Auslagen II: Falsch macht man es in Düsseldorf, oder: Richtig macht man es in Ravensburg

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Und dann noch drei Entscheidungen zur Auslagenerstattung nach Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung.

Ich beginne mit zwei Entscheidungen aus Düsseldorf. Das AG Düsseldorf hat im AG Düsseldorf, Beschl. v. 08.07.2024 – 312 OWi 143/23 – das Bußgeldverfahren gegen den Betroffenen wegen Verjährung eingestellt. Es sieht dann von der Auferlegung der notwendigen Auslagen des Betroffenen auf die Staatskasse ab und „begründet“ (?) das mit: „Die Entscheidung über die notwendigen Auslagen beruht auf § 467 Abs. 3 Nr. 2 StPO i.V.m. § 105 OWiG, weil nach dem Akteninhalt eine Verurteilung des Betroffenen ohne das Verfahrenshindernis wahrscheinlich gewesen wäre..

Dagegen dann die Beschwerde des Verteidigers, die das LG Düsseldorf im LG Düsseldorf, Beschl. v. 13.08.2024 – 61 Qs 44/24 – verworfen hat und zwar mit der Begründung:

„Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen, weil nach Aktenlage eine Verurteilung des Betroffenen zu erwarten war. Inhaltliche Einwendungen sind von ihm nicht erhoben worden Das formularmäßige Anfordern von Daten und Unterlagen vermag als solches Zweifel an der Schlüssigkeit des Vorwurfs nicht zu begründen.“

Über die beiden Beschlüsse decken wir dann lieber den Mantel des Schweigens. Denn es ist schon „frech“, was AG und LG da gemacht haben. Entweder kennt man die Rechtsprechung des BVerfG nicht oder man negiert sie bewusst. Das reicht jedenfalls als Begründung nicht aus.

Im Gegensatz dazu steht der LG Ravensburg, Beschl. v. 11.11.2024 – 1 Qs 54/24 -, wo man es richtig macht und ausführt:

„a) Soweit in dem Beschluss des Amtsgerichts Leutkirch für eine Anwendung des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO darauf abgestellt wird, dass nach Aktenlage – bei Hinwegdenken des Verfahrenshindernisses – von einer Verurteilung des Betroffenen wegen des ihm zur Last gelegten Abstandsverstoßes auszugehen sei, kann letztlich dahinstehen, ob der Tatverdacht gegen den Betroffenen tatsächlich das für eine Anwendbarkeit des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO erforderliche Maß erreicht hat.

b) Die Möglichkeit, nach § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO von einer Erstattung der notwendigen Auslagen abzusehen, besteht nämlich nur dann, wenn zusätzlich zu dem Verfahrenshindernis als alleinigem eine Verurteilung hindernden Umstand weitere besondere Umstände hinzutreten, die es als billig erscheinen lassen, dem Betroffenen die Auslagenerstattung zu versagen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 2017, BvR 1821/16). Die erforderlichen besonderen Umstände dürfen dabei aber gerade nicht in der voraussichtlichen Verurteilung und der zu Grunde liegenden Tat gefunden werden, denn darin besteht bereits die Tatbestandsvoraussetzung für die Ermessensentscheidung des Gerichts (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 20. Juli 2010, 1 Ws 218/10). Grundlage für ein Absehen von der Erstattung notwendiger Auslagen muss vielmehr ein hinzutretendes vorwerfbares prozessuales Fehlverhalten des Betroffenen sein. Bei einem in der Sphäre der Verwaltungsbehörde oder des Gerichtes eingetretenen Verfahrenshindernis hingegen wird es regelmäßig der Billigkeit entsprechen, die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzubürden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Mai 2017. BvR 1821/16; Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Auflage 2023, § 467, Rn. 10b).

c) Nach dieser Maßgabe fehlt es vorliegend an den erforderlichen besonderen Umständen. Ein prozessuales Fehlverhalten des Betroffenen ist nicht zu erkennen; vielmehr lag der Grund für den Eintritt des Verfahrenshindernisses der Verjährung darin, dass die Akte bei Gericht in Verstoß geraten war, und somit allein in der Sphäre der Justiz.

Vor diesem Hintergrund erscheint es im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung nach §§ 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO, 46 OWiG unbillig, den Betroffenen entgegen dem gesetzlichen Grundsatz aus §§ 467 Abs. 1 StPO. 46 OWiG mit seinen notwendigen Auslagen zu belasten.“

Auslagen I: Anfechtbarkeit der Auslagenentscheidung, oder: Anfechtbar, trotz unanfechtbarer Hauptsache?

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Und dann der „Gebührenfreitag“ in 2024. Ich stelle in den beiden Postings dann heute noch einmal Entscheidungen zur Auslagenerstattung nach Einstellung des Verfahrens vor.

Ich beginne mit dem zur Anfechtbarkeit der Kosten-/Auslagenentscheidung. Ergangen ist der LG Karlsruhe, Beschl. v. 10.12.2024 – 16 Qs 79/24 – in einem Bußgeldverfahren. Dieses war gegen Betroffenen wegen eines vor dem Inkrafttreten des 6. Gesetz zur Änderung des StVG und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften am 22.08.2024 begangenen Verstoßes gegen § 24a Abs. 2 StVG anhängig. Das Verfahren ist dann nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 24a Abs. 2 OWiG vom AG wegen der Gesetzesänderung nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 206b StPO eingestellt worden; die Kosten des Verfahrens wurden der Staatskasse auferlegt, nicht aber die notwendigen Auslagen des Betroffenen. Der Verteidiger des Betroffenen hat dagegen sofortige Beschwerde eingelegt. Das LG hat diese als zulässig und begründet angesehen:

„Die von der Verteidigung mit rechtzeitig beim Amtsgericht Pforzheim eingegangenem Schriftsatz vom 22.11.2024 eingelegte „Anhörungsrüge“ ist als sofortige Beschwerde gegen den Kosten- und Auslagenausspruch des Beschlusses vom 13.11.2024 auszulegen und als solche sowohl zulässig als auch begründet.

Entscheidungen nach § 206b StPO sind gemäß Satz 2 der Vorschrift mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Zwar ist nach h.M. der Angeklagte (im Bußgeldverfahren, für das § 206b StPO über § 46 Abs. 1 OWiG unmittelbar gilt, der Betroffene) nicht beschwerdeberechtigt, wenn das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, weil es ihm an einer Beschwer fehlt (MüKoStPO/Wenske, 2. Aufl. 2024, StPO § 206b Rn. 32 m.w.N.), dies stellt aber keinen Hinderungsgrund für eine Anfechtung der Kosten- und Auslagenentscheidung im Sinne des § 464 Abs. 3 S. 1 StPO dar – unstatthaft ist die sofortige Beschwerde dann, wenn die betroffene Person unabhängig von der Frage der Beschwer nicht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt ist, nicht aber, wenn von einem statthaften Rechtsmittel gegen die Hauptentscheidung lediglich kein Gebrauch gemacht wurde oder lediglich einem bestimmten Beschwerdeführer bei grundsätzlicher Statthaftigkeit des Rechtsmittels dieses mangels (individueller) Beschwer im Einzelfall nicht zusteht (OLG Köln StraFo 2017, 295 = BeckRS 2017, 113455; OLG Düsseldorf BeckRS 2012, 13681; OLG Köln NStZ-RR 2010, 392; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt Rn. 19; KK-StPO/Gieg, 9. Aufl. 2023, StPO § 464 Rn. 8).

Auch ist der Beschwerdewert des § 304 Abs. 3 StPO erreicht.

In der Sache sind die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Angeklagten bzw. Betroffenen im Falle einer Einstellung nach § 206b StPO nach allgemeiner Meinung grundsätzlich von der Staatskasse zu tragen, weil die Entscheidung einen Freispruch ersetzt. Neben § 467 Abs. 1 StPO gelten auch dessen Abs. 2 sowie Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 1; § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO, der nur echte Verfahrenshindernisse betrifft, ist nicht anwendbar (KK-StPO/Schneider, 9. Aufl. 2023, StPO § 206b Rn. 10; OLG München NJW 1974, 873; OLG Hamburg MDR 1975, 511). Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 465 StPO analog, § 46 Abs. 1 OWiG.“

Hindernis II: Deutsche Gerichtsbarkeit für BtM-Erwerb, oder: Lieferung an ausländischen Wohnort

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Und dann die zweite Entscheidung, und zwar der AG Meißen, Beschl. v. 30.09.2024 – 11 Cs 411 Js 37086/23. In dem Verfahren hatte die Staatsanwaltschaft beantragt, gegen den Angeschuldigten einen Strafbefehl wegen versuchtem Erwerb von Betäubungsmitteln zu erlassen. Das AG hat den Erlass abgelehnt:

„Das Amtsgericht Meißen ist nicht zuständig, es fehlt an der deutschen Gerichtsbarkeit. Ein inländischer Gerichtsstand nach den §§ 7 ff. StPO besteht für die dem Angeschuldigten vorgeworfene versuchte Erwerbshandlung mangels Anwendbarkeit deutschen Strafrechts nicht. Insoweit geht der Strafbefehlsantrag in Ermangelung anderweitiger Erkenntnisse davon aus, dass die gegenständliche Bestellung an den Wohnort des Angeschuldigten in Tschechien geliefert werden sollte. Tatort ist demnach der vorgestellte Ort des Erwerbs als zum Tatbestand gehörender Erfolg in der Tschechischen Republik. § 6 Nr. 5 StGB gilt für den Erwerb von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BtMG nicht, Anhaltspunkte für einen gewerbsmäßigen Vertrieb bestehen auch angesichts der bestellten Mengen nicht. Mithin liegt keine Inlandstat vor, so dass deutsches Strafrecht nicht anwendbar ist, § 3 StGB. Der Antrag auf Erlass des Strafbefehls ist wegen dieses Verfahrenshindernisses abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 464, 467 Abs. 1 StPO.“

Hindernis I: Beschleunigtes Verfahren abgelehnt, oder: Strafbefehlsverfahren trotzdem noch zulässig

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Und dann heute am 26.12. zwei Entscheidungen. Es ist zwar noch Weihnachten – der 2. Weihnachtsfeiertag – aber: Der ein oder andere schaut ja vielleicht doch mal nach dem Blog und es gilt ja immer: Wer rastet, der rostet. Und immerhin ist ja morgen auch noch ein Arbeitstag.

Aber es gibt heute – das ist dann doch Weihnachten geschuldet – nichts „Schweres“ und auch nicht zum Ärgern, sondern: Ich stelle zwei Entscheidungen vor, beide befassen sich mit Verfahrenshindernissen.

Ich beginne mit dem OLG Schleswig, Urt. v. 08.11.2024 – 1 ORs SRs 67/24 -, in dem das OLG zur Zulässigkeit der Durchführung des Strafbefehlsverfahrens nach Ablehnung eines Antrags auf Durchführung des beschleunigten Verfahrens durch das AG Stellung genommen hat. Das AG hatte den Angeklagten wegen Nötigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Auf die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten hat das LG das Verfahren durch Prozessurteil gemäß § 260 Abs. 3 StPO wegen eines Verfahrenshindernisses eingestellt. Das Verfahrenshindernis sah das LG darin, dass das AG nach Ablehnung der Durchführung des beschleunigten Verfahrens (§§ 417 ff. StPO) sodann im Strafbefehlsverfahren nach Einspruch (§§ 409 ff. StPO) ohne Eröffnungsbeschluss (§ 203 StPO) entschieden hat.

Dagegen dasnn die Revision der Staatsanwaltschaft. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass im Strafbefehlsverfahren gemäß § 408 Abs. 3 Satz 1 StPO kein Eröffnungsbeschluss erforderlich sei. Dies gelte auch nach vorausgegangener Ablehnung der Durchführung des ursprünglich beantragen beschleunigten Verfahrens, da die Staatsanwaltschaft nach Rücknahme dieses Antrags die vollständige Entscheidung über das Ermittlungsverfahren zurück erlangt habe.

Und das OLG gibt der Staatsanwaltschaft Recht. Hier dann (nur) die Leitsätze der Entscheidung, nämlich:

1. Die Staatsanwaltschaft ist nicht gehindert, sich nach Ablehnung des Antrags auf Durchführung des beschleunigten Verfahrens durch das Amtsgericht für die Durchführung des Strafbefehlsverfahrens zu entscheiden und gemäß § 407 Abs. 1 StPO den Erlass eines Strafbefehls zu beantragen, solange das Gericht nicht die Eröffnung nach § 203 StPO beschließt.

2. Durch die ausdrückliche gerichtliche Ablehnung des beschleunigten Verfahrens und die Rückgabe der Akten an die Staatsanwaltschaft kehrt das Verfahren in den Stand des Ermittlungsverfahrens zurück; die Staatsanwaltschaft erlangt ihre volle Entschließungsfreiheit wieder.

3. Eine isolierte Betrachtung des § 419 Abs. 3 StPO als „bewusst lückenhafte Regelung des Gesetzgebers“ greift nicht durch. Sie bedeutet im Ergebnis einen unzulässigen Eingriff in die Verfahrenshoheit der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren.

Am 1. Weihnachtsfeiertag – ausnahmsweise Witze zu Weihnachten

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Und dann heute Nachmittag: Witze zu Weihnachten. Ja, ich weiß, es ist kein Sonntag, aber an Weihnachten darf man dann mal eine Ausnahme machen und die kommt dann hier:

Ein Mann fragt seine Frau: „Schatz, was wünschst du dir denn zu Weihnachten?“

Die Frau: „Die Scheidung!“

Er: „Na, so viel wollte ich eigentlich nicht ausgeben!“


Treffen sich zwei Rosinen.

Fragt die eine: „Warum trägst du denn einen Helm?“

Antwortet die andere: „Ich muss nachher noch in den Christstollen!“


Tochter zum Vater: „Ich wünsche mir ein Einhorn zu Weihnachten!“

Vater: „Sei realistisch!“

Tochter: „Ok. Dann wünsche ich mir wahre Liebe!“

Vater: „Welche Farbe soll das Einhorn haben?“


Ein Mann will seine Frau am Weihnachtsabend beruhigen:

„Du hast dir doch etwas gewünscht, dass dir gut zu Gesicht steht, oder…?“

Frau: „Und da kaufst du mir einen Faltenrock?!“

Und es gibt dann auch noch einmal ein anderes Bild 🙂 .