Archiv für den Monat: August 2012

Lasst mich nicht allein – Verteidiger bei der Rechtsmittelrücknahme notwendig

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Pflichtverteidigungsfragen spielen in der Praxis eine erhebliche Rolle. Zu zwei Problemen aus diesem Bereich nimmt der OLG Celle, Beschl. v. 30.05.2012 – 32 Ss 52/12 – Stellung.

Zunächst geht es um die Frage der Beiordnungsvoraussetzungen. Insoweit bringt der OLG-Beschluss nichts Neues, sondern schließt sich der h.M. in Rechtsprechung und Literatur an, wenn es im Leitsatz dazu heißt: :

Es liegt gemäß § 140 Abs. 2 ein Fall notwendiger Verteidigung vor, wenn neben den Rechtsfolgen für die verfahrensgegenständliche Tat sonstige schwerwiegende Nachteile für den Angeklagten infolge der Verurteilung zu gewärtigen sind. Zu diesen Nachteilen gehört ein drohender Bewährungswiderruf jedenfalls dann, wenn die zu erwartende Verbüßungsdauer der in früheren Verurteilungen verhängten Freiheitsstrafen ein Jahr überschreitet.

Interessanter dann schon der zweite Bereich, der angesprochen wird, nämlich die Frage der Wirksamkeit einer Rechtsmittelrücknahme durch den unverteidigten Angeklagten bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine notwendige Verteidigung. Das wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich gesehen. Das OLG schließt sich der – m.E. zutreffenden – Auffassung an, die in diesen Fällen immer von Unwirksamkeit ausgeht. Zur Begründung:

 „Der Senat neigt der Auffassung zu, eine Unwirksamkeit des Rechtsmittelverzichts bzw. der Rechtsmittelbeschränkung anzunehmen. Anderenfalls würde der gesetzgeberischen Wertung, dass ein Angeklagter jedenfalls in den Fällen der notwendigen Verteidigung nach § 140 Abs. 2 StPO ohne Verteidigung zu einer sachgerechten Wahrnehmung seiner Verteidigungsinteressen nicht in der Lage ist, nicht ausreichend Rechnung getragen. Das gilt erst recht vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Unwiderruflichkeit von Verzichts- oder Rücknahmeerklärungen in Bezug auf ein Rechtsmittel.“

Im Übrigen ist der Beschluss ein schönes Beispiel dafür, dass immer die Sachrüge erhoben werden, weil dann der Urteilsinhalt ggf. herangezogen werden kann, „um eine unzulässige Verfahrensrüge zulässig zu machen.“

Zwar entspricht die von der Angeklagten erhobene Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 5 StPO nicht den … Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO, allerdings ist das Revisionsgericht nicht gehindert, bei der Prüfung einer Verfahrensrüge – wie hier §§ 338 Nr. 5, 140 Abs. 2 StPO – bei zugleich erhobener (zulässiger) Sachrüge den Urteilsinhalt ergänzend zu berücksichtigen (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 344, Rn. 20). …

Unter Heranziehung des Urteilsinhalts , insbesondere der dort aufgeführten Vorstrafen des Angeklagten, dürfte … das Revisionsgericht über die Tatsachen verfügen, die zur Prüfung der Frage erforderlich sind, ob der Angeklagten ein Pflichtverteidiger hätte beigeordnet werden müssen.“

 

 

 

Mir passt der Sachverständige nicht. Beschwerde?

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Nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur obliegt die Auswahl des (gerichtlichen) Sachverständigen dem Gericht. Was ist aber, wenn dem Angeklagte/Beschuldigten/Verurteilten die Auswahl des Sachverständigen nicht passt? Kann er dagegen Beschwerde einlegen oder ist das nicht möglich?

Das OLG Nürnberg hat diese Frage jetzt im OLG Nürnberg, Beschl. v. 19.07.2012, 1 Ws 324/12, für das Überprüfungsverfahren unter Hinweis auf § 305 Satz 1 StPO verneint und eine Parallele zu Hauptverhandlung im Erkenntnisverfahren gezogen.

 „Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Beschwerde gegen eine prozessuale Entscheidung des Gerichts innerhalb des Verfahrens und nicht gegen eine abschließende Entscheidung des Verfahrens. In derartigen Fällen ist eine Beschwerde gemäß § 305 Satz 1 StPO ausgeschlossen (vgl. Meyer-Goßner, StPO 55. Aufl. § 74 Rn. 18 m.w.N.).

 Sinn der Regelung des § 305 Satz 1 StPO ist es, die reibungslose Durchführung einer Hauptverhandlung zu sichern. Die Vorschrift soll die Verfahrensverzögerungen verhindern, die eintreten würden, wenn Entscheidungen der erkennenden Gerichte sowohl aufgrund einer Beschwerde als auch auf das Rechtsmittel gegen das Urteil hin überprüft werden müssen.  Eine derartige Interessenlage ist auch in den Verfahren der Strafvollstreckungskammer – vorliegend  bei der Prüfung gemäß § 67 e StGB – gegeben. Die Durchführung derartiger Verfahren ist vergleichbar mit dem Interesse an einer reibungslosen Durchführung einer begonnenen Hauptverhandlung. Dem Erfordernis der Herbeiführung einer raschen Klärung derartiger Fragen widerspräche es, die zeitliche Verzögerung hinzunehmen, die mit einem Beschwerdeverfahren gegen die Auswahl des bestellten Sachverständigen verbunden ist (vgl. auch OLG Nürnberg Beschluss v. 30.9.2008, Az. 2 Ws 400/2008).“

Es bleibt also nur abzuwarten und die Einwände gegen den Sachverständigen mit einem Rechtsmittel gegen die abschließende gerichtliche Entscheidung geltend zu machen bzw. zu versuchen, einen eigenen Sachverständigen in das Verfahren einzuführen. In der Hauptverhandlung geht das ggf. über § 245 StPO. Bringt natürlich Unruhe ins Verfahren.

Kein Lohnwucher im Strafvollzug

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Mit einer für den Strafvollzug nicht unerheblichen Frage befasst sich der OLG Dresden, Beschl. v. 27.06.2012 – 2 Ws 132/12. Im Verfahren ging es nämlich um die für die Strafgefangenen häufig wichtige Frage der Voraussetzungen für ein Verbot der Aufnahme eines freien Beschäftigungsverhältnisses durch einen Strafgefangenen (§§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 39 Abs. StVollzG). Im Raum stand die Frage der Arbeitsaufnahme bei möglicherweise vorliegendem Lohnwucher.

Dazu das OLG:

Einem Strafgefangenen darf die Aufnahme eines freien Beschäftigungsverhältnisses (§§ 11 Abs. 1 Nr. 1, 39 Abs. 1 StVollzG) nicht gestattet werden, wenn bereits der Abschluss des Arbeitsvertrages möglicherweise ein strafbares Verhalten begründen würde.

Und das gilt auch für Gefangene im Renten- und Pensionsalter.

Schadensersatz für Maschmeyer

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Da klingelt es leicht in der Kasse von Carsten Maschmeyer. Denn nach einem Urteil des OLG Celle vom 23.09.2012 muss das Land Niedersachsen ihm  Schadensersatz zahlen. Und zwar erhält Carsten Maschmeyer vom Land Niedersachsen Schadensersatz in Höhe von 60.000 Euro, weil ihm aufgrund eines Fehlers des Finanzamts zusätzliche Kosten für einen Steuerberater entstanden sind.

Damit hat Carsten Maschmeyer einen Teilerfolg gegen die Oberfinanzdirektion Niedersachsen errungen. Das OLG Celle verurteilte das Land Niedersachsen zu Schadensersatz in Höhe von 60.000 Euro. Das zuständige Finanzamt hatte Maschmeyer einen fehlerhaften Steuerbescheid erteilt.

Carsten Maschmeyer hatte im Verfahren geltend gemacht, er habe aufgrund des fehlerhaften Bescheids ein Steuerberaterbüro beauftragen müssen, um Einspruch einzulegen. So seien ihm Hohe zusätzliche Kosten entstanden. In erster Instanz hatte das LG Hannover seine Klage abgewiesen. Ein Einspruch gegen den Bescheid sei nicht erforderlich gewesen. Stattdessen hätte ein Antrag auf Anpassung des Bescheids ausgereicht.

Das OLG Celle stellte nun fest, dass der Finanzverwaltung Fehler unterlaufen seien, was Maschmeyer dazu berechtigt habe, die Hilfe eines Steuerberaters in Anspruch zu nehmen. Ein Anpassungsantrag hätte womöglich zur Folge gehabt, dass die Einspruchsfrist abgelaufen wäre.

Allerdings: Nur Teilerfolg: Das Land muss nämlich nur zu einem Viertel für die Steuerberaterkosten aufkommen. Die Richter stellten klar, dass die vom Steuerberater abgerechneten Gebühren teilweise überhöht und zu Unrecht geltend gemacht worden waren. Zudem habe Maschmeyer gleich zwei Berater beauftragt.

OLG Celle, Urt. v. 23.08.2012, Az. 16 U 9/12, gefunden bei LTO.

Wir sind nach Umzug wieder da!!! –

Hallo, ich kann alle besorgten Anfrager :-), wo wir denn sind, beruhigen. Wir waren nur temporär nicht erreichbar. Grund: Beim Umzug hat es nicht vorhersehbar Schwierigkeiten gegeben, oder: was schief gehen kann, geht dann auch schief – und dann natürlicha uch am Wochenende. Nun sind wir aber wieder unter neuer Adresse – blog.burhoff.de– wieder da und werden die Berichterstattung gleich wieder aufnehmen. Manchmal klappt es nicht so, wie man es sich wünscht.

Ach so: Und wer sich schon gefreut hatte, dass wir so still sind/waren. Zu früh gefreut :-).