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Einschränkende Pflichtverteidigerbestellung – zulässig?

Die Antwort auf die Frage gibt u.a. das OLG Braunschweig, Beschl. v. 09.06.2011 – Ws 126/11: Ja, aber nur…

Ist ein wenig komplizierter das Ganze – und es geht auch um Gebühren. Zulässig ist die einschränkende Bestellung, wenn der Pflichtenkreis des Rechtsanwalts gegenständlich beschränkt wird (s.o z.B. nur Bestellung für eine mündliche Haftprüfung usw.). Diese Beschränkung ist dann bei der Vergütungsfestsetzung zu beachten und für die Staatskasse bindend. Dann werden auch nur die Gebühren festgesetzt, die dem Umfang der Bestellung entsprechen.

Grundsätzlich unzulässig ist hingegen die Beschränkung des Gebührenerstattungsanspruchs im Bestellungsbeschluss, etwa dahin, dass sich der Rechtsanwalt Gebühren, die ein bereits vorher beigeordneter Pflichtverteidiger erhält anrechnen lassen muss. Unzulässig und bei der Festsetzung unbeachtlich, weil diese Einschränkung gesetzlich nicht vorgesehen ist. Das „Aber“ in der o.a. Anwort beruht u.a.  darauf, dass „aber“ der Pflichtverteidiger sein Einverständnis erklären kann. Denn das OLG Braunschweig geht in dem Zusammenhang mit der h.M. davon aus, dass der Verzicht gegenüber der Staatskasse trotz der Regelung in § 49b Abs. 1 Satz 1 BRAO zulässig ist. Anders vor kurzem das OLG Naumburg.

Die Ansicht des OLG Braunschweig ist zu begrüßen, denn sie erleichtert die (einverständliche) Pflichtverteidigerauswechselung.

Verzicht ist Verzicht – also Vorsicht, wenn es um Gebühren geht.

Vorsicht, Vorsicht beim Verzicht auf die Pflichtverteidigergebühren. Denn das LG Koblenz sagt: Hat der Pflichtverteidiger zur Vermeidung einer „Doppelzahlung“ aus der Staatskasse auf die Pflichtverteidigervergütung vor Festsetzung der Wahlverteidigervergütung verzichtet und werden daraufhin die festgesetzten Wahlverteidigergebühren wegen offener Gerichtskosten seitens der Staatskasse aufgerechnet, hat der Pflichtverteidiger keinen Anspruch mehr auf Festsetzung der Pflichtverteidigervergütung. Ein vorbehaltlos abgegebener Verzicht ist nicht anfechtbar, selbst wenn bei Abgabe der Erklärung eine mögliche Aufrechnung seitens der Staatskasse nicht bedacht wurde (vgl. LG Koblenz, Beschl. v. 06.07.2010 – 9 Qs 67/10).

Der (unzulässige) Gebührenverzicht des Rechtsanwalts und seine Auswirkungen auf die Auswechselung des Pflichtverteidigers

Wir kennen alle die Konstellation: Dem Beschuldigten ist ein Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Er möchte einen neuen. Dann stellt sich die Frage der Auswechselung. Wann die zu erfolgen hat, ist umstritten. Jedenfalls  ist aber die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung der Ansicht, dass dann, wenn der Angeklagte und beide Verteidiger damit einverstanden sind, hierdurch keine Verfahrensverzögerung droht und der Landeskasse keine Mehrkosten entstehen, eine Auswechselung i.d.R. in Betracht kommt. Damit hängt die Frage entscheidend von den „Mehrkosten“ ab.

An dem Punkt scheiden sich dann aber die Geister, wenn es nämlich um die Frage geht, ob der „neue Pflichtverteidiger“ auf seine gesetzlichen Gebühren verzichten kann, mit der Folge, dass er dann beizuordnen/auszuwechseln ist. Das hat jetzt vor kurzem das OLG Naumburg im Beschl. v. 14.04.2010 – 2 Ws 52/10 – verneint. § 49b BRAO gilt nach seiner Auffassung nicht nur für vertragliche Absprachen zwischen dem Mandanten und dem Rechtsanwalt oder nur für nicht auch für gegen die Landeskasse gerichtete Ansprüche, sondern erfasst auch den gesetzlichen Vergütungsanspruch des Pflichtverteidigers. Dieser könne daher nicht, auch nicht teilweise, auf seine gesetzliche Vergütung verzichten (gegen OLG Frankfurt StRR 2008, 69; OLG Bamberg NJW 2006, 1536 f.; OLG Braunschweig, Beschl. v. 28. 07. 2008, 1 Ws 262/08). Schließt man sich dem an, scheidet auch eine einverständliche Auswechselung aus.