Schlagwort-Archive: Fahrerlaubnis

Ein Hilferuf kurz vor dem Abflug…

Ich hatte ja gestern schon über den Tag der Anfragen am Montag berichtet. Eine weitere Anfrage hat mich hilflos zurückgelassen = da ist selbst mir nichts Konkretes zu eingefallen. Daher gebe ich sie jetzt mal hier in die „große weite Welt der Blogs“. Vielleicht hat ja einer der mitlesenden Kollegen eine zündende Idee. Darüber würde ich mich dann nach Rückkehr sehr freuen. Also der Kollege fragt:

Ich vertrete einen Mandanten, der in Miesbach in Bayern die Geschwindigkeit übertreten hatte. Bußgeldbescheid kam wie üblich aus Viechtach, Einspruch rechtzeitig, Verfahren vor dem AG Miesbach im September 2009. Urteil dort, Geldbuße, Fahrverbot einen  Monat mit Ausnahme Traktor (P.ist Landwirt) Keine Viermonatsfrist !

Um die Zeit bis Dezember überbrücken zu können, habe ich rechtzeitig Rechtsbeschwerde eingelegt, die dann von mir am 15.12.09 zurück genommen worden ist, P. hat am 16.12.09 den FS abgegeben in Viechtach (wie dies ausdrücklich für Bürger außerhalb Bayerns auch im Bußgeldbescheid vermerkt ist !) und hat ihn am 15.1.2010 wieder zurück erhalten.

Sache war eigentlich damit erledigt.

Am 28.1.2010 erhalte ich eine Rechtsbeschwerdebegründung der StA München II zur Stellungnahme und somit erstmalig Kenntnis von der Tatsache, dass die StA wohl auch Rechtsbeschwerde eingelegt hatte.

Darauf schrieb ich, dass die Sache wegen der Abgabe des FS bereits erledigt sei und gehe inhaltlich insoweit auf die Begründung ein, als die FE für den Traktor berechtigt belassen worden ist.

Dann höre ich wieder nichts bis Anfang Mai 2010 durch ein Schreiben der Vollstreckungsstelle bei der StA München, dass der FS nun abzugeben ist, da das Urteil Miesbach seit 4.5.2010 rechtskräftig sei. Ich habe weder Kenntnis von einer Rücknahme der Beschwerde, noch von einem Urteil des OLG.

Auf meine Einwendungen hin, dass der Sanktionsgedanke des OWi-Rechts bereits erfüllt sei, einen Hinweis auf § 450StPO in entsprechender Anwendung und die Tatsache der Unkenntnis der Einlegung der Rechtsbeschwerde der StA bei Abgabe der FE erhalte ich lediglich den Hinweis auf die erst am 4.5.2010 eingetretene Rechtskraft und die Aufforderung, den FS nun binnen Wochenfrist abzugeben.“

Ich habe bislang geantwortet:

„Hallo, sorry, das verstehe ich derzeit aber auch nicht. Wenn doch die Bußgeldstelle Viechtach den FS entgegennimmt, dann muss doch ein Rechtskraftvermerk vorgelegen haben. Anderenfalls erschließt sich mir das Verhalten der Bußgeldstelle nicht. Ich würde zunächst mal Akteneinsicht beantragen.

Im Übrigen fällt mir auch nicht mehr ein als ein Hinweis auf § 450a StPO und vielleicht auf den Sinngehalt des § 59a Abs. 5 StrafVollStrO. Und dann natürlich: Gnadenantrag. Falls beschlagnahmt wird (§ 25 Abs. 2 Satz 3 StVG), Antrag auf gerichtliche Entscheidung (103 OWiG).“

Ich habe die Frage auch im Forum bei LexisNexis Strafrecht gepostet, aber auch da ist bisher bis auf einen Hinweis ggf. auf Amtshaftung, wenn die druchgeführte „Vollstreckung“ keine Grundlage hatte, und auf eine entsprechende Anwendung des § 450 Abs. 2 StPO noch kein „Knaller“ gekommen. Mit Amtshaftung kann man natürlich drohen, aber ob das in Bayern hilft?

Wer weiß also eine (noch bessere) Antwort? Leite ich gerne unter Quellenangabe weiter.

Münster: „Schlägern geht es an den Führerschein“

Die Westfälischen Nachrichten vom 12.06.2010 berichten unter dem Titel „Schlägern geht es an den Führerschein“  von der Praxis der münsterischen Ordnungsbehörden, die Fahrerlaubnis auch bei anderen Delikten als Verkehrsdelikten zu entziehen. Das hat dann beim VG Münster gehalten.  Das wird Herrn Busemann (JM Niedersachsen) freuen, vgl. hier und hier.

Teilnahme an einem Aufbauseminar hilft nur Fahranfängern, sie bringt nichts im Fahrerlaubnis-Entziehungsverfahren

Der Betroffene war wegen Fahrens unter Drogeneinfluss auffällig geworden. Es stand die Entziehung der Fahrerlaubnis an. Um dagegen argumentieren zu können, nahm der Betroffene an einem sog. Aufbauseminar für drogenauffällige Fahranfänger teil.

Das OVG Bremen meint aber in seinem Beschluss v. 20.04.2010 – 1 B 23/10: Bringt nichts. Denn fehlt einem Verkehrsteilnehmer wegen gelegentlichen Cannabiskonsums sowie der fehlenden Fähigkeit, Konsum und Fahren zu trennen, die Kraftfahreignung, ist die Teilnahme an einem Aufbauseminar für drogenauffällige Fahranfänger für sich genommen nicht geeignet, die negative Beurteilung in Zweifel zu ziehen. Die verpflichtende Teilnahme an einem Aufbauseminar stellt eine zusätzliche Maßnahme für Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe dar, die der spezifischen Anfängersituation Rechnung trägt, verdrängt aber nicht die allgemeinen Regelungen über die Fahrerlaubnisentziehung bei fehlender Kraftfahreignung. Eine positive Feststellung eines Einstellungswandels kann allein durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten getroffen werden.

Die nächste Runde bei der ausländischen Fahrerlaubnis ist eingeläutet – EuGH wird sich freuen

Tja, immer wieder Ärger/Probleme mit der EU-Fahrerlaubnis, und zwar nicht nur mit der nach im Inland im Ausland erworbenen, sondern auch, wenn es um die Umschreibung einer orginären ausländischen Fahrerlaubnis geht. So auch im Fall, der dem Urt. des OLG Koblenz v. 18.03.2010 – 10 A 11244/09.OVG – zugrunde gelegen hat.

In der Entscheidung hat das OLG eine 180°-Grad Wendung gegenüber seiner Rechtsauffassung im Eilverfahren gemacht und sich der Auffassung des VGH Kassel angeschlossen. Danach berechtigt eine von einem EU-Mitgliedstaat erteilte EU-Fahrerlaubnis ihren Inhaber trotz Eintrag eines deutschen Wohnsitzes im Führerscheindokument zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet, wenn gegen den Inhaber im Inland noch keine Maßnahme der Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis verhängt wurde. Das sehen die deutschen Behörden (teilweise) anders, womit erneut ein Verstoß gegen die EU-Führerscheinrichtlinie vorliegen dürfte.

In der Frage wird es dann demnächst eine weitere Entscheidung des EuGH geben (der wird sich freuen :-). Denn der Bayerische VGH hat mit Beschl. v. 16. 3. 2010, 11 BV 09.2752 die Frage dem EuGH geschickt. Auf in die nächste Runde.

Entziehung der Fahrerlaubnis nach Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad

Vor einiger Zeit ist in der allgemeinen Presse über eine Entscheidung des BayVGH berichtet worden, nach der dieser keine Bedenken hatte gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem StVG nach einer Trunkenheitsfahrt mit dem Fahrrad und nicht beigebrachtem MPU-Gutachten und einem Verbot, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen. Ich hatte je erst Zweifel, aber: Der Beschl. v. 08.02.2010 – 11 C 09.2200 ist eindeutig und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Anordnung der Beibringung des Gutachtens war zwingend, Gutachten war nicht beigebracht, daher Entziehung der FE und auch Verbot fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen. Ich bin selbst ein wenig überrascht. Verwaltunsgrecht ist nicht unbedingt mein Metier. Aber man lernt ja nie aus.

Zu der Problematik passt dann ganz gut die Entscheidung des VG Karlsruhe v. 09.02.2010 – 9 K 3681/09. Danach gelten die vom BVerwG im Urteil vom 21.05.2008 (– 3 C 32/07 –, BVerwGE 131, 163) aufgestellten Maßstäbe, unter welchen Voraussetzungen ein Fahrerlaubnisinhaber, der nur als Fahrradfahrer alkoholisiert am Straßenverkehr teilgenommen hat, zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, auch nach der zum 30. 10. 2008 in Kraft getretenen Änderung von Nr. 8.1. der Anlage 4 FeV. Also: Aufgepasst!