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Mal wieder was zur Begründung der Verfahrensrüge

Beim LG Münster hatte der Angeklagte sich u.a. gegen die Verwertung von Erkenntnissen aus einer Durchsuchung gewendet. Dazu hatte es dann eine Verfahrensrüge gegeben, die aber – so der BGH im Beschl. v. 02.12.2010 – 4 StR 464/10 – nicht ausreichend begründet war: Der BGH schreibt:

 „2. Soweit die Beschwerdeführer die Verwertung der Erkenntnisse aus der Durchsuchung des Pkw VW T 4 vom 13. Oktober 2009 rügen, weil auch diese Durchsuchung ohne richterliche Anordnung erfolgt sei, genügen die Rü-gen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Revisionen geben den Inhalt des Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokolls nicht wie-der. Dadurch ist dem Senat die Prüfung verwehrt, ob die Anordnung der Durch-suchung zur Ermittlung der Eigentumsverhältnisse – was nicht ausgeschlossen und vom Landgericht zu Grunde gelegt worden ist – zum Zwecke der Gefahren-abwehr auf Grund polizeirechtlicher Vorschriften erfolgte. Die rechtliche Einord-nung der Maßnahme wäre indes für die Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit, je-denfalls aber des Gewichts eines etwaigen Rechtsverstoßes von Bedeutung. Darüber hinaus teilen die Revisionen nicht mit, auf welchem Wege die Ergeb-nisse der Durchsuchung in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind, wes-halb offen bleibt, gegen welche Beweiserhebungen die Beschwerdeführer sich wenden und ob der Verwertung jeweils rechtzeitig widersprochen worden ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 16. Juni 2009 – 3 StR 6/09, NStZ 2009, 648).“

Wer suchet, der findet – aber für eine Durchsuchung reicht das nicht

Das BVerfG hat in seinem Beschl. v. 10.09.2010 – 2 BvR 2561/08 – auf einen Umstand hingewiesen, der schon häufiger Gegenstand von Beschlüssen gewesen ist (vgl. die Nachw. bei Burhoff, handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, 5. Aufl., Rn. 536 m.w.N.): Die Durchsuchung setzt einen Anfangsverdacht voraus. Sie darf nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die dann zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind

Das hat das BVerfG in einem Verfahren entschieden, in dem eine polizeiliche Kontrolle eines ebay-Verkäufers vermeintliche Unregelmäßigkeiten ergeben hatte. Das BVerfG weist darauf hin, dass dann, wenn die Durchsuchung wegen des Verdachts der Hehlerei bei einem Verdächtigen, der im Rahmen von Online-Auktionen zahlreiche Mobiltelefone gekauft und auch veräußert hat, nur aufgrund der Tatsache erfolgt, dass die Verkäufe von originalverpackten Mobiltelefonen innerhalb kurzer Zeit zu billigsten Preisen erfolgt sind, dies einen Verfassungsverstoß darstelle. Der Verdacht der Hehlerei setze unter anderem den Verdacht voraus, dass die Sache durch einen Diebstahl oder ein anderes Vermögensdelikt erlangt worden ist. Allein aus der Anzahl der verkauften Mobiltelefone könne jedoch ohne weitere Anhaltspunkte nicht auf eine Straftat geschlossen werden.

Der Zwischenbescheid im Strafverfahren …..

In einem m.E. sehr schön begründeten Beschluss hat jetzt das LG Verden in seiner Entscheidung v. 11.08.2010 – 7 KLs 3/10 – zur Frage der Gefahr im Verzug bei einer Durchsuchung und sich daraus ergebenden Beweisverwertungsverboten Stellung genommen. In beiden Durchsuchungsfällen verneint das LG „Gefahr im Verzug“, nur einem Fall kommt es aber zu einem Beweisverwertungsverbot. So weit, so (teilweise) gut. Ganz interessant die verfahrensrechtliche Konstellation. Der Verteidiger hatte den Antrag nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO während laufender Hauptverhandlung gestellt. Dazu führt das LG aus:

„Der Umstand, dass die zugelassene Anklage derzeit vor der Kammer verhandelt wird, steht der Zulässigkeit der Anträge nicht entgegen (vgl. OLG Frankfurt vom 02.12.2005 – 3 Ws 972/05 und 3 Ws 1021/05 m.w.N.). Die Kammer bejaht auch trotz des zeitlichen Abstands zwischen den Durchsuchungen bzw. Beschlagnahmen und der Antragstellung das Rechtsschutzbedürfnis der Angeklagten an einer gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen (vgl. LG Berlin vom 09.03.2005 – 528 Qs 49/04).“

Also: Eine Möglichkeit eine Art Zwischenbescheid zu bekommen und die Frage der Verwertbarkeit der Beweismittel nicht bis zum Urteil offen zu lassen.

Magdeburger Landrecht zur Akteneinsicht – gewährt das der StA Schützenhilfe?

Erstaunen, Erstaunen macht sich breit, wenn man die Entscheidung des LG Magdeburg v. 26.08.2010 – 25 Qs 334 Js 39757/09 (77/10) liest. Beim Beschuldigten wird durchsucht. Der Verteidiger geht in die Beschwerde, hatte aber noch keine Akteneinsicht. Das LG erkennt richtig, dass es für seine Entscheidung – lassen wir dahingestellt, welches die richtige wäre – keine dem Beschuldigten nicht bekannten Daten verwenden darf. Aber was macht das LG? Es entscheidet nicht über die Beschwerde, sondern beschließt die Aussetzung des Verfahrens für drei Monate mit der Begründung:

„Das Rechtschutzinteresse der Beschuldigten an einer Beschwerdeentscheidung kann insofern mit dem öffentlichen Interesse an der Durchführung weiterer Ermittlungen dadurch in Einklang gebracht werden, dass die Beschwerdeentscheidung zunächst aufgeschoben wird, um der Staatsanwaltschaft zum einen die Möglichkeit zu weiteren Ermittlungen zu geben und zum anderen anschließend vor einer Beschwerdeentscheidung den Anspruch der Beschuldigten auf rechtliches Gehör durch Gewährung von Akteneinsicht über den Verteidiger Genüge zu tun. Vor diesem Hintergrund ist es angemessen, die Beschwerdeentscheidung für die Dauer von drei Monaten aufzuschieben.“

Die Argumentation erschließt sich mir aus der StPO nicht. Möglichkeit der weiteren Ermittlungen für die StA, also Schützenhilfe? Wo steht das denn? Und das, obwohl die StA die AE noch nicht einmal unter Hinweis auf § 147 Abs. 2 StPO verweigert hat. Also doch wohl die „Magdeburger StPO“?

Was tun? Ich habe dem Kollegen, der mir die Entscheidung geschickt hat, geraten, weitere Beschwerde einzulegen mit der Begründung, dass das LG eine weitere selbständige Entscheidung getroffen hat.

Mal sehen, was passiert. So geht es m.E. nicht

Durchsuchungsanordnung setzt Anfangsverdacht voraus, sie soll/darf nicht erst den Anfangsverdacht ergeben

Vor lauter Blutentnahme und Videomessung ist in der letzten Zeit die Durchsuchung und die Rechtmäßigkeit ihrer Anordnung ein wenig aus dem Blick geraten. Um so schöner, wenn man dann auf einen interessanten Beschl. des BVerfG aus dem Bereich stößt, so der Beschl. v. 11.06.2010 – 2 BvR 3044/09. In dem hat das BVerfG mal wieder zum Anfangsverdacht Stellung genommen bzw. nehmen müssen.

Danach ist eine Wohnungsdurchsuchung eben rechtswidrig, wenn es für die vorgeblich vorliegende Straftat lediglich Verdachtsgründe gibt, die aber über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen nicht hinausgehen. Eine Durchsuchung darf nicht erst der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind, da sie einen Verdacht bereits voraussetzt. So verhielt es sich aber im entschiedenen Fall. Bei einem wegen Betäubungsmittelhandel vorbestraften Beifahrers wurde im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle Marihuana nur in der Größenordnung des Eigenkonsums gefunden. Dann wurde wegen angeblich abwegiger Aussagen bei der Polizei eine Durchsuchung seiner Wohnung durchgeführt, bei der weitere Betäubungsmittel aufgefunden werden. In einem solchen Fall bringt – so das BVerfG – erst die Durchsuchung einen tragenden Tatverdacht und ist damit rechtswidrig.

Zu Beweisverwertungsverbot (natürlich) nichts.