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Im zweiten Posting des Tages dann noch einmal zwei Entscheidungen, die sich erneut/auch mit der Frage der nachträglichen Beiordnung befassen. M.E. liegen zu der Problematik inzwischen die meisten Entscheidungen vor, die – wenn ich es richtig sehe – alle beigeordnet haben.
So auch im LG Duisburg, Beschl. v. 05.08.2020 – 33 Qs 37/20. Da heißt es dann zu der Frage:
„Die Regelung in § 141 Abs. 1 S. 1 StPO, nach der nur dem Beschuldigten, der noch keinen Verteidiger hat, ein Pflichtverteidiger zu bestellen ist, steht der Beiordnung nicht entgegen. Zwar hatte sich Rechtsanwalt bereits als Wahlverteidiger des ehemals Beschuldigten bestellt. Der bisherige Wahlverteidiger kann jedoch zum Pflichtverteidiger bestellt werden, wenn dieser — wie hier – die Niederlegung des Wahlmandats für den Fall der beantragten Bestellung als Pflichtverteidiger ankündigt (vgl. BT-Drucksache 19/13829, 36; OLG Oldenburg, Beschluss v. 20.04.2009, 1 Ws 235/09, zitiert nach juris; Krawczyk, in: BeckOK StPO, 37. Edition, § 141 Rn. 2).
Der Umstand, dass das Ermittlungsverfahren durch Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 02.06.2020 eingestellt worden ist, steht der Beiordnung ebenfalls nicht entgegen. Zwar kommt die nachträgliche Beiordnung eines Verteidigers nach dem endgültigen Abschluss des Verfahrens grundsätzlich nicht mehr in Betracht, so dass ein entsprechender Antrag unzulässig ist. Im Hinblick auf die Intention des Gesetzgebers zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung (vgl. Bundestag-Drucksache 19/13829 und 19/15151) muss eine rückwirkende Bestellung allerdings ausnahmsweise zulässig sein, wenn der Antrag auf Beiordnung rechtzeitig vor Abschluss des Verfahrens gestellt wurde, die Voraussetzungen für eine Beiordnung gemäß § 140 Abs. 1 StPO vorlagen und die Entscheidung durch interne Vorgänge, auf die ein Außenstehender keinen Einfluss hatte, unterblieben ist. Dies ist hier der Fall. Der Beiordnungsantrag vom 07.05.2020, an den mit Schriftsätzen vorn 22.05.2020 und 04.06.2020 erinnert wurde, wurde erst mit Verfügung vom 17.06.2020 nach der Einstellung des Verfahrens an das Amtsgericht weitergeleitet.
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerdebegründung steht auch die Ausnahmeregelung in § 141 Abs. 3 S. 1 StPO der nachträglichen Beiordnung nicht entgegen. Danach kann in den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 die Bestellung unterbleiben, wenn beabsichtigt ist, das Verfahren alsbald einzustellen und keine anderen Untersuchungshandlungen als die Einholung von Registerauskünften oder, die Beiziehung von Urteilen oder Akten vorgenommen werden sollen. Hier liegt bereits kein Fall des § 141 Abs. 2 StPO (Bestellung ohne Antrag des Beschuldigten vor), so dass die Ausnahmeregelung nicht greift. Ungeachtet dessen kann nach dem Akteninhalt nicht davon ausgegangen werden, dass die Staatsanwaltschaft Duisburg bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung die alsbaldige Verfahrenseinstellung beabsichtigte. Denn mit Verfügung vom 12.05.2020 wurde dem Verteidiger des ehemals Beschuldigten Akteneinsicht gewährt und um Mitteilung gebeten, ob und wann eine Einlassung erfolgen werde.“
Und ähnlich dann der AG Chemnitz, Beschl. v. 30.07.2020 – 1 Gs 2108/20
„Die Voraussetzungen für das Unterbleiben der Bestellung gemäß § 141 Abs.2 Satz 3 StPO liegen nicht vor.
Rechtsanwalt pp. beantragte mit Schriftsatz vom 12.06.2020, eingegangen bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz am 12.06.2020, seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Am 15.06.2020 wurde die Anklageschrift wegen Verstoß gegen Weisungen während der Führungsaufsicht gemäß § 145a StGB gegen den Beschuldigten gefertigt und unterzeichnet. Die Akteneinsicht wurde dem Verteidiger mit Verfügung vom 16.06.2020 gewährt. Am 18.06.2020 wurde der Strafantrag durch die Führungsaufsichtsstelle zurückgenommen, weshalb mit Verfügung vom 16.06.2020 das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 170 Absatz 2 StPO eingestellt wurde.
Bei Antragstellung auf Beiordnung zum Pflichtverteidiger war demnach durch die Staatsanwaltschaft nicht beabsichtigt, das Verfahren alsbald einzustellen und keine weiteren Untersuchungshandlungen als die Beiziehung von Urteilen und Akten vorzunehmen. Vielmehr sollte ein Strafverfahren durchgeführt werden.
Erst sechs Tage später wurde der Strafantrag aufgrund neuer sachlicher Erkenntnis zurückgenommen.“