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Zur Erstattung von Corona-Desinfektionskosten, oder: AG Altena, AG Heinsberg. LG Aachen, LG Hamburg: Ja

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Und heute dann zum letzten Mal in 2021 der „Kessel Buntes“, denn am nächsten Samstag ist der 1. Weihnachtsfeiertag und dann ist das Jahr auch schon vorbei.

Ich stelle hier dann zunächst vier Entscheidungen zur Erstattung von Desinfektionkosten vor, und zwar:

Alle vier Gerichte haben die Desinfektionskosten erstattet, ich erspare mir hier die Einzelheiten, sondern ordne das Selbstleseverfahren an. Das LG Hamburg hat die Revision zugelassen, vielleicht hören wir dann ja mal etwas vom BGH dazu.

Doe Volltexet zu AG Heinsberg und LG Aachen findet man übrigens nicht bei mir, sondern beim Kollegen Frese aus Heinsberg. Ich habe auf die von ihm eingestellten Entscheidungen verlinkt. Ging schneller 🙂 .

 

Corona: Fahrzeugdesinfektion nach Unfallreparatur, oder: Kostenerstattung?

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Heute dann zwei Entscheidungen zur Unfallschadenabwicklung.

Und in dem Kontext stelle ich zunächst das AG Heinsberg, Urt. v. 04.09.2020 – 18 C 161/20 – vor, das der Kollege Frese aus Heinsberg erstritten hat. Der Kollege hat das Urteil ja auch schon auf seiner Homepage vorgestellt. Da habe ich es mir „geklaut“ 🙂 .

Gestritten worden ist um die Kosten einer Fahrzeugdesinfektion. Die waren nach der Reparatur eines Unfallschadens von dem Autohaus, das die Reparatur ausgeführt hatte, in Rechnung gestellt worden. Das AG sagt – anders als die Versicherung: Diese Kosten sind zu zahlen:

Es ist unstreitig, dass der klägerische Pkw am 09.06.2020 bei einem allein schuldhaft durch den Fahrer eines bei der Beklagten haftpflichtversicherten Pkw verursachten Verkehrsunfall beschädigt worden ist.

Der Höhe nach hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Betrags von 60,87 €. Der Kläger hat die unfallbedingten Schäden seines Pkw von der Autohaus GmbH reparieren lassen. Für die Reparatur sind ihm Kosten von insgesamt 3.262,39 € brutto in Rechnung gestellt worden. Die Beklagte hat diese Rechnung um einen Betrag von 60,87 € gekürzt und lediglich den Restbetrag an den Kläger erstattet. Es besteht jedoch ein Anspruch des Klägers auf Vollständigen Ausgleich der Reparaturkostenrechnung der Fa. GmbH. Es sind auch die Kosten für eine Fahrzeugdesinfektion zu erstatten. Eine solche ist in Zeiten der Corona-Pandemie nach erfolgter Reparatur eines Fahrzeugs, die ein Berühren des Fahrzeugs durch Dritte erfordert, notwendig. Der Betrag ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden, sondern für den anfallenden Materialund Arbeitseinsatz angemessen (§ 287 ZPO).“

Kosten der Probefahrt/Wagenwäsche, oder: Erstattung nach einem Verkehrsunfall?

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Author Hydro

Und als zweite Entscheidung dann ein kleines Schmankerl vom AG Heinsberg. Das hat im AG Heinsberg, Urt. v. 11.03.2020 – 19 C 1/20 – über die Frage entschieden, ob nach einem Verkehrsunfall auch die Kosten für eine Probefahrt und die Wagenwäsche zu erstatten sind.

Das AG hat die Frage bejaht:

„Dem Kläger stehen gem. §§ 7, 18 StVG, 115 VVG, 249 BGB die restlichen erhobenen Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Unfallereignis zu.

Hinsichtlich der Positionen „Wäsche“ und „Probefahrt“ griffen die Einwände des Beklagten im Ergebnis nicht durch. Die Notwendigkeit einer Probefahrt nach einer Karosseriereparatur ist nachvollziehbar. Durch eine solche Probefahrt ist auszuschließen; dass das Fahrzeug ungeprüft an den Kunden übergeben wird und gegebenenfalls Reklamationen anfallen und daraus folgende Nacharbeiten gesondert durchgeführt werden müssen. Es ist zudem allgemein üblich, dass nach Karosseriearbeiten und den entsprechenden Lackierungsmaßnahmen das Fahrzeug gewaschen werden muss, um die arbeitsbedingten Verschmutzungen der übrigen Karosserieteile zu beseitigen. Bei Teilreparaturen und Teillackierungen ist eine Verschmutzung der umliegenden Karosserieteile nicht zu vermeiden.

Nachdem der Kläger die Sachverständigenkosten gezahlt hat, waren diese auch in ganzer Höhe als adäquater Schaden zu ersetzen. Einen Verstoß gegen die dem Kläger obliegende Schadensminderungspflicht sieht das erkennende Gericht im Streitfall nicht. Bei einem Rechnungsbetrag von rund 1.250 € konnte vom Kläger nicht erwartet werden, wegen eines Betrages von rund 50 € Zahlungen einzubehalten. Insbesondere war für den Kläger nicht evident, dass und welche Beträge im Einzelnen überhöht sein könnten. Soweit die Beklagte ihm auf ihre Auffassung hingewiesen hat, oblag es dem Kläger nicht, dem zu folgen. Dies hätte vorausgesetzt, dass auch für einen Laien evident gewesen wäre, dass die Rechnung überhöht war. Die Interessen des Beklagten sind insoweit hinreichend dadurch geschützt, dass sich der Beklagte ggf. Rückzahlungsansprüche wegen überhöhter Zahlungen vom Kläger an sich abtreten lassen könnte.“

Akteneinsicht II; oder: Keine Akteneinsicht in therapeutische Unterlagen des Angeklagten

Bei der zweiten Akteneinsichtsentscheidung (zur ersten hier Akteneinsicht I, oder: Keine Akteneinsicht bei Aussage-gegen-Aussage-Konstellation) handelt es sich um den AG Heinsberg, Beschl. v. 30.03.2017 – 15 Ls-201 Js 234/15-6/16 -, den mir  ebenfalls der Kollege Vogt aus Duisburg übersandt hat. In diesem Fall geht es um die von einer Nebenklägerin begehrte Einsicht in „therapeutische Unterlagen“. Das AG hat die Einsicht verweigert:

„Die Einsicht in die beigezogenen Unterlagen ist zu versagen. Gemäß § 406e Abs. 2 Satz 1 StPO ist das Interesse des Angeklagten an der Geheimhaltung seiner persönlichen Daten mit dem Interesse der Nebenklägerin auf Kenntnis der beigezogenen Unterlagen abzuwägen. Das Recht des Angeklagten auf informationelle Selbstbestimmung stellt ein überwiegendes schutzwürdiges Interesse im Sinne der Vorschrift dar. Vorliegend handelt es sich um von ihm selbst verfasste therapeutische „Tagebücher“ sowie Berichte von Ärzten und Therapeuten überErkrankungen und Behandlungsmaßnahmen. Akteneinsicht kann in diesem Fall nur mit Zustimmung des Angeklagten gewährt werden, die nicht vorliegt.“

Schwierig wird es dann natürlich in der Hauptverhandlung, wenn die Unterlagen und deren Inhalt ggf. erörtert werden (müssen).