Pflichti II: Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers, oder: „Unabweisbares Bedürfnis“ für zweiten Pflichti

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Im zweiten Posting dann zweimal der BGH, und zwar zum weiteren Pflichtverteidiger, also zur Problematik des § 144 StPO. Dazu musste der BGH meist in Zusammenhang mit den derzeit anhängigen Staatsschutzverfahren in letzter Zeit häufiger Stellung nehmen. Heute habe ich hier:

1. Die allein theoretische Möglichkeit eines Wegfalls des Wahlverteidigers rechtfertigt es nicht, gewissermaßen vorsorglich einen andern Rechtsanwalt zum Pflichtverteidiger zu bestellen. Sollten beide Wahlverteidiger ihr Mandat niederlegen, liegt es im Übrigen näher, erneut den früheren Verteidiger beizuordnen.

2. Für die Bestellung eines zusätzlichen (Pflicht-)Verteidigers muss – etwa wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache – ein unabweisbares Bedürfnis bestehen, um eine sachgerechte Wahrnehmung der Rechte des Beschuldigten sowie einen ordnungsgemäßen und dem Beschleunigungsgrundsatz entsprechenden Verfahrensverlauf zu gewährleisten. Eine solche Notwendigkeit ist regelmäßig anzunehmen, wenn sich eine Hauptverhandlung voraussichtlich über einen besonders langen Zeitraum erstrecken wird und zu ihrer regulären Durchführung sichergestellt werden muss, dass auch bei dem Ausfall eines Verteidigers weiterverhandelt werden kann, oder der Verfahrensstoff so außergewöhnlich umfangreich oder rechtlich komplex ist, dass er nur bei arbeitsteiligem Zusammenwirken mehrerer Verteidiger in der zur Verfügung stehenden Zeit durchdrungen und beherrscht werden kann. Das  ist nicht der Fall, wenn der (gegenwärtige) Aktenbestand überschaubar und geplant ist, für den Fall einer Eröffnung des Hauptverfahrens, die Hauptverhandlung an 13 Sitzungstagen durchzuführen und der Angeschuldigte zudem den äußeren Tatbestand des gegen ihn erhobenen Vorwurfs (von zwei Verstößen gegen das Außenwirtschaftsgesetz) im Ermittlungsverfahren eingeräumt.

1. Das Rechtsmittelgericht nimmt bei der Entscheidung über die sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Bestellung eines zusätzlichen Pflichtverteidigers durch den Vorsitzenden des Gerichts der Hauptverhandlung keine eigenständige Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 144 Abs. 1 StPO vor und übt auf der Rechtsfolgenseite kein eigenes Ermessen aus, sondern kontrolliert die angefochtene Entscheidung lediglich – im Rahmen einer Vertretbarkeitsprüfung – dahin, ob der Vorsitzende die Grenzen seines Beurteilungsspielraums eingehalten und sein Entscheidungsermessen fehlerfrei ausgeübt hat.

2. Für die Bestellung eines zusätzlichen (Pflicht-)Verteidigers muss – etwa wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache – ein unabweisbares Bedürfnis bestehen, um eine sachgerechte Wahrnehmung der Rechte des Beschuldigten sowie einen ordnungsgemäßen und dem Beschleunigungsgrundsatz entsprechenden Verfahrensverlauf zu gewährleisten. Eine solche Notwendigkeit ist regelmäßig anzunehmen, wenn sich eine Hauptverhandlung voraussichtlich über einen besonders langen Zeitraum erstrecken wird und zu ihrer regulären Durchführung sichergestellt werden muss, dass auch bei dem Ausfall eines Verteidigers weiterverhandelt werden kann, oder der Verfahrensstoff so außergewöhnlich umfangreich oder rechtlich komplex ist, dass er nur bei arbeitsteiligem Zusammenwirken mehrerer Verteidiger in der zur Verfügung stehenden Zeit durchdrungen und beherrscht werden kann.

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