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Absprache/Verständigung: Ganz so einfach ist es mit den Urteilsgründen nicht…

Da hatte es sich eine Strafkammer nach einer Verständigung/Absprache mit den Urteilsgründen wohl sehr einfach gemacht und die Feststellungen auf eine „knapp gehaltene, teilweise aus dem Anklagesatz übernommene Schilderung der Vorgehensweise des Angeklagten und seines Komplizen, an die sich eine Zusammenfassung der Einzeltaten in einer mehrspaltigen Tabelle anschließt“, beschrönt. Geht nicht sagt der BGH, Beschl. v. 09.03.2011 – 2 StR 428/10 und führt aus:

„Das angefochtene Urteil unterliegt insgesamt der Aufhebung, da es nicht den Mindestanforderungen genügt, die an die Urteilsgründe auch dann zu stellen sind, wenn die Entscheidung, wie hier, nach einer Verfahrensabsprache ergangen ist. Allein die Bereitschaft des Angeklagten, wegen eines bestimmten Sachverhalts eine Strafe hinzunehmen, die das gerichtlich zugesagte Höchstmaß nicht überschreitet, entbindet das Gericht nicht von der Pflicht zur Aufklärung und Darlegung des Sachverhalts, soweit dies für den Tatbestand der dem Angeklagten vorgeworfenen Gesetzesverletzung erforderlich ist (vgl. BGH, NStZ 2009, 467; NStZ-RR 2010, 54; Senat, NStZ-RR 2010, 336.“

Also: Ein „Bißchen“ schreiben muss man schon.

Hier dann der Volltext von OLG Hamm betreffend „Richter Gaspedal“

Über die Entscheidung des OLG Hamm v. 15.03.2011 – III-3 RBs 62/11 betreffend die Rechtsbeschwerde der StA gegen einen der „Massenfreisprüche“ durch das AG Herford hatten wir ja vor einigen Tagen schon berichtet. Wer nun genau wissen will, warum das OLG Hamm die Rechtsbeschwerde der StA aus formalen Gründen verworfen hat, kann das im Volltext des Beschlusses nachlesen. Die vom OLG angesprochene Frage hat ja auch nicht nur für Rechtsbeschwerden der StA Bedeutung.

Bei aller Schadenfreude 🙂 darüber, dass auch mal die StA den bitteren Becher der Unzulässigkeit einer Verfahrensrüge trinken darf, sollte der Verteidiger nicht übersehen, dass in vergleichbaren Fällen die vom OLG aufgestellten Maßstäbe auch für ihn gelten. Daher: lesen!

Richtervorbehalt: Einwilligungsfähigkeit bei über 2,0 ‰ BAK?

Aus der Rechtssprechung zu den § 81a-StPO-Fragen ist hinzuweisen auf den Beschl. des OLG Hamm v. 20.02.2011 – 3 RVs 104/10, der sich noch einmal mit der Frage der Einwilligungsfähigkeit des Beschuldigten befasst, zu der das OLG ja im vergangenen Jahr schon Stellung genommen hatte. In der Entscheidung vom 02.11.2010 – III-3 RVs 93/10 hatte das OLG darauf hingewiesen, dass eine nur mittelgradige Alkoholisierung (von 1,23 ‰) wohl nicht zu Zweifeln an der Einwilligungsfähigkeit führe.

In der Entscheidung vom 20.02.2011 führt es nun aus, dass auch bei alkoholischen Beeinflussungen oberhalb von 2,0 ‰ BAK es möglich sei, dass der Beschuldigte den Sinn und die Tragweite der Einwilligung in die Blutprobenentnahme nach § 81 a StPO erkenne. Hierzu bedürfe es jedoch einer näheren Darlegung der insoweit relevanten Umstände, etwa des Vorhandenseins von Ausfallerscheinungen, des vorangegangenen Trinkverhaltens, der Trinkgewohnheiten und ggf. weiterer Umstände, die Anhaltspunkte für die Beurteilung einer Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten des Beschuldigten aufgrund der gegebenen Alkoholisierung darstellen.

Also: Gesteigerte Anforderungen an die Feststellungen. Wenigstens etwas. Mit Hoppla hopp ist es also nicht getan. Und auch bloße Bewertungen des Tatrichters reichen nicht. Er muss schon mitteilen, auf welche Tatsachen sich die stützen.

Verständigung (§ 257c StPO) – Formalgeständnis reicht nicht – also: Mund auf :-)

Bisher hatte sich noch kein Obergericht zu den Qualitätsanforderungen des im Rahmen einer Verständigung nach § 257c StPO abgelegten Geständnisses geäußert.

In dem mir jetzt von einem Kollegen freundlicherweise zur Verfügung gestellten OLG Celle, Beschl. v. 08.11.2010 – 32 ss 152/10 macht das OLG Celle dazu dann aber Ausführungen. Danach reicht – was der Rechtsprechung des Großen Senats für Strafsachen des BGH entspricht – das Formalgeständnis nicht aus. Im Verfahren hatte lediglich der Verteidiger erklärt, der Vorwurf werde eingeräumt, Nachfragen waren nicht zugelassen.

Also: Muss schon mehr kommen und das, was kommt, muss stimmig sein.

Aufklärungsrüge: Auch Staatsanwälte können es (manchmal) nicht…

Liest man ja nicht so häufig, gibt es aber auch (und beruhigt dann doch :-)). Auch Staatsanwälte haben manchmal Probleme mit der ausreichenden Begründung der Aufklärungsrüge. Folge: Der BGH verwirft die Rüge als unzulässig; vgl. BGH, Beschl. v. 13.01.2011 – 3 StR 337/10.