Archiv für den Monat: September 2021

StGB I: Die Aufklärungspflicht und die Einziehung, oder: Feststellungen zum Einkommen und Vermögen

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So, heute dann seit längerem mal wieder BGH, und zwar zum materiellen Recht.

Zunächst das BGH, Urt. v. 24.02.2021 – 6 StR 214/20, das dümpelt schon etwas länger in meinem Blogordner. Und zwar: Das LG hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Außerdem hat es die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und die Einziehung des Wertes der durch die abgeurteilten Taten erlangten Erträge in Höhe von 28.512,50 EUR angeordnet. Mit ihrer auf eine Verfahrensbeanstandung und die Sachrüge gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft dagegen, dass eine Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Erträgen des Angeklagten aus anderen rechtswidrigen Taten in Höhe von 40.000 EUR unterblieben ist. Die Revision hatte Erfolg:

„Mit dieser beanstandet die Staatsanwaltschaft zu Recht, dass das Landgericht unter Verletzung seiner Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) davon abgesehen hat, Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Angeklagten zu treffen und zu diesem Zweck eine Vielzahl von Aktenbestandteilen – im Wesentlichen Urkunden – zum Gegenstand der Hauptverhandlung zu machen, aus denen sich konkrete Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Angeklagte durch andere rechtswidrige Taten Erträge in Höhe von 40.000 Euro erlangte, so dass insoweit eine erweiterte Einziehung in Betracht gekommen wäre (§ 73a Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB).

1. Die Rüge ist in zulässiger Weise (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhoben worden. Die Beschwerdeführerin hat insbesondere die Beweismittel, deren Verwertung sie vermisst, und die zu erwartenden Beweisergebnisse jeweils konkret bezeichnet. Sie hat auch die Umstände aufgezeigt, durch die das Landgericht sich zu den Beweiserhebungen hätte gedrängt sehen müssen, und es ist dem Senat allein aufgrund der Revisionsbegründung möglich zu prüfen, ob der behauptete Aufklärungsmangel vorliegt.

2. Die Rüge ist auch begründet.

a) Die von der Revision im Einzelnen bezeichneten Aktenbestandteile lassen darauf schließen, dass die Voraussetzungen für eine Anordnung der erweiterten Einziehung eines Betrages in Höhe von 40.000 Euro vorlagen.

Auskünften aus dem zentralen Fahrzeugregister und verschrifteten WhatsApp-Chatverläufen lässt sich entnehmen, dass der Angeklagte im April 2017 einen Porsche Panamera zum Preis von mindestens 40.000 Euro erwarb und diesen zu dem für die erweiterte Einziehung maßgeblichen Zeitpunkt der Anknüpfungstaten (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 1. Juli 2004 – 4 StR 226/04 Rn. 4 mwN) auch noch besaß. Aufgrund der Ermittlungsergebnisse zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Angeklagten ist indes davon auszugehen, dass das Kaufgeld nicht legalen Ursprungs war, sondern aus nicht konkret feststellbaren rechtswidrigen Taten herrührte.

Ausweislich eines Vermögensverzeichnisses, das der Angeklagte am 25. April 2018 ausfüllte, verfügte er über kein Vermögen und bezog Arbeitslosengeld in Höhe von 836 Euro pro Monat. Nach einem Bericht zum Finanz- und Vermögensstatus des Angeklagten vom 12. September 2019 erhielt er seit März 2019 keine Leistungen mehr, weil er für das Jobcenter nicht erreichbar war. Steuerlich wurde er bundesweit nicht geführt, und seit November 2018 bzw. Ende Mai 2019 verfügte er auch nicht mehr über Konten bzw. Kontoberechtigungen. Abfragen bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie Gesamtumsatzaufstellungen der Commerzbank belegen, dass der Angeklagte in der Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 27. November 2018 Inhaber eines einzigen Bankkontos bei der Commerzbank war, auf dem praktisch kein nennenswertes Guthaben und auch keine nennenswerten Einkünfte zu verzeichnen waren. Gleiches gilt für die Konten seiner beiden Kinder, für die er jeweils verfügungsberechtigt war.

Schließlich ergibt sich aus einer Vielzahl vorgetragener weiterer Aktenbestandteile, dass der Lebensstil des Angeklagten mit seinen seit Jahren allenfalls geringfügigen legalen Einkünften nicht in Einklang zu bringen ist. Einem Vertragsangebot vom 16. Dezember 2017 und verschiedenen WhatsApp-Chatprotokollen aus der Zeit vom 7. Dezember 2017 bis zum 19. März 2018 ist zu entnehmen, dass er seinerzeit einen Bentley Continental GT zum Preis von 37.000 Euro erwarb sowie den Kauf einer Immobilie im Wert von 100.000 Euro plante, und einem polizeilichen Sachstandsbericht vom 22. Mai 2018 zufolge wurde dem Angeklagten im September 2017 Bargeld in Höhe von 40.000 Euro gestohlen.

b) Das Landgericht hätte sich auch angesichts der zur Person getroffenen Feststellungen unter Aufklärungsgesichtspunkten gedrängt sehen müssen, von diesen Aktenbestandteilen in der Hauptverhandlung Kenntnis zu nehmen und eine Entscheidung über die erweiterte Einziehung zu treffen, zumal die Staatsanwaltschaft ein entsprechendes Begehren schon in der Anklageschrift zum Ausdruck gebracht und in der Hauptverhandlung einen darauf gerichteten Antrag gestellt hatte. Außerdem waren die genannten Beweismittel bereits Gegenstand eines im Ermittlungsverfahren gestellten Antrags der Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Vermögensarrests zur Sicherung der erweiterten Einziehung und – nach ablehnender Entscheidung des Landgerichts – eines Beschwerdeverfahrens, in dem das Beschwerdegericht schließlich einen Vermögensarrest in Höhe von 40.000 Euro anordnete.“

OWi III: Verhängung eines Fahrverbotes, oder: Wenn der Betroffene bei dem Verkehrsverstoß verletzt wurde

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Und als dritte OWi-Entscheidung dann mit dem KG, Beschl. v. 29.07.2021 – 3 Ws (B) 182/21 – etwas zum Fahrverbot, und zwar zum Begründungserfordernis, wenn der Betroffene bei dem Verkehrsverstoß selbst verletzt worden ist:

„Das Amtsgericht Tiergarten hat den nicht vorbelasteten Betroffen wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 38 Abs. 1 Nr. 2 (richtig: Satz 2) StVO, 49 Abs. 3 Nr. 2 (richtig: Nr. 3) StVO zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt und unter Gewährung des Erstverbüßerprivilegs ein einmonatiges Fahrverbot festgesetzt. Bei der Bemessung der Rechtsfolgen hat das Gericht Nr. 135.2 BKat angewendet („Einem Einsatzfahrzeug, das blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn verwendet hatte, nicht sofort freie Bahn geschaffen – mit Sachbeschädigung“). Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Betroffene als Führer eines Motorrads mit einem Rettungswagen der Berliner Feuerwehr kollidierte, der sich zuvor „langsam mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn in die Kreuzung“ eingetastet hatte. Der Betroffene wurde hierbei selbst „erheblich verletzt“ (UA S. 3). Er erlitt einen Kreuzband- und einen Seitenbandabriss (UA S. 3) und war nach einer stationären Krankenhausbehandlung noch längere Zeit arbeitsunfähig. Das Amtsgericht hat wegen der „erheblichen Verletzungen“ nicht auf die Regelgeldbuße von 320 Euro erkannt (UA S. 5). Bei der Begründung des Fahrverbots führt das Urteil aus, der Fall weise „keine wesentlichen Besonderheiten auf“, welche „die Verhängung eines Fahrverbots hier unangemessen erscheinen lassen.“ Auch der Betroffene habe nichts derartiges eingewandt.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen bleibt in Bezug auf den Schuldspruch erfolglos, dringt aber mit der Sachrüge gegen den Rechtsfolgenausspruch durch.

…..

In Bezug auf den Rechtsfolgenausspruch hat die Rechtsbeschwerde Erfolg.

Allerdings hat das Amtsgericht zunächst zutreffend erkannt, dass die Voraussetzungen für den vom Betroffenen an sich verwirkten Regelfall eines groben Pflichtenverstoßes im Sinne von § 25 Abs. 1 StVG i. V. m. § 4 Abs. 1 Nr. 3 BKatV vorliegen. Jedoch folgt hieraus nicht, dass unbedingt ein Fahrverbot zu verhängen wäre. Vielmehr steht dem Tatrichter auch in den Regelfällen des § 4 Abs. 1 BKatV ein Ermessensspielraum zu, um Verstößen im Straßenverkehr mit der im Einzelfall angemessenen Sanktion zu begegnen (BVerfG NJW 1996, 1809; OLG Bamberg VRS 114, 379). Denn die Frage, ob die Würdigung der Tat und der Persönlichkeit des Betroffenen besondere Umstände ergibt, nach denen es ausnahmsweise der Warn- und Denkzettelfunktion eines Fahrverbots im Einzelfall nicht bedarf, liegt grundsätzlich in seinem Verantwortungsbereich. Die tatrichterliche Entscheidung wird vom Rechtsbeschwerdegericht deshalb nur daraufhin überprüft, ob das Tatgericht sein Ermessen deshalb fehlerhaft ausgeübt hat, weil er die anzuwendenden Rechtsbegriffe verkannt, die Grenzen des Ermessens durch unzulässige Erwägungen überschritten oder sich nicht nach den Grundsätzen und Wertmaßstäben des Gesetzes gerichtet hat.

Hier wird nicht ersichtlich, dass das Amtsgericht bei der Ausübung des ihm zustehenden Ermessens die tragenden Gesichtspunkte berücksichtigt hat. Namentlich wäre bei der Begründung des Fahrverbots zu erörtern gewesen, ob die erheblichen Verletzungen, welche der Betroffene bei seiner Ordnungswidrigkeit erlitten hat, ihn bereits ausreichend zur Besinnung gebracht und gewarnt haben. Das Amtsgericht hat diesen Umstand bei der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt, nicht aber bei der Frage, ob auf das an sich indizierte Fahrverbot ausnahmsweise verzichtet werden kann, weil der Betroffene durch die unmittelbaren und schweren Folgen seiner Fahrlässigkeitstat ausreichend beeindruckt ist.

Es kann hier offenbleiben, ob das Fahrverbotserkenntnis rechtsbeschwerderechtlich Bestand gehabt hätte, wenn das Amtsgericht diese Überlegung erkennbar in seine Ermessensentscheidung eingestellt und gegebenenfalls kurz erörtert hätte. Dies liegt aber nahe, denn das Rechtsbeschwerdegericht hat die Ermessensentscheidung bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen (vgl. OLG Hamm DAR 2021, 477; Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen 4. Aufl., § 6 Rn. 203). Dass der Fall, wie die Tatrichterin ausdrücklich im Zusammenhang mit der Besinnungs- und Denkzettelfunktion des Fahrverbots ausführt, „keine wesentlichen Besonderheiten“ aufweise, kann der Senat aber nicht nachvollziehen und bewertet es als ermessensfehlerhaft.“

OWi II: Elektronischer Fahrzeugschlüssel mit Display (Smartkey), oder: Elektronisches Gerät, ja oder nein?

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Die zweite Entscheidung des Tages kommt auch vom OLG Hamm. Das hat im OLG Hamm, Beschl. v. 11.05.2021 – 5 RBs 94/21 – also schon etwas älter – u.a. zu der Frage Stellung genommen, ob ein elektronischer Fahrzeugschlüssel mit Display (Smartkey) ein elektronisches Gerät i.S. von § 23 Abs. 1a StVO darstellt.

Das OLG hat die Frage bejaht:

„1. Zwar verletzt die Ablehnung der Beweisanträge zu 1), 2a) und b) – wie unter II. ausgeführt – den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör. Der Senat kann jedoch aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls ausschließen, dass das Urteil auf dieser Gehörsverletzung beruht. Denn selbst wenn man die Beweisbehauptungen des Antragstellers unterstellt, dass er lediglich für einen kurzen Augenblick einen elektronischen Fahrzeugschlüssel (SmartKey) statt eines Mobiltelefons in den Händen gehalten und bedient habe, ist von einer (vorsätzlichen) verbotswidrigen Benutzung eines elektronischen Gerätes im Sinne von § 23 Abs. 1a StVO auszugehen.

a) Ein elektronischer Fahrzeugschlüssel stellt ein elektronisches Gerät im Sinne der Vorschrift des § 23 1a S. 1 StVO dar. Denn nach der Neufassung der Norm unterfallen dem Benutzungsverbot nicht mehr nur „Mobil- oder Autotelefone“. Die Norm ist vielmehr technikoffen formuliert (Eggert, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand: 22.02.2021, § 23 StVO Rn. 21). Erfasst wird nun jedes elektronische Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist (Eggert, in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand: 22.02.2021, § 23 StVO Rn. 21). Hierzu zählt auch der vom Betroffenen nach seinen Behauptungen benutzte elektronische Fahrzeugschlüssel. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Urteils verfügt dieser über ein Display, mit welchem verschiedene Informationen des Fahrzeugs, insbesondere dessen Servicebedarf, abgerufen und Fahrzeugfunktionen bedient werden können. Der elektronische Fahrzeugschlüssel unterfällt somit dem Wortlaut der Norm. Dieses Subsumtionsergebnis entspricht auch der gesetzgeberischen Intention. Durch die Neufassung von § 23 Abs. 1a) StVO wollte der Gesetzgeber der unfallgefährlichen Ablenkung der Kraftfahrzeugführer durch Mobiltelefone und andere elektronische Gegenstände entgegenwirken (OLG Hamm, 4. Strafsenat, Beschluss vom 03.11.2020 – 4 RBs 345/20, NJW 2021, 99). Die Gefahr der Ablenkung besteht vorliegend bei der Bedienung des elektronischen Fahrzeugschlüssels aber in gleichem Maße wie bei einem Mobiltelefon, da beide Geräte weitgehend in gleicher Weise bedient werden.

b) Ferner verstößt auch die vom Betroffenen in seinen Beweisanträgen weiter behauptete bloß kurze Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen zum elektronischen Fahrzeugschlüssel (SmartKey) gegen § 23 Abs. 1a) StVO. Denn nach dieser Norm darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, ausnahmsweise nur dann benutzt werden, wenn hierfür (1) das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und (2) entweder (a) nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder (b) zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist. Die unter (1) und (2) genannten Voraussetzungen müssen daher kumulativ gegeben sein, damit die Benutzung des elektronischen Gerätes ausnahmsweise zulässig ist. Dies ist vorliegend indes auch bei Unterstellung der Einlassung des Betroffenen zu verneinen, da dieser auch nach seiner eigenen Einlassung den elektronischen Fahrzeugschlüssel in der Hand gehalten hat.“

OWi I: Leivtec XV 3 ist nicht mehr standardisiert, oder: OLG Hamm stellt auch ein

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So, heute dann noch einmal/wieder OWi-Entscheidungen.

Zunächst noch einmal Leivtec XV 3, und zwar im OLG Hamm, Beschl. v. 16.09.2021 – 1 RBs 115/21. Das OLG hat ein Verfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung eingestellt.

„Der Senat hält eine Einstellung des Verfahrens gemäߧ 47 Abs. 2 OWiG, zu der die Generalstaatsanwaltschaft und die Betroffene bzw. ihr Verteidiger angehört worden sind, aus den nachfolgenden Gründen für sachgerecht:

Der Senat schließt sich der Bewertung der Oberlandesgerichte Oldenburg (Beschlüsse vom 20.04.2021 – 2 Ss (OWi) 92/21 -, vom 19.07.2021 – 2 Ss (OWi) 170/21 -, und vom 26.08.2021 – 2 Ss (Owi) 199/21 -, jeweils veröffentlicht bei juris), Celle (Beschluss vom 18.06.2021 — 2 Ss (OWi) 69/21-, juris) und Stuttgart (Beschluss vom 10.06.2021 — 6 Rb 26 Ss 133/21 -, beck-online) an, dass es sich bei einer Geschwindigkeitsmessung mit einem Messgerät vom Typ Leivtec XV3 angesichts der von der PTB bestätigten unzulässigen Messwertabweichungen in speziellen Konstellationen (vgl. hierzu: Zwischenstand im Zusammenhang mit mutmaßlichen Messwertabweichungen beim Geschwindigkeitsüberwachungsgerät Leivtec XV3, Stand: 27.05.2021, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, D01: 10.7795/520.20210527 und Abschlussstand im Zusammenhang mit unzulässige Messwertabweichungen beim Geschwindigkeitsüberwachungsgerät Leivtec XV3, Stand: 09.06.2021, Physikalisch-Technische Bundesanstalt, D01: 10.7795/520.20210609) insgesamt nicht mehr um ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt. Die hiervon abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig vom 17. August 2021 (II OLG 26/21, juris), in welcher die fortbestehende Qualifizierung der Messgeräte vom Typ Leivtec XV3 als standardisiertes Messverfahren primär damit begründet wird, dass bei Messungen mit Fahrzeugen, die – wie in den Versuchsreihen der PTB – mit Reflektoren im Innenraum versehen sind, unter gleichen Bedingungen gleiche Ergebnisse – wenn auch ggf. mit Werten, die nicht der gefahrenen Geschwindigkeit entsprächen – zu erwarten seien, überzeugt nicht. Insofern wird auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 26.08.2021 (2 Ss (Owi) 199/21, juris) verwiesen, der sich mit der zeitlich vorausgegangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Schleswig ausführlich und für den Senat überzeugend auseinandersetzt.“

Die Kostenentscheidung, die lautete:

 „Im Rahmen der Kostenentscheidung hat der Senat gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 467 Abs. 4 StPO davon abgesehen, der Staatskasse die notwendigen Auslagen der Betroffenen aufzuerlegen, da der Tatnachweis im Hinblick auf die Höhe der der Betroffenen zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitung nach wie vor unter Einholung eines Sachverständigengutachtens geführt werden könnte. „

ist m.E. Murks.

Lösung zu: Nach Rücknahme eines Strafbefehls kommt neuer Strafbefehl, Gebühren?

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Am vergangenen Freitag hieß die Frage: Ich habe da mal eine Frage: Nach Rücknahme eines Strafbefehls kommt neuer Strafbefehl, Gebühren?

Hier meine Antwort:

„Entstanden sind nur die Nr. 4100 VV RVG und die Nr. 4106 VV RVG. Denn:
?
Nach dem Sachverhalt sehe ich zunächst keine Tätigkeiten im Vorverfahren, also keine Nr. 4104 VV RVG (s. die Anm. 2 zur Nr. 4104 VV RVG).
?
Die Nr. 4141 VV RVG ist auch nicht entstanden, das Verfahren ist nicht eingestellt bzw. hat nicht durch Rücknahme des Einspruchs geendet. Eine der Nr. 5115 Nr. 3 VV RVG vergleichbare Gebührenziffer gibt es in Teil 4 VV RVG nicht.
?
Die Nr. 2012 VV RVG ist auch nicht entstanden.
?
Aber: Ggf. ist durch die Rücknahme des ersten Strafbefehls dann die Nr. 4104 VV RVG entstanden. Ich verweise dazu auf: LG Berlin, RVGreport 2017, 106 = AGS 2017, 80 = RVGprofessionell 2017, 142 = Sonderausgabe StRR 5/2017, 20 und auch LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 13.10.2020 – 7 Qs 56/20, AGS 2021, 174 = RVGprofessionell 2021, 82; AG Gießen, RVGreport 2016, 348 = AGS 2016, 394 = RVGprofessionell 2017, 62 = Sonderausgabe StRR 12/2016.“