der Softwareversion bis einschließlich 1.001 vor. Nach Ziff. 1 der Auswerterichtlinien darf ein Messfoto ausge­wertet werden, wenn alle Fahrbahnteile, auf denen Messungen entstehen können, auf den Messfotos abgebildet sind und nur ein Fahrzeug auf dem Foto eindeutig mit der Vorderfront an der Fotolinie steht. Hierbei ist unter dem Begriff „alle Fahrbahnteile, auf denen Messun­gen entstehen können“ nicht allein der am Geschwindigkeitsmessgerät vor der Messung eingestellte Messbereich auf der Fahrbahn zu verstehen, da der bei der Messung neben der Geschwindigkeit des gemessenen Objekts auch ermittelte Abstandsmesswert bei Verwen­dung der Softwareversion 1.001 eben nicht der Zuordnung des Messwertes zu einem Fahr­zeug zugrunde gelegt werden kann. Dies hat zur Folge, dass das geräteintern auf dem ge­messenen Abstandswert basierende Ergebnis, das gemessene Fahrzeug habe sich in dem zuvor festgelegten Messbereich befunden oder nicht, für eine Zuordnung des Messwertes zu einem Fahrzeug dann, wenn die Fotolinie nicht über die volle Breite im Foto abgebildet ist, nicht herangezogen werden kann. Das Amtsgericht wird daher Feststellungen zu treffen haben, ob auf andere Weise, etwa durch einen aufmerksamen Messbetrieb, sichergestellt war, dass nur ein Fahrzeug in Frage kommt, dem der Geschwindigkeitsmesswert zuzuordnen ist.“

Das Messergebnis darf also nur unter der gegebenen Voraussetzung der Messlinienabbildung verwendet werden (vgl. zu ESO 3.0 auch das AG Zerbst, hier).

2. Aufgehoben hat das OLG, weil das AG den Messbeamten nicht vernommen hat. Dazu führt es aus:

„Wird bereits vor der Hauptverhandlung thematisiert, ob die Messenanlage der Gebrauchsanweisung entsprechend aufgestellt und ausgerichtet gewesen ist, gebietet es die Amtsaufklärungspflicht dem Tatgericht den Messbeamten zu befragen, ob er die abstrakten Vorgaben der Bedienungsanleitung des Herstellers beachtet und umgesetzt hat.“

Auch das wird die Tatrichter nicht freuen, ist aber an sich eine Selbstverständlichkeit.

Das Gutachten in dem Verfahren hatte im Übrigen unser Mitherausgeber aus Burhoff/Neidel/Grün, Messungen im Straßenverkehr, 2. Aufl., 2010, erstattet. Schöner „Erfolg“.

Ergänzung am 03.11.2010:

Der Kollege Streib, der die Entscheidung „erstritten“ hat, weist mich gerade auf darauf hin, dass der letzte Satz nicht richtig ist. Herr Grün sein in diese Sache nicht als gerichtlicher Sachverständiger involviert gewesen. Die Frage des standardisierten Messverfahrens sei für ihn nur Nebenkriegsschauplatz gewesen, weswegen er sogar auf die Einholung eines außergerichtlichen Gutachtens verzichtet habe.

Sorry, ich hatte es anders verstanden.

3 Gedanken zu „ESO 3.0 Version 1.001 in der Diskussion: Nicht mehr immer standardisiert?

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  2. Lloyd

    Hallo
    habe gerade bußgeldstelle angerufen zwecks softwareversion für das verwendete ES3.0/Nr.:5081/1 .angeblich die version 1.0/02.hat jemand erfahrung ob die noch aktuell ist?
    MfG Mike

  3. M G

    Hallo und guten Tag!

    Meinem Sohn hat man nach Messung mit dem System ESO 3.0, Software 1.001 ebenfalls eine Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn vorgeworfen und sich dabei auf ein handschriftlich falsch ausgefülltes Messprotokoll des zuständigen Polizisten berufen!
    Das zuständige Amtsgericht in Bad Neuenahr-Ahrweiler schien in der Folge während
    der Hauptverhandlung sozusagen schon im Vorfeld von der Schuld meines Sohnes
    überzeugt und ließ in der Folge hier völlig unverständliche Ausführungen des Sachverständigen auf sich „einwirken“, die sämtlich das Messsystem 3.0 mit der alten Software 1.001 sozusagen „in den Himmel hoben“.
    Dabei spielte letztlich auch keine Rolle mehr, dass es auf den Fotos an einer Abbildung auch des Seitenstreifens fehlte und dass der Polizist im Rahmen einer wiederholten
    Zeugenvernehmung nach diesseits wiederholter Befragung zugestehen musste, auch keinen „aufmerksamen“ Messbetrieb durchgeführt zu haben.
    Für das Gericht spielte nicht mal eine Rolle, dass der befragte Polizist zurückliegend
    nichts von den falschen Eintragungen ins Messprotokoll erwähnt hatte und dass er erst auf diesseitiges wiederholtes „Nachhaken“ in der letzten Verhandlung zugestand, unzutreffende Werte angegeben zu haben.
    Stattdessen schnitt der zuständige Richter uns häufig das Wort ab, ließ bestimmte Nachfragen des Öfteren nicht zu und verweigerte bestimmte Protokollierungen.

    Für mein Empfinden eine Farce!
    So wird die Rechtsprechung für mein Empfinden zu einem „Glückspiel“. …
    … je nach Gericht und in Abhängigkeit von unterschiedlichen Gutachten erfolgt ein
    Freispruch, eine Einstellung oder aber -wie vorliegend- eine Verurteilung un dies
    in Kenntnis des fehlerhaften Messprotokolls sowie gleichermaßen in Kenntnis der Fehleranfälligkeit des Messsystems bei Verwendung der „alten“ Software 1.001!

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