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Wiederholtes Absehen vom Fahrverbot, oder: Da war das OLG aber „angefressen“

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Dem OLG Bamberg, Beschl. v. 07.08.2017 – 3 Ss OWi 996/17 – merkt man so richtig, wie angefressen das OLG war über die amtsgerichtliche Entscheidung, über die es in der Rechtsbeschwerde zu bedinden hatte. An sich eine ganz normale Fahrverbotssache, aber: Die Sache ist zum zweiten Mal beim OLG und der Amtsrichter hat nicht das getan, was das OLG in seiner ersten Aufhebung geschrieben hat. Und da liest man da Formulierungen wie „evident rechtsfehlerhaft“, „schlechterdings unhaltbar“, „gänzlich unnötige Verfahrensverzögerungen“ usw.:

Das angefochtene Urteil weist in mehrfacher Hinsicht durchgreifende Rechtsmängel auf und kann daher insgesamt keinen Bestand haben.

a) Es ist bereits rechtsfehlerhaft, dass das AG im angefochtenen Urteil eine Entscheidung zum Schuldspruch getroffen hat. Denn der Schuldspruch war aufgrund des Umstands, dass die StA ihr Rechtsmittel gegen das Urteil des AG im ersten Verfahrensgang wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hatte, worauf der Senat bereits mit seinem Beschluss vom 03.11.2016 hingewiesen hat, rechtskräftig. Aufgrund der deshalb eingetretenen horizontalen Teilrechtskraft hätte sich das AG mit dieser Frage überhaupt nicht mehr beschäftigen dürfen.

b) Aber auch der Rechtsfolgenausspruch ist evident rechtsfehlerhaft. Die Gründe des AG zum Absehen vom Fahrverbot, die im Wesentlichen die gleichen Erwägungen, die bereits zur Aufhebung der ersten Entscheidung des AG vom 25.07.2016 in diesem Verfahren geführt haben, beinhalten, sind schon aus den im Senatsbeschluss vom 03.11.2016 dargelegten Gründen nicht tragfähig. Sie weisen überdies einen weiteren gravierenden Rechtsverstoß auf, der für sich allein schon zur Kassation der angefochtenen Entscheidung führen muss. Denn das Urteil setzt sich über das geltende Recht dadurch hinweg, dass es die fehlerhaften Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung im ersten Verfahrensgang wiederholt und damit die Bindungswirkung der Senatsentscheidung vom 03.11.2016, die ihr nach § 79 III 1 OWiG i.V.m. § 358 I StPO zukommt, gänzlich ignoriert.

aa) Soweit das AG einem nicht näher erläuterten „angespannten Zustand“ der Betr., den es zudem ohne jede Beweiswürdigung einfach nur als „glaubhaft“ übernommen hat, Relevanz für das Absehen vom dem an sich gemäß § 4 II 2 BKatV verwirkten Regelfahrverbot beimisst, ist dies aus den Gründen, die der Senat in seiner Entscheidung vom 03.11.2016 bereits eingehend aufgezeigt hat, schlechterdings unhaltbar.

bb) Aber auch die weiteren Umstände zur beruflichen Situation der Betr., die das AG heranzieht, stellen nicht einmal im Ansatz ausreichende Gründe dar, vom verwirkten Regelfahrverbot abzusehen. Die diesbezüglichen Feststellungen sind zu pauschal und lückenhaft, lassen jede Beweiswürdigung vermissen und sind im Übrigen a priori ohne rechtliche Relevanz.

(1) Das AG teilt bereits nicht mit, welche Schichtzeiten die Betr. aufgrund ihres Probearbeitsverhältnisses konkret zu absolvieren hat und wie die Verbindungen des öffentlichen Nahverkehrs konkret sind. Die Urteilsgründe beschränken sich auf die nichtssagende Wertung, „zu den Schichtzeiten der Betr. gebe es nur unzureichend öffentliche Verkehrsmittel“. Damit enthält es den gleichen Fehler, der schon zur Aufhebung des ersten amtsgerichtlichen Urteils vom 25.07.2016 geführt hat.

(2) Im Übrigen unterbleibt jede auch nur im Ansatz nachvollziehbare Beweiswürdigung. Das AG möchte stattdessen auf irgendwelche Unterlagen bei den Akten, die es als „Auszüge“ bezeichnet, verweisen. Diese Vorgehensweise stellt einen zusätzlichen Verstoß gegen § 46 I OWiG i.V.m. § 267 I 1 StPO dar. Hiernach muss das Urteil klar, erschöpfend und aus sich heraus verständlich sein; gebotene eigene Urteilsfeststellungen oder Würdigungen dürfen – von der hier nicht einschlägigen Ausnahmekonstellation bei Abbildungen gem. § 267 I 3 StPO abgesehen – nicht durch Bezugnahmen auf den Akteninhalt ersetzt werden, weil das Rechtsbeschwerdegericht anderenfalls nicht in die Lage versetzt wird, das Urteil einer sachlich-rechtlichen Nachprüfung zu unterziehen (vgl. nur BGH, Urt. v. 02.12.2005 – 5 StR 268/05 = NStZ-RR 2007, 22; KK/Kuckein StPO 7. Aufl. § 267 Rn. 3; LR/Stuckenberg StPO 26. Aufl. § 267 Rn. 11, 12; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 60. Aufl. § 267 Rn. 2, jeweils m.w.N.).

(3) Ferner ist die nicht mit Tatsachen belegte Wertung des Tatrichters, eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle sei „nicht möglich bzw. der Betr. nicht zumutbar“ auch in sich widersprüchlich, weil sich die Beurteilung der Zumutbarkeit nach der Logik gar nicht mehr stellen kann, wenn die Unmöglichkeit feststünde.

(4) Darüber hinaus trifft das AG keine Feststellungen dazu, ob ggf. anderweitige Möglichkeiten, etwa Mitfahrgelegenheiten oder die Inanspruchnahme von Fahrdiensten durch Verwandte und Freunde, bestehen, um den Weg zur Arbeitsstätte zurückzulegen. Damit weist das Urteil wiederholt das identische Feststellungsdefizit auf, welches bereits zur Aufhebung des Urteils im ersten Verfahrensgang geführt hatte.

(5) Schließlich stellt das AG noch nicht einmal fest, dass der Arbeitsplatz durch die Verhängung und Vollstreckung des Fahrverbots überhaupt gefährdet wäre, was allenfalls ein theoretisch denkbarer Ansatzpunkt wäre, um eine außergewöhnliche Härte bejahen zu können.

2. Nachdem durch die fehlerhafte Verfahrensweise seitens des AG gänzlich unnötige Verfahrensverzögerungen eingetreten sind, sieht der Senat davon ab, die Sache erneut an das AG zurückzuverweisen, sondern macht von der Möglichkeit zur eigenen Sachentscheidung (§ 79 VI OWiG) Gebrauch.

a) Die Regelgeldbuße für den verwirklichten Geschwindigkeitsverstoß von 80 € (Nr. 11.3.5 Anl. § 1 I BKatV) hat der Senat im Hinblick auf die einschlägige Vorahndung maßvoll auf 160 € erhöht.

b) Außerdem wurde das Regelfahrverbot wegen wiederholter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers, welches aus § 4 II 2 BKatV folgt, verhängt. Eine Ausnahme hiervon wegen eines Härtefalls in Form einer Existenzgefährdung kann der Senat trotz der völlig unzureichenden Sachverhaltsfeststellungen durch das Tatgericht ausschließen. Dabei ist bereits fraglich, ob die Betr., sollte sie in der Tat keine Möglichkeit haben, anderweitig zur Arbeitsstelle zu gelangen, ihren Arbeitsplatz verlieren würde. Ferner stellt sich auch die Frage, ob bei einem Probearbeitsverhältnis überhaupt von einer gesicherten Existenzgrundlage gesprochen werden kann, deren Verlust eine unzumutbare Härte begründen könnte. Dies alles kann indes dahinstehen, weil sich aus den – wenn auch nur äußerst rudimentären – Feststellungen des AG jedenfalls ergibt, dass es der Betr. ohne weiteres zumutbar ist, sollten ohnehin nicht anderweitige Mitfahrgelegenheiten existieren, die Strecke zur Arbeitsstelle notfalls mit dem Fahrrad zurückzulegen. Denn im Hinblick auf die Entfernung von weniger als 10 km zwischen dem Wohnsitz der Betr. und ihrer Arbeitsstätte ist es ihr auch unter Berücksichtigung ihres Alters von 43 Jahren ohne weiteres zuzumuten, für die begrenzte Dauer von nur einem Monat zur Arbeitsstätte mit einem Fahrrad zu fahren. An die Zumutbarkeit sind insofern auch deshalb keine gesteigerten Anforderungen zu stellen, weil die Betr. einschlägig vorgeahndet ist und durch das dabei verhängte Fahrverbot offensichtlich nicht hinreichend beeindruckt werden konnte. Sonstige Umstände, die es gebieten würden, von dieser Regelfolge ausnahmsweise abzuweichen, oder die Annahme begründen könnten, der Zweck des Fahrverbots könnte allein mit einer gegebenenfalls höheren Geldbuße erreicht werden, liegen nicht vor. Für die Anordnung eines beschränkten Vollstreckungsaufschubs nach § 25 IIa 1 StVG besteht im Hinblick auf die Vorahndung mit einem Fahrverbot innerhalb der Zweijahresfrist kein Raum.“

Angefressen eben 🙂 .

Bindungswirkung von OLG Entscheidungen, oder: Wenn eine ganze Kammer rausfliegt.

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In Mecklenburg-Vorpommern tobt(e) ein (Klein)Krieg zwischen der Schwurgerichtskammer des LG Neubrandenburg und dem OLG Rostock in einem „NS-Verfahren“, in dem der ehemalige, inzwischen 96 Jahre alte SS-Mann Hubert Zafke wegen Beihilfe zum Mord in über 3.000 Fällen angeklagt ist. Nebenkläger in dem Verfahren sind die Brüder Walter und William Plywaski aus Boulder in Colorado/USA. Gemeinsam mit ihrer Mutter, Regina Plywaski, und dem Vater waren sie nach Auschwitz deportiert worden. Noch am Tag der Ankunft, dem 15.08.1944, ist die Mutter ermordet worden. Dieser 15.08.1944 ist der erste Tag des Tatzeitraums in der Anklage gegen Hubert Zafke.

Die Berechtigung zur Nebenklage von Walter Plywaski hat das OLG Rostock inzwischen  insgesamt dreimal festgestellt: Zum ersten Mal in der Eröffnungsentscheidung vom 27.11.2015 – 20 Ws 192/15. Das Schwurgericht hat die Nebenklageberechtigung dann Anfang 2016 „widerrufen“. Der „Widerufsbeschluss“ ist dann vom OLG aufgehoben worden. Anfang 2017 hat das LG dann die Berechtigung beider Nebenkläger erneut widerrufen. zur Nebenklage. Die Schwurgerichtskammer begründet diese Entscheidung im Wesentlichen damit, sie halte ungeachtet der gegenteiligen Auffassung des OLG weiterhin daran fest, dass die Ermordung der Mutter der beiden Nebenkläger nicht vom Anklagevorwurf erfasst werde. Hinzu komme, dass der BGH in seinem Beschluss vom 20.09.2016 – 3 StR 49/16 – ausdrücklich offengelassen habe, ob bei einer durchgehenden (einheitlichen) Unterstützungshandlung zu massenweisen Tötungsdelikten von einer tateinheitlichen oder von tatmehrheitlicher Beihilfe zum vielfachen Mord an den Opfern entsprechender Transporte in die NS-Vernichtungslager auszugehen sei. Die dazu vertretene Auffassung des 2. Strafsenats des BGH in seiner Entscheidung vom 20.02.1969 – 2 StR 636/68 -, der von tatmehrheitlicher Beihilfe zu jedem einzelnen Mord ausgegangen sei, beanspruche damit immer noch Geltung.

Das OLG hat dann im OLG Rostock, Beschl. v. 28.02.2017 – 20 Ws 69/17 – erneut aufgehoben und recht deutliche Worte gefunden. Das Landgericht ohne neue Tatsachengrundlage an die entspechenden OLG -Beschlüsse  gebunden und deshalb nicht befugt war, diese (erneut) aufzuheben. Eine solche Aufhebungsbefugnis, wie sie die Schwurgerichtskammer abermals für sich in Anspruch genommen hat, steht – solange sich die Entscheidungsgrundlage nicht durch neue Umstände ändert – allein dem OLG, das sich hierzu indes nicht veranlasst sieht. Und:

„Dass der von der Schwurgerichtskammer zur Untermauerung seiner abweichenden Auffassung zitierte Beschluss des 3. Strafsenats des Bundesgerichtshofes vom 20.09.2016 – 3 StR 49/16 – für die Frage der Anschlussberechtigung von Wa. P. unergiebig und von der Schwurgerichtskammer wohl auch fehlinterpretiert worden ist, ist von dem Vertreter des weiteren Nebenklägers Wi. P., Prof. Dr. N., sowohl in seinem der angefochtenen Entscheidung vorausgegangenen Schreiben vom 09.01.2017, das sich der Nebenklägervertreter Rechtsanwalt W. in seiner Rechtsmittelbegründung zu eigen gemacht hat, wie auch in der Beschwerdebegründung von Prof. Dr. N. vom 21.02.2017 umfassend und zutreffend ausgeführt worden. Dem schließt sich der Senat an.“

Und – insoweit zitiert nach dem LG Neubrandenburg, Beschl. v. 23.06.2017 – 60 Ks 1/15:

„Die in dem letzten Absatz des angefochtenen Beschlusses geäußerte sehr harsche und ihn persönlich herabwürdigende Kritik der Schwurgerichtskammer an dem Nebenklägervertreter Prof. Dr. N… erachtet der Senat aus den vorgenannten Gründen nicht nur für in der Sache verfehlt, sondern auch wegen ihrer verletzenden Diktion für nicht hinnehmbar, zumal sie dazu angetan ist, bei den (Hervorhebung durch die Kammer) Nebenklägern erneut die Besorgnis der Befangenheit der diese verbale Entgleisung unterzeichnenden Richter zu begründen.“

Wer meint, nun sei Schluss (gewesen), der täuscht sich. Der Vorsitzende des Schwurgerichts hat zwar gemeint (auch insoweit zitiert nach dem LG Neubrandenburg, Beschl. v. 23.06.2017 – 60 Ks 1/15):

„Am 21.3.2017 gab der VorsRiLG K… einen Vermerk zur Akte. Er führt darin aus, dass, falls die Besorgnis des OLG nachvollziehbar sei, er das Verfahren über die Selbstablehnung in die Wege leiten müsste. Die Besorgnis der Befangenheit sei jedoch nicht anzunehmen. Das OLG habe lediglich eine private Ansicht wiedergegeben, die womöglich zum Ziel habe, die Nebenkläger zu bestimmen, einen Antrag wegen der Besorgnis der Befangenheit zu stellen. Die beanstandete Äußerung der Kammer sei durch das OLG außerhalb des sie begründenden Kontextes dargestellt.“

Das hat die (Vertreter)Kammer aber anders gesehen. Denn die von den Nebenklägern und der Staatsanwaltschaft gestellten Ablehnungsanträge hatten Erfolg. Die drei betroffenen Berufsrichter “ sind aus dem Verfahren genommen worden. Begründung im LG Neubrandenburg, Beschl. v. 23.06.2017 – 60 Ks 1/15:

„Die Begründetheit der Ablehnung ergibt sich jedoch daraus, dass erstens das OLG Rostock die Auffassung vertritt, dass die Kammer nicht befugt war, die Nebenklagezulassung zu widerrufen, zweitens die Ausführungen der Nebenklägervertreter N… und W… zur rechtlichen Einordnung der Entscheidung des BGH vom 20.9.2016 – 3 StR 49/16 – entgegen der im Kammerbeschluss vertretenen Auffassung als umfassend und zutreffend bezeichnet, sodann die Bemerkungen der Kammer gegenüber dem Nebenklägervertreter Prof. Dr. N… als persönlich herabwürdigend, in der Sache verfehlt und nicht hinnehmbar bezeichnet und schließlich ausführt, dies sei dazu angetan, bei beiden Nebenklägern – also nicht nur beim durch Prof. Dr. N… vertretenen Nebenkläger – die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

Wenn schon das OLG Rostock – für den Nebenkläger ohne weiteres als höherrangiges Gericht erkennbar – zunächst die Kammer als nicht zur Entscheidung befugt einordnet, die Entscheidung zudem als sachlich falsch bezeichnet und darüber hinaus Formulierungen im Beschluss als nicht hinnehmbar und die Besorgnis der Befangenheit begründend bezeichnet, muss sich beim Nebenkläger nahezu zwangsläufig der Eindruck ergeben, die den Beschluss unterzeichnenden Richter waren ihm gegenüber nicht unvoreingenommen, als sie beschlossen haben, ihn aus dem Verfahren auszuschließen. Darauf dass die aufgehobene Entscheidung nicht auf Willkür, sondern wie auch das OLG Rostock ausführt wohl auf einer Fehlinterpretation beruht, kommt es bei dieser Sachlage für die Frage der Befangenheit nicht mehr an.

Dass das OLG eine rein private Ansicht in einem gerade den Nebenkläger betreffenden Beschluss äußert, kann gerade nicht angenommen werden. Jedenfalls kann nicht erwartet werden, dass ein vernünftiger Nebenkläger davon ausgehen muss, das OLG habe eine rein private Ansicht geäußert.“

M.E. hätte man auch darauf abstellen können, dass das OLG nun dreimal gesagt hatte: Einmal Nebenkläger, immer Nebenkläger. Irgendwann ist dann doch Schluss. Und das dürfte dann hier der Fall sein. Ist selten, dass eine ganze Kammer aus einem „Verfahren fliegt“.

Zum Ganzen dann auch bei LTO: NS-Prozess gegen Hubert Zafke Im fal­schen Zug?

Griechischer Wein/polnischer Wodka, oder: Schnell ist die Fahrerlaubnis auch in Deutschland futsch

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Die Urlaubssaison naht. Und damit bei vielen ein Auslandsaufenthalt. Und im Urlaub lässt man es sich gut gehen, sprich: Da wird auch schon mal ein Gläschen (mehr) getrunken, egal, ob vom griechischen Wein, vom französischen Rotwein oder vom polnischen Wodka. Wenn man dann anschließend Auto fährt und erwischt wird, dann hat man schnell ein Verfahren wegen einer Trunkenheitsfahrt „am Hals“, das dann ggf. auch noch mit einer Verurteilung endet.

Und nicht nur das. Es geht dann hier weiter, wenn die ausländische Verurteilung  bekannt wird und sich dann hier die Frage der Fahrerlaubnisentziehung stellt. So ist es – nun nicht einem Urlauber, sondern – einem Lkw-Fahrer ergangen, der in Polen wegen einer mit einem Lkw nebst Anhänger auf der Autobahn  begangenen Trunkenheitsfahrt mit 1,03 mg/dm3 Alkohol in der ausgeatmeten Atemluft für verurteilt worden war. Strafe in Polen: Freiheitsstrafe von 8 Monaten, deren Vollstreckung auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zudem wurden eine Geldstrafe und ein Fahrverbot für die Dauer von zwei Jahren verhängt.

Und hier schließt sich dann nach Bekanntwerden der polnischen Verurteilung ein Entziehungsverfahren an. Der Lkw-Fahrer wird zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufgefordert. Dagegen wendet der sich u.a. mit der Begründung, das in Polen gewonnene Messergebnis sei in Deutschland nicht verwertbar. Das Gutachten wird dann auch nicht beigebracht. Dem Lkw-Fahrer wird dann die Fahrerlaubnis unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung entzogen.

Darum streitet man dann beim OVG. Das sagt im OVG Münster, Beschl. v. 25.10.2016 – 16 A 1237/14: Im Zusammenhang mit § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV genügen grundsätzlich auch im Ausland begangene und festgestellte Zuwiderhandlungen. Erforderlich ist aber, dass diese Auslandstaten hinreichend ? d. h. wie bei einer Inlandstat ? nachgewiesen sind. Aber:

„Dies vorausgeschickt reicht es zur Annahme eines den Anforderungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV genügenden Gefahrenverdachts nicht aus, dass der Kläger in Polen wegen einer Trunkenheitsfahrt mit einer Atemalkoholkonzentration von 1,03 mg/l rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt worden ist. Vielmehr ist dem Kläger im Grundsatz zuzustimmen, dass die zum Teil noch erheblichen Unterschiede in den Rechtsordnungen der einzelnen Staaten der Europäischen Union, die sich nicht nur auf das materielle Straßenverkehrsrecht bzw. die damit zusammenhängenden Straf? oder Ordnungswidrigkeitenbestimmungen, sondern auch auf Regelungen und Gepflogenheiten im vorgelagerten Ermittlungsverfahren beziehen, einem unbesehenen Rückgriff auf das bloße Ergebnis eines ausländischen Straf? oder Bußgeldverfahrens entgegenstehen.

Anders VG Ansbach, Beschluss vom 27. Februar 2012 – AN 10 S 12.00140 -, juris, Rn. 32.

Vielmehr ist zu fordern, dass die aus dem betreffenden europäischen Staat stammenden Erkenntnisse einen hinreichend gesicherten Schluss auf das Überschreiten einer nach inländischem Recht bestehenden Eingriffsschwelle zulassen. …..“

Das ist zu prüfen und das hat das OVG durch Einholung einer polizeilichen Auskunft geprüft und war danach davon überzeugt, dass von einer Trunkenheitsfahrt des Lkw-Fahrers mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,8 mg/l oder mehr auszugehen war. Und weg war die Fahrerlaubnis.

Was stört mich mein Geschwätz von gestern, oder: Knatsch im 2. Strafsenat?

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Ich hatte gestern in meiner kleinen Übersicht BTM I: Fahrplan für den Großen Senat für Strafsachen, oder: Packen wir es an? auf den BGH, Beschl. v. 01.06.2016 – 2 StR 335/15  (vgl. dazu Schon wieder: Anfragebeschluss des 2. Ss des BGH – Nötigung zur Herausgabe von BtM) hingewiesen. In einem Kommentar zu dem Posting weist der Kollege Garcia auf den BGH, Beschl. v. 22.09.2016 – 2 StR 27/16 hin. Der hing schon länger in meinem Blogordner, ich hatte ihn aber bisher übersehen. Nun hole ich ein Postin dazu schnell nach, allerdings hätte das besser gestern gepasst.

Nun, dann eben jetzt nachgeholt. In dem Beschluss geht es u.a. auch um räuberische Erpressung im BtM-Bereich. Einer der Angeklagten ist wegen Anstiftung dazu verurteilt worden. Dagegen seine Revision. Und – es wundert schon: Der BGH hält die Verurteilung:

2. Auch die Revision des Angeklagten C. , mit der er im Wesentlichen seine Verurteilung im Fall 87 der Anklageschrift sowie im Übrigen die Strafzumessung beanstandet, bleibt ohne Erfolg.

„a) Der Angeklagte C. , dem die Strafkammer im Fall 87 der Anklageschrift den Einsatz der Schusswaffe durch den von ihm beauftragten „Geld- bzw. Betäubungsmitteleintreiber“ A. nicht zugerechnet hat, ist rechtsfehlerfrei wegen Anstiftung zur räuberischen Erpressung verurteilt worden. Wer – wie hier der deswegen noch nicht rechtskräftig verurteilte A. – einen Rauschgifthändler oder -kurier mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Herausgabe von Drogen nötigt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, macht sich der räuberischen Erpressung schuldig. Die Rechtsordnung kennt im Bereich der Vermögensdelikte kein wegen seiner Herkunft, Entstehung oder Verwendung schlechthin schutzunwürdiges Vermögen. Auch an Sachen wie Rauschgift, die jemand aufgrund einer strafbaren Handlung besitzt und als Tatmittel zur Begehung geplanter Straftaten bereitstellt, kann unbeschadet ihrer Zweckbestimmung oder Bemakelung, Erpressung und Betrug begangen werden. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 4. September 2001 – 1 StR 167/01, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 3 mwN; Beschluss vom 20. September 2005 – 3 StR 295/05, NJW 2006, 72).“

Wenn man es liest, denkt man (sofort): Aber da war doch was? Ja, war es auch, nämlich der BGH, Beschl. v. 01.06.2016 – 2 StR 335/15. Und der hatte dazu geführt, dass der GBA hier die Aussetzung des Verfahrens beantragt hatte. Dazu dann aber der 2. Strafsenat – Überraschung?:

Eine vom Generalbundesanwalt beantragte Aussetzung des Verfahrens war nicht veranlasst.

Zwar hat der erkennende Senat – in anderer Besetzung – in der Sache 2 StR 335/15 mit Beschluss vom 1. Juni 2016 die Revisionshauptverhandlung unterbrochen und, verbunden mit einer Anfrage an die übrigen Strafsenate des Bundesgerichtshofs, ob an bisheriger Rechtsprechung festgehalten werde, ausgeführt, er beabsichtige zu entscheiden:

„Die Nötigung zur Herausgabe von Betäubungsmitteln richtet sich nicht gegen das Vermögen des Geschädigten und erfüllt daher nicht den Tatbestand der Erpressung.“

Jedoch hindert ein solches Anfrageverfahren nach § 132 GVG nicht eine Sachentscheidung auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Dass ein Anfragebeschluss die angefragten Senate, die an der bisherigen Rechtsprechung festhalten wollen, nicht hindert, auf dieser Grundlage weiter zu entscheiden, hat der Bundesgerichtshof unter Hinweis auf eine fehlende Sperrwirkung bereits entschieden (BGH, Beschluss vom 24. August 2000 – 1 StR 349/00, BGHR GVG § 132 Anfrageverfahren 1; Beschluss vom 19. Oktober 2004 – 1 StR 427/04 mwN; sowie wenn die Rechtsfrage dem Großen Senat zur Entscheidung vorgelegt ist: BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2009 – 2 StR 433/09, NStZ 2010, 227). Ebenso wenig ist ein anfragender Senat gehindert, bei Vorliegen einer Binnendivergenz zwischen verschiedenen Sitzgruppen abweichend von seiner eigenen Anfrage zu entscheiden. Der Anfragebeschluss entfaltet keine Sperrwirkung. Er dient lediglich der Vorbereitung der Herbeiführung einer Rechtsprechungsänderung, ist aber selbst keine bindende Entscheidung, von der nicht abgewichen werden könnte. Eine Bindungswirkung entsteht erst durch den Antwortbeschluss des angefragten Senats, der seine Zustimmung zu einer Änderung der bisherigen Rechtsprechung erteilt (BGH, Beschluss vom 24. August 2000 – 1 StR 349/00, aaO). Dann kann der anfragende Senat nicht mehr zu seiner ursprünglichen Rechtsprechung zurückkeh-ren, ohne den Großen Senat für Strafsachen anzurufen; dies deshalb, weil die Entschließung über die Antwort des angefragten Senats, er halte an der frühe-ren Rechtsauffassung nicht mehr fest, die gleiche Bedeutung hat wie eine Revisionsentscheidung, in der er seine frühere Auffassung aufgibt (vgl. Heußner, DRiZ 1972, 119 ff.). Eine Binnendivergenz führt auch nicht zu der Verpflichtung, eine Entscheidung des – in der Sache unzuständigen – Senatsplenums herbeizuführen. Eine solche „Entscheidung“ hätte für die zuständige Sitzgruppe keine rechtliche Bindungswirkung.“

Na, und nun? Man darf dann auf die Entscheidung des Großen Senats gespannt sein – seine Besetzung habe ich jetzt nicht geprüft. Jedenfalls spricht die Entscheidung 2 StR 67/16 für eine „gewisse Uneinigkeit“ im 2. Strafsenat. Und das mit der „anderen Besetzung“ der Spruchgruppe ist nicht unbedingt so durchschlagend. Denn dei Entscheidung in 2 StR 27/16 stammt von „Fischer Appl Eschelbach Zeng Bartel„, die in 2 StR 335/15 von „Fischer Eschelbach Zeng Bartel“ und „Krehl“. Also fast deckungsgleich. Da ist man dann doch erstaunt. „Kurios“ wie der Kollege Garcia meint :-). Oder: Knatsch im 2. Strafsenat bzw. – mit Konrad Adenauer: Was stört mich mein Geschwätz von gestern?

Kein Rücktritt vom „Widerspruchsverfahren“, aber: Keine Regel ohne Ausnahme

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Mit der Zustimmung zum Widerspruchsverfahren des § 72 OWiG ist das so eine Sache. Wer sich einmal damit einverstanden erklärt hat, ist an dieses Einverständnis – i.d.R. – gebunden und kann davon später nicht wieder abrücken. Daher muss man sich die Zustimmung gut überlegen.

Aber, wie so oft: Keine Regel ohne Ausnahme. Die Bindung entfällt, wenn sich im weiteren Verfahren neue tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte ergeben, deren Berücksichtigung bei der Entscheidung über den Widerspruch nicht möglich war. So das OLG Brandenburg im OLG Brandenburg, Beschl. v. 01.04.2016 – 53 Ss-OWi 16/16. Da hatte der Betroffene der Entscheidung im Beschlussweg – Absehen vom Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße auf 300 € – zugestimmt. Das AG hatte so entschieden. Der Betroffene hatte das mit der Rechtsbeschwerde beanstandet und hat Recht bekommen:

„Mit der zulässig erhobenen Rüge der Verletzung formellen Rechts macht der Betroffene zu Recht geltend, dass das Amtsgericht Zehdenick nicht (mehr) im Beschlusswege auf eine Geldbuße in Höhe von 300,- Euro hätte erkennen dürfen.

Zwar hatte der Betroffene mit Schriftsatz vom 14. April 2015 zunächst einer solchen Verfahrensweise zugestimmt und ist an diese Erklärung grundsätzlich auch gebunden.

Wie die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg in ihrer Stellungnahme vom 25. Januar 2016 zutreffend ausführt, gilt dies jedoch nur für eine unveränderte Prozesslage, nicht jedoch, wenn sich im weiteren Verfahren neue tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte ergeben, deren Berücksichtigung bei einer Entscheidung nach Lage der Akten von dem Verzicht auf den Widerspruch nicht gedeckt ist (vgl. Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 72 Rn. 43). So liegt der Fall letztlich auch hier, denn nach dem Verzicht aber noch vor der angefochtenen Entscheidung waren die das Fahrverbot gemäß § 4 Abs. 2 BKatV und die Erhöhung der Regelgeldbuße begründenden Voreintragungen des Betroffenen tilgungsreif, worauf der Betroffene mit am 02. Juli 2015 beim Amtsgericht angebrachtem Schreiben zu Recht und noch rechtzeitig hingewiesen hatte.“