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(Keine) Mitwirkung bei „derzeitigem Schweigen“?, oder: Oh, hättest du doch geschwiegen, AG Hannover

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Und heute dann RVG.

Ich beginne mit dem – falschen – AG Hannover, Beschl, v.15.08.2022 – 171 AR 15/22 – , den der Kollege Siebers aus Braunschweig hat ertragen müssen.

Der Kollege war für den (ehemaligen) Beschuldigten in einem Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das BtMG tätig. Er hat am 17.12.2021 seine Vertretung angezeigt, Akteneinsicht gefordert und mitgeteilt. dass der Beschuldigte seinem Rat folgend jedenfalls zunächst schweigen werde. Ferner beantragte er seine Beiordnung als Pflichtverteidiger, welche im Anschluss durch Beschluss vom 11.02.2022 erfolgte. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren dann nach Gewährung von Akteneinsicht und Rückkehr der Akte ohne weitere Verfügung am 20.04.2022 gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Der Kollege hat die Festsetzung auch der Nr. 4141 VV RVG beantragt. Die ist nicht festgesetzt worden. Das Rechtsmittel des Kollegen hatte keinen Erfolg:

„Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet. Die Gebühr gem. Nr. 4141 Anlage 1 zum RVG ist bezeichnet: „Durch die anwaltliche Mitwirkung wird die Hauptverhandlung entbehrlich“. Abs. 2 der Nr. 4141 stellt klar, dass die Gebühr nicht entsteht. wenn eine auf Förderung des Verfahrens gerichtete Tätigkeit nicht ersichtlich ist. Vorliegend hat der Erinnerungsführer durch anwaltlichen Schriftsatz vom 17.12.2021 seine Vertretung angezeigt, Akteneinsicht gefordert und mitgeteilt. dass die Mandantschaft seinem Rat folgend jedenfalls zunächst schweigen werde. Ferner beantragte der Erinnerungsführer seine Beiordnung als Pflichtverteidiger, welche im Anschluss durch Beschluss vom 11.02.2022 erfolgte. Weitere Tätigkeit als Verteidiger ist nicht ersichtlich. Die Staatsanwaltschaft Hannover hat das Verfahren im Anschluss nach erfolgter Gewährung von Akteneinsicht und Rückkehr der Akte ohne weitere Verfügung am 20.04.2022 gem. § 170 Abs. 2 StPO nach eigener Prüfung der Beweislage eingestellt.

Soweit der Erinnerungsführer zitiert. dass „eine Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG auch dann zur Entstehung gelangt, wenn der Beschuldigte auf anwaltlichen Rat hin zunächst von seinem Schweigerecht Gebrauch macht und das Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt nach § 170 II eingestellt wird“, so ist dies zunächst zutreffend. Erforderlich ist jedoch ein sog. „gezieltes Schweigen“. Berät der Rechtsanwalt seinen Auftraggeber in diese Richtung und wird. weil ggf. das einzige Beweismittel verloren geht, daraufhin das Verfahren eingestellt. hat der Verteidiger an der Einstellung mitgewirkt. Es sollte aber klar und deutlich zu erkennen gegeben werden, dass sich der Mandant auf sein Aussageverweigerungsrecht beruht. Demgemäß ist die Mitteilung. dass der Beschuldigte sich nicht zu Sache einlassen wird bzw. der _Rat zum Schweigen, Mitwirken im Sinne der Vorschrift, da gerade das die Staatsanwaltschaft zur Einstellung des Verfahrens veranlassen kann (Gerold/Schmidt/Burhoff, 25. Aufl. 2021, RVG VV 4141 Rn. 9). Es stellt hingegen keine Mitwirkung des Rechtsanwaltes dar, wenn sich die Tätigkeit des Rechtsanwaltes auf die (bloße) Verteidigerbestellung und Akteneinsicht beschränkt [….] und eine mögliche Einlassung zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht gestellt hat (Gerold/Schmidt/Burhoff, 25. Aufl. 2021. RVG VV 4141 Rn. 10).

So liegt der Fall hier. Zum einen ist durch die Formulierung. der Beschuldigte werde _jedenfalls zunächst- schweigen, ein gezieltes Schweigen bzw. das klar und deutliche Berufen auf das Aussageverweigerungsrecht des Beschuldigten, nicht erkennbar. Insoweit hätte durch die Formulierung auch eine Einlassung zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. nach erfolgter Akteneinsicht, erfolgen können. Die Einstellung durch die Staatsanwaltschaft beruht ferner allein auf einer eigenen Würdigung und umfangreichen Prüfung der Sach- und Rechtslage von Amts wegen, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Zeugin pp. keine weiteren Angaben mehr zum Verfahren machen wolle und die aufgenommene Audiodatei zum einen keinen Nachweis für die Taten geben könne sowie zum anderen einem Beweisverwertungsverbot unterliege.“

Folgende kurze Anmerkung:

1. Zum Mitschreiben für das AG: Man ist nicht auf dem Stand der aktuellen Rechtsprechung. Denn es haben gerade erst zwei AG zutreffend entschieden, dass auch in den Fällen, in denen mitgeteilt wird, dass der Beschuldigte zunächst schweigen wird, die Gebühr Nr. 4141 VV RVG entsteht, wenn dann das Verfahren eingestellt wird (AG Augsburg, Urt. v. 20.12.2021 – 21 C 2535/21; AG Strausberg, Urt. v. 23.3.2022 – 9 C 166/21, AGS 2022, 317). Beide waren auch hier im Blog. Etwas anderes folgt auch nicht aus meinen vom AG angeführten Ausführungen in Gerold/Schmidt/Burhoff, (a.a.O.). Denn es ist an der Stelle mit „soll nicht entstehen“ formuliert, woraus deutlich wird – dem AG Hannover aber offenbar nicht -, dass der Verfasser, also ich, nicht der Auffassung der angeführten AG-Entscheidung ist. Ich lasse mich ungern vor fremde Karren spannen.

2. Der Hinweis des AG auf die Einstellung durch die Staatsanwaltschaft „nach eigener Prüfung der Beweislage“ legt den Schluss nahe, dass das AG offenbar meint, die Mitwirkungshandlung des Verteidigers müsse ursächlich für die Einstellung gewesen sein. Auch das ist unzutreffend (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, a.a.O., Nr. 4141 Rn 21).

3. Zum Schluss noch einmal der Rat. Wenn der Mandant schweigen soll, schweigt er und dann sollte auch nur das der Staatsanwaltschaft/dem Gericht mitgeteilt werden. Der Mandant schweigt, wenn ggf. auch erst nur „derzeit“. Aber darüber muss man die Staatsanwaltschaft/das Gericht nicht informieren. Man vergibt sich als Verteidiger nichts, wenn man diese Einschränkung weglässt. Das ist sogar vorteilhaft, denn man vermeidet solche (falschen) Entscheidungen wie die des AG Hannover.

4. Oh hättest du – AG hannover – doch geschwiegen.

Erstattung von Desinfektionskosten wegen Corona, oder: Kasko ja, Haftpflicht nein

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Heute sind im „Kessel Buntes“ drei zivilrechtliche Entscheidungen.

Zunächst stelle ich hier zwei AG Entscheidungen zur der Frage vor, ob nach einer wegen eines Verkehrsunfalls durchgeführten Kfz-Reparatur die Desinfektionskosten der Werkstatt zu ersetzen sind. Dazu:

Das AG Hannover hat das im AG Hannover, Urt. v.  10.02.2021 – 431 C 9575 / 20 – in einem gegen den Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer geführten Schadensersatzprozess abgelehnt. Hier die Leitsätze der Entscheidung:

  1. Kosten für die Desinfektion des Fahrzeuges bei dessen Reparatur sind als Schadensersatz nicht zu erstatten, wenn es sich lediglich um sogenannte Allgemeinkosten handelt, die im Wesentlichen dem Schutz der Mitarbeiter der Werkstatt dienen.
  2. Außerdem sind diese Maßnahmen dem allgemein Lebensrisiko zuzurechnen und nicht mehr adäquat kausal auf den Unfall zurückzuführen, so dass aus diesem Grund kein Schadenersatz zu erstatten ist.
  3. Insoweit greifen zu Gunsten des Geschädigten auch nicht die Grundsätze des Werkstattrisikos ein, da schon aus Rechtsgründen kein Schadensersatzanspruch besteht.

Anders das AG Aachen. Das hat in einem gegen den Kaskoversicherung geführten Rechtsstreit die Erstattungsfähigkeit von Desinfektionskosten im AG Aachen, Urt. v. 15.11.2020 – 116 C 123/20 – bejaht. Hier die Leitsätze zu diesem Urteil:

  1. Kosten für die Desinfektion eines Fahrzeuges nach einer durchgeführter Reparatur sind in der Kaskoversicherung als erforderliche Maßnahmen zur Beseitigung des Schadens zu erstatten.
  2. Es handelt sich nicht nur um Allgemeinkosten, sondern auch einen Aufwand zum Schutz des Kunden.
  3. Ein Betrag i.H.v. 73 € liegt dabei im vertretbaren Rahmen der üblichen Vergütung.

Zusätzliche Verfahrensgebühr, oder: Nicht beim Entfallen von Fortsetzungsterminen?

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Die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG beschäftigt die Verteidiger, die Vertreter der Staatskasse, die Rechtsschutzversicherungen und damit dann letztlich auch immer wieder die Gerichte. Es handelt sich m.E. um die Gebührenziffer des VV zu der mit am meisten Rechtsprechung vorliegt, wenn es nicht sogar die Ziffer ist, zu der es die meisten Entscheidungen gibt. So dann jetzt auch das AG Hannover, Urt. v. 17.07.2018 – 571 C 4229/18 – mit einem ganz einfachen Sachverhalt:

Der ehemalige Angeklagte hat gegen seine Rechtsschutzversicherung die Zahlung einer zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG geltend gemacht. Der Kläger war in einem Strafverfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie Körperverletzung von seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten verteidigt worden. Das Strafverfahren ist dann in der Hauptverhandlung nach § 153a StPO (vorläufig) und nach Erfüllung von Auflagen dann endgültig eingestellt worden. Der Kläger hatte den Anfall der Nr. 4141 VV RVG u.a. mit dem Wegfall mehrerer Fortsetzungstermine begründet. Das AG hat die Klage abgewiesen:

„Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 196,35 € aus dem zwischen den Parteien bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrag. Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigt die Einstellung des gegen ihn geführten Strafverfahrens wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte sowie Körperverletzung gem. § 153 a StPO in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Hannover am 25.01.2018 nicht die Entstehung der Zusatzgebühr nach Nr. 4141 Abs. 1 Nr. 1 RVG VV, deren Erstattung der Kläger begehrt. Diese Gebühr entsteht, wenn „das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird.“ Die Gebühr entsteht bei Einstellung des Verfahrens nach § 153 a StPO dabei nur, wenn die Einstellung nach Aussetzung der Hauptverhandlung erfolgt, nicht aber bei Abkürzung des Hauptverhandlungstermins durch Einstellung. Dies entspricht dem Ziel der Gebührenregelung einen Anreiz zu schaffen, Verfahren ohne Hauptverhandlung zu erledigen und damit weniger Hauptverhandlungen durchzuführen. Es kommt auch nicht darauf an, wiederum entgegen der Ansicht des Klägers, ob durch die Einstellung Fortsetzungstermine vermieden werden, da im Hinblick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Hauptverhandlung deren Entbehrlichkeit auch nur einheitlich beurteilt werden kann. Ebenfalls nicht zur Entstehung der Gebühr führt, dass bei Nichterfüllung der Auflage eine neue Hauptverhandlung anberaumt werden müsste, da es sich hierbei um eine rein spekulative, vom Leistungswillen des Angeklagten abhängende, Erwägung handelt (vgl. insgesamt BGH, Urteil vom 14.04.2011, IX ZR 153/10). Daher kommt es auch nicht darauf an, dass der nunmehrige Prozessbevollmächtigte des Klägers die Auflagenerfüllung überwacht hat.“

Ich habe die Entscheidung für den RVGreport und den StRR kommentiert. Daraus hier nur ein Punkt:

„Nach Auffassung des AG haben auch die durch die Einstellung nach § 153 a StPO „vermiedenen“ Fortsetzungstermine nicht zum Anfall der Nr. 4141 VV RVG geführt. Auch das entspricht der herrschender Meinung in der Rechtsprechung und Literatur (OLG Köln RVGreport 2006, 152 = AGS 2006, 339 m. zust. Anm. Madert; AnwKomm-RVG/N. Schneider, VV 4141 Rn 64; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, VV 4100 Rn 23; Jungbauer DAR 2008, 738), die auf die „Einheitlichkeit der Hauptverhandlung“ verweist (OLG Köln, a.a.O.). Diese Auffassung ist aber zu hinterfragen. Denn sie ist, wenn man vom Sinn und Zweck der Nr. 4141 VV RVG ausgeht, nämlich die Mitwirkung des RA an der Entlastung der Justiz zu honorieren bzw. einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass ihm aufgrund seiner Mitwirkung eine Hauptverhandlungsgebühr entgeht, nicht folgerichtig/konsequent. Denn auch in diesen Fällen verliert der RA/Verteidiger die Terminsgebühr(en) für die weiteren Hauptverhandlungstermine; zudem tritt auch eine Entlastung der Justiz ein.2

Also: Steter Tropfen höhlt den Stein…..

Akteneinsicht im Bußgeldverfahren: AG Hannover ist „verwundert“ über die Verwaltungsbehörde, oder: Deutliche Worte

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Dass es an der „Akteneinsichtsfront“ auch anders geht als beim LG Würzburg zeigt m.E. der AG Hannover, Beschl. v. 28.11.2017 – 24 OWi 298/17, den mir der Kollege Ritter aus Laatzen zur Verfügung gestellt hat. Auf seinen Antrag auf gerichtlicher Entscheidung hat das AG „die Landeshauptstadt Hannover angewiesen, dem Verteidiger die dem Erlass des Bußgeldbescheides zugrunde liegenden Rohmessdaten einschließlich des Key-Accounts, sämtlicher TOC-Dateien, Geräteschlüssel und Kennwörter zur Verfügung zu stellen, soweit diese zur Auswertung der Rohmessdaten durch einen Sachverständigen erforderlich sind.“ Das AG hat das wie folgt begründet:

„Der Antrag ist auch begründet. Auch im Falle eines sog. standardisierten Messverfahrens kann sich aus dem Recht auf ein faires Verfahren ein Anspruch des Betroffenen auf Einsicht in vorhandene, sich nicht bei den Akten befindliche Messdaten ergeben, und zwar unabhängig davon, ob konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler vorliegen oder vorgetragen worden sind (vgl. Beschluss des OLG Celle v. 16.6.2016, Az.1 Ss (Owi) 96/16, juris). Dies ergibt sich aus der Obliegenheit des Betroffenen, im weiteren Verfahrensverlauf konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Geschwindigkeitsmessung vorzutragen, damit überhaupt eine Beweiserhebung über die Korrektheit der Messung durch das Gericht in Betracht kommt. Hierfür benötigt der Betroffene zwangsläufig den Zugang zu den oben bezeichneten Daten, da erst die Auswertung dieser Daten unter Hinzuziehung eines Sachverständigen den Betroffenen in die Lage zu einem konkreten, entsprechenden Sachvortrag versetzt.

Einer solchen Datenherausgabe stehen mit der Herausgabe an den Verteidiger und der Bereitstellung an einen von diesem beauftragten Sachverständen auch eventuelle datenschutzrechtliche Bedenken nicht entgegen. Es ist nicht ersichtlich, welche unzulässigen Informationen oder Schlussfolgerungen aus den obigen Daten gezogen werden sollten

Der Verteidiger ist selbst Organ der Rechtspflege und damit zu einem sachgemäßen Umgang standesrechtlich verpflichtet. Auch in der Person eines Sachverständigen ist ein Missbrauch konkret nicht zu befürchten.

Es stößt dabei gelinde gesagt beim Gericht auf mehr als nur Verwunderung, dass die Bußgeldbehörde trotz der mittlerweile hierzu ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung, die dem Betroffenen einen Rechtsanspruch auf Herausgabe der Messdaten ausnahmslos zubilligt und bei Verweigerung der Herausgabe durch die Bußgeldbehörde eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Betroffenen konstatiert (vgl. OLG Celle a.a.O., OLG Celle, Beschluss vom 21. März 2016 — 2 Ss (0Wi) 77/16 —, juris m.w.N.), weiterhin unter Berufung auf datenschutzrechtliche Richtlinien dennoch die Gerichte mit derart eindeutigen Sachverhalten überobligatorisch in Anspruch nimmt und damit vermeidbar für andere Verfahren dringend benötigte Kapazitäten bindet.“

Sehr schön der letzte Absatz. Man merkt deutlich, dass das AG „genervt“ ist. Ich frage mich nur, ob es hilft, wenn das AG seine „Verwunderung“ zeigt. Leider gibt es ja keine Kostenfolge wegen Ungehorsam 🙂 , das würde vielleicht helfen.

Auf derselben Linie wie das AG Hannover liegt übrigens der AG Bayreuth, Beschl. v. 14.11.2017 – 2 OWi 228/17 – man beachte: Ein bayerisches AG. Anders sieht es – das darf man nicht verschweigen – der AG Stadtroda, Beschl. v. 07.08.2017 – 7 OWi 1367/17. Ich kann es nur wiederholen: Wann haben wir endlich eine BGH-Entscheidung, die mit diesem Irrsinn ein Ende macht?

Unfallaufnahmedienst eines Sachverständigen – Kosten erstattungsfähig?

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Samstag ist ja „Zivilrechts-“ oder „Kessel-Buntes-Tag“. Und für den habe ich dann gern von den Kollegen Oettler aus Eilenburg das von ihnen erstrittene AG Hannover, Urt. v. 14.10.2015 – 568 C 12550/14 – „genommen“ und stelle es heute vor. Es behandelt eine Frage, mit der man es bei der Unfallschadenabwicklung sicherlich (in Zukunft) häufiger zu tun hat, wenn die Personalknappheit bei der Polizei weiter anhält und/oder diese bei Blechschäden nicht mehr zur Unfallstelle kommen (müssen) (vgl. Polizei ade – zumindest beim Blechschadenunfall?). Wird dann ein Sachverständiger hinzu gerufen, geht es später häufig um die Ersatzfähigkeit der Kosten dieses Unfallaufnahmedienstes. Das AG Hannover hat sie bejaht:

„Die vorliegenden Sachverständigenkosten für die Unfallaufnahme sind als erforderlicher Herstellungsaufwand nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB anzusehen. Was erforderlich ist, richtet sich danach, wie ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Klägers sich als ein Geschädigter verhalten hätte (vgl. BGH, Urteil vom 23.2.2010 – VI ZR 91/09). Den Unfallaufnahmedienst eines Sachverständigen darf der Geschädigte grundsätzlich – von den seltenen Fällen abgesehen, in denen die Haftungslage klar ist und eine spätere Beweisnot ausgeschlossen ist – in Anspruch nehmen und die Kosten liquidieren (Geigel, in: Der Haftpflichtprozess, 27. Auf. 2015, Rn. 112). Der Kläger hatte sich zunächst bemüht, eine kostenlose Unfallaufnahme durch die Polizei zu erreichen. Er scheiterte jedoch. Die Polizei konnte aufgrund anderer priorisierender Einsätze nicht zum dem Unfallort kommen. Es handelt es auch um keine Situation, in der die Haftungslage klar gewesen sei und eine spätere Beweisnot ausgeschlossen. Zu Recht ging der Kläger davon aus, dass auf Parkplätzen das Rücksichtnahmegebot gilt und dass, wenn die Situation unklar ist, Gerichte häufig zu einer hälftigen Schadensteilung kommen. Zwar gab es bei dem Unfall eine Zeugin, die behauptet, den Unfall gesehen zu haben, zu Recht wollte sich der Kläger indes nicht auf die Aussage einer einzelnen Zeugin verlassen. Wie dem Gericht aus unzähligen Verfahren mit Zeugen bekannt ist, weichen die Aussage von Zeugen in der mündlichen Verhandlung häufig von den Angaben ab, die zuvor bei der Polizei oder der Versicherung gemacht wurden. Einige Zeugen sind zudem der besonderen Situation einer mündlichen Verhandlung und den Befragungen durch das Gericht und die Rechtsanwälte nicht gewachsen, andere erinnern sich schlicht nicht mehr. Dass der Kläger seinen berechtigten Ersatzanspruch nicht allein in die Erinnerung einer einzigen ihm unbekannten Zeugin legen wollte, dürfte auch für die Beklagte nachvollziehbar sein. Schließlich war der Kläger nicht gehalten, mit seinem Mobiltelefon, unterstellt er hätte überhaupt eines dabei gehabt, selbst Lichtbilder der Unfallsituation zu fertigen. Sachverständige für Unfallrekonstruktionen haben nicht nur qualitativ höherwertige Kameras, im Vergleich zu denjenigen, die in durchschnittlichen Mobiltelefonen eingebaut sind, zur Verfügung. Sie wissen auch aus welchem technischen Winkel bzw. welcher Entfernung Lichtbilder für die spätere Unfallrekonstruktion gefertigt werden müssen. Sie messen auch Kratzer und Anstoßstellen aus, die später eine Aussage darüber treffen können, wie sich der Unfall abgespielt haben muss, wenn die Unfallbeteiligten gegenteilige Sachverhalte behaupten. Dieses spezielle Fachwissen fehlt dem durchschnittlichen Unfallbeteiligten. Es gibt auch keine Anhaltspunkte, dass der Kläger über derartige Spezialkenntnisse verfügt.“