Schlagwort-Archive: Cannabiskonsum

THC-Gehalt gilt ohne Wenn und Aber = ohne Sicherheitsabschlag

© Sublimages - Fotolia.com

© Sublimages – Fotolia.com

Und ebenfalls aus dem Verkehrsrecht kommt dann das BVerwG, Urt. v. 23.10.2014 – 3 C 3.13, das ich bisher noch nicht gebracht habe, das heute dann aber dran ist. Es geht (mal wieder) um Cannabis-Konsum und die Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis. Insoweit sicherlich (auch) interessant, aber dazu will ich nur die beiden Leitsätze bringen, und zwar:

1.    Gelegentlicher Konsum von Cannabis im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung liegt dann vor, wenn der Betroffene in zumindest zwei selbstständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen.
2.    Ein gelegentlicher Konsument von Cannabis trennt dann nicht in der gebotenen Weise zwischen diesem Konsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs, wenn er fährt, obwohl eine durch den Drogenkonsum bedingte Beeinträchtigung seiner Fahrtüchtigkeit nicht auszuschließen ist.

Etwas näher eingehen will ich auf den dritten Leitsatz:

„3.    Wird der THC-Gehalt in einer Blutprobe lege artis nach den Richtlinien der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie ermittelt, ist ein „Sicherheitsabschlag“ vom gemessenen Wert für unvermeidbare Messungenauigkeiten nicht erforderlich.

weil der über das Verwaltungsrecht hinaus auch im OWi-Recht Bedeutung haben kann/hat. Denn bislang war obergerichtlich in der Rspr. zu § 24a Abs. 2 StVG noch nicht entschieden, ob bei den vorliegenden Messungen ggf. mit einem Sicherheitsabschlag gearbeitet werden konnte. Dazu gab es zwar OLG-Entscheidungen, die hatten die Frage, wenn ich es richtig sehe, nur in einem obiter dictum entschieden. Nun hat sich das BVerwG geäußert und einen „Sicherheitsabschlag“ abgelehnt:

„c) Der Einwand des Klägers, wegen nicht auszuschließender Messungenauigkeiten müsse ein „Sicherheitsabschlag“ von dem in der Blutprobe festgestellten THC-Wert von 1,3 ng/ml abgezogen werden, ist ebenfalls unbegründet. Das Berufungsgericht hat ein solches Erfordernis im Ergebnis zu Recht verneint.

Nach seinen Feststellungen ist der beim Kläger festgestellte Messwert lege artis nach den Regeln der Gesellschaft für Toxikologische und Forensische Chemie ermittelt worden; gleichwohl ist – wie das Berufungsgericht weiter feststellt -eine Schwankungsbreite bei den Messwerten unvermeidbar.

Bei der Frage, ob solche Messungenauigkeiten einen „Sicherheitsabschlag“ erforderlich machen, handelt es sich nicht anders als bei der Bestimmung des Gefährdungsmaßstabs um eine Frage der Risikozurechnung. Es geht darum, ob die verbleibende Ungewissheit, dass der „wahre“ THC-Wert nicht an der unteren, sondern ebenso an der oberen Grenze dieser Schwankungsbreite liegen kann, von dem Cannabiskonsumenten, der sich nach dem Rauschmittelkonsum an das Steuer eines Kraftfahrzeugs setzt, oder aber von den anderen Verkehrsteilnehmern zu tragen ist. Da der Cannabiskonsument den Gefährdungstatbestand schafft, liegt es auf der Hand, dass die verbleibende Unsicherheit zu seinen Lasten gehen muss. Angesichts der Zielrichtung des Fahrerlaubnisrechts, die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten und Gefahren für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer so weit wie möglich auszuschließen, liegt in dieser Risikozuordnung eine verhältnismäßige Beschränkung seiner Rechte.

Unabhängig davon darf nicht übersehen werden, dass die bei der Untersuchung von Blutproben nicht zu vermeidenden Messungenauigkeiten bereits bei der Festsetzung der analytischen Grenzwerte berücksichtigt worden sind, die die Grenzwertkommission in Bezug auf die in der Anlage zu § 24a StVG aufgeführten Liste der berauschenden Mittel und Substanzen vorgenommen hat. Im Beschluss der Grenzwertkommission vom 22. Mai 2007 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Grenzwerte einen Sicherheitszuschlag enthalten (Blutalk 2007, 311).

Verbleibende Schwankungsbreiten selbst bei lege artis erfolgenden THC-Messungen müssen auch nicht nach dem Grundsatz „in dubio pro reo“ zugunsten des Betroffenen gehen und deshalb zu einem „Sicherheitsabschlag“ führen. Dieser für eine strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung geltende Grundsatz kommt im Gefahrenabwehrrecht, dem die Fahrerlaubnis-Verordnung zuzurechnen ist, schon wegen dessen anderer Zielrichtung nicht zur Anwendung. Selbst für die strafrechtliche und ordnungswidrigkeitsrechtliche Ahndung von Fahrten unter Cannabiseinfluss geht die Rechtsprechung im Übrigen davon aus, dass der gemessene THC-Wert nicht um einen „Sicherheitsabschlag“ zu verringern ist (vgl. etwa OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. Januar 2007 – 3 Ss 205/06NZV 2007, 248 <249> und OLG Brandenburg an der Havel, Beschluss vom 30. März 2007 – 1 Ss (OWi) 291B/06 – Blutalk 2008, 135 <136 f.>, jeweils m.w.N.; ebenso für Maßnahmen nach der Fahrerlaubnis-Verordnung OVG Münster, Urteil vom 1. August 2014 – 16 A 2806/13 -[…] Rn. 61 ff; OVG Bremen, Beschluss vom 20. Juli 2012 – 2 B 341/11NZV 2013, 99 <100>).

Schließlich kann sich der Kläger bei seiner Forderung nach einem „Sicherheitsabschlag“ auch nicht auf die allgemeinen Beweislastregeln berufen, die im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Geltung beanspruchen. Er verkennt dabei, dass der normative Ausgangspunkt der in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 getroffenen Regelung ein möglichst weitgehender Ausschluss von cannabisbedingten Gefährdungen der Sicherheit des Straßenverkehrs ist.

Schade…..

Du willst zur Polizei? Du hast gekifft? Geht nicht, du fliegst raus…

© Sublimages – Fotolia.com

Einen Polizeikommissaranwärter in Rheinland-Pfalz hat jetzt seine Vergangenheit eingeholt. Der Anwärter war seit Mai 2013 in Ausbildung zum Polizisten. Im Juli 2013 erhielten die Vorgesetzten Kenntnis darüber, dass der junge Beamte vor seiner Einstellung Kontakte zur Drogenszene hatte. Nachdem der Beamte hierzu vernommen worden war und dabei die Einnahme von Cannabis vor Antritt der Ausbildung eingeräumt hatte, verbot der Dienstherr ihm die Führung seiner Dienstgeschäfte und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Entscheidung an. Hiermit war der Anwärter nicht einverstanden, erhob Widerspruch und beantragte beim VG Koblenz vorläufigen Rechtsschutz bis zu einer endgültigen Entscheidung, um weiterhin die Ausbildung zum Kommissar durchlaufen zu können.

Das VG hat das abgelehnt, dazu aus der PM: Der Anwärter darf wegen Drogenkonsums vorläufig vom Dienst suspendiert werden. Die Abwägung der gegenseitigen Interessen, so das Gericht, ergebe, dass die Belange des Anwärters zurückstehen müssten. Es lägen zwingende dienstliche Gründe vor, die es nicht zuließen, den Beamten auf seinem Dienstposten zu lassen. Der Leiter der Landespolizeischule habe plausibel dargelegt, dass ernsthafte Zweifel an der charakterlichen Eignung des Antragstellers für den Polizeiberuf bestünden. Ein Drogenkonsum eines Beamten stehe generell nicht im Einklang mit den für den Polizeiberuf geforderten persönlichen Eigenschaften. Bereits in der Ausbildung und erst recht im späteren Berufsleben werde ein Polizist auch zur Verfolgung von Drogendelikten eingesetzt. Diese nachvollziehbare Einschätzung rechtfertige die Suspendierung des Anwärters vom Dienst und sei verhältnismäßig, auch wenn sich der Antragsteller noch in der Ausbildung befinde. Hierfür spreche nicht nur der Umstand, dass Polizisten Dienstwaffenträger seien und bereits während ihrer Ausbildung zur Verfolgung von Straftaten eingesetzt würden. Hinzu komme, dass Polizeibeamte während ihrer Ausbildung auch Kenntnisse über Interna (z. B. polizeitaktisches Wissen) erhielten, die nicht in falsche Hände gelangen dürften. Könnte der Anwärter seine Ausbildung beenden und erweise sich später endgültig seine Ungeeignetheit für den Polizeiberuf, bestehe die Gefahr einer unzulässigen Weitergabe dieser Informationen. Von daher würden dienstliche Interessen beeinträchtigt, falls der Anwärter bis zu einer endgültigen Entscheidung über seine Entlassung einstweilen im Dienst verbleibe.

Quelle: PM 29/2013 des VG Koblenz