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Bewilligung von PKH für die Nebenklägerrevision?, oder: Nicht, wenn die Revision unzulässig ist

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Die zweite Entscheidung kommt vom BGH. Der hat sich im BGH, Beschl. v. 5 StR 729/24 – noch einmal mit der Bewilligung von PKH für den Nebenkläger befasst.

Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Freiheitsberaubung mit Todesfolge verurteilt. Dagegen wendet sich der Nebenkläger mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision und beantragt zugleich, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Der BGH hat den PKH-Antrag abgelehnt und zugleich die Revision als unzulässig verworfen:

„1. Die Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 397a Abs. 2 StPO liegen nicht vor. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:

„Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug gesondert (§ 404 Abs. 5 StPO, § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO); dies erfordert in jeder Instanz erneut die Prüfung und deshalb die Darlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers, der sich insoweit grundsätzlich des vorgeschriebenen Vordrucks (§ 117 Abs. 4 ZPO) zu bedienen hat. Zwar kann eine Bezugnahme auf die vor dem Landgericht dargelegten wirtschaftlichen Voraussetzungen verbunden mit der Versicherung, dass sich die Verhältnisse nicht verändert haben, ausreichen. Eine derartige Erklärung hat der Nebenkläger jedoch nicht abgegeben. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe löst auch keine Verpflichtung des Revisionsgerichts aus, die wirtschaftlichen Verhältnisse zu ermitteln. Das Erfordernis der Darlegung ergibt sich aus dem Gesetz, eines Hinweises auf diese Sachlage und eines Zuwartens mit der Entscheidung bedarf es nicht (vgl. zum Ganzen BGH, Beschluss vom 6. Februar 2018 – 5 StR 347/17, Rn. 1).

Davon unabhängig ist der Antrag auch deshalb abzulehnen, weil die sachlichen Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vorliegen. Zwar kommt es für die Bewilligung weder auf die Erfolgsaussichten der Revision noch darauf an, ob deren Verfolgung mutwillig erscheint (§ 397a Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 114 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Die Bewilligung setzt aber gemäß § 397a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 StPO voraus, dass der Nebenkläger ohne sie seine Interessen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann. An einer solchen Schutzbedürftigkeit des Nebenklägers mangelt es, weil seine Revision – dazu sogleich – unzulässig ist (vgl. Wenske in Löwe/Rosenberg, StPO, 27. Auflage, § 397a StPO, Rn. 35) und sein mögliches Interesse an der Verfolgung der zu seinem Nachteil begangenen Tat im Revisionsverfahren aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft hinreichend berücksichtigt wird.“

Dem schließt sich die Vorsitzende an und versagt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

2. Die Revision des Nebenklägers ist unzulässig. Der Generalbundesanwalt hat dies in seiner Zuschrift wie folgt begründet:

„Gemäß § 400 Abs. 1 StPO kann ein Nebenkläger das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, dass eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt oder dass der Angeklagte wegen einer Gesetzesverletzung verurteilt wird, die ihn nicht zum Anschluss als Nebenkläger berechtigt. Daher muss die Begründung der Revision erkennen lassen, dass der Nebenkläger mit dem Rechtsmittel einen bisher unterbliebenen Schuldspruch des Angeklagten (auch) wegen einer Straftat, welche die Berechtigung zum Anschluss an das Verfahren begründet, verfolgt. Wird eine derartige Bestimmung des Ziels der Revision bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist nicht vorgenommen, ist das Rechtsmittel unzulässig (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2023 – 5 StR 546/23 Rn. 2). Daran gemessen ist die Revision des Nebenklägers unzulässig, weil er „insbesondere“ die Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeten Totschlags statt wegen Körperverletzung mit Todesfolge begehrt, ohne jedoch hinsichtlich der insoweit allein in Betracht kommenden Tat zum Nachteil einer Dritten nebenklageberechtigt zu sein, und die nicht ausgeführte Sachrüge sowie die – gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ohnehin unzulässige – nicht ausgeführte Verfahrensrüge kein bestimmtes Anfechtungsziel erkennen lassen. Es ist somit nicht ausgeschlossen, dass der Nebenkläger hinsichtlich der zu seinem Nachteil begangenen Tat lediglich die Verhängung einer höheren Strafe erstrebt.“

Diese Begründung teilt der Senat. Sie führt zur Verwerfung der Revision nach § 349 Abs. 1 StPO.“

Ergänzung einer unvollständigen Kostenentscheidung?, oder: Bei Gehörsverstoß ist das möglich

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Und dann als zweite Entscheidung eine richtige Entscheidung, zwar nicht zu Gebühren, aber damit zusammenhängend, nämlich zur Frage der Reparatur einer (unrichtigen) Kostenentscheiung.

Grundsätzlich kann eine (unrichtige) Kostenentscheidung in einem verfahrensabschließenden (strafverfahrensrechtlichen) Beschluss nicht ergänzt bzw. korrigiert werden. Das OLG Zweibrücken weist im OLG Zweibrücken, Beschl. v. 15.04.2025 – 1 ORs 1 SRs 5/24 – jetzt aber noch einmal auf eine  Ausnahme hin

Das OLG hatte durch Beschluss vom 10.05.2024 die Revision des Angeklagten gegen ein Urteil des LG als unbegründet verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels wurden dem Angeklagten auferlegt. Einen Ausspruch über die notwendigen Auslagen der vom AG gemäß § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO zugelassenen Nebenklägerin enthielt der Beschluss nicht. Die Nebenklagevertreterin hatte mit Schriftsatz vom 21.12.2023 beantragt, die Revision des Angeklagten zurückweisen, und ihren Antrag begründet.

Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Nebenklagevertreterin vom 14.11.2024 hat die Rechts-pflegerin beim AG darauf hingewiesen, dass in dem OLG-Beschluss vom 10.05.2024 der Aus-spruch, dass der Angeklagte die notwendigen Auslagen im Revisionsverfahren zu tragen hat, fehlt und eine entsprechende Auslegung der Kostenentscheidung auch nicht vorgenommen werden könne. Die Nebenklagevertreterin hat daraufhin das OLG „gebeten“, den Beschluss vom 10.05.2024 dahingehend zu ergänzen, dass der Angeklagte auch die notwendigen Auslagen der Nebenklägerin im Revisionsverfahren zu tragen hat.

Das OLG ist dem Antrag nachgekommen:

„2. Der vorliegende Gehörsverstoß führt zur Nachholung der Auslagenentscheidung gemäß § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO zugunsten der Nebenklägerin.

Im Grundsatz sind rechtskräftige Kostenentscheidungen einer nachträglichen Aufhebung oder Abänderung entzogen (§§ 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2, 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 StPO). Angesichts der Unzulässigkeit einer sofortigen Beschwerde gegen die mit dem Verwerfungsbeschluss getroffene Kostenentscheidung (§ 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO) muss jedoch der Umstand, dass der im Verwerfungsantrag der Nebenklage liegende Antrag auf Überbürdung ihrer notwendigen Auslagen auf den Angeklagten übersehen worden ist, gemäß § 33a StPO berücksichtigt werden (BGH Beschluss vom 10.12.2019 – 5 StR 427/19, BeckRS 2019, 34821 Rn. 2; KG, NStZ-RR 2015, 328 mwN; KK-Gieg, StPO, 9. Aufl., § 464 Rn. 4). Nach der Rechtsprechung des Senats können fehlerhafte Kosten- und Auslagenentscheidungen in verfahrensabschließenden Beschlüssen im Wege der Nachholung des rechtlichen Gehörs nach § 33a StPO ergänzt werden (Beschlüsse vom 04.12.2009 – 1 Ws 244/09, BeckRS 88517 und 14.02.2024 – 1 Ws 212/23). Die Nichtgewährung rechtlichen Gehörs liegt in diesen Fällen regelmäßig unter dem Gesichtspunkt einer Überraschungsentscheidung vor. Ein Gericht darf ohne vorherigen Hinweis seiner Entscheidung keine Rechtsansichten zugrunde legen, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Verfahrensbeteiligter nicht rechnen muss.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auch auf der Versagung des rechtlichen Gehörs. Der Senat hat bei seiner Entscheidung vom 10.05.2024 die Zulassung der Nebenklägerin, die sich mit ihrem Verwerfungsantrag vom 21.12.2023 an dem Revisionsverfahren beteiligt hatte, nicht beachtet. Hätte der Senat auf die beabsichtigte, von der zwingenden gesetzlichen Regelung des § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO abweichende Auslagenentscheidung hingewiesen, hätte die Nebenklagevertreterin mit Sicherheit unter Hinweis auf die eindeutige gesetzliche Regelung Einwendungen erhoben, mit denen sie auch durchgedrungen wäre; mit einer entsprechenden (fehlerhaften) Rechtsanwendung des Senats musste die Nebenklägerin nicht rechnen.“

Passt.

Anklage wegen Straftat, Urteil nur wegen OWi, oder: (Teilweise) Auslagenerstattung durch die Staatskasse

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Und als zweite Entscheidung gibt es dann den LG Berlin I, Beschl. v. 09.04.2025 – 511 Qs 37/25 -, in der es um folgenden Sachverhalt geht:

Der Verurteilte war wegen des Verdachts des Handeltreibens mit Cannabisprodukten angeklagt. Das AG hat ihn nur wegen Besitzes von mehr als 25 Gramm Cannabis (§§ 3, 36 KCanG) zu einer Geldbuße von 150 EUR verurteilt und ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Gegen die Kostenentscheidung wendet sich der Verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde. Er beantragt, die Kosten des Verfahrens und die besonderen notwendigen Auslagen des Verur-teilten der Landeskasse aufzuerlegen, da der hinsichtlich des verbotenen Besitzes von Can-nabisprodukten von Anfang an geständige Verurteilte einen Bußgeldbescheid akzeptiert hätte. Das Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg:

„Die sofortige Beschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig. Die Verhängung einer Geldbuße erfolgte im Strafverfahren, weshalb – unabhängig von der 250 Euro-Wertgrenze des OWiG – Berufung und Revision statthafte Rechtsmittel gegen die Hauptsacheentscheidung gewesen wären (vgl. KK-OWiG/Lutz, 5. Aufl. 2018, OWiG § 82 Rn. 21, beck-online) und somit auch die Kostenentscheidung selbständig anfechtbar ist (§ 464 Abs. 3 Satz 1 StPO).

Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet. Zutreffend hat das Amtsgericht dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens auferlegt, denn er ist wegen einer Ordnungswidrigkeit, welche in Tateinheit mit dem angeklagten Gesetzesverstoß steht, verurteilt worden. Hiervon kann auch nicht aus Gründen der Billigkeit abgewichen werden. Insoweit unterliegt der Beschwerdeführer mit seinem ausdrücklich gestellten Antrag der Auferlegung der Verfahrenskosten auf die Landeskasse.

Hingegen sind – entgegen der angefochtenen Entscheidung – die durch die Anklageerhebung entstandenen (Mehr-)Kosten als besondere Auslagen der Staatskasse sowie die dem Beschwerdeführer durch das Strafverfahren entstandenen besonderen notwendigen Auslagen gemäß § 465 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 StPO der Landeskasse Berlin aufzuerlegen. Dies entspricht vorliegend der Billigkeit, denn es ist jedenfalls nicht zu widerlegen, dass der Beschwerdeführer, der gegenüber den Polizeibeamten vor Ort den Besitz einer auch nach neuem Recht verbotenen Menge Cannabis eingeräumt hat, einen entsprechenden Bußgeldbescheid akzeptiert hätte. In diesen Fällen erscheint es billig, die besonderen Auslagen der Landeskasse und des sich gegen den Tatvorwurf einer Straftat verteidigenden Beschwerdeführers der Landeskasse aufzuerlegen.

Die Kammer sieht von der Bildung einer Quote nach § 464d StPO ab und überlässt – was zulässig ist und vorliegend zweckmäßig erscheint – die Abgrenzung dem Kostenfestsetzungsverfahren nach § 464b StPO.“

Wenn der Angeklagte mehrere Verteidiger hat…., oder: Erstattung von Wahlanwaltsgebühren nach Freispruch?

Am „Gebührenfreitag“ gibt es heute zwei kostenrechtliche Entscheidungen, eine kommt vom OLG Celle, die andere vom LG Berlin.

Ich starte mit dem OLG Celle, Beschl. v. 19.12.2025 – 2 Ws 344/24 + 2 Ws 345/24. Dem Beschluss liegt folgender Verfahrensgang zugrunde:

Der ehemals Angeklagte H. war wegen des Vorwurfs des besonders schweren Raubes angeklagt. Daneben wurde gegen ihn die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 36.500 EUR beantragt. Das LG hat ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des früheren Angeklagten H. wurden der Landeskasse auferlegt.

In dem Verfahren hatte sich zunächst mit Schriftsatz vom 11.11.2019 Rechtsanwalt W. als Wahlverteidiger für den Freigesprochenen legitimiert. Mit Beschluss des AG v. 23.4.2020 ist Rechtsanwalt L. dem Freigesprochenen als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Grund dafür war, dass Rechtsanwalt W. im Frühjahr 2020 wegen einer schweren Erkrankung, die kurz nach Erlass eines Haftbefehls am 18.2.2020 gegen den Freigesprochenen auftrat, als daher die Haftbefehlsverkündung unmittelbar bevorstand, mehrere Monate ausgefallen war und zunächst unklar war, ob er überhaupt seine Tätigkeit wiederaufnehmen konnte. So ist der Freigesprochene auch in der Folgezeit nicht mehr von Rechtsanwalt W. verteidigt worden. Mit Entscheidung des Vorsitzenden des LG vom 8.4.2022 ist dann noch Rechtsanwalt R. dem Freigesprochenen zur Verfahrenssicherung als zusätzlicher Pflichtverteidiger beigeordnet worden.

Rechtsanwalt L. hat beantragt, die entstandenen notwendigen Auslagen hinsichtlich der Wahlverteidigergebühren festzusetzen. Geltend gemacht worden sind – für Rechtsanwalt W – eine Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG, die Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV RVG, die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG nach einem Gegenstandswert von 36.500 EUR und eine Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG sowie – für Rechtsanwalt L., die Grundgebühr Nr. 4101 VV RVG, die Verfahrensgebühr Nr. 4105 VV RVG, die Terminsgebühr Nr. 4103 VV RVG, die Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV RVG, zweimal die Terminsgebühr Nr. 4114 VV RVG, zweimal die Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG sowie Dolmetscherkosten und sonstige Auslagen und USt. sowie eigene notwendige Auslagen des Angeklagten.

Von den geltend gemachten Gebühren hat das LG gemäß § 52 Abs. 1 S. 2 RVG die bereits an Rechtsanwalt R. ausgezahlte Pflichtverteidigervergütung betreffend eine Gebühr gem. Nr. 4142 VV RVG angerechnet sowie die weiteren über einen Betrag von 482 EUR hinausgehenden Beträge betreffend die Gebühr gem. Nr. 4142 VV RVG abgesetzt. Zudem hat es Dolmetscherkosten gekürzt. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, dass eine Erstattung der Aufwendungen des früheren Angeklagten für die Gebühren seiner Verteidiger Rechtsanwalt W., Rechtsanwalt L. und Rechtsanwalt R. als notwendige Auslagen nach § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO betreffend die Verfahrensgebühr gem. Nr. 4142 VV RVG nur insoweit in Betracht komme, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen würden. Es komme daher wegen der bereits erfolgten Erstattung der Pflichtverteidigergebühren hinsichtlich des Rechtsanwalts R. nur die Erstattung der Differenz zwischen der Wahl- und Pflichtverteidigergebühren, die bisher noch nicht erstattet wurde, in Betracht. Die weitere Erstattung der Verfahrensgebühr scheide aus.

Der weitere Verteidiger des Freigesprochenen, Rechtsanwalt R., hat beantragt, die entstandenen notwendigen Auslagen hinsichtlich der Wahlverteidigergebühren wie folgt festzusetzen: Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG, Verfahrensgebühr Nr. 4112 VV RVG, 10 mal Terminsgebühr Nr. 4114 VV RVG, zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG nach einem Gegenstandswert von 36.500,00 EUR, abzüglich der bereits ausgezahlten Pflichtverteidigergebühren.

Von den geltend gemachten Gebühren hat das LG die Gebühr gem. Nr. 4142 VV RVG abgesetzt und von den verbleibenden Wahlverteidigergebühren von insgesamt 3.943,50 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer in Höhe von 749,26 EUR und die bereits ausgezahlten Pflichtverteidigergebühren abgezogen. Die abgezogenen Pflichtverteidigergebühren enthielten die auch bereits bei Rechtsanwalt L. angerechneten 531 EUR betreffend die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV. Zur Begründung hat das LG auch hier ausgeführt, dass eine Erstattung der Aufwendungen des früheren Angeklagten für die Gebühren seiner Verteidiger Rechtsanwalt W., Rechtsanwalt L. und Rechtsanwalt R. als notwendige Auslagen nach § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO betreffend die Verfahrensgebühr gem. Nr. 4142 VV RVG nur insoweit in Betracht komme, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen würden.

Sowohl Rechtsanwalt L. als auch Rechtsanwalt R. haben sofortige Beschwerde eingelegt. Die hatte bei Rechtsanwalt L. weitgehend und bei Rechtsanwalt R. in vollem Umfang Erfolg:

„2. Die sofortigen Beschwerden haben – hinsichtlich der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Verden vom 26.11.2024 (Beschluss 1 von 2) betreffend Rechtsanwalt L. ganz überwiegend und hinsichtlich der sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Verden vom 26.11.2024 (Beschluss 2 von 2) betreffend Rechtsanwalt R. vollumfänglich – Erfolg.

Das Landgericht ist in den angefochtenen Entscheidungen jeweils zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Aufwendungen eines freigesprochenen Angeklagten für die mehreren tätig gewordenen Verteidigern geschuldeten Verteidigergebühren als notwendige Auslagen nach § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO i.V.m. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO grundsätzlich nur insoweit zu erstatten sind, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass dieser Grundsatz dann eine Ausnahme erfährt, wenn die Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers aus vom Angeklagten nicht zu vertretenen Gründen, wie etwa zur Sicherung des Fortganges des Verfahrens, erfolgt (vgl. bereits OLG Celle, Beschl. v. 04.09.2018 – 1 Ws 71/18; Senat, Beschl. v. 25.11.2024, 2 Ws 305/24; OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.04.2022 – 2 Ws 19/22 –, juris, mwN). Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass der Freigesprochene durch den Umstand einer ihm nicht zurechenbaren Beiordnung eines weiteren Pflichtverteidigers nicht benachteiligt werden darf. Nichts anderes kann gelten, wenn der freigesprochene Angeklagte in dem Verfahren durch einen Wahlverteidiger verteidigt und ihm zur Verfahrenssicherung ein Pflichtverteidiger als weiterer Verteidiger beigeordnet worden war (Senat, Beschluss vom 25.11.2024, Az. 2 Ws 305/24).

Ausgehend von diesen Grundsätzen sind vorliegend dem früheren Angeklagten seine Aufwendungen für die seinem Wahlverteidiger Rechtsanwalt W. geschuldeten Verteidigergebühren als notwendige Auslagen dem Grunde nach als erstattungsfähig anzuerkennen.

Denn die spätere Beiordnung von Rechtsanwalt L. als weiteren Verteidiger ist nur erfolgt zur Sicherung des Fortgangs des geführten Strafverfahrens. Zwar lässt sich dies der Beiordnungsentscheidung nicht entnehmen. Allerdings hat Rechtsanwalt L. anwaltlich versichert, dass Rechtsanwalt W. im Frühjahr 2020 wegen einer schweren Erkrankung mehrere Monate ausgefallen war und zunächst unklar war, ob er überhaupt seine Tätigkeit wiederaufnehmen konnte. In der Folgezeit ist er auch nicht mehr für den Freigesprochenen tätig geworden. Aufgrund dessen – und mithin für den Freigesprochenen und Rechtsanwalt W. nicht vertretbar – musste Rechtsanwalt L. somit im Rahmen der Verkündung des zuvor erlassenen Haftbefehls gegen den Freigesprochenen am 23.04.2020 beigeordnet werden, was letztlich auch der Sicherung und Beschleunigung des Verfahren diente.

Auch die spätere Beiordnung von Rechtsanwalt R. als weiteren Verteidiger ist nur erfolgt zur Sicherung des Fortgangs des geführten Strafverfahrens, was sich bereits aus der Beiordnungsentscheidung vom 08.04.2022, aber auch aus der E-Mail-Korrespondenz zwischen dem Vorsitzenden der Strafkammer und Rechtsanwalt L. (Bl. 107 f. Bd. III d.A.) ergibt.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Mitwirkung von Rechtsanwalt W. sowie die Mitwirkung von Rechtsanwalt L. und Rechtsanwalt R. in dem vorausgegangenen Strafverfahren als weitere, beigeordnete Verteidiger aus sachlichen und von dem früheren Angeklagten nicht zu vertretenden Gründen geboten war. Daher sind seine sämtlichen Aufwendungen für die gegenüber beiden Verteidiger geschuldeten Verteidigergebühren, mithin auch die Wahlverteidigergebühren als notwendige Auslagen nach § 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO und jeweils auch die geltend gemachte Gebühr gem. Nr. 4142 VV RVG zu erstatten.

a) Daher ist nach den vorstehenden Ausführungen und sofern hiervon nicht abweichend im Übrigen aufgrund der zutreffenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich des Kostenantrags des Rechtsanwalts L. die Vergütung im Wesentlichen so erstattungsfähig, wie beantragt (und wie unter Ziff. I. a) dargestellt) mit Ausnahme der geltend gemachten Dolmetscherkosten von 275 Euro, weil diese nur in Höhe von 255 Euro nachgewiesen wurden. Deshalb ergeben sich nach Abzug der Vorschussrechnung (576 Euro) Auslagen in Höhe von insgesamt 3.790,75 Euro zzgl. 19 % Umsatzsteuer von 720,24 Euro (somit insgesamt 4.510,99 Euro) und eigene notwendige Auslagen des Freigesprochenen in Höhe von 280 Euro. Es ist daher ein Gesamtbetrag von 4.790,99 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.10.2022 festzusetzen.

Aufgrund des Abschlages in Höhe von 20 Euro hinsichtlich der geltend gemachten Dolmetscherkosten war die – unbeschränkt eingelegte – sofortige Beschwerde im Übrigen als unbegründet zu verwerfen.

b) Dem Kostenantrag des Rechtsanwalts R. ist nach den vorstehenden Ausführungen und insofern hiervon nicht abweichend aufgrund der zutreffenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung vollständig wie beantragt (und wie unter Ziff. I. b) dargestellt) zu entsprechen, sodass sich ein festzusetzender Gesamtbetrag von 1.297,70 Euro (1.090,50 Euro zzgl. 19 % Umsatzsteuer in Höhe von 207,20 Euro) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.10.2022 ergibt. „

Gegenstandswert bei Streit mit JVA um Vollzugplan, oder: 600 EUR sind ein wenig knapp

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Und als zweites kommt hier der LG Stendal, Beschl. v. 20.03.2025 – 509 StVK 147/24 und 148/24.

Gegenstand der Entscheidung ist ein Strafvollstreckungsverfahren. In dem hatten der Strafgefangene und die JVA um die zeitnahe Erstellung eines Vollzugsplans für den Strafgefangenen gestritten. Der Gefangene hatte insoweit den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Nachdem die JVA während des Verfahrens den begehrten Eingliederungs- und Vollzugsplan erstellt hat, hat der Strafgefangene die Erledigung erklärt und den Erlass einer Kosten- und Auslagenentscheidung beantragt. Das LG hat gemäß § 121 Abs. 2 S. 2 StVollzG der Landeskasse die Kosten und die notwendigen Auslagen des Strafgefangenen auferlegt. Den Streitwert hat es auf 600 EUR festgesetzt.

„2. Nachdem sich der Hauptsacheantrag mit Aushändigung des Vollzugsplans erledigt hat, war gemäß § 121 Abs. 2 Satz 2 StVollzG daher nach billigem Ermessen allein über die Kosten und notwendigen Auslagen des Verfahrens zu entscheiden. Welche Kostenentscheidung „billig“ i.S.d. Gesetzes ist, bestimmt sich maßgeblich danach, welche Aussicht auf Erfolg der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ohne erledigendes Ereignis gehabt hätte.

Dies führte zu einer Auferlegung der Kosten auf die Landeskasse, da der Antrag nach summarischer Prüfung zulässig und begründet gewesen wäre. Die regelmäßige Dauer von 8 Wochen (§14 JVollzGB I LSA) war bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht unwesentlich überschritten war. Ebenso verhält es sich bei einer hypothetischen Entscheidung am 07.07.2024, als der Antragsteller erneut zurecht auf Entscheidung in der Sache drängte, da nunmehr knapp 7 Monaten seit Aufnahme in die JVA vergangen waren. Verzögerungen im Justizablauf sind dem Antragsteller in der Regel nicht bekannt und müssen von diesem auch nicht unbegrenzt hingenommen werden.

Zwar ist es grundsätzlich richtig ist, dass der Vollzugs- und Eingliederungsplan „regelmäßig“ in 8 Wochen zu erstellen ist und der Prozess daher in begründeten Einzelfällen auch länger als genau 8 Wochen dauern kann und darf.

Vorliegend ist es jedoch aufgrund der langen Zeit der Zusammenstellung der notwendigen Unterlagen ohne Verschulden der Antragsgegnerin zusätzlich zu einer Verzögerung gekommen, so dass die 8 Wochen-Frist bereits vor Beginn des Diagnoseverfahrens deutlich überschritten war.

In dem Wissen, dass die 8-Wochen-Frist des § 14 JVollzGB I LSA bereits mit der Aufnahme beginnt und bereits Verzug besteht, war die Antragsgegnerin zu einer besonders zügigen Durchführung des Diagnose- und Planfestsetzungsverfahrens gehalten. Zwar wurde dem Antragsteller das Ergebnis der Konferenz noch innerhalb der 8 Wochen, gerechnet ab Beginn des Diagnoseverfahrens durch die Antragsgegnerin mündlich erörtert. § 14 II, VIII JVollzGB I LSA sieht jedoch die Aushändigung des schriftlichen Planes in der Regel innerhalb von 8 Wochen nach Aufnahme vor.

3. Der Streitwert ist gemäß §§ 52, 60 GKG nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Dabei sind die Tragweite der Entscheidung und die Auswirkungen eines Erfolges des Antrags für den Antragsteller zu berücksichtigen. Der in § 52 Abs. 2 GKG genannte Betrag von 5.000 Euro hat außer Betracht zu bleiben; denn er ist kein Ausgangswert, an den sich die Festsetzung nach Abs. 1 anzulehnen hätte, sondern als subsidiärer Ausnahmewert nur dann einschlägig, wenn der Sach- und Streitstand – anders als hier – keine genügenden Anhaltspunkte bietet, um den Streitwert nach der Grundregel des § 52 Abs. 1 GKG zu bestimmen (vgl. KG, Beschluss vom 25.06.2001, Az 5 Ws 296/01 zitiert nach juris).

Dabei sind folgende Erwägungen zu beachten:

Angesichts der geringen finanziellen Leistungsfähigkeit der meisten Gefangenen ist der Streitwert in Strafvollzugssachen grundsätzlich eher niedrig festzusetzen, da die Bemessung des Streitwerts aus rechtsstaatlichen Gründen nicht dazu führen darf, dass die Anrufung des Gerichts für den Betroffenen mit einem unzumutbar hohen Kostenrisiko verbunden ist. Andererseits ist darauf zu achten, dass die gesetzlichen Gebühren hoch genug sein müssen, um die Tätigkeit des Verteidigers wirtschaftlich vertretbar erscheinen zu lassen und dem rechtsunkundigen Gefangenen so die Inanspruchnahme anwaltlichen Beistandes zu ermöglichen. Daher ist nach ständiger Rechtsprechung der Kammer der Streitwert in der Regel nicht unter 300 Euro festzusetzten (bei 0,1 Gebühr ca. 25 Euro).

Die Entscheidung ist gemäß §§ 121 Abs. 4 StVollzG, 464 Abs. 3 S. 1, 304 Abs. 3, 311 StPO unanfechtbar (vgl. Entscheidungen OLG Naumburg vom 07.09.2010, Az.: 1 Ws 461/10; OLG Düsseldorf vom 11.02.2009, 1 Ws 13/99, zitiert nach juris; OLG Celle vom 27.09.2005, 1 Ws 351/05, zitiert nach juris).“

Die Höhe des Streitwertes ist für mich nicht nachvollziehbar, da in der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen des Streits um den Vollzugsplan durchaus höhere Beträge festgesetzt worden sind. zudem erscheint der Streitwert im Hinblick auf das vom LG bemühte Argument, „dass die gesetzlichen Gebühren hoch genug sein müssen, um die Tätigkeit des Verteidigers wirtschaftlich vertretbar erscheinen zu lassen und dem rechtsunkundigen Gefangenen so die Inanspruchnahme anwaltlichen Beistandes zu ermöglichen“, dann doch recht, wenn nicht zu, niedrig.