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Streng ist man mit dem Zeugen, der nicht erscheint

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Der Zeuge, der nicht zur Hauptverhandlung erscheint, muss mit Sanktionen – Ordnungsgeld und – ggf. haft (§ 51 StPO) rechnen. Das weiß im Grunde jeder. Nicht so bekannt ist wahrscheinlich, dass die Rechtsprechung im Hinblick auf eine Entschuldigung für das Ausbleiben recht streng ist. Den sicherlich meinen viele Zeugen, dass z.B. eine Urlaubsreise ihr Frenbleiben entschuldigt. Das ist aber so nicht richtig. Denn die Gerichte, insbesondere auch die Obergerichte sind da sehr streng und gehen davon aus, dass auch eine Urlaubsreise den Zeugen grundsätzlich nicht von seiner Pflicht, zur Vernehmung vor Gericht zu erscheinen, entbindet. Das hat vor kurzem noch einmal das OLG Dresden im OLG Dresden, Beschl. v. 24.02.2015 – 2 Ws 82/15 – festgestellt:

„Die Pflicht eines Zeugen, vor Gericht zu erscheinen, ist eine von der Strafprozessordnung vorausgesetzte allgemeine Staatsbürgerpflicht, bei deren Nichterfüllung § 51 StPO verfassungsrechtlich unbedenklich die Möglichkeit gibt, dem ordnungsgemäß geladenen und nicht genügend entschuldigten Zeugen die durch sein Ausbleiben verursachten Kosten aufzuerlegen und gegen ihn ein Ordnungsgeld festzusetzen (BVerfG NJW 2002, 955 m.w.N.).

Private und berufliche Pflichten haben gegenüber dieser staatsbürgerlichen Pflicht grundsätzlich zurückzutreten. Der Zeuge ist daher verpflichtet, der Ladung auch dann zu folgen, wenn dies für ihn Unannehmlichkeiten mit sich bringt oder wenn er zur zeitweisen Umgestaltung seines Organisationskreises gezwungen ist. Eine Geschäfts- oder Urlaubsreise muss er notfalls verlegen oder vorzeitig abbrechen, wenn dringende Hinderungsgründe nicht entgegenstehen und dies nicht zu unverhältnismäßigen Nachteilen führt (vgl. Thüringer Oberlandesgericht NStZ-RR 1997, 333; Meyer-Goßner/Schmitt, § 51 Rdnr. 12 m.w.N.).

Dringende Hinderungsgründe oder unverhältnismäßige Nachteile lagen indes nicht vor. Der Termin zur Hauptverhandlung fand nur einen Tag vor dem ohnehin geplanten Ende des 14-tägigen Urlaubs statt, sodass einem unterbrochenen Erholungseffekt schon deshalb keine ausschlaggebende Bedeutung zukommt. Der Zeuge hätte auch lediglich aus Schwerin zum Termin nach Chemnitz anreisen müssen; die Kosten für diese Anfahrt wären erstattungsfähig gewesen (§§ 5 Abs. 5, 19 Abs. 1 Nr. 1 JVEG). Zudem fand der Termin vor dem Landgericht des Ortes statt, in dem der Zeuge wohnt. Der Zeuge hätte seine Urlaubsreise deshalb unterbrechen oder abbrechen müssen.“

Toll, wenn man das so liest: „Allgemeine Staatsbürgerpflicht“ macht sich immer gut als Argument und hier kann man die Entscheidung auch noch, da es der letzte Tag war, einigermaßen nachvollziehen. Nur: Was ist, wenn der Termin mitten im Urlaub liegt? Muss ich dann auch in jedem Fall unterbrechen? Egal, wo ich bin? M.E. wohl kaum. Und wie ist es, wenn die ganze Familie mit dem Auto unterwegs ist? Müssen dann alle mitzurückfahren oder bleibt die Familie am Urlaubsort? Darum müsste man sich sicherlich auch mal Gedanken machen. Alles in allem: So einfach ist es m.E. nicht, aber so natürlich einfach für die Gerichte. Vor allem, wenn man – wie das OLG Dresden – davon ausgeht, dass man als Zeuge beim Schweigen des Gerichts nachfragen muss. Warum eigentlich muss eigentlich ich als Zeuge nachfragen? Das Gericht will doch was von ihm. Ach so, sicher. Staatsbürgerliche Pflicht.

Rettung in solchen Fällen kommt dann allerdings häufig über § 153 StPO. Die Gerichte stellen das Verfahren ggf. entsprechend dieser Vorschrift ein. Aber: Nach Auffassung des OLG Dresden erfasst die Einstellung des Verfahrensneben den Ordnungsmitteln nicht auch die Kostenüberbürdung . Auf denen bleibt der Zeuge dann ggf. „hängen“.

Der unrichtige Rat des Rechtsanwalts; oder: Trau, schau wem

In der letzten Zeit sind wiederholt Entscheidungen veröffentlicht worden, die sich mit der Frage auseinander setzen, ob das Ausbleiben des Angeklagten/Betroffenen in der Berufungshauptverhandlung oder in der Hauptverhandlung des Bußgeldverfahrens entschuldigt ist, wenn der Angeklagte/Betroffene aufgrund eines unrichtigen Rates oder Hinweises seines Verteidigers ausbleibt.

Zusammenfassend wird man sagen können: Die obergerichtliche Rechtsprechung sieht in diesen Fällen das Ausbleiben grds. als entschuldigt an, so lange der Angeklagte/Betroffene keinen Grund hatte dem Rat/Hinweis seines Verteidigers zu misstrauen. Das bestätigt jetzt noch mal der OLG Hamm, Beschl. v. 31.01.2013, III-1 RBs 178/12:

„Das Amtsgericht hat den Einspruch des Betroffenen mit dem angefochtenen Urteil zu Unrecht nach § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Die Voraussetzung eines Ausbleibens „ohne genügende Entschuldigung“ lag im Hauptverhandlungstermin nicht vor. Im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren ist überwiegend anerkannt, dass ein Ausbleiben zu einem Gerichtstermin auch dann als entschuldigt i.S.d. § 74 Abs. 2 OWiG anzusehen sein kann, wenn es auf einem (wenn auch unrichtigen) Rat oder Hinweis des Verteidigers beruht (OLG Hamm, Beschluss vom 06.03.2006, 4 Ss OWi 44/06; OLG Hamm, NZV 1999, 307; Göhler-Seitz, OWiG, 16. Aufl., § 74 Rdnr. 32).
……

Ein Fall, dass ausreichende Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der vom Verteidiger erteilten Auskunft bestanden hätten, die den Betroffenen zur Nachfrage bei Gericht veranlasst hätten (vgl. insoweit BayObLG, NZV 2003, 293 m.w.N.), lag hier nicht vor. Dies hätte man allenfalls annehmen können, wenn die Ladung zu dem neuen Hauptverhandlungstermin am 19.10.2012 dem Betroffenen deutlich nach dem entsprechenden Hinweis des Verteidigers zugegangen wäre, so dass er Zweifel hätte haben müssen, ob es noch bei der angedachten Verfahrensweise (Beschlussentscheidung) verblieb. Ein solcher Ablauf ist hier aber nicht ersichtlich.

 

Schönen Gruß ans AG, bin in Tirol – OWi-Verwerfungsurteil während Urlaubs des Betroffenen, geht das?

OWi-Verwerfungsurteil während Urlaubs des Betroffenen, geht das? Nun ja, es geht, allerdings wohl nich in allen Fällen. Allerdings hat das OLG Bamberg im OLG Bamberg, Beschl. v. 07.09. 2012 – 2 Ss OWi 834/12 – jetzt vor kurzem eine solche Verwerfung „abgesegnet“. und führt dazu im Leitsatz aus:

„Ein vom Betroffenen gebuchter und bereits angetretener Kurzurlaub im benachbarten Ausland steht dem Erlass eines Verwerfungsurteils nach § 74 Abs. 2 OWiG nicht ausnahmslos entgegen. Im Einzelfall kann es dem Betroffenen unbeschadet der damit verbundenen Unannehmlichkeiten auch zumutbar sein, einen Kurzurlaub im benachbarten Ausland einen Tag früher als geplant zu beenden, um sein Erscheinen in der Hauptverhandlung zu ermöglichen (Anschluss an OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.03.2008 – 1 Ss 19/08 ).

Ganz schön streng, denkt man, wenn man den Leitsatz liest. Im Beschluss heißt es dazu dann:

d) Dass sich der Betr. eigenen Angaben zufolge in der Zeit zwischen dem 03. und 06.12.2011, mithin also auch am Tag der Hauptverhandlung, urlaubsbedingt in Tirol/Österreich aufhielt, vermag sein Ausbleiben in der Hauptverhandlung ebenfalls nicht zu entschuldigen. Zwar wird ein lange vor dem Termin gebuchter oder zumindest reservierter Auslandsurlaub regelmäßig die Annahme einer genügenden Entschuldigung rechtfertigen (vgl. KK-OWiG/Senge 3. Aufl. § 74 Rn. 33). Im vorliegenden Fall wäre es dem Betr. jedoch in Anbetracht der besonderen Umstände zumutbar gewesen, seinen Kurzurlaub im benachbarten Ausland einen Tag früher als geplant zu beenden und zu der auf 06.12.2011 angesetzten Hauptverhandlung zu erscheinen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass eine vorzeitige Beendigung des Kurzurlaubs – sollte der Betr. tatsächlich erst am Nachmittag des 05.12.2011 über seinen Verteidiger vom Termin Kenntnis erlangt haben – für den Betr. möglicherweise mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden gewesen wäre. Derartige Unannehmlichkeiten hätte der Betr. jedoch insbesondere mit Blick darauf, dass er den Nichterhalt der Terminsladung allein selbst verschuldet hatte, auf sich nehmen müssen. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass das Bußgeldverfahren, dem nicht lediglich ein unbedeutender Bagatellvorwurf zugrunde lag, bereits am 20.04.2010 eingeleitet worden und seit 21.09.2010 bei Gericht anhängig war und im Wesentlichen wegen einer Vielzahl von Terminsverlegungsanträgen des Betr. bzw. seines Verteidigers bis dato nicht zum Abschluss gebracht werden konnte. Hinzu kommt, dass sich auch die finanziellen Auswirkungen einer vorzeitigen Beendigung des Kurzurlaubs für den Betr. bei einem Übernachtungspreis von 125 € in Grenzen gehalten hätten (vgl. hierzu auch OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.03.2008 – 1 Ss 19/08 [bei juris] = VRR 2008, 393 f. [Burhoff]). Diese besonderen Umstände rechtfertigen es, die Abwesenheit des Betr. auf Grund eines bereits vor der Anberaumung des Hauptverhandlungstermins gebuchten Kurzurlaubs ausnahmsweise nicht als entschuldigt anzusehen. Darauf, dass das Gericht über seinen kurzfristig durch seinen Verteidiger gestellten Antrag auf Terminsaufhebung noch vor der Hauptverhandlung entscheidet und diesem statt gibt, durfte der Betr. vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht vertrauen (vgl. KG, Beschluss vom 20.07.1993 – 2 Ss OWi 80/93 = NZV 1993, 453 = VRS 85, 449 f.).

Man kann sich, wenn man den Beschluss liest, des Eindrucks nicht erwehren – „wegen einer Vielzahl von Terminsverlegungsanträgen„, dass AG und OLG „die Fxen dicke hatten“ und den „Sack zugemacht“ haben. Denn z.T. wird in der Rechtsprechung bei vorher gebuchtem Urlaub anders entschieden.

 

Die englische Woche im Fußball demnächst beim OLG Düsseldorf, oder: Musste Sidney Sam zur HV Kommen?

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Vermutlich wird sich demnächst das OLG Düsseldorf mit der Frage beschäftigen, ob ein Trainingslager zwischen zwei Spielen in einer englischen Woche der Fußball-Bundesliga ein Grund, einen Verhandlungstermin beim (Amts)Gericht nicht wahrzunehmen. Um die Frage ging es nämlich beim AG Düsseldorf. Dort war das Verfahren gegen den Fußballprofi Sidney Sam anhängig. Gegen den war ein Bußgeldbescheid – wohl wegen Verstoßes gegen § 24a Abs. 1 StVG – erlassen worden mit einer Geldbuße und einem Fahrverbot (vgl. u.a. hier).

Nach Einspruch war dreimal die Hauptverhandlung anberaumt worden, dreimal war der Termin verlegt worden. Nun hat es dem AG Düsseldorf gereicht. Die vierte Hauptverhandlung  wurde nicht mehr verlegt. Das war beantragt worden mit der Begründung, der Betroffene könne wegen der anstehenden Vorbereitung auf die Heimpartie gegen Greuther Fürth, bei der er nach Auffassung seines Clubs nicht fehlen durfte, nicht kommen. Die Amtsrichterin hat – so die Pressemeldung – dagegen gehalten, es sei Sam wie jedem anderen Berufstätigen zumutbar, sich auf einen Verhandlungstermin einzustellen und wie in diesem Fall das Mannschaftshotel dafür zu verlassen.

Also: Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG. Die Sache wird sicherlich in die Rechtsbeschwerde gehen und das OLG Düsseldorf beschäftigen. Ohne Kenntnis der Akten wird man die Frage kaum abschließend beurteilen können. Auf der anderen Seite: Wie ist es/war es mit einer Terminsabstimmung?

Ach so: Bayer Leverkusen – da spielt Sidney Sam – hat gegen Greuther Fürth 2 : 0 gewonnen (vgl. hier).

 

Anreise aus Australien/Neuseeland? Aber nicht in Verfahren mit Geldbuße von (nur) 500 €….

Der Betroffene hatte Einspruch eingelegt gegen einen Bußgeldbescheid wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs StVG mit einer Geldbuße von 500 € und einem Fahrverbot von einem Monat. Es wird Hauptverhandlung anberaumt. Der Betroffene erscheint nicht. Das AG verwirft nach § 74 Abs. 2 OWiG den Einspruch. Das AG sieht das Vorbringen des Betroffenen nicht als ausreichende Entschuldigung an: und führt aus: „ein langfristiger Aufenthalt von einem Jahr Dauer in Australien/Neuseeland stellt keinen Entschuldigungsgrund dar“. Der OLG Hamm, Beschl. v. 21.02.2012 -III-3 RBs 365/11 sagt: Doch.

Für die Prüfung der Möglichkeit oder Zumutbarkeit des Erscheinens in der Hauptverhandlung kommt es damit nicht – wie in den häufig vorkommenden Fällen einer Terminskollision zwischen der Hauptverhandlung und einer (kurzen) Urlaubsreise (vgl. hierzu OLG Hamm, BeckRS 2005, 07058) – primär darauf an, ob für den Betroffenen eine Verlegung seiner Reise möglich oder zumutbar gewesen wäre; entscheidend ist vielmehr, ob dem Betroffenen die kurzzeitige Unterbrechung seines Auslandsaufenthaltes und die vorübergehende Rückkehr nach Deutschland vor dem eigentlich geplanten Rückkehrtermin zum Zwecke der Teilnahme an der Hauptverhandlung hätten zugemutet werden können (OLG Celle, BeckRS 2011, 26738). Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der – vor allem finanzielle – Aufwand für eine Rückreise außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache steht und weder unter dem Gesichtspunkt eines drohenden Verlustes von Beweismitteln noch unter dem Gesichtspunkt einer drohenden Verfolgungsverjährung eine Hauptverhandlung vor dem geplanten Termin der Rückkehr nach Deutschland erforderlich ist. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, NJW 1994, 1748. Dort war der Grund für das Fernbleiben nicht – wie hier – ein von vornherein befristeter Auslandsaufenthalt, sondern ein Auslandsaufenthalt von ungewisser Dauer.

 b) Die vorstehend skizzierten Voraussetzungen für eine genügende Entschuldigung liegen vor.

 Der finanzielle Aufwand für eine kurzzeitige Rückkehr aus Australien nach Deutschland hätte in keinem Verhältnis zur Bedeutung der Sache gestanden. Gegenstand des Verfahrens ist lediglich eine Ordnungswidrigkeit im Straßenverkehr mit einem überschaubaren Sachverhalt und einem ebenfalls überschaubaren Sanktionsrahmen. Eine Hauptverhandlung vor der geplanten Rückkehr des Betroffenen nach Deutschland im November 2011 war auch nicht erforderlich, um dem drohenden Verlust von Beweismitteln oder dem Eintritt der Verfolgungsverjährung zu begegnen. Die Verjährungsfrist beträgt im vorliegenden Fall nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 OWiG ein Jahr. Das Amtsgericht hätte am Tage der Hauptverhandlung ohne Weiteres eine Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 OWiG durch die vorläufige Einstellung des Verfahrens wegen der Abwesenheit des Betroffenen nach § 46 Abs. 1 OWiG iVm § 205 StPO herbeiführen können.“