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Strenge bei der Aufklärungsrüge, oder: Stand das Verkehrsschild vor oder nach der Messstelle?

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Und als zweite Entscheidung am „Fast-Feiertag“ dann der OLG Bamberg, Beschl. v. 26.06.2017 – 3 Ss OWi 800/17. Für mich eine etwas zwiespältige Entscheidung. Es geht um die Anforderungen an die Aufklärungrüge (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) bei einer durch Verkehrszeichen angeordneten Geschwindigkeitsbeschränkung. Der Betroffene hatte gegen eine Verurteilung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung geltend gemacht, die erlaubte Geschwindigkeit habe an der Messstelle nicht 50 km/h betragen, wovon das AG ausgegangen war, sondern 60 km/h. Dazu hatte er auf ein Lichtbild Bezuig genommen.

Das OLG sieht die Aufklärungsrüge als unzulässig an:

„a) Die Verfahrensrüge ist bereits unzulässig, weil sie den Begründungsanforderungen des § 79 III 1 OWiG i.V.m. § 344 II 2 StPO nicht entspricht. Danach muss der Beschwerdeführer die Tatsachen, die den behaupteten Verfahrensmangel begründen, so vollständig und genau mitteilen, dass das Rechtsbeschwerdegericht allein aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 19.05.2015 – 1 StR 128/15 = BGHSt 60, 238 = NStZ 2015, 541 = StV 2016, 78 = StraFo 2015, 381 = JR 2016, 78 m.w.N.). Für die Aufklärungsrüge bedarf es hierzu unter anderem des Vortrags, weshalb sich der Tatrichter zu entsprechender Aufklärung gemäß § 46 I OWiG i.V.m. § 244 II StPO gedrängt sehen musste (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 13.12.2016 – 3 StR 193/16 = NStZ-RR 2017, 119 und 31.05.2016 – 1 StR 22/16 [bei juris], jew. m.w.N.). Hieran fehlt es aber. Die Rechtsbeschwerde behauptet hierzu lediglich, aus den in einer vorangegangenen Hauptverhandlung am 23.02.2016 vorgelegten Lichtbildern ergebe sich, dass die Geschwindigkeit „im gegenständlichen Bereich“ auf 60 km/h beschränkt gewesen sei. Es wird aber bereits nicht vorgetragen, ob das auf den Fotos abgebildete Verkehrszeichen vor oder nach der Messstelle angebracht war. Der nach Ablauf der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde eingegangene, ergänzende Vortrag ist nicht berücksichtigungsfähig. Schon gar nicht wird dargetan, was dem Tatgericht zum Standort des Verkehrszeichens mitgeteilt worden war. Aufgrund dessen kann allein nach dem Vortrag der Rechtsbeschwerde nicht beurteilt werden, ob sich das AG zu weiterer Beweiserhebung gedrängt sehen musste. Denn wenn das abgebildete Verkehrsschild nicht vor der Messstelle, sondern erst danach angebracht worden war, konnte es im Hinblick auf § 41 II StVO für den Geschwindigkeitsverstoß von vornherein keine Bedeutung erlangen und bot daher auch keinen Anlass zur weiteren Aufklärung.“

Nun ja, ob zu einem ausreichenden Vortrag in solchen Fällen nun wirklich auch noch gehört, dass der Betroffene vorträgt, dass das entsprechende Geschwindigkeitsbegrenzungsschild vor der Messstelle aufgestellt war, wage ich zu bezweifeln. Man könnte, wenn man will – aber das OLG Bamberg will eben nicht – auch davon ausgehen, dass in dem entsprechenden Vortrag des Betroffenen grundsätzlich auch (immer) die Aussage enthalten ist, dass das Schild vor der Messstelle aufgestellt war. Der vom OLG Bamberg geforderte Vortrag würde die Anforderungen also überspannen. Im Übrigen müsste man dann m.E. auch von dem tatrichterlichen Urteil in den Fällen verlangen, dass es ex pressis verbis mitteilt, dass das geschwindigkeitsbegrenzende Schild vor der Messstelle aufgestellt war. Auf die Idee ist bisher aber – so weit ich das übersehe – noch kein OLG gekommen.

Im entschiedenen Fall hätten die Überlegungen dem Betroffenen allerdings nichts gebracht. Denn er hatte Bilder vorgelegt, aus denen sich nach den Feststellungen des OLG im Freibeweisverfahren ergeben hat, dass das Schild erst nach der Messstelle aufgestellt war. Und damit war die Aufklärungs zumindest unbegründet. Man/Das OLG hätte sich also wegen der Zulässigkeit gar nicht so weit aus dem Fenster lehnen müssen.

Verfahrensrüge III:, oder: Bei der Aufklärungsrüge muss alles auf den Tisch

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Der dritte Beitrag zur revisionsrechtlichen Verfahrensrüge betrifft den OLG Hamm, Beschl. v. 27.10.2016 – 3 RVs 80/16. In ihm hat das OLG u.a. eine Aufklärungsrüge behandelt, die – wie fast alle – Aufklärungsrügen – natürlich unzulässig war:

„c) Die Aufklärungsrüge, das Landgericht habe den behandelnden Arzt des Angeklagten als Zeugen vernehmen und ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen müssen, ist auch nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO entsprechend begründet worden. Eine ordnungsgemäße Aufklärungsrüge verlangt die Angabe der Beweistatsachen, des Beweismittels und der Tatsachen, die den Tatrichter zum Gebrauch des Beweismittels gedrängt oder dessen Gebrauch zumindest nahegelegt haben sollen. Ferner ist mitzuteilen, welche – dem Angeklagten günstige – Tatsache die unterlassene Beweisaufnahme ergeben hätte, wobei es nicht genügt, ein günstiges Ergebnis lediglich als möglich darzustellen. Ferner ist auszuführen, in welchem Umfang eine Beweiserhebung bereits stattgefunden hat. Diesen Anforderungen wird das Rügevorbringen nicht gerecht. Es fehlt die schlüssige Mitteilung von Umständen, die das Gericht zu einer weiteren Aufklärung gedrängt haben können. Aus dem Rügevorbringen ergibt sich lediglich, dass der Verteidiger des Angeklagten (pauschale) Angaben zu Rauschmittelkonsum und Medikamenteneinnahme des Angeklagten im Tatzeitraum gemacht hat. Es fehlen Angaben zu Art und Menge der eingenommenen Schmerzmedikamente und zur Häufigkeit des Suchtmittelkonsums. Unklar bleibt auch, ob der Angeklagte sich zu den Angaben seines Verteidigers und wenn ja wie eingelassen hat. Auf der Grundlage der mitgeteilten Tatsachen ist keine Beurteilung möglich, ob ein Kausalzusammenhang zwischen Medikamenten- und Suchtmittelkonsum und den abgeurteilten Taten überhaupt ernsthaft in Betracht kam.“

Also: Da muss alles auf den Tisch….

Erfolgreiche Aufklärungsrüge, oder: Wunder

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Aufklärungsrüge haben m.E. in der Regel keinen Erfolg. Das liegt u.a. daran, dass gerade hier bei dieser Unterart der Verfahrensrüge die Hürden bei den Revisionsgerichten sehr hoch liegen. Daher ist es schon bemerkenswert, wenn man mal über eine erfolgreiche Aufklärungsrüge berichten kann (insofern passt das Bild nicht ganz 🙂 ). Und das ist mit dem BGH, Beschl. v. 13.07.2016 – 2 StR 116/16 – der Fall:

1. Ungeachtet bestehender Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts, der Angeklagte sei zumindest Mitbesitzer der auf dem Couchtisch seines Zimmers liegenden Betäubungsmittel, hat die Revision mit einer zulässig erhobenen Aufklärungsrüge Erfolg.

Der den Vorwurf bestreitende Beschwerdeführer beanstandet zu Recht, dass die Strafkammer nicht die bei der Durchsuchung in seinem Zimmer dort angetroffene H. zu den Besitzverhältnissen an dem aufgefundenen Marihuana vernommen hat. Das Landgericht hätte sich dazu gedrängt sehen müssen. H. war zum damaligen Zeitpunkt – wie sich dem Wohnungsdurchsuchungsbericht entnehmen lässt – seit drei Monaten die Freundin des Angeklagten und hielt sich wie der Angeklagte bei der Durchsuchung in dem Raum auf, in dem die Betäubungsmittel auf dem Couchtisch liegend aufgefunden wurden. Sie kam danach durchaus auch als alleinige Besit-zerin des Marihuanas in Betracht, auch wenn die Polizei sie in ihrem Durchsuchungsbericht insoweit nicht als tatverdächtig eingestuft hatte. Sie hätte – entsprechend dem Vorbringen in der Verfahrensrüge – Angaben zu den (unklaren) Besitzverhältnissen machen können. Dementsprechend ist sie in der Anklageschrift auch als Zeugin benannt, der dort ebenfalls als Zeuge aufgeführte Vater des Angeklagten, der sich auch in den von der Polizei durchsuchten Räumlichkeiten aufhielt, wurde im Übrigen von der Strafkammer in der Hauptverhandlung als Zeuge gehört.

Dass H. im Zeitpunkt der Durchsuchung über ihren Hinweis hinaus, sie sei die Freundin des Angeklagten, weitere Angaben nicht machen wollte und im weiteren Ermittlungsverfahren auch zu keinem Zeitpunkt als Zeugin vernommen worden ist, lässt die Aufklärungspflicht hinsichtlich der den Besitz an den Betäubungsmitteln begründenden Umständen nicht entfallen. H. stand kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 52 StPO zur Seite; Anhaltspunkte dafür, dass sie sich in einer Hauptverhandlung möglicherweise auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO berufen könnte, sind der Akte nicht zu entnehmen.

Schließlich steht auch der Umstand, dass ein entsprechender Beweisantrag des Angeklagten in der Hauptverhandlung nicht gestellt worden ist, dem Erfolg der Rüge nicht im Weg. Die Aufklärungspflicht besteht grundsätzlich unabhängig vom Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten, die Rüge einer Verletzung der Aufklärungspflicht kann deshalb nicht daran scheitern, dass der Beschwerdeführer die vermisste Aufklärung in der Hauptverhandlung nicht verlangt hat (BGH NStZ-RR 2002, 145); dies gilt insbesondere dann, wenn sich das Erfordernis weiterer Sachaufklärung – wie hier dargelegt – schon aus Umständen ergibt, die vom Vorbringen der Verfahrensbeteiligten unabhängig ist (vgl. Krehl, KK-StPO, 7. Aufl., § 244 Rn. 32; s. wohl auch Becker, LR-StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 362, dazu Fn. 1777).“

Also: Ohne „wenn und aber“ – noch nicht einmal der nicht gestellte Beweisantrag hat an dem Erfolg der Rüge gewackelt.

Und eine weitere Besonderheit: Der BGH verweist nach § 354 Abs. 3 StPO an das Amtsgericht zurück. Sieht man auch nicht so häufig.

(Klassischer) Fehler der StA, oder: Inbegriffsrüge ist schwer

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Ich habe ja schon mehrfach über die sog. Inbegriffsrüge und deren Begründung berichtet. So z.B. u.a. über den OLG Hamm, Beschl. v. 15.04.2016 – 2 RBs 61/16 mit Hochreck Verfahrensrüge, oder: Wie begründe ich die Inbegriffsrüge richtig?  –  da war die Rüge ausreichend begründet. Allerdings sind mehr Verfahren Gegenstand der Berichterstattung gewesen, in denen das nicht der Fall war. Und dazu gehört nun auch das BGH, Urt. v.  12.05.2016 – 4 StR 569/15. Da ging es um Aufklärungsrügen der StA, mit denen die in der Revision beim BGH keinen Erfolg hatte. Der GBA hatte die Revision der StA „vertreten“, sich ihr also angeschlossen.

Beanstandet worden ist von der StA mit den Aufklärungsrügen, dass die Strafkammer es unterlassen hat, die für die beiden „– in den Niederlanden geborenen und dort auch lebenden – Angeklagten erholten [muss wohl heißen: eingeholten“] und zu den Akten gelangten niederländischen Strafregisterauskünfte zum Gegenstand der Hauptverhandlung zu machen. Diese weisen für beide Angeklagte mehrere Verurteilungen – auch wegen „Verstoßes gegen das Opiumgesetz“ – aus. In ihrem Urteil bezeichnet die Strafkammer den Angeklagten K. als „nicht vorbestraft“; hinsichtlich des Angeklagten B. enthält das Urteil keine Mitteilung zu (nicht) vorhandenen Vorstrafen.“

Dazu der BGH:

„b) Die Rügen sind unzulässig.

aa) Wird beanstandet, das Tatgericht habe den Inhalt in der Hauptver-handlung nicht verlesener Urkunden verwertet, so gehört zur ordnungsgemäßen Begründung der Verfahrensrüge nicht nur die Behauptung, dass die Ur-kunde nicht verlesen worden, sondern auch die Darlegung, dass der Inhalt der Urkunde nicht in sonst zulässiger Weise eingeführt worden sei (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 – 4 StR 78/14, NStZ 2014, 604, 605 mwN). Nichts anderes gilt, wenn statt einer Inbegriffsrüge gemäß § 261 StPO eine Aufklärungsrüge erhoben wird und hierbei nicht auf die – überlegene – Beweisqualität der Urkunde, auf deren genauen Wortlaut oder auf andere, durch sons-tige Beweismittel nicht oder schwerer nachweisbare Umstände abgestellt wird. Denn eine erfolgreiche Aufklärungsrüge setzt voraus, dass der Beweis nicht erhoben wurde. Liegt ein solcher Fall nicht vor und wird mit einer Aufklärungs-rüge beanstandet, dass eine Urkunde nicht verlesen oder im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist, so ist es – zu-mindest in Fällen, in denen dies in Betracht kommt – daher erforderlich, dass die Revision mitteilt, dass die Urkunde oder deren Inhalt nicht auf andere Wei-se in die Hauptverhandlung eingeführt wurde (vgl. zur Verpflichtung zum Vor-trag sogenannter Negativtatsachen auch BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 – 2 BvR 656/99, BVerfGE 112, 185; ferner KK/Gericke, StPO, 7. Aufl., § 344 Rn. 38 mwN).

bb) Den sich hieraus ergebenden Anforderungen wird der Tatsachenvor-trag der Staatsanwaltschaft nicht gerecht (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

Denn die Staatsanwaltschaft trägt in ihrer Rechtsmittelbegründung selbst vor, dass die niederländischen Strafregisterauskünfte nicht nur „zumindest auszugsweise verlesen“, sondern „den Angeklagten auch vorgehalten worden sind“. Zwar beweist das Hauptverhandlungsprotokoll (§ 274 StPO), dass eine Verlesung nicht erfolgt ist. Jedoch verhält sich die Revisionsbegründung nicht dazu, ob und gegebenenfalls welche Angaben die Angeklagten, deren „Werdegang“ (was die Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht mitteilt) laut Protokoll in der Hauptverhandlung erörtert wurde, auf den – nicht protokollierungsbedürftigen – Vorhalt hin gemacht haben. Auch aus dem Schweigen der Urteilsgründe kann nicht geschlossen werden, dass das Gericht die von der Staatsanwaltschaft vermisste Aufklärung unterlassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1999 – 3 StR 17/99 mwN). Die Revisionsbegründung trägt daher nicht vor, dass ein Aufklärungsmangel tatsächlich vorliegt oder sich über die Vorhalte und hierzu möglicherweise abgegebene Erklärungen hinaus die Verlesung der Urkunden aufgedrängt hat. Dies hat die Unzulässigkeit der Verfahrensrügen zur Folge. Daher kann offen bleiben, ob in Fällen, in denen der Inhalt eines Schriftstücks in der Hauptverhandlung erörtert und nicht bestritten worden ist, dass das Schriftstück diesen Inhalt hat, ein Urteil regelmäßig nicht darauf beruhen kann, dass das Schriftstück nicht verlesen worden ist (so BGH, Beschluss vom 18. Februar 2016 – 1 StR 590/15).“

Auch die StA „kann nicht immer Aufklärungs- = Verfahrenrüge“

© Andreas Berheide - Fotolia.com

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Auch die Staatsanwaltschaft „kann nicht immer Aufklärungs = Verfahrensrüge“. Das ist das Fazit aus dem OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.03.2016 – 1 Ss 356/15. In der Revision hatte die Staatsanwaltsschaft die Aufklärungsrüge erhoben und beanstandet, dass im Verfahren – es ging um einen Verstoß gegen das WaffG – die Schusswaffe, die Verfahrensgegenstand war, hätte in Augenschein genommen werden müssen. Nicht ordnungsgemäß erhoben, aber auch unbegründet, sagt das OLG:

„2. Die Verfahrensrüge der Staatsanwaltschaft ist sowohl unzulässig als auch unbegründet.

Die Beanstandung gründet sich darauf, dass das Gericht die besagte Schusswaffe hätte in Augenschein nehmen müssen und ein Gutachten zur Frage hätte erstellen lassen müssen, ob die Identifizierung der Waffe als Schusswaffe durch den Angeklagten möglich gewesen wäre. Das Landgericht hätte damit seine Pflicht aus § 244 Abs. 2 StPO verletzt.

a) Zur wirksamen Erhebung der Verfahrensrüge bedarf es der eindeutigen Bezeichnung des Antrages, sei es als Beweisantrag oder als Beweisermittlungsantrag. Diese Frage lässt die Revisionsführerin ausdrücklich offen. Zur den Förmlichkeiten des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Anbringung einer Verfahrensrüge gehört aber auch, dass sich der Revisionsführer festlegt, welche Art von Antrag in der Tatsacheninstanz gestellt wurde und wie durch die Ablehnung Verfahrensrecht verletzt worden ist. Eine allgemeine Verfahrensrüge sieht das Gesetz gerade nicht vor.

b) Zudem ist die Verfahrensrüge auch deshalb unzulässig, weil die Staatsanwaltschaft nicht ausreichend darlegt, warum sich die Inaugenscheinnahme der Waffe und die Einholung eines Sachverständigenbeweises hätte aufdrängen müssen. Dies ist aber bei einer Aufklärungsrüge notwendig.

Es ist insbesondere nicht ausreichend, darauf zu verweisen, dass sich spätestens durch die Anträge im Plädoyer eine weitere Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen. Denn wenn dies zutreffen würden, würde schon jeder Beweis(ermittlungs)antrag dazu führen, dass sich eine weitere Beweisaufnahme aufdrängte mit der Folge, dass das Tatgericht nach § 244 Abs. 2 StPO zu einer weiteren Sachaufklärung verpflichtet wäre. Die differenzierten Regelungen des § 244 Abs. 376 StPO über die Ablehnung von Beweisanträgen wären dann überflüssig.

c) Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, dass die Revisionsführerin das Beruhen des Urteils auf dem gerügten Verfahrensfehler jedenfalls dann nicht hinreichend deutlich gemacht hat, wenn man entsprechende, ins Einzelne gehende Ausführungen verlangen würde (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 344 Rn. 27). Die Staatsanwaltschaft führt lediglich aus, dass das Landgericht „möglicherweise“ zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Für die zulässige Erhebung der Verfahrensrüge muss allerdings mit Bestimmtheit dargelegt werden, zu welchem Ergebnis das Gericht bei der beantragten Untersuchung gekommen wäre und warum die Beweisführung des Tatrichters unzureichend war. Daran fehlt es.

d) Überdies wäre die Verfahrensrüge selbst bei ordnungsgemäßer Erhebung unbegründet, denn hinsichtlich der Inaugenscheinnahme besteht kein Surrogationsverbot. Das Landgericht konnte daher auch Bilder der Waffe nutzen (Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 244 Rn. 78). Einen Sachverständigenbeweis mit der Frage zu erheben, ob der Angeklagte konkrete Kenntnisse über bestimmte Tatsachen hatte, ist auch völlig ungeeignet. Der Sachverständige dient nicht dazu, dem Gericht die rechtliche Bewertung der inneren Tatseite abzunehmen (Meyer-Goßner/Schmitt a.a.O., § 244 Rn. 74a).“

Mit der Sachrüge hatte die Staatsanwaltschaft aber dann Erfolg. Die ist ja auch einfach(er) 🙂 .