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Du bist Landtagsabgeordneter – deshalb erhöhe ich die Geldbuße – Geht das?

Nicht ganz, aber so ähnlich konnte man die Ausführungen des Amtsgerichts in dem der Entscheidung des OLG Bamberg vom 29.11.2010 – 3 Ss OWi 1660/10 zugrunde liegenden Urteil verstehen. Das AG hatte zur Geldbußenhöhe wie folgt begründet:

„Im vor­liegenden Fall liegen (…) Gründe vor, die es rechtfertigen, von dem (…) Regelsatz abzuweichen und die gegen den Betr. zu verhängende Geldbuße auf 500 € zu erhöhen. Maß­gebliches Kriterium hierfür sind die vorhan­denen und verwertbaren Eintragungen des Betr. im VZR, welche im BKat grundsätzlich nicht berücksichtigt sind (§ 3 I BKatV). Vor diesem Hintergrund erschien dem Gericht daher eine massive Erhöhung der Re­gelgeldbuße von 100 € auf 500 € zur verkehrserzieherischen Einwir­kung auf den Betr. uner­lässlich. Dieser ist sich ganz offensichtlich seiner Vorbildfunktion als Landtags­mitglied nicht einmal ansatzweise bewusst.“

Das OLG Bamberg sagt: Grundsätzlich hat bei der Bemessung der Geldbuße die berufliche oder soziale Stellung des Betroffenen außer Betracht zu bleiben. Sie kann als zulässiges Zumessungskri­terium im Einzelfall nur dann zum Nachteil des Betroffenen Berücksichtigung finden, wenn nach den tatrichterlichen Feststellungen zwischen der beruflichen oder sozia­len Stellung des Betroffenen und der Begehung der Ord­nungswidrig­keit eine innere Beziehung besteht.

So weit, so gut. In der konkreten Sache hat das OLG  die Geldbuße dann aber nicht beanstandet und das wie folgt begründet:

Zu einem derartigen inneren Zusammenhang enthält das Urteil allerdings keine hinreichenden Feststellungen. Jedoch ist die auch vom AG als „massiv“ bezeich­nete Erhöhung der Regelgeldbuße – unabhängig von dem Status des Betr. als Land­tagsmitglied – angesichts der Anzahl, der Bedeutung und der insbesondere zuletzt kurzen zeitlichen Abfolge der Vorbelastungen und der diesen zu Grunde liegenden Taten als jedenfalls noch angemessen sowie auch mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betr. (§ 17 III OWiG) als nicht unverhältnismäßig zu beurteilen und daher im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden; dies gilt umso mehr, als das aus der Vorahndungslage ersichtliche wiederholte Fehlverhalten im Straßenverkehr auch in Ansehung der verfahrensgegenständlichen Tat die Annahme einer beharrlichen Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers iSd. § 25 I 1 StVG zumindest na­helegt. Es kann daher dahinstehen, ob der Tatrichter, der die Erhöhung der Regelgeld­buße von 100 € auf 500 € ausweislich der Urteilsgründe schon „vor (dem) Hintergrund“ der im Einzelnen als „maßgebliches Kriterium“ für die Erhöhung angeführten Vorbelas­tungen des Betr. für „unerlässlich“ erachtet und (erst) im Anschluss an diese Begrün­dung der Höhe der Geldbuße auf eine „Vorbildfunktion als Mitglied des Landtages“ hingewiesen hat, dieser „Vorbildfunktion“ des Betr. eine für die konkrete Höhe der Geldbuße entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen hat.

Na ja, hätte man auch anders sehen können und ein teilweises Beruhen der Höhe der erkannten Geldbuße auf der „Vorbildfunktion“ nicht ausschließen können. Dann wäre das amtsgerichtliche Urteil reif 🙂 für eine Aufhebung gewesen. Allerdings lag diese Sicht wegen der zahlreichen Vorverurteilungen wohl eher nicht nahe.

Erhöhung der Geldbuße – rechtlicher Hinweis erforderlich?

Ich hatte ja gestern schon über die Entscheidung des OLG Stuttgart v. 11.06.2010 – 5 Ss 321/10 – berichtet, vgl. hier. Die ist auch noch aus einem weiteren Punkt interessant. Das OLG setzt sich nämlich auch mit der Frage auseinander, ob und wann bei der Erhöhung der Geldbuße ein Hinweis an den Betroffenen erforderlich ist, bei dessen Unterlassen dann ggf. ein Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör vorliegt. Das OLG sagt, dass bei der Verhängung einer höheren als im Bußgeldbescheid festgesetzte Geldbuße – auch im Abwesenheitsverfahren nach § 74 OWiG – ein rechtlicher Hinweis grundsätzlich nicht geboten, zumal dann nicht, wenn eh schon nicht die Geldbuße verhängt worden ist. Ähnlich haben bereits das OLG Jena und das OLG Hamm entschieden. Man kann es m.E. auch anders sehen. Jedenfalls gehört es m.E. zum „fair-play“, den Betroffenen auf eine ggf. anstehende erhöhung hinzuweisen, damit er sich darauf einstellen kann.

Wochenspiegel für die 36. KW – oder wir schauen mal wieder über den Tellerrand

Zu berichten ist:

1. Nochmals über die informatorische Befragung, hier.
2. Keine Kohle, keine MPU, hier.
3. Missachtung von Kontrollauflagen und Entziehung der Fahrerlaubnis, hier.
4. Der geblitzte Notarzt, hier.
5. Um den Humor von Juristen/Richtern ging es an verschiedenen Stellen, nämlich hier, hier, hier und hier.
6. Ein nicht gezahltes Bußgeld hat fatale Folgen, hier.
7. Mit der Verfolgung Unschuldiger befasst sich der Kollege Melchior.
8. Und immer wieder die Unfallflucht, oder hier
9. Die SZVO-Novelle, immer noch interessant, hier.
10. Und dann noch Motocross.

Mehr Unfälle durch „Tiefflieger“ – was macht die Politik?

In der heutigen Presse wird über eine neuere Statistik des statistischen Bundesamtes zur Zahl der Unfälle wegen zu hoher Geschwindigkeit berichtet. Die Zahlen sind in 2009 gestiegen, und zwar erstmals wieder nach 2002 (vgl. u.a. hier, hier und hier). Und das, obwohl ja zum 01.02.2009 die Bußgelder massiv angehoben worden sind, um die Hauptunfallursachen, wozu auch die Geschwindigkeitsüberschreitungen gehören, zu bekämpfen. Bei den Zahlen wird die weitere Anhebung der Geldbußen und ggf. auch eine Anhebung der Fahrverbotsdauer bzw. eine Absenkung der Grenzwerte sicherlich nicht lange auf sich warten lassen. Der ACE mahnt ja schon.

Nun beschäftigt(e) der „Knöllchen-Horst“ nicht nur das Amtsgericht Herzberg

…sondern auch mal wieder die Blogs (vgl. hier und hier). Über den „Knöllchen-Horst“ hatten wir ja am 17.06.2010 auch schon berichtet. Damals dachte man wegen des Rücktritts des BP Horst Köhler sicherlich zunächst an den „Horst“ :-), jetzt aber wohl nicht mehr.

Inzwischen hat in der „eigenen Sache“ die Hauptverhandlung stattgefunden, die dem „Knöllchen-Horst“ aber keinen Erfolg gebracht hat – wie Spiegel-online berichtet. Natürlich mit einem Hinweis auf ein „Bußgeld“ von nur 10 €, obwohl das ja in der täglichen Praxis sicherlich nichts Besonderes ist. Man darf gespannt sein, wie das OLG die Sache sieht. Denn dorthin wird der Knöllchen-Horst im unermüdlichen Einsatz um das Recht sicherlich ziehen