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Unterbringung I: Erneut Fortdauer der Unterbringung, oder: Negative Stellungnahme der Vollzugseinrichtung

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Heute stelle ich dann Entscheidungen vor, die sich mit Fragen der Unterbringung befassen.

Zunächst kommt hier der OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.07.2022 – 4 Ws 247/22. Der Verurteilte ist im Oktober 2018 wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden. Zugleich hat das LG nach einem Vorwegvollzug von zwei Jahren die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Am 10.12.2019 wurde der Verurteilte in die Maßregelvollstreckung verlegt. Seither ordnete die Strafvollstreckungskammer mit Beschlüssen vom 10. Juni 2020, 15. Dezember 2020, 2. Juni 2021 sowie vom 24. November 2021 jeweils die Fortdauer der Unterbringung an. Letztmals wurde am 18. Mai 2022 die Fortdauer der Unterbringung beschlossen. Dagegen die sofortige Beschwerde, die Erfolg hatte:

„Die zulässige sofortige Beschwerde hat (zumindest vorläufig) auch in der Sache Erfolg. Denn die Strafvollstreckungskammer hat ihre Entscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen.

1. Entscheidungen, die den Entzug oder die Einschränkung der persönlichen Freiheit betreffen, müssen auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der in Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verfassungsrechtlich verankerten Freiheitsgarantie entspricht. Dabei ist immer eine für den Einzelfall hinreichende Gründlichkeit bei der Entscheidungsfindung zu gewährleisten (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 5. Juni 2019 — 2 BvR 382/17, juris Rn. 26 mwN). Dieses Gebot bestmöglicher Sachaufklärung gilt auch für den Straf- und Maßregel-vollzug.

2. Zwar ergibt sich hieraus nicht, dass bei Entscheidungen über die Fortdauer einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB oder über deren Erledigung zwingend ein externer Sachverständiger hinzuzuziehen wäre. Vielmehr kann eine gutachterliche Stellungnahme der behandelnden Klinik, ggf. in Verbindung mit dem Protokoll der richterlichen Anhörung des Verurteilten, eine zuverlässige und zureichende Entscheidungsgrundlage bieten (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Juni 2020 — 4 Ws 127/20, juris Rn. 22). Dies gilt jedoch nur dann, wenn die gutachterliche Stellungnahme die maßgebenden Tatsachen vollständig mitteilt. Daran fehlt es hier.

a) Die vom Beschwerdeführer angestrebte Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung kommt in Betracht, wenn zu erwarten ist, dass er außerhalb des Maßregelvollzugs keine erheblichen rechtswidrigen Taten mehr begehen wird (§ 67 Abs. 2 Satz 1 StGB).

Kommt die Vollzugseinrichtung, wie vorliegend, zu dem Ergebnis, dass die Legalprognose negativ ist, muss ihre Stellungnahme Ausführungen dazu enthalten, welcher Art die rechtswidrigen Taten sind, die von dem Untergebrachten drohen, wie ausgeprägt das Maß der Gefährdung ist (Häufigkeit und Rückfallfrequenz), wie hoch die Wahrscheinlichkeit zukünftiger rechtswidriger Taten ist und inwieweit im Falle einer Aussetzung der Maßregel zur Bewährung im Rahmen der Führungsaufsicht Anordnungen nach § 68a, § 68b StGB als weniger belastende Maßnahmen ausreichen können, um den Zweck der Maßregel zu erreichen (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 19. Oktober 2020 — 2 Ws 131/20, juris Rn. 17 für eine gutachterliche Stellungnahme nach § 463 Abs. 4 Satz 1 StPO).

Werden diese Anforderungen nicht erfüllt und stützt das Gericht seine die Bewährungsaussetzung ablehnende Entscheidung dennoch auf die gutachterliche Stellungnahme, verstößt es gegen seine Verpflichtung, die Annahme, dass von dem Beschwerdeführer weiterhin eine Gefahr erheblicher rechtswidriger Taten ausgehe, hinreichend zu konkretisieren (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 17. Februar 2014 — 2 BvR 1795/12, juris Rn. 40).

b) So liegt der Fall hier. Die Strafvollstreckungskammer hat in dem angefochtenen Be-schluss lediglich ausgeführt, dass sich der Verurteilte noch stabilisieren und bewähren müsse und im Übrigen auf die Stellungnahme des Zentrums für Psychiatrie verwiesen. Die dortigen Ausführungen sind jedoch unzureichend und rechtfertigen die für den Beschwerdeführer nachteilige Entscheidung nicht.

aa) Das Ergebnis der Stellungnahme der Klinik, wonach die Legalprognose des Beschwerdeführers negativ sei, hätte schon deshalb ausführlich erörtert werden müssen, weil ihm zunächst – über mehrere Seiten hinweg – eine positive Entwicklung seit Beginn der Therapie bescheinigt wird. Auch der aktuelle Behandlungsverlauf könne positiv gewertet werden. Er habe an allen therapeutischen Einheiten teilgenommen und sich in stetigem Austausch mit seinen Behandlern befunden. Nach seiner Verlegung in die Adaptionseinrichtung habe sich der Beschwerdeführer rasch einleben können und am Therapieprogramm teilgenommen. Mit den dortigen Mitarbeitern habe er guten Kontakt, und in den Absprachen sei er zuverlässig. Ferner habe er inzwischen Arbeit gefunden.

Zu seiner geschiedenen Ehefrau und den drei gemeinsamen Kindern habe der Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt, wobei ihn die Einrichtung als sehr reflektiert erlebt habe. Er bemühe sich, jedem Kind gerecht zu werden. Zudem sei er mit seiner neuen Partnerin weiterhin zusammen und unterhalte die übrigen familiären und freundschaftlichen Beziehungen ohne Szenekontakt. Sämtliche Drogenscreenings und Alkoholkontrollen seien negativ gewesen und es sei auch kein Rückfall in kriminelle Verhaltensweisen bekannt. Ein Leben in der Legalität sei für den Beschwerdeführer durchaus möglich. Er sei durch seinen beruflichen Werdegang und seine familiäre Struktur durchaus fähig, sich in ein soziales Netz der Legalität zu begeben.

bb) Trotz dieses positiven Therapieverlaufs, den auch die Strafvollstreckungskammer gesehen hat, kommt die Klinik abschließend zu dem Ergebnis, dass die Legalprognose des Beschwerdeführers als negativ einzuschätzen sei. Der Hang zur kriminellen Handlung sei durchaus vorhanden.

Auf welche konkreten Erkenntnisse diese Annahme gestützt wird, bleibt indes offen und es wird auch nicht dargetan, weshalb eine solche Gefahr trotz des positiven Therapieverlaufs noch nicht in dem für eine Bewährungsaussetzung erforderlichen Maße reduziert werden konnte. Zudem wird nicht erläutert, welche konkreten therapeutischen Maßnahmen im weiteren Verlauf der Unterbringung noch ergriffen werden sollen, um die angenommene Rückfall-gefahr zu beseitigen oder zumindest zu verringern.

Darüber hinaus verhalten sich weder die gutachterliche Stellungnahme noch der angefochtene Beschluss dazu, welche Art von Straftaten durch den Beschwerdeführer drohen und welches Ausmaß diese habe könnten. Das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts hat jedoch maßgeblichen Einfluss auf die Prognoseentscheidung (KG, Beschluss vom 13. November 2020 – 5 Ws 162/20, juris Rn. 9).

Eine aussagekräftige Beurteilung der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers ist dem Senat auf dieser unzureichenden Grundlage nicht möglich, zumal der anerkannt positive Verlauf der bisherigen Therapie eher gegen eine Rückfallgefahr spricht. Der Verurteilte hat seine Lebensverhältnisse, soweit dies im Rahmen des Maßregelvollzugs möglich ist, erfolgreich geordnet und stabilisiert. Soll dennoch von einer ungünstigen Prognose ausgegangen werden bedarf dies, auch vor dem Hintergrund der bereits erheblichen Therapiedauer, einer umfassenden Begründung.

Eine solche Begründung hat die Klinik in ihrer gutachterlichen Stellungnahme nicht abgegeben und auch nicht im Rahmen der mündlichen Anhörung vor der Strafvollstreckungskammer nachgereicht. Die dort anwesende Vertreterin hat vielmehr erklärt, sie sei über das Ansinnen des Beschwerdeführers überrascht, da eine Entlassung noch nicht vorgesehen sei.

Für eine gesunde Entlasssituation solle üblicherweise sechs Monate in einer eigenen Wohnung gewohnt werden. Eine Auseinandersetzung mit dem positiven Therapieverlauf erfolgte auch hier nicht…..“nats als Beschwerdegericht ausscheidet.

OWi II: Verweigerte Verlegung des HV-Termins, oder: Anforderungen an die Rechtsbeschwerde

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Und als zweite Entscheidung stelle ich den KG, Beschl. v. 25.05.2022 – 3 Ws (B) 84/22 – zur Begründung der Rechtsbeschwerde wegen verweigerter Terminverlegung vor.

Das KG hat eine Rechtsbeschwerde, die damit begründet worden war, wegen nicht ausreichendem Rechtsbeschwerdevortrag verworfen:

„Zutreffend erkennt der Rechtsmittelführer, dass es sich bei der Entscheidung über einen Antrag auf Terminsverlegung um eine Ermessensentscheidung handelt (für viele: BGH NJW 1992, 84). Daraus ergibt sich zwanglos, dass das Rechtsmittel alle tatsächlichen Umstände vorzutragen hat, aus denen sich die Ermessensfehlerhaftigkeit der beanstandeten Entscheidung ergibt.

Abgesehen davon, dass die Rechtsbeschwerde nicht dartut, warum der Betroffene, auf dessen unentschuldigtes Fernbleiben es bei § 74 Abs. 2 OWiG ausschließlich ankommt, zur Hauptverhandlung nicht gekommen ist, lässt sie solchen tatsächlichen Vortrag vermissen, der es dem Senat ermöglichte, Ermessensfehler auszumachen. Die Rechtsbeschwerde teilt mit, die Ladung zu einem vom Verteidiger offenbar als vorrangig empfundenen Gerichtstermin sei ihm am 25. November 2021 zugegangen, also zu einem Zeitpunkt, als die Ladung in hiesiger Sache längst bewirkt war. Der Zeitpunkt der Ladungsbewirkung ist aber ein wichtiger Prüfstein bei der Entscheidung über einen Verlegungsantrag, so dass es – jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt – nahegelegen hätte, den Verlegungsantrag in der Sache zu stellen, in welcher später geladen wurde. Ausführungen zu dieser Sache beschränken sich darauf, sie werde ganztägig vor der großen Strafkammer des Landgerichts (gemeint vermutlich: Berlin) verhandelt. Auch warum es dem Betroffenen nicht zumutbar gewesen sein soll, sich durch einen anderen – ggf. unterbevollmächtigten – Rechtsanwalt verteidigen zu lassen, ist der Rechtbeschwerde nicht zu entnehmen. Zumindest wäre hier der Tatvorwurf mitzuteilen gewesen. Auch Ausführungen zur Beweislage wären zu erwarten gewesen, um dem Senat eine Überprüfung der beanstandeten Ermessensentscheidung zu ermöglichen.

Die Erklärung, die „Verhinderungsgründe“ seien gegenüber dem Tatgericht „vollumfänglich dargestellt“ worden, ist in der Rechtsbeschwerde unbehelflich. Nach allgemeinen Grundsätzen müssen sich die Umstände, welche die Ermessensentscheidung als fehlerhaft erscheinen lassen, aus der Rechtsbeschwerdeschrift selbst ergeben (§§ 79 Abs. 3 OWiG, 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

Unverständlich ist es zudem, dass der Verteidiger, der keinen Entbindungsantrag gestellt hatte, keinen Vertreter zu der Hauptverhandlung entsandte, um deren Durchführung er sicher wusste. Das Verwerfungsurteil war zwingende Folge dieses anwaltlichen Agierens.“

 

 

 

 

 

 

StPO II: Anforderungen an den Besetzungseinwand, oder: (Gebuchter) Erholungsurlaub eines Schöffen

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Die zweite Entscheidung des Tages behandelt noch einmal die an einen Besetzungseinwand (§ 222b StPO) zu stellenden Anforderungen. Es geht um die Entbindung einer Hauptschöffin und einer Hilfsschöffin in einem Schwurgerichtsverfahren. Beide hatten Urlaub „geltend gemacht“.

Dagegen dann der Besetzungseinwand des Angeklagten. Das OLG hat ihn im OLG Hamm, Beschl. v. 12.05.2022 – 5 Ws 114/22 – als unzulässig und unbegründet angesehen:

„1…..

Die Begründung des Besetzungseinwands genügt jedoch nicht den an diesen zu stellenden Anforderungen.

Gemäß § 222b Abs. 1 S. 2 StPO sind die Tatsachen, aus denen sich die vorschriftswidrige Besetzung ergeben soll, anzugeben. Die an diesen Vortrag zu stellenden Anforderungen entsprechen im Wesentlichen den Rügeanforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO (vgl. etwa BGH, Urteil vom 07. September 2016 – 1 StR 422/15 -; OLG Celle, Beschluss vom 27.01.2020 – 3 Ws 21/20 – jeweils recherchiert bei juris; Schmitt in: Meyer-Goßner / Schmitt, StPO, 64. Aufl. 2021, § 222b Rn. 6; Jäger in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2019, § 222b Rn. 17; Arnoldi in: Münchener Kommentar, StPO, 1. Aufl. 2016, § 222b Rn. 13). Hierfür spricht zum einen die nahezu wortgleiche Formulierung des § 222b Abs. 1 S. 2 StPO und des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO. Dies entspricht aber auch dem Gesetzeszweck. Mit den durch das Strafverfahrensänderungsgesetz 1979 eingeführten Rügepräklusionsvorschriften der §§ 338 Nr. 1, 222b Abs. 1 StPO wollte der Gesetzgeber seinerzeit erreichen, dass Besetzungsfehler bereits in einem frühen Verfahrensstadium erkannt und geheilt werden, um zu vermeiden, dass ein möglicherweise mit großem justiziellen Aufwand zustande gekommenes Strafurteil allein wegen eines Besetzungsfehlers aufgehoben und in der Folge die gesamte Hauptverhandlung – mit erheblichen Mehrbelastungen sowohl für die Strafjustiz als auch für den Angeklagten – wiederholt werden muss (BGH a.a.O.). Mit Blick auf diesen Normzweck und im Sinne der Intentionen des Gesetzgebers sind unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Anforderungen hohe, weitgehend den Rügeanforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechende Anforderungen an den Inhalt des Besetzungseinwands zu stellen (BGH a.a.O.). Nichts anderes ergibt sich auch nach der Neueinführung des § 222b Abs. 3 StPO durch das Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 05.11.2019. Ziel auch dieser Neuregelung war ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien durch die Einführung des Vorabentscheidungsverfahrens Besetzungsrügen schon vor oder zu Beginn der Hauptverhandlung abschließend durch ein höheres Gericht bescheiden zu lassen, um Urteilsaufhebungen im Revisionsverfahren aufgrund von Falschbesetzungen zu vermeiden, ohne dass die Gesetzesbegründung Anhaltspunkte dafür bietet, dass ein von der bisherigen Rechtslage abweichender Darlegungs- oder Prüfungsmaßstab vom Gesetzgeber gewollt war (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 05.11.2019, BTDrucks. 19/14747).

Unter Anwendung revisionsrechtlicher Maßstäbe sind die den Besetzungsmangel begründenden Tatsachen in dem Besetzungseinwand ohne Bezugnahmen und Verweisungen anzugeben. Die Verfahrenstatsachen sind so vollständig und genau anzugeben, dass allein auf Grundlage dieses als richtig unterstellten Vortrages dem Senat eine Entscheidung möglich ist. Eine Bezugnahme auf Anlagen zur Antragsschrift ist demgegenüber unzulässig, denn es ist nicht Aufgabe des Rechtsmittelgerichts, das Vorbringen an der passenden Stelle zu ergänzen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 7.5.2018 ? 2 RBs 61/18 – beck online; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl. 2021, § 344 Rn. 21).

Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen genügt das Vorbringen den Anforderungen des § 222b Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 344 Abs. 2 S. 2 StPO nicht. Insbesondere enthält die Rüge keine Angaben dazu, an welchen konkreten Tagen die Kammer Fortsetzungstermine anberaumt hat. Das Rügevorbringen beschränkt sich insoweit darauf, mitzuteilen, dass zehn Hauptverhandlungstermine in der Zeit zwischen dem 04.05.2022 und dem 24.06.2022 bestimmt worden seien, von welchen der Termin am 25.05.2022 nachträglich aufgehoben worden und ein weiterer Termin am 02.06.2022 anberaumt worden sei. Um die Entscheidungen über die Entbindung die Schöffinnen infolge der von ihnen mitgeteilten Abwesenheiten überprüfen zu können, ist dem Senat jedoch die Kenntnis darüber, inwieweit Fortsetzungstermine in die jeweiligen Zeiträume fallen, erforderlich.

Ferner gibt die Rüge auch die Mitteilung des „Urlaubstermins“ durch die Schöffin B, auf welche diese in ihrer Email vom 24.01.2022 Bezug nimmt nicht wieder, bzw. führt gegebenenfalls nicht aus, dass es eine solche Mitteilung nicht gab. Auch dies wäre für die Überprüfung des Rügevorbringens erforderlich gewesen.

2. Der Besetzungseinwand ist zudem auch unbegründet. Die Entbindungen der Hauptschöffin und der Hilfsschöffin sind nicht zu beanstanden.

Nach §§ 77 Abs. 3, 54 Abs. 1 GVG kann der Vorsitzende einer Strafkammer des Landgerichts einen Schöffen auf dessen Antrag wegen eingetretener Hinderungsgründe von der Dienstleistung an bestimmten Sitzungstagen entbinden. Ein Hinderungsgrund liegt vor, wenn der Schöffe an der Dienstleistung durch unabwendbare Umstände gehindert ist oder wenn ihm die Dienstleistung nicht zugemutet werden kann.

Ob einem Schöffen die Dienstleistung im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 GVG zugemutet werden kann, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist – zur Wahrung des Rechts auf den gesetzlichen Richter – ein strenger Maßstab anzulegen (OLG Hamm, Beschluss vom 28. 5. 2001 – 2 Ss 400/01 – juris). Hierbei stellt Erholungsurlaub eines Schöffen in der Regel einen Umstand dar, der zur Unzumutbarkeit der Dienstleistung führt (vgl. BGH, Beschluss vom 8.5.2018 ? 5 StR 108/18 – beck online). Berufliche Gründe hingegen rechtfertigen nur ausnahmsweise die Verhinderung eines Schöffen (vgl. BGH, Beschluss vom 02.05.2018 – 2 StR 317/17 – beck online).

Der Senat überprüft die Ermessensentscheidungen des Vorsitzenden lediglich am Maßstab der Willkür (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 17.03.2020 – 2 Ws 36/20 – juris; KG, Beschluss vom 27. April 2020 – 4 Ws 29/20 -, juris; Ritscher, in: BeckOK zur StPO, 41. Edition Stand: 01.04.2022, § 222b Rn. 16; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl. 2021, § 222b Rn. 19). Dies hat der Bundesgerichtshof unter Geltung der alten Rechtslage vor Novellierung des § 222b StPO durch das am 13.12.2019 in Kraft getretene Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10.12.2019 mit Blick auf § 54 Abs. 3. S. 1 GVG, 336 S. 2 Alt. 1 StPO klargestellt (vgl. BGH, Beschluss vom 05. August 2015 – 5 StR 276/15 -, juris). Dieser im bisherigen Revisionsrecht bestehende Prüfungsmaßstab hat auch nach Neueinführung des § 222b Abs. 3 StPO weiterhin Geltung und ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 16. Dezember 2021 – 2 BvR 2076/21 – juris; OLG Hamm a.a.O.; Ritscher in: BeckOK a.a.O.; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O.).

Willkür in diesem Sinne liegt dabei nicht erst bei einer bewussten Fehlentscheidung, sondern bereits dann vor, wenn die mit der Entbindung des Schöffen verbundene Bestimmung des gesetzlichen Richters grob fehlerhaft ist und sich so weit vom Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt, dass sie nicht mehr gerechtfertigt erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2016- 2 StR 342/15 -, juris). Dies ist hier nicht der Fall.

Dies gilt zunächst für die Entscheidung, dass der Hauptschöffin B infolge ihres Erholungsurlaubs die Dienstleistung in der Hauptverhandlung vom 04.05.2022 mit den Fortsetzungsterminen nicht zumutbar war. lm Falle von Erholungsurlaub eines Schöffen liegt die Annahme von Willkür ohnehin fern (vgl. BGH, Beschluss vom 8.5.2018 ? 5 StR 108/18 – beck online). Vorliegend hat der Vorsitzende sich zudem durch telefonische Nachfrage zusätzliche Erkenntnisse verschafft und sich so hinsichtlich der Dauer und des Grundes für die Unverschiebbarkeit des Urlaubs (bereits gebuchter Auslandsurlaub mit der Familie) versichert. Dass in den Entbindungsbeschluss sodann versehentlich die Daten der Urlaubsreise der Hauptschöffin (An- und Abreisetag) als Daten der Hauptverhandlungstermine, an welchen diese verhindert sei, eingetragen wurden, wie der Vorsitzende in seiner dienstlichen Stellungnahme vom 04.05.2022 ergänzend erläutert hat, stellt nicht infrage, dass der Vorsitzende seine Entscheidung auf der richtigen Tatsachengrundlage getroffen hat, zumal die offensichtliche Unrichtigkeit sich bereits daraus ergibt, dass am angegebenen 27.05.2022 überhaupt kein Fortsetzungstermin anberaumt war und die Daten den An- und Abreisetagen entsprechen. Soweit seitens der Verteidigung darauf hingewiesen wurde, dass die dienstliche Stellungnahme an sie nicht übersandt worden sei, ergibt sich aus dem Beschluss der Kammer vom 04.05.2022, dass diese in der Hauptverhandlung am selben Tag verlesen worden ist, was die Verteidigung in ihrem Vorbringen bestätigt. Einer zusätzlichen Übersendung bedurfte es daher nicht.

Ebenso wenig stellt sich die Entscheidung, der Hilfsschöffin A sei die Teilnahme an der Hauptverhandlung unzumutbar, als willkürlich dar. Die Hilfsschöffin hatte mitgeteilt, sich am Fortsetzungstermin am 19.05.2022 mit ihrem Sohn im Urlaub befinden und Buchungsbestätigungen für die Flüge vorgelegt, wobei sich hieraus ergab, dass die Schöffin am Terminstag bereits früh morgens abreisen würde. Die Beurteilung des Kurzurlaubs anlässlich eines Geburtstags als Erholungsurlaub stellt sich jedenfalls nicht willkürlich dar. Sie ist vielmehr naheliegend. Die von der Verteidigung vorgebrachte Argumentation, aus § 7 Abs. 2 BUrlG sei zu schließen, dass von Erholungsurlaub erst ab einem Urlaub von zwölf aufeinanderfolgenden Werktagen auszugehen sei, geht fehl. Die vorgenannte Vorschrift bestimmt vielmehr, dass bei einem Arbeitnehmer, der Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen hat, ein Urlaubsteil mindestens zwölf Werktage umfassen muss. Daraus folgt aber, dass der andere Urlaubsteil gerade einen geringeren Umfang haben kann.

Schließlich sind auch die Entscheidungen des Vorsitzenden, in beiden Fällen die Schöffinnen von der Dienstleistung insgesamt zu entbinden und die jeweiligen Fortsetzungstermine nicht zu verlegen, nicht als willkürlich anzusehen. Unabhängig davon, ob eine Pflicht hierzu überhaupt angenommen werden kann (ablehnend etwa OLG Hamm, Beschluss vom 17.03.2020 – 2 Ws 36/20 – juris), war dies jedenfalls vorliegend angesichts dessen, dass ein umfangreiches Beweisprogramm bereits vorbereitet und Zeugen für jeden Fortsetzungstermin geladen waren – was im Rahmen des Rügevorbringen ebenfalls nicht dargestellt worden ist -, unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes in Haftsachen nicht geboten.

Die Entbindungsentscheidungen des Kammervorsitzenden genügten – ergänzt durch den Vermerk des Kammervorsitzenden vom 27.01.2022 – auch dem Dokumentationserfordernis des § 54 Abs. 3 S. 2 GVG. Dass es sich bei den in der Entbindungsentscheidung der Schöffin B angegebenen Daten um einen offensichtlichen Fehler handelt, ergibt sich – wie oben ausgeführt – bereits durch einen Abgleich mit den festgesetzten Terminen. Der Vorsitzende hat dies zudem durch seine dienstliche Stellungnahme vom 04.05.2022 ergänzend erläutert. Dass es sich um die Urlaubsdaten der Schöffin handelte, hätte sich außerdem durch die – im Rügevorbringen fehlende – Vorlage der Mitteilung der Schöffin über die Daten ihres Urlaubs – wie in deren Email in Bezug genommen – ergänzend überprüft werden können. Die Entscheidung betreffend die Hilfsschöffin A bedurfte vor dem Hintergrund der mitgeteilten Abwesenheit aufgrund eines Urlaubs im Ausland keiner weiteren Begründung.“

OWi III: Verdoppelte Geldbuße nicht mehr geringfügig, oder: Nochmals Begründungsanforderungen

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Und zum Tagesschluss habe ich dann noch eine OLG-Entscheidung zu den Begründungsanforderungen bei Festsetzung einer Geldbuße, die über der sog. Geringfügigkeitsgrenze liegt. Es handelt sich um den OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.11.2021 – 1 OLG 53 Ss-OWi 488/21.

Festgesetzt worden ist vom AG  nach Beschränkung des Einspruchs auf den Rechtsfolgenausspruch eine „verdoppelte“ Geldbuße von 480 EUR. Dem OLG reicht die Begründung des Rechtsfolgenausspruch nicht:

„2. Die in dem angefochtenen Beschluss für die Höhe der Geldbuße enthaltene Begründung genügt nicht den Anforderungen nach §§ 71 Abs. 1 OWiG, 267 Abs. 3 Satz 1 StPO, da sie aufgrund ihrer Lückenhaftigkeit dem Senat als Rechtsbeschwerdegericht die erforderliche Überprüfung nicht ermöglicht. Das Amtsgericht hat eine Geldbuße in Höhe von 480,00 Euro verhängt, die damit deutlich über der bei 250,00 Euro festzusetzenden Geringfügigkeitsgrenze des § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 OWiG liegt, von der an genauere Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen als Bemessungskriterium für die Höhe der Geldbuße zu treffen sind (st. Senatsrechtsprechung, vgl. statt vieler: Senatsbeschluss vom 18. April 2017, (1 B) 53 Ss-OWi 194/17 (94/17); Senatsbeschluss vom 8. Juni 2010, 1 Ss (OWi) 109 B/10; siehe auch Kammergericht VRS 122, 285, 286 m. w. N.; Kammergericht VRS 111, 202; OLG Celle NJW 2008, 3079; OLG Jena VRS 110, 443, 446; OLG Jena VRS 113, 351; OLG Köln ZfSch 2006, 116; OLG Düsseldorf NZV 2000, 426; OLG Düsseldorf NZV 2008, 161; OLG Bamberg GewArch 2007, 389, 390; BayObLG DAR 2004, 594; OLG Zweibrücken NZV 1999, 219; OLG Zweibrücken NZV 2002, 97). In dem angefochtenen Beschluss fehlt es an jeglichen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Betroffenen, die etwaige Rückschlüsse auf seine finanzielle Situation ermöglichen. Überdies sind solche Feststellungen bei einer Geldbuße wie der vorliegenden auch deshalb veranlasst, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung zu ermöglichen, ob der Tatrichter rechtsfehlerfrei von Erörterungen zu Zahlungserleichterungen nach § 18 OWiG abgesehen hat (vgl. OLG Hamburg NJW 2004, 1813 (1815)). Zudem lässt der Beschluss erkennen, dass die Höhe der verhängten Geldbuße auch auf eine verkehrsrechtliche Vorbelastung des Betroffenen zurückzuführen ist, ohne diese Vorbelastung näher zu bezeichnen.“

OWi III: Nochmals Abwesenheit der Betroffenen, oder: Abwesenheitsverhandlung/Verwerfungsurteil

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Und im dritten Posting dann noch einmal Abwesenheit des Betroffenen (§3 73, 74 OWiG), und zwar mit zwei Entscheidungen zur Abwesenheitsverhandlung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen ein Verwerfungsurteil. Beide Entscheidungen behandeln „Dauerbrennerfragen“, und zwar:

Hat das AG in einer sog. Abwesenheitsverhandlung nicht frühere Äußerungen und Anträge des Betroffenen zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht und diese weder in der Hauptverhandlung noch in den Urteilsgründen beschieden, ist das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt.

Bei der Verwerfung eines Einspruchs nach § 74 OWiG muss sich das Gericht in den Urteilsgründen mit den Einwendungen und Bedenken gegen eine Verwerfung auseinandersetzen, insbesondere auch mit der Zulässigkeit eines Antrags und dessen Begründung, den Betroffenen von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden, sowie den Erwägungen zur Ablehnung des Antrags. Das Urteil ist schon dann fehlerhaft, wenn es den Entbindungsantrag des Betroffenen nicht erwähnt.