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Nicht so hurtig mit der Ablehnung von Beweisanträgen, oder: Versagung des rechtlichen Gehörs

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Nach dem „schönen“ OLG Jena, Beschl. v. 01.03.2016 – 2 OLG 101 Ss Rs 131/15 zur Beiziehung von Unterlagen betreffend ein Messgerät (vgl. dazu Akteneinsicht a la OLG Jena, oder: Burhoff und sein „Teufelskreis“) weise ich auf zwei Entscheidungen des OLG Hamm hin, und zwar einmal den OLG Hamm, Beschl. v. 13.01.2016 – 2 RBs 181/15  und dann den OLG Hamm, Beschl. v. 15.12.2015 – 3 RBs 352/15). Beide Beschlüsse behandeln die Frage der Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) durch Ablehnung eines Beweisantrages.

Dazu muss man einfach wissen und in seine Überlegung einstellen, dass nicht jede (falsche) Ablehnung eines Beweisantrages im Bußgeldverfahren zur Zulassung der Rechtsbeschwerde über § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs führt. Das ist (nur) dann der Fall, „wenn die Zurückweisung eines Beweisantrages des Betroffenen rechtsfehlerhaft erfolgt ist und dazu geführt hat, dass ein verfahrensrelevanter Beweisantrag und das diesem zugrunde liegende Vorbringen des Betroffenen unberücksichtigt geblieben ist.“ Darauf weist das OLG in beiden Beschlüssen hin und sieht in beiden Beschlüssen das rechtliche Gehör verletzt. Nehmen wir die Begründung aus 2 RBs 181/15:

„Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen eines Betroffenen zur Kenntnis zu nehmen und in seine Überlegungen einzubeziehen (zu vgl. KK-Senge, OWiG, 4. Aufl., § 80, Rn. 41). Die wesentlichen der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen müssen dabei in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann festgestellt werden, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht das tatsächliche Vorbringen eines Betroffenen entweder nicht zur-Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (zu vgl. OLG Köln, Beschluss vom 17.07.1998 Ss 351/98 – zitiert nach juris; OLG Köln, Urteil vom 12.04.2002 Ss 141/02 -zitiert nach juris).

Das Amtsgericht hat den von dem Betroffenen im Hauptverhandlungstermin gestellten Beweisantrag auf Vernehmung und ggf. sachverständige Begutachtung des ebenfalls als Fahrer in Betracht kommenden Bruders (BI. 79 R, 201 d.A.) pauschal zusammen mit weiteren Beweisanträgen gern. § 77 Abs. 2 S. 1 OWiG zurückgewiesen (BI. 89, 172 (i.A.) und sich dabei auf die gern. § 77 Abs. 3 OWiG zulässige Kurzbegründung beschränkt. In der Urteilsbegründung geht das Amtsgericht auf den gestellten Beweisantrag und die Gründe für dessen Ablehnung mit keinem Wort ein (BI. 182 d.A.), Vielmehr ist in den Urteilsgründen ausgeführt, dass Umstände, die gegen die Fahreridentität des Betroffenen sprechen würden, dem Gericht nicht bekannt geworden seien (BI. 182 d.A.). Zur Identifizierung des Betroffenen stützt sich das Amtsgericht dabei im Wesentlichen auf ein anthropologisches Sachverständigengutachten des Sachverständige pp., erwähnt aber nicht, dass das Gutachten unter dem Vorbehalt erstattet worden ist, dass kein naher Blutsverwandter als alternativer Fahrer in Frage kommt (BI. 82 d.A.), obwohl dem Gutachter Lichtbilder des Bruders des Betroffenen bei der Gutachtenerstattung vorgelegen haben. Der Gutachter sah sich damit offenbar nicht in der Lage, den‘ Bruder des Betroffenen ohne dessen persönliche Inaugenscheinnahme als möglichen Fahrer auszuschließen. Bei dieser Sachlage hätte es sich für das Amtsgericht Schwelm aufdrängen müssen, den Bruder des Betroffenen als Zeugen zu laden. Die pauschale Ablehnung des Beweisantrages und die Tatsache, dass der entsprechende Vortrag des Betroffenen in den Urteilsgründen keinen Niederschlag gefunden hat, lassen den Schluss zu, dass dieses – nachvollziehbare – Verteidigungsvorbringen des Betroffenen von dem erstinstanzlichen Gericht entweder gar nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidungsfindung zumindest nicht in Erwägung gezogen worden ist. Dies verletzt den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör.“

Erfolg hat die zu erhebende Verfahrensrüge aber nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPOOWiG beachtet worden sind. Also: Darauf achten….

„Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA…“. oder: Das unfassbare Facebook-Profil eines StK-Vorsitzenden

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Es gibt Dinge, von denen ich immer gehofft habe, dass es sie nicht gibt. Dann wird man aber vom Gegenteil überzeugt, meist schmerzlich. So ist es mit dem BGH, Beschl. v. 12.01.2016 – 3 StR 482/15, den mir gestern einer der Verteidiger, der die beiden Angeklagten gegen den Vorwurf des erpresserischen Menschenraubes bei einer Strafkammer der LG Rostock verteidigt hat, zugesandt hat. „Schmerzlich“ ist allerdings nicht der – zutreffende – BGH, Beschl., sondern der ihm zugrunde liegende Sachverhalt.

Und zum Sachverhalt – es geht um Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden der großen Strafkammer (§§ 24 ff. StGBStPO) – stellt der BGH fest:

„Der Verteidiger des Angeklagten Y. nahm am Abend des 22. Januar 2015 erstmals von dem Facebook-Account des Vorsitzenden der Strafkammer Kenntnis. Im öffentlich zugänglichen Bereich war auf der Profilseite ein Lichtbild des Vorsitzenden zu sehen, auf dem dieser mit einem Bierglas in der Hand auf einer Terrasse sitzt und ein T-Shirt trägt, das mit der Aufschrift: „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA“ bedruckt ist. Auf derselben Seite war vermerkt: „2. Große Strafkammer bei Landgericht Rostock“. In der Zeile darunter hieß es: „1996 bis heute“. Im Kommentarbereich befand sich ein Eintrag des Vorsitzenden, der wie folgt lautete: „Das ist mein ‚Wenn du raus kommst, bin ich in Rente‘-Blick“. Dieser Eintrag wurde von einem Benutzer mit den Worten: „.,.sprach der schwedische Gardinen-Verkäufer! :-))“ kommentiert, was wiederum von zwei Personen, darunter der Vorsitzende, „geliked“ wurde. Zu Beginn des nächsten Hauptverhandlungstages lehnte der Angeklagte daraufhin den Vorsitzenden wegen des Inhalts der Facebook-Seite und weiterer Umstände wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Der Angeklagte E schloss sich diesem Gesuch an. In der Folgezeit äußerte sich der Vorsitzende dienstlich zu dem den Facebook-Account betreffenden Inhalt des Ablehnungsgesuches wie folgt: „Zum weiteren Vorbringen im Ablehnungsgesuch gebe ich keine Stellungnahme ab. Ich werde mich nicht zu meinen privaten Lebensverhältnissen äußern.“ Am 28. Januar 2015 wies die Strafkammer die Ablehnungsgesuche der Angeklagten als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Internetauftritt des Vorsitzenden betreffe ausschließlich dessen persönlichen Lebensbereich und sei offensichtlich humoristisch geprägt.“

Für mich einfach: Unfassbar. Oder? Ich muss ehrlich sagen: Mir fehlen die Worte. Dem BGH allerdings nicht, denn der hat das getan, woran m.E. kein Weg vorbei führte. Er hat das Ablehnungsgesuch als begründet angesehen und das Urteil des LG – ohne viel Worte – wegen eines Verstoßes gegen § 338 Nr. 3 StPO aufgehoben:

„Die Ablehnung eines Richters ist nach § 24 Abs. 2 StPO gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, der Richter nehme ihm gegenüber eine innere Haltung ein, die seine erforderliche Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit störend beeinflussen kann. Maßstab für die Beurteilung dieser Voraussetzungen ist ein vernünftiger bzw. verständiger Angeklagter (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. Mai 2014 – 1 StR 726/13, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 23; Urteil vom 12. November 2009 – 4 StR 275/09, BGHR StPO § 24 Abs. 2 Befangenheit 21).

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Inhalt der öffentlich und somit auch für jeden Verfahrensbeteiligten zugänglichen Facebook-Seite dokumentiert eindeutig eine innere Haltung des Vorsitzenden, die bei verständiger Betrachtung besorgen lässt, dieser beurteile die von ihm zu bearbeitenden Strafverfahren nicht objektiv, sondern habe Spaß an der Verhängung hoher Strafen und mache sich über die Angeklagten lustig. Die beschriebene Facebook-Seite enthält auch einen eindeutigen Hinweis auf die berufliche Tätigkeit des Vorsitzenden und betrifft deshalb nicht lediglich dessen persönliche Verhältnisse. Unter diesen Umständen war ein noch engerer Zusammenhang mit dem konkreten, die Angeklagten betreffenden Strafverfahren nicht erforderlich, um bei ihnen die berechtigte Befürchtung zu begründen, dem Vorsitzenden mangele es an der gebotenen Neutralität. Das in dem Ablehnungsgesuch dargelegte Misstrauen in die Unparteilichkeit des Vorsitzenden ist deshalb gerechtfertigt.“‚ Dessen Internetauftritt ist insgesamt mit der gebotenen Haltung der Unvorgenommenheit eines im Bereich des Strafrechts tätigen Richters nicht zu vereinbaren.“

Die Sache bedarf m.E. keiner weiteren Kommentierung. Aber zwei Anmerkungen will ich dann doch machen:

  1. Der BGH hat von der ihm in § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, das Verfahren an ein anderes LG, nämlich das LG Stralsund, zurückzuverweisen. Von der Möglichkeit macht er so häufig keinen Gebrauch. Dass er es hier tut, zeigt m.E., was er vom LG Rostock hält.
  2. Es handelte sich um die zweite Aufhebung einer Entscheidung des LG Rostock in diesem Verfahren. Das führt dazu, dass der BGH auf die Frage der Berücksichtigung des langen Zeitablaufs bei einer künftigen Strafzumessung hinweist. Wenn man diese Sache sieht, frage ich mich übrigens, warum Richter beklagen, dass Verfahren so lange dauern. Wie war das noch mit den Steinen und dem Glashaus….?

Die Glaubwürdigkeit der Zeugin – ist nicht bedeutungslos

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So richtig „knallige“ Entscheidungen des BGH oder anderer Obergerichte zum Beweisantragsrecht gibt es im Moment nicht. Allerdings spielen Beweisanträge und deren Ablehnung in der Rechtsprechung des BGH immer wieder ein Rolle. Und wenn man sich die Revisions-Rechtsprechung anschaut, dann nimmt die Ablehnung eines Beweisantrages wegen Bedeutungslosigkeit in der Praxis breiten Raum ein (§ 244 Abs. 3 StPO). An der Stelle werden von den Tatgerichten aber auch immer wieder Fehler gemacht, weil die Voraussetzungen für eine Ablehnung eines Beweisantrages aus dem Raum verkannt bzw. nicht richtig angewendet werden. Exemplarisch zeigen das zwei BGH-Beschlüsse aus neuerer Zeit, nämlich der BGH, Beschl. v. 30.07.2015 – 4 StR 199/15 – und der BGH, Beschl. v. 09.07.2015 – 1 StR 141/15.

Im ersten Verfahren ging es um einen Beweisantrag der Nebenklage, mit dem ein möglicher Tötungsvorsatz nachgewiesen werden sollte. Den hatte die Strafkammer mit der Begründung abgelehnt: „Die Beweisbehauptung … ist für die Entscheidung aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung (§ 244 Abs. 3 S. 2, 2. Var. StPO). Ein möglicher Tötungsvorsatz ist für die angeklagte gefährliche Körperverletzung und den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr ohne Bedeutung. Darüber hinaus will die Kammer weitere mögliche Schlüsse aus einem solchen Gespräch nicht ziehen.“ Im zweiten Fall ging es in einem Vergewaltigungsverfahren um die Glaubwüridgkeit der Geschädigten. Auch da ist ein Beweisantrag abgelehnt worden wegen Bedeutungslosigkeit. In beiden Fällen haben die Ablehnungsbegründungen der LG dem BGH – neben anderen Gründen – nicht gepasst und er hat die landgerichtlichen Urteile aufgehoben.

Ich nehme dann mal die Begründung aus dem ersten Verfahren – die im zweiten klingt ähnlich:

2. Ferner ist der Beschluss, mit dem das Landgericht den Beweisantrag abgelehnt hat, unzureichend begründet.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Beschluss, mit dem ein Beweisantrag wegen Bedeutungslosigkeit der behaupteten Tatsachen abgelehnt wird, die Erwägungen anführen, aus denen der Tatrichter ihnen keine Bedeutung beimisst. Wird die Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Umständen gefolgert, so müssen die Tatsachen angegeben werden, aus denen sich ergibt, warum die unter Beweis gestellte Tatsache, selbst wenn sie erwiesen wäre, die Entscheidung des Gerichts nicht beeinflussen könnte. Die erforderliche Begründung entspricht dabei grundsätzlich den Be-gründungserfordernissen bei der Würdigung von durch die Beweisaufnahme gewonnenen Indiztatsachen in den Urteilsgründen; sie ist auf konkrete Erwägungen zu stützen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Oktober 2013 – 3 StR 135/13, NStZ-RR 2014, 54, 55; vom 18. März 2015 – 2 StR 462/14, juris Rn. 5). Geht es um den Angeklagten belastende Beweisbehauptungen, muss die Ablehnung das ganze Beweisthema ohne Einengung, Verkürzung oder Unterstellung erfassen und darlegen, warum dem Tatrichter die im Beweisantrag behauptete Tatsache in Verbindung mit dem bisherigen Beweisergebnis nicht ausreichen würde, um zu einer Verurteilung zu gelangen (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 26. Februar 2015 – 4 StR 293/14, NStZ 2015, 355, 356; vgl. insbesondere zu einem Beweisantrag des Nebenklägers ferner BGH, Urteil vom 7. April 2011 – 3 StR 497/10, NStZ 2011, 713, 714 jeweils mwN)…..“

Das ist im Grunde der Textbaustein, mit dem so oder ähnlich die BGH-Senate in dieser Frage „agieren“. Ist im Grunde genommen ganz einfach und keine besondere Kunst…..

Die Belastung des Amtsrichters – ist sie groß genug?

© Avanti/Ralf Poller - Fotolia.com

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Was für eine Frage: Die Belastung des Amtsrichters – ist sie groß genug? Natürlich werden die mitlesenden Amtsrichter – und wahrscheinlich nicht nur die – sagen. Aber: Die Frage stellt sich nicht in dem allgemeinen Zusammenhang nach der allgemeinen dienstlichen Belastung  der (Amts)Richter, sondern konkret in einem amtsgerichtlichen Verfahren, in dem der Amtsrichter Beweisanträge des Betroffenen  „nach „§ 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG“ zurückgewiesen [hat], da „die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nach seinem pflichtgemessen Ermessen nicht erforderlich“ sei. Die Anträge seien „ohne verständigen Grund so spät vorgebracht“ worden, „dass die Beweiserhebung zur Aussetzung der Hauptverhandlung führen würde“. Dazu führte das Amtsgericht im angefochtenen Urteil u.a. aus, dass es seinerzeit schon für Ende Januar terminiert habe, bei zwei bis drei Sitzungstagen pro Woche. Aufgrund dieser Belastung sei eine Durchführung eines Fortsetzungstermins innerhalb der Frist der §§ 71 Abs. 1 OWiG, 229 Abs. 1 StPO nicht möglich.“

Dem OLG Hamm, das auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit der Frage befasst war, passt das so nicht.Es verweist im OLG Hamm, Beschl. v. 03.02.2015 – 1 RBs 18/15 – darauf, dass der Ansatz des Amtsrichters, dass die beantragte Beweiserhebung zu einer Aussetzung der Hauptverhandlung nach § 228 StPO mit der Folge, dass die Hauptverhandlung neu durchgeführt werden muss, führen würde, im Urteil nicht ausreichend dargetan sei. Die allgemeine Angabe, das Amtsgericht terminiere Straf- und Bußgeldsachen an zwei bzw. drei Hauptverhandlungstagen je Woche und man terminiere derzeit bereits im Januar des Folgejahres, sage darüber nichts aus. So ist weder dargetan, wie umfangreich die jeweiligen Verhandlungstage sind, noch, dass – ohne Vernachlässigung oder Zurückstellung anderer Verfahren – die begehrte Beweisaufnahme, welche einen überschaubaren Umfang hat, nicht gleichwohl noch zusätzlich hätte angesetzt werden können.

Und dann kommt das – was m.E. – die Amtsrichter nicht gerne lesen werden:

Für die Frage, ob die Beweiserhebung zur Aussetzung der Hauptverhandlung führt, ist maßgeblich, ob ein seine Aufgaben pflichtbewusst erfüllender Richter – auch unter Berücksichtigung der üblichen Schwankungen in der wöchentlichen Arbeitsbelastung, d.h. auch bei angemessener Mehrarbeit gegenüber seiner üblichen wöchentlichen Arbeitsbelastung – den Fortsetzungstermin zur Durchführung der Beweisaufnahme nicht mehr hätte ansetzen können. Dies ist dann der Fall, wenn er – auch bei angemessener Mehrarbeit – den Fortsetzungstermin voraussichtlich nicht ohne Aufhebung anderer Termine oder Vernachlässigung anderer Pflichten (wie etwa sorgfältige Vorbereitung anderer Hauptverhandlungen, Wahrung der Urteilsabsetzungsfristen, Wahrung des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen etc.) nicht durchführen kann. Der Senat hält es hingegen nicht für erforderlich, dass die Beweiserhebung zwingend zur Aussetzung der Hauptverhandlung führt, etwa weil bereits feststeht, dass das Beweismittel nicht fristgerecht herbeigeschafft werden kann.

….

Den Fall, dass ein seine Aufgaben pflichtbewusst erfüllender Richter – auch unter Berücksichtigung der üblichen Schwankungen in der wöchentlichen Arbeitsbelastung, d.h. auch bei angemessener Mehrarbeit gegenüber seiner üblichen wöchentlichen Arbeitsbelastung – den Fortsetzungstermin zur Durchführung der Beweisaufnahme nicht mehr hätte ansetzen können, sieht der Senat z.B. dann als gegeben an, wenn der Richter mit der Durchführung von Hauptverhandlungen, deren Vor- und Nachbereitung sowie mit seinen sonstigen richterlichen Aufgaben so belastet ist, dass ein Fortsetzungstermin zur Durchführung der beantragten Beweisaufnahme in dem Unterbrechungszeitraum oder eine deshalb zu verschiebende anderweitige Tätigkeit zwangsläufig erst ab den frühen Abendstunden, zu früher Morgenzeit oder am Wochenende durchgeführt werden könnte.

Solches ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Das Amtsgericht hat für den konkreten Fortsetzungszeitraum i.S.v. § 229 StPO weder die konkrete Zahl von Sitzungstagen, noch die Zahl der zu verhandelnden Sachen, noch die hierfür angesetzte Verhandlungsdauer mitgeteilt. Dies hätte womöglich schon ausgereicht, dem Senat, der einschätzen kann, wie viel Vorbereitungs – und Nachbereitungszeit erforderlich ist, einen Eindruck davon zu vermitteln, dass die Auslastung des Tatrichters eine weitere Beweisaufnahme in einem Fortsetzungstermin innerhalb der Unterbrechungsfrist nicht zugelassen hätte.“

Also: So ganz einfach ist das mit der Ablehnung von Beweisanträgen wegen Verspätung nicht (mehr).

Die erfolgreiche/erfolglose Ablehnung des Sachverständigen

© sss78 – Fotolia.com

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Die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit und wie das Gericht damit umgeht, kann für den Angeklagten und das Ergebnis des Verfahrens von entscheidender Bedeutung sein. Denn nicht selten entscheidet der Sachverständige, ob und wie der Angeklagte verurteilt wird.Deshalb haben die damit zusammenhängenden Fragen in der Praxis erhebliche Bedeutung. Das zeigt auch noch einmal der BGH, Beschl. v. 22.07.2014 – 3 StR 302/14. Im Verfahren – Vorwurf des versuchten Mordes – war der Sachverständige abgelehnt worden. Dazu verhält sich der BGH, Beschl. wie folgt:

Der Angeklagte hat den Sachverständigen, der mit seiner forensisch-psychiatrischen Begutachtung beauftragt war, wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Gutachten sei nicht mit der erforderlichen wissenschaftlichen Sorgfalt erstellt worden. Außer-dem habe der Sachverständige den Wunsch des Angeklagten unterbunden, dass bei der Exploration sein Verteidiger anwesend sein sollte. Schließlich habe der Sachverständige den Verteidiger nicht über dieses Anliegen informiert; vielmehr habe er diesem telefonisch bewusst wahrheitswidrig ausrichten lassen, die Begutachtung sei praktisch abgeschlossen und der Angeklagte habe ihm gegenüber nicht geäußert, dass er seinen Verteidiger dabei haben wollte.

Das Landgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen und dies damit begründet, weder das wissenschaftliche Vorgehen des Sachverständigen noch die Tatsache, dass dieser die Exploration in Abwesenheit des Verteidigers durchgeführt habe, rechtfertigten die Besorgnis der Befangenheit. Zu dem weiteren Vorwurf, der Sachverständige habe den Verteidiger unzutreffend über den Wunsch des Angeklagten informiert, die Exploration im Beisein seines Verteidigers durchzuführen, verhält sich der den Antrag ablehnende Beschluss nicht.

Der Angeklagte hat eine Verletzung des § 74 StPO gerügt und hatte hinsichtlich der Rechtsfolgen Erfolg:

2. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Anders als bei der Ablehnung eines Richters prüft das Revisionsgericht bei der Ablehnung eines Sachverständigen nicht selbstständig, ob die Voraussetzungen für die Besorgnis einer Befangenheit im konkreten Fall vorliegen. Es hat vielmehr allein nach revisionsrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden, ob das Ablehnungsgesuch ohne Verfahrensfehler und mit ausreichender Begründung zurückgewiesen worden ist. Dabei ist es an die vom Tatgericht festgestell-ten Tatsachen gebunden und darf keine eigenen Feststellungen treffen. Aus diesem Grunde muss das Tatgericht in seinem Beschluss darlegen, von wel-chen Tatsachen es ausgeht (BGH, Beschluss vom 23. März 1994 – 2 StR 67/94, NStZ 1994, 388). Die gemäß § 34 StPO erforderliche Begründung des Beschlusses muss im Übrigen so ausführlich sein, dass das Revisionsgericht prüfen kann, ob das Tatgericht die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt hat; daneben muss sie die Verfahrensbeteiligten in die Lage versetzen, ihr wei-teres Prozessverhalten darauf einzurichten (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 74 Rn. 17 mwN).

Diesen Anforderungen wird die Begründung des Beschlusses des Landgerichts nicht gerecht. Die Strafkammer hat zu einem wesentlichen Teil der Begründung des Ablehnungsgesuchs nicht Stellung genommen. Damit ist weder erkennbar, von welchen Tatsachen sie insoweit ausgegangen ist, noch, ob ihre Entscheidung im Übrigen rechtsfehlerfrei ist. Eine sachliche Überprüfung der Entscheidung durch den Senat als Revisionsgericht ist deshalb nicht möglich. Ebenso wenig konnte der Angeklagte sein weiteres Prozessverhalten auf die Begründung der Strafkammer einrichten.“